Entscheidungsdatum: 31.03.2011
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze greift nicht durch.
Der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, der Bebauungsplan sei unwirksam, da die Festsetzungen zum Lärmschutz für die Lärmschutzzone 2 "widersprüchlich, jedenfalls aber unklar und daher wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam" seien (UA S. 16). Dem liegt folgende textliche Festsetzung zugrunde:
a) Zur Einhaltung der Schalltechnischen Orientierungswerte für die städtebauliche Planung gemäß Beiblatt 1 zur DIN 18005 - Schallschutz im Städtebau - ist innerhalb des im Lageplan als Lärmschutzzone 1 gekennzeichneten Bereichs bei neuen Bauvorhaben der erforderliche Lärmschutz für die dem ständigen Aufenthalt dienenden Räume in Wohnungen, Büros, Praxen und vergleichbaren Nutzungen durch passive Maßnahmen am Gebäude sicherzustellen. Mit Ausnahme der nach Süden orientierten Fenster sind dazu Schallschutzfenster der Klasse > 3 mit empfohlenem Lüftungselement einzubauen.
b) Zur Einhaltung der für Mischgebiete geltenden Richtwerte der TA Lärm ist innerhalb des im Lageplan als Lärmschutzzone 2 gekennzeichneten Bereichs der erforderliche Lärmschutz für die dem ständigen Aufenthalt dienenden Räume in Wohnungen, Büros, Praxen und vergleichbaren Nutzungen durch passive Maßnahmen am Gebäude sicherzustellen.
Der Verwaltungsgerichtshof führt hierzu aus, es bleibe ungeklärt, um welche Richtwerte es sich handeln solle und ob solche Richtwerte überhaupt und auf welchem Weg durch passive Maßnahmen an Gebäuden umsetzbar seien. Außenpegel könnten durch passive Maßnahmen an den Bauteilen des belasteten Gebäudes nicht beeinflusst werden (UA S. 16 f.). Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm innerhalb von Gebäuden bezögen sich auf die Übertragung von "hausgemachten" Geräuschimmissionen und seien nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen (UA S. 17 f.). Eine gesetzeskonforme "Rettung" der Festsetzung sei nur durch die Einbeziehung der DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) vorstellbar. Eine derartige Aussage lasse sich der betreffenden Festsetzung hier aber nicht entnehmen (UA S. 19).
Die Beschwerde erhebt gegen diese Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtshofs die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze. Die Auslegung und Würdigung des Bebauungsplans durch den Verwaltungsgerichtshof ist jedoch dem materiellen Recht zuzuordnen. Sie lässt im Übrigen keinen Verstoß gegen die Denkgesetze erkennen. Ein Denkfehler liegt nicht bereits dann vor, wenn die tatrichterliche Würdigung auch anders hätte ausfallen können. Denkgesetze werden durch unrichtige Schlussfolgerungen nur dann verletzt, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt nur eine einzige Folgerung gezogen werden kann, jede andere Folgerung aus Gründen der Logik schlechterdings unmöglich ist und das Gericht die allein mögliche Folgerung nicht gezogen hat (Beschluss vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54). Davon kann hier keine Rede sein. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass Nr. 1.10 b) des Textteils nicht auf die DIN 4109 Bezug nimmt. Sie meint allerdings, dass auch ohne Bezugnahme auf die DIN 4109 zurückzugreifen sei, da in der TA Lärm keine entsprechenden Vorgaben für die Außenbauteile definiert seien. Mit dieser Argumentation zeigt sie nur auf, dass sie eine andere Rechtsauffassung vertritt als der Verwaltungsgerichtshof, der der Ansicht ist, dass die DIN 4109 im Text hätte genannt werden müssen.
2. Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).
2.1 Die Beschwerde wirft zu dem unter 1. wiedergegebenen Sachverhalt (B II. der Urteilsgründe) die Frage auf,
ob es in einem Mischgebiet ausreichend ist, den im Mischgebiet Lärmbetroffenen vorzuschreiben, selbst für den geeigneten passiven Lärmschutz am Gebäude für die dem ständigen Aufenthalt dienenden Räume wie Wohnungen und Büros etc. zu sorgen, ohne einen bestimmten Lärmpegelbereich nach DIN 4109 auszuweisen. Oder ist es mit dem VGH Baden-Württemberg erforderlich, konkreter die Art und Weise der passiven Lärmschutzmaßnahmen durch Festsetzung eines Lärmpegelbereichs nach der DIN 4109 anzuordnen?
Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn der Verwaltungsgerichtshof sieht den Bebauungsplan schon deshalb als unwirksam an, weil die getroffenen textlichen Festsetzungen "widersprüchlich, jedenfalls aber unklar und daher wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam" seien. Auf die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde bei einem Mischgebiet gehalten ist, Festsetzungen zum passiven Schallschutz zu treffen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Davon abgesehen dürfte sich die Frage nicht ohne Berücksichtigung der jeweiligen Situation beantworten lassen und daher - über die in der Rechtsprechung bereits entwickelten Grundsätze hinaus (vgl. etwa Beschluss vom 17. Mai 1995 - BVerwG 4 NB 30.94 - BRS 57 Nr. 2) - nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise grundsätzlich klären lassen. Hinsichtlich des zweiten Satzes der Fragestellung ist klarstellend hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof die Festsetzung eines Lärmpegelbereichs nach der DIN 4109 nicht als materiellrechtliches Erfordernis angesehen hat, sondern darin eine denkbare - hier aber nicht mögliche - "Rettung" (UA S. 18) des Fehlers mangelnder Bestimmtheit erkannt hat.
