Entscheidungsdatum: 12.04.2011
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Die Frage:
Führt die Verletzung der Pflicht zur Aufhebung einer Sanierungssatzung, insbesondere wenn sie nicht zügig erfüllt wird und für Verzögerungen keine sachlichen Gründe vorliegen, in gleicher Weise zum Entfallen der Rechtsgültigkeit der Sanierungssatzung wie bei Fällen einer nicht mehr sachgemäß und nicht hinreichend zügig durchgeführten Sanierung,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier.
Gemäß § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist der Ausgleichsbetrag nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163) zu entrichten. Die Pflicht zur Zahlung des Ausgleichsbetrags entsteht erst mit Erlass der Aufhebungssatzung. Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der vorliegend noch anwendbaren Fassung ist die Satzung aufzuheben, wenn die Sanierung durchgeführt ist (Nr. 1) oder die Sanierung sich als undurchführbar erweist (Nr. 2) oder die Sanierungsabsicht aus anderen Gründen aufgegeben wird (Nr. 3). Dieselbe Rechtsfolge sieht der Gesetzgeber nunmehr auch für den - vorliegend nicht heranzuziehenden - Fall vor, dass die nach § 142 Abs. 3 Satz 3 oder 4 BauGB für die Durchführung der Sanierung festgelegte Frist abgelaufen ist (Nr. 4). In sämtlichen Fällen bedarf es somit einer ausdrücklichen Entscheidung über die Aufhebung der Satzung. Die Gemeinde ist in den Fällen des § 162 Abs. 1 BauGB zur Aufhebung der Sanierungssatzung verpflichtet. Der Beschluss der Gemeinde, durch den die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets ganz oder teilweise aufgehoben wird, ergeht als Satzung (§ 162 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass weder der Zeitablauf noch eine unzureichend zügige Förderung der Sanierung zur Folge haben, dass die zugrundeliegende Sanierungssatzung automatisