Entscheidungsdatum: 08.12.2010
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde will zunächst geklärt wissen,
ob schon aufgrund der spezielleren Festsetzungsmöglichkeiten der § 9 Abs. 1 Nr. 13 und 21 BauGB eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB, welche ebenfalls die Sicherung einer Versorgungsleitung bezweckt, ausgeschlossen ist.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Bereits aus dem Wortlaut der von der Beschwerde angeführten Vorschriften und mithin nicht erst nach Durchführung eines Revisionsverfahrens ergibt sich, dass die hierdurch eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten in unterschiedlicher Weise dazu beitragen können, eine Versorgungsleitung, wie sie hier in Rede steht, bauplanungsrechtlich zu sichern. Schon diese verschiedenen Regelungsbereiche und -zwecke stehen dem von der Beschwerde geltend gemachten generellen Vorrangverhältnis entgegen. Ob - wie die Beschwerde im Blick auf unterschiedliche Entschädigungsfolgen der Regelungen meint - etwas anderes jedenfalls dann zu gelten hat, wenn eine Berechtigung für die Leitungsführung noch nicht besteht, kann mangels Entscheidungserheblichkeit dahingestellt bleiben. Denn insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof von der Beschwerde unbeanstandet festgestellt, dass die Leitung tatsächlich bereits seit etwa 70 Jahren vorhanden sei und ihre Beseitigung vom Antragsteller wegen Verjährung rechtlich nicht durchgesetzt werden könne. Im Übrigen erweist sich die aufgeworfene Frage als eine solche des Einzelfalles, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich ist. Denn ob sich die Gemeinde auf eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB beschränken kann oder darüber hinaus oder alternativ den Trassenverlauf (Nr. 13) oder die mit Leitungsrechten zu belastenden Flächen (Nr. 21) festzusetzen hat, hängt davon ab, inwieweit die einzelnen Festsetzungen im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich sind. Dazu bedarf es - wie in der Rechtsprechung des Senats bereits seit langem geklärt ist (vgl. etwa Urteile vom 30. Januar 1976 - BVerwG 4 C 26.74 - BVerwGE 50, 114 <120> und vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>) - einer Einschätzung des Regelungsbedarfs auf der Grundlage der konkreten Situation. Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
2. Die weitere Frage,
ob § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine "positive" (Nutzungs-) Festsetzung voraussetzt oder auch auf Fälle anzuwenden ist, bei denen eine bauliche Nutzung zu unterlassen ist,
rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch ihre Klärung bedarf nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Vielmehr ergibt sich bereits aus Wortlaut und Systematik von § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB und § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB, dass beide Regelungen miteinander verknüpft werden können. Die Beschwerde übersieht, dass es sich bei den Anwendungsfällen des § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB keineswegs um bloße "negative" Festsetzungen handelt. Denn sie erschöpfen sich nicht in der Festsetzung von Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind, sondern setzen zugleich ausdrücklich - wie in der genannten Vorschrift vorgesehen - oder zumindest konkludent (dazu Gaentzsch, Berliner Kommentar, Stand September 2010, § 9 Rn. 32) Nutzungen dieser Fläche fest. Trifft der Bebauungsplan hierzu keine Festsetzung, ist jede Nutzung außer der ausgeschlossenen baulichen Nutzung zulässig. Hier hat der Plangeber ausdrücklich die Errichtung von den Zweck des Schutzstreifens nicht gefährdenden Anlagen für zulässig erklärt. Zu einer - unzulässigen - Negativplanung werden solche Festsetzungen entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht dadurch, dass sie nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB mit einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung verbunden werden. Zu Recht und im Einklang mit der unwidersprochen gebliebenen Literaturmeinung (vgl. etwa Berkemann in: Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004, § 9 Rn. 53; Kuschnerus ZfBR 2005, 125; Gaentzsch a.a.O. § 9 Rn. 73b) hat der Verwaltungsgerichtshof daher keinen Grund gesehen, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur auf einen Teil der in § 9 Abs. 1 BauGB genannten Festsetzungsmöglichkeiten zu beziehen.
3. Auch der Frage,
ob im Rahmen einer Einbeziehungssatzung die Festsetzungsmöglichkeit des § 9 Abs. 2 BauGB zur Verfügung steht,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch sie kann, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, beantwortet werden, und zwar im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs. Es liegt auf der Hand, dass die Aufnahme befristeter oder bedingter Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB in eine Festlegungs- und Einbeziehungssatzung auch ohne ausdrückliche Verweisung in § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB auf § 9 Abs. 2 BauGB zulässig sein kann. Die Verweisungsregelung des § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB dient dazu, den Inhalt möglicher Festsetzungen nach § 9 BauNVO in Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB zu begrenzen und sie auf "einzelnen Festsetzungen" zu beschränken, um zu verhindern, dass diese Satzungen zu einem qualifizierten Bebauungsplan werden (vgl. dazu auch Berkemann a.a.O, § 34 Rn. 147 m.w.N.). Deswegen kann aus der fehlenden Verweisung in § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB auf § 9 Abs. 2 BauGB nicht der Schluss auf die Unanwendbarkeit der letztgenannten Vorschrift gezogen werden. Denn § 9 Abs. 2 BauGB eröffnet keine selbständigen inhaltlichen Festsetzungsmöglichkeiten, sondern modifiziert Festsetzungen nach Abs. 1 dieser Vorschrift, auf den sich § 9 Abs. 2 BauGB als Folgeregelung bezieht und dessen Anwendbarkeit diese Vorschrift voraussetzt. Aus diesem Grund hätte für den Gesetzgeber auch kein Anlass für einen Ausschluss der Regelung des § 9 Abs. 2 BauGB bestanden. Denn anders als von der Beschwerde angenommen führt die Möglichkeit, Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB zu befristen oder an eine Bedingung zu knüpfen, nicht zu einer unerwünschten Feinsteuerung, sondern ermöglicht es vielmehr, dem gesetzgeberischen Anliegen nach Begrenzung des Regelungsinhalts von Festlegungs- und Einbeziehungssatzungen und darüber hinaus - wie im vorliegenden Fall - auch den Anforderungen der städtebaulichen Erforderlichkeit und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen.
4. Schließlich zeigt auch die Frage,
ob die Festsetzung einer Leitungstrasse einschließlich eines Schutzstreifens notwendig voraussetzt, dass die Leitungen in solchen Grundstücken geführt werden, die dem Versorgungsträger bereits gehören oder für die bereits Rechte nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB begründet worden sind,
eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht auf. Ein über die bereits unter 1. abgehandelte Fragestellung hinausgehender Gehalt wird mit dieser Frage allenfalls im Hinblick auf die konkrete privatrechtliche Verfügungsmacht aufgeworfen. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren jedoch nicht stellen. Denn die Beschwerde geht bei ihrer Fragestellung davon aus, dass "die private Rechtsmacht des Grundstückseigentümers einer Grundstücksnutzung durch den Versorgungsträger entgegensteht" (Beschwerdebegründung S. 7). Das ist - wie schon dargelegt - nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs aufgrund der eingetretenen Verjährung etwaiger Beseitigungsansprüche des Antragstellers hier aber nicht der Fall.