Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 16.12.2014


BVerwG 16.12.2014 - 4 BN 25/14

Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
16.12.2014
Aktenzeichen:
4 BN 25/14
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2014:161214B4BN25.14.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 4. Juni 2014, Az: 8 C 11077/13, Urteil
Zitierte Gesetze

Gründe

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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.

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I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 15).

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1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob die in § 215 Abs. 1 BauGB aufgeführten Fehler wegen des Untersuchungsgrundsatzes aus § 86 VwGO auch nach dem Ablauf der in § 215 Abs. 1 BauGB genannten Frist beachtlich sind, wenn der Antragsteller zwar selbst den Fehler in diesem Verfahren nicht geltend gemacht hat, den Normenkontrollantrag jedoch rechtzeitig erhoben und begründet hat, so dass über seinen Normenkontrollantrag auch innerhalb der in § 215 Abs. 1 BauGB genannten Frist hätte entschieden werden können.

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Die Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da ihre Voraussetzungen nicht vorliegen. Der Antragsteller hat in seinem am 21. Oktober 2013 anhängig gemachten Normenkontrollantrag eine weitere Begründung angekündigt, die er am 17. Februar 2014 vorgelegt hat. Die Antragsgegnerin hat hierauf am 26. März 2014 erwidert. Damit war das Oberverwaltungsgericht wegen des Gebots, rechtliches Gehör nach § 108 Abs. 2 VwGO zu gewähren, gehindert, innerhalb der am 15. März 2014 ablaufenden Frist des § 215 Abs. 1 BauGB zu entscheiden.

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2. Die Beschwerde sieht weiter rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob die in § 215 Abs. 1 BauGB aufgeführten Fehler wegen des Untersuchungsgrundsatzes aus § 86 VwGO auch dann beachtlich bleiben, wenn der Antragsteller zwar selbst den Fehler in diesem Verfahren nicht geltend gemacht hat, den Normenkontrollantrag jedoch innerhalb der in § 215 Abs. 1 BauGB genannten Frist erhoben und begründet hat, das Oberverwaltungsgericht jedoch außerhalb der in § 215 Abs. 1 BauGB genannten Frist entschieden hat.

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Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Frage ist geklärt. Sie ist zu verneinen. Unbeachtlich wird nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB eine nach den § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- oder Formvorschriften, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung, hier des Bebauungsplans, schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden ist. Eine solche Rüge kann auch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens geltend gemacht werden. Die Frist wird gewahrt, wenn das Vorbringen rechtzeitig bei der Gemeinde eingegangen ist. Der Eingang bei Gericht reicht zur Fristwahrung nicht (Urteil vom 14. Juni 2012 - BVerwG 4 CN 5.10 - BVerwGE 143, 192 Rn. 27). Dabei verlangt § 215 Abs. 1 BauGB Substantiierung und Konkretisierung. Der Gemeinde soll durch die Darstellung des maßgebenden Sachverhalts ermöglicht werden, auf dieser Grundlage begründeten Anlass zu haben, in die Frage einer Fehlerbehebung einzutreten. Das schließt eine nur pauschale Rüge aus (Beschlüsse vom 8. Mai 1995 - BVerwG 4 NB 16.95 - Buchholz 406.11 § 244 BauGB Nr. 1 und vom 19. Januar 2012 - BVerwG 4 BN 35.11 - BRS 79 Nr. 50 Rn. 4). Daher wird die Frist des § 215 Abs. 1 BauGB nicht gewahrt, wenn der Gemeinde innerhalb der Jahresfrist die Begründung des Normenkontrollantrags zugeht, diese aber den Darlegungsanforderungen des § 215 Abs. 1 BauGB nicht genügt.

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3. Die Beschwerde will schließlich rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob eine nachträgliche, mehr als ein Jahr nach Satzungserlass durchgeführte Planung der Entwässerungskonzeption dem Erfordernis genügt, dass die planende Gemeinde bei Erlass des Satzungsbeschlusses davon ausgehen können muss, dass das für das Baugebiet notwendige Entwässerungssystem in dem Zeitpunkt tatsächlich vorhanden und funktionstüchtig sein wird, in dem die nach dem Plan zulässigen baulichen Anlagen fertig gestellt und nutzbar sein werden.

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Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass zur abwägungsfehlerfreien Bewältigung der Niederschlagswasserbeseitigung die Gemeinde bei Erlass des Satzungsbeschlusses davon ausgehen können muss, dass das für das Baugebiet notwendige Entwässerungssystem in dem Zeitpunkt tatsächlich vorhanden und funktionstüchtig sein wird, in dem die nach dem Plan zulässigen baulichen Anlagen fertig gestellt und nutzungsreif sind (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <149> und Beschluss vom 25. März 2009 - BVerwG 4 BN 5.09 - BRS 74 Nr. 28 Rn. 4). Hiervon ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen (UA S. 15 ff.). Weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Namentlich verkennt sie, dass nach § 214 Abs. 3 BauGB für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgeblich ist. Hiervon ausgehend kommt es auf die von der Beschwerde angeführte zeitlich nachfolgende Entwicklung nicht an.

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II. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

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Die Aufklärungsrügen führen nicht zur Zulassung der Revision. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die - wie hier - ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (Beschluss vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Etwas Anderes gilt nur, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist dabei der materiellrechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; stRspr).

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Eine weitere Sachaufklärung zu einzelnen freien Baugrundstücken auf dem Gebiet der Antragsgegnerin musste sich dem Oberverwaltungsgericht nicht aufdrängen, weil es die Antragsgegnerin für befugt hielt, sich für die planerische Konzeption eines Neubaugebietes zu entscheiden. Auf die derzeitige Nachfragesituation kam es dem Oberverwaltungsgericht nicht an, weil die Antragsgegnerin ihre planerische Konzeption auf eine in die Zukunft gerichtete prognostische Entscheidung stützen konnte (UA S. 12). Die Beschwerde legt ferner nicht dar, warum sich eine weitere Aufklärung zur Wirksamkeit der Umsiedlungsmaßnahmen für die Population der Zauneidechse aufdrängen musste, obwohl diese auf der Grundlage einer naturschutzfachlichen Begutachtung konzipiert worden waren (UA S. 13). Schließlich ist nicht ersichtlich, warum sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Aufklärung durch Sachverständigengutachten zur Verkehrsbelastung des G...weges hätte aufdrängen müssen, obwohl hierzu Kartenmaterial und Schilderungen der Beteiligten vorlagen (UA S. 18).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG (vgl. Beschluss vom 17. Oktober 2000 - BVerwG 4 BN 48.00 - Buchholz 310 § 159 VwGO Nr. 1 S. 1).