Entscheidungsdatum: 18.01.2012
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. September 2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Mit ihren unter I. der Beschwerdebegründung erhobenen Rügen knüpft die Beschwerde an den Beschluss des Senats vom 20. November 1995 - BVerwG 4 NB 23.94 - (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 87) mit folgendem Leitsatz an:
Bei der Ausweisung eines Wohngebiets auf einer bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche im Außenbereich darf die Gemeinde einen inmitten des Wohngebiets liegenden kleineren Bereich (hier: ca. 3 500 m²) nicht allein deshalb unbeplant lassen, weil der Eigentümer nicht zum Verkauf an die Gemeinde bereit ist.
Sie hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, ob dieser Rechtssatz auch im Innenbereich anzuwenden ist, d.h. auf den im Streitfall benachbarten, relativ kleinen unbeplanten "Inselbereich" inmitten von Wohngebieten. Außerdem möchte sie geklärt wissen, ob der Rechtssatz nicht nur anzuwenden ist, wenn der Grundstückseigentümer zum Verkauf an die Gemeinde, sondern auch, wenn er zur Begleichung einer - nach Auffassung der Beschwerde strafrechtlich relevanten - Planungsgewinnabgabe nicht bereit ist (Beschwerdebegründung S. 7).
Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die hier gegebene städtebauliche Situation ist mit dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall nicht vergleichbar. Die von der Beschwerde als "Inselbereich" bezeichnete, südlich der H. Straße gelegene, nach Westen, Süden und Osten von Bebauung umschlossene Fläche besitzt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs etwa die doppelte Größe des überplanten Gebietes (UA Rn. 2, 21); sie ist also etwa 2,4 ha groß. Schon aus diesem Grund ist sie kein "kleinerer Bereich" im Sinne des Beschlusses vom 20. November 1995. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch nicht festgestellt, dass die Fläche - wie in der ersten Frage vorausgesetzt - Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB ist. Schließlich hatte der Verwaltungsgerichtshof keine Anhaltspunkte dafür, dass die landwirtschaftliche Nutzung der beiden Grundstücke der Antragsteller durch die Verwirklichung einer Dorfgebietsbebauung im Osten irgendwelche erheblichen rechtlichen oder tatsächlichen Nachteile hinzunehmen hätte; insbesondere bleibe ihre Nutzung als landwirtschaftliche Fläche in gleichem Umfang weiterhin möglich (UA Rn. 20). Auch darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem im Beschluss vom 20. November 1995 entschiedenen Fall.
2. Unter II. der Beschwerdebegründung macht die Beschwerde geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 4 CN 1.10 - (BauR 2011, 1947) zur Antragsbefugnis des Eigentümers eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks offen gelassen, ob die im Fachplanungsrecht entwickelte Rechtsprechung zur Anfechtung von Zwangspunkten einer Planung "überhaupt übertragbar" sei und ob eine Ausklammerung der Grundstücke aus dem Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans dann kein Bundesrechtsverstoß sei, wenn die Gemeinde "die Grundstücke bewusst aus dem Geltungsbereich der angegriffenen Bebauungspläne ausgeklammert" habe (Beschwerdebegründung S. 10).
Anders als die Beschwerde meint, müssten diese Fragen auch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich aus der Planung des Dorfgebiets und seiner Erschließung für eine etwaige spätere Überplanung der Grundstücke der Antragsteller Zwangspunkte ergeben könnten, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt; sie werden auch von der Beschwerde nicht aufgezeigt. Ebenso wenig hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Grundstücke der Antragsteller bewusst aus dem Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans ausgeklammert hätte, um ihre Rechtsschutzmöglichkeiten zu verkürzen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2011 a.a.O. Rn. 17). Er hat vielmehr festgestellt, dass die Antragsgegnerin mit dem Bebauungsplan das Ziel verfolgt habe, einerseits den Bestand der landwirtschaftlichen Hofstelle im Süden des Plangebiets zu sichern, zum anderen die Anbindung für Fußgänger und Radfahrer in Nord-Süd-Richtung an die bestehenden Wohngebiete zu verbessern sowie schließlich im Norden des Plangebiets ein kleines Wohngebiet zu schaffen (UA Rn. 21). Nach diesen städtebaulichen Vorstellungen habe kein Anlass bestanden, die Grundstücke der Antragsteller in das Plangebiet einzubeziehen (UA Rn. 25).
3. Unter III. der Beschwerdebegründung bezeichnet die Beschwerde die im Urteil vom 30. April 2004 - BVerwG 4 CN 1.03 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165) offen gelassene Frage als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine Antragsbefugnis jedenfalls in Fällen in Betracht kommt, in denen ein Grundstück "willkürlich" nicht in einen Bebauungsplan einbezogen wird.
Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs war es nicht willkürlich, die Grundstücke der Antragsteller nicht in den angefochtenen Bebauungsplan einzubeziehen. Wie bereits dargelegt, bestand hierfür nach den städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin kein Anlass. Ob der Verwaltungsgerichtshof Willkür zu Recht verneint hat, hängt von den Umständen des vorliegenden Falles ab und ist damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
4. Unter IV. macht die Beschwerde eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 16. Juni 2011 (a.a.O.) geltend. Dort hat der Senat folgenden Rechtssatz aufgestellt:
Die planende Gemeinde kann grundsätzlich solche Betroffenheiten unberücksichtigt lassen, die sich unmittelbar erst in anderen, regelmäßig späteren Planungen mit anderem Geltungsbereich realisieren; eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist geboten, wenn ein enger konzeptioneller Zusammenhang zwischen den Planungsbereichen besteht, auf den die Gemeinde erkennbar abstellt und der Grundlage ihrer Abwägung im vorausgehenden Planungsgebiet ist. Unter diesen Voraussetzungen sind die später betroffenen Grundeigentümer bereits im Normenkontrollverfahren gegen den vorausgehenden Bebauungsplan antragsbefugt.
Die Beschwerde meint, hier ergebe sich der enge konzeptionelle Zusammenhang zwischen den Planbereichen aus dem planübergreifenden, allgemein praktizierten Konzept, Bebauungspläne nur gegen Planungsgewinnabgabe aufzustellen.
Damit ist eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht hinreichend dargelegt (zu den Anforderungen vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Es fehlt die Bezeichnung eines abstrakten Rechtssatzes, mit dem der Verwaltungsgerichtshof von dem genannten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sein könnte. Einen solchen Rechtssatz hat er im Übrigen nicht aufgestellt. Hierzu bestand kein Anlass, denn der Verwaltungsgerichtshof hatte weder Anhaltspunkte für eine nachteilige Betroffenheit der Grundstücke der Antragsteller durch den angefochtenen Bebauungsplan noch durch eine nachfolgende Planung.
5. Die unter V. geltend gemachten "Rechts- und Sachfehler" führen nicht auf einen Grund für die Zulassung der Revision.
Soweit die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof vorhält, "falsche Rechtssätze" angewendet zu haben, wendet sie sich gegen die Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall. Daraus ergibt sich weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
Die Beschwerde rügt darüber hinaus einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und gegen die Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Zur Begründung macht sie geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof näher bezeichneten Vortrag zur Unzulässigkeit des E.-Bauland-Modells nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht gewürdigt habe (Beschwerdebegründung S. 18 ff.).
Dieser Vortrag genügt zur Darlegung eines Verfahrensmangels nicht. Bei der Prüfung, ob der Vorinstanz ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist von deren materiell-rechtlicher Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese verfehlt sein sollte (Urteil vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183). Nach der materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs hätte die Frage, ob die Antragsgegnerin zur teilweisen Abschöpfung von Plangewinnen im Zuge der Aufstellung von Bebauungsplänen berechtigt ist, allenfalls dann entscheidungserheblich sein können, wenn die Grundstücke der Antragsteller nur deswegen nicht mit überplant worden wären, weil die Antragsteller den Abschluss entsprechender Verträge verweigert hatten (UA Rn. 25 - Hervorhebung nicht im Original). Das war aber nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass unabhängig von der Weigerung der Antragsteller, die Verträge zu schließen, nach den städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin kein Anlass bestand, ihre Grundstücke in den Bebauungsplan einzubeziehen (UA Rn. 25). Diese Feststellung verstößt nicht - wie die Antragsteller in ihrer ergänzenden, noch fristgerechten Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 21. November 2011 geltend machen - gegen Denkgesetze. Ein solcher Verstoß läge nur vor, wenn der Verwaltungsgerichtshof einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss gezogen hätte. Das ist nicht der Fall.
6. Mit ihren Ausführungen unter VI. wiederholt die Beschwerde im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Die unter a) bis c) bezeichneten Rechtsfragen zur Zulässigkeit des E.-Bauland-Modells würden sich - wie unter 5. dargelegt - in einem Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht stellen.
Eine Divergenz zu den Entscheidungen des Senats vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - (Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27) und vom 17. September 2003 - BVerwG 4 C 14.01 - (BVerwGE 119, 25) ist nicht hinreichend dargelegt. Es fehlt die Bezeichnung abstrakter Rechtssätze, mit denen der Verwaltungsgerichtshof von den in der Beschwerde bezeichneten Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sein sollte. Ebenso wenig genügt es, geltend zu machen, das angefochtene Urteil verstoße gegen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesgerichtshofs.
Die Ausführungen zur Verfahrensrüge, die unter Bezugnahme auf den vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnten Antrag auf Tatbestandsberichtigung begründet wird, gehen nicht über das unter 5. dieses Beschlusses abgehandelte Vorbringen hinaus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.