2.2 Auch die zum Verstoß gegen das Abwägungsgebot hinsichtlich der Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche (B III. 3. der Urteilsgründe) formulierten Fragen,
ob diese Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts (gemeint ist: im Beschluss vom 3. Juni 1998 - BVerwG 4 BN 25.98 - BRS 60 Nr. 8) zum Interessenausgleich unter Berücksichtigung einer künftigen Umlegung im Rahmen des Abwägungsgebots auch für Flächen gelten, die nach § 55 Abs. 5 BauGB zu behandeln sind,
ob in einem solchen Fall ein - vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in diesem Verfahren vermisster - "dringender Bedarf" für die Ausweisung einer Gemeinbedarfsfläche für eine ordnungsgemäße Abwägung erforderlich ist und
ob die Ergebnisse des Umlegungsverfahrens im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den Bebauungsplan "absehbar" sein müssen, um zum Gegenstand der Abwägung gemacht werden zu dürfen,
rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, das öffentliche Interesse an der Inanspruchnahme der im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücksflächen habe nicht das erforderliche Gewicht, um sich gegen ihr Eigentumsrecht durchsetzen zu können (UA S. 24). Die angeführten Belange könnten den Eigentumseingriff schon ihrer Bedeutung nach nicht rechtfertigen. Es bestehe die Möglichkeit, die mit der Erweiterung des Bauhofs verfolgten Zwecke auf eigenen Grundstücken zu verwirklichen (UA S. 25).
In einem derartigen Fall stellen sich die von der Beschwerde formulierten Fragen zum Umlegungsverfahren nicht. Denn bereits die Ausweisung einer Gemeinbedarfsfläche im Bebauungsplan erweist sich wegen eines Verstoßes gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG als rechtswidrig. Ob in einem nachfolgenden Umlegungsverfahren ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch Maßnahmen der Umlegung verhindert werden kann, ist dann unerheblich.
Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fordert, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 1 BvR 1402/01 - BRS 65 Nr. 6). Auch wenn die Ausweisung einer Fläche für den Gemeinbedarf noch keine unmittelbare enteignungsrechtliche Vorwirkung hat, ist die Gemeinde bereits im Rahmen ihrer Abwägung gehalten zu berücksichtigen, dass das betroffene Grundstück dem bisherigen Eigentümer entzogen werden muss, um es seiner vorgesehenen Zweckbestimmung - hier für den städtischen Bauhof - zuzuführen. Hierfür muss der Plangeber die planerische Verantwortung übernehmen (Urteil vom 27. August 2009 - BVerwG 4 CN 5.08 - BVerwGE 134, 355 Rn. 24). Dabei ist die Festsetzung des Grundstücks eines Privaten als Fläche für den Gemeinbedarf in einem Bebauungsplan regelmäßig abwägungsfehlerhaft, wenn dafür im Rahmen der planerischen Konzeption gleich geeignete Grundstücke der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen (Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 CN 6.01 - BRS 65 Nr. 8).
Demgegenüber ist die Baulandumlegung in erster Linie auf den Ausgleich der privaten Interessen der Eigentümer gerichtet und stellt daher eine Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums und nicht eine Enteignung dar. Die Exekutive wird durch das Recht der Umlegung (§§ 45 ff. BauGB) nicht ermächtigt, den Eigentümern ihre Grundstücke zu entziehen, um sie für ein konkretes, dem Wohl der Allgemeinheit dienendes Vorhaben einzusetzen (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>).
Davon abgesehen können die genannten Fragen die Zulassung der Revision auch deswegen nicht rechtfertigen, weil sie sich auf Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs beziehen, mit denen er zusätzlich zu den unter B II. seines Urteils ausgeführten selbständig tragenden Gründen die Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans belegt.
2.3 Die zur teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit des Bebauungsplans (B IV. der Urteilsgründe) gestellte Frage,
ob auf Festsetzungen, die dem Interessenausgleich zwischen Grundstückseigentümern dienen, ein "im Verfahren zum Ausdruck gekommener Wille des Satzungsgebers" entbehrlich ist, wenn dieser Interessenausgleich auch im Rahmen des Planvollzugs gewährleistet ist,
führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Die in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur teilweisen Unwirksamkeit von Bebauungsplänen (vgl. z.B. Urteil vom 3. April 2008 - BVerwG 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 Rn. 30) erstrecken sich - selbstverständlich - auch auf die Fälle, in denen die Festsetzungen dem Interessenausgleich zwischen Grundstückseigentümern dienen. Davon, dass der erforderliche Interessenausgleich vorliegend nach den Grundsätzen des Abwägungsgebots nicht im Bebauungsplan hätte vorgenommen werden müssen, sondern im Rahmen des Planvollzugs hätte gewährleistet werden können, ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch (zu Recht, s.o. unter 2.2.) nicht ausgegangen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.