Entscheidungsdatum: 13.10.2011
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Die Beschwerde hält folgende Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig:
Beginnt die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB bei erneuter Bekanntmachung eines Bebauungsplans auch dann bereits mit der ersten Bekanntmachung, wenn diese zwar in mehreren Bekanntmachungsblättern erfolgen müsste, aber tatsächlich nur in einem erfolgt ist?
Entscheidungserheblich ist diese Frage lediglich, soweit sie auf die Klärung zielt, ob, wenn ein Bebauungsplan wegen eines Bekanntmachungsmangels erneut bekannt gemacht wird, die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB auch gewahrt ist, wenn die Rüge nur nach der ersten, mangelhaften Bekanntmachung fristgerecht erhoben worden ist. Die Frage, ob die Präklusionswirkung des § 215 Abs. 1 BauGB durch eine mangelhafte Bekanntmachung ausgelöst wird oder ob die Satzungsmängel auch noch nach wirksamer Bekanntmachung geltend gemacht werden können, stellt sich im vorliegenden Verfahren hingegen nicht. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat der Antragsteller die Satzungsmängel rechtzeitig nach der ersten, mangelhaften Bekanntmachung geltend gemacht.
Soweit die Frage entscheidungserheblich ist, bedarf sie nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu ihrer Beantwortung folgenden Rechtssatz formuliert:
Wird ein Bebauungsplan wegen eines Bekanntmachungsmangels erneut bekannt gemacht, so ist die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB auch gewahrt, wenn die Rüge nur nach der ersten, mangelhaften Bekanntmachung fristgerecht erhoben worden ist; einer erneuten Rüge innerhalb der Frist nach wirksamer Bekanntmachung bedarf es nicht.
Dass dieser Rechtssatz zutreffend ist, lässt sich ohne weiteres auf der Grundlage des Gesetzes und der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts feststellen. Gemäß § 215 Abs. 1 BauGB werden die in Nr. 1 bis 3 genannten Verletzungen von Rechtsvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung geltend gemacht worden sind. Als Bekanntmachung reicht die Vornahme einer Handlung seitens des Normgebers aus, die potentiell Antragsbefugten die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Geltungsanspruch der Norm verschafft; die vorgenommene Handlung muss dabei nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung entsprechen (Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 7 CN 1.03 - NVwZ 2004, 1122 <1123>; Beschluss vom 10. April 1996 - BVerwG 4 NB 8.96 - BRS 58 Nr. 49 S. 160). Das hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. zu § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entschieden. Für § 215 Abs. 1 BauGB kann, soweit es um die Fristwahrung durch eine nach mangelhafter Bekanntmachung erhobene Rüge geht, nichts anderes gelten. Jedenfalls wenn die Satzung überhaupt bekannt gemacht und der Rechtssetzungsvorgang hierdurch abgeschlossen worden ist, kann ein Fehler bei der Bekanntmachung nicht zu Lasten der Antragsteller in einem gegen die Satzung gerichteten Normenkontrollverfahren gehen. Anhaltspunkte dafür, dass die erste Bekanntmachung nicht nur mangelhaft, sondern - wie die Beschwerde meint - eine „Nichtbekanntmachung“ gewesen sei, hatte der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von dem insoweit maßgebenden Landesrecht nicht.
2. Die geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zum Beschluss des Senats vom 25. Februar 1997 - BVerwG 4 NB 40.96 - (Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 9) - liegt nicht vor. Der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Rechtssatz widerspricht diesem Beschluss nicht. Die Beschwerde entnimmt dem Beschluss des Senats den Rechtssatz, dass es für eine fristgerechte Rüge auf die wirksame, d.h. fehlerfreie Bekanntmachung ankomme. Einen solchen Rechtssatz zur Auslegung des § 215 Abs. 1 BauGB hat der Senat in dem Beschluss nicht aufgestellt. Im damals zu entscheidenden Fall war der Bebauungsplan nicht - wie hier - wegen eines Bekanntmachungsmangels, sondern wegen fehlender Ausfertigung erneut bekannt gemacht worden. Es ging um die Frage, ob in einem solchen Fall die 7-Jahres-Frist des § 244 Abs. 2 BauGB in der Fassung des Gesetzes vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2191) für die Geltendmachung von Abwägungsmängeln bereits durch die erste Bekanntmachung in Lauf gesetzt wurde. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass die Bekanntmachung, wenn sie als solche fehlerfrei ist, auch geeignet ist, Präklusionswirkung für die Rüge von Abwägungsmängeln zu erzeugen. Dieser Rechtssatz betrifft die Auslegung des § 244 Abs. 2 BauGB a.F. und damit nicht - wie für eine Divergenz vorausgesetzt - dieselbe Rechtsvorschrift wie der Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs. Abgesehen hiervon geht es in dem Rechtssatz um die Präklusionswirkung einer fehlerfreien Bekanntmachung und nicht um die hier relevante Frage, ob die Rügefrist auch durch eine nach mangelhafter Bekanntmachung fristgerecht erhobene Rüge gewahrt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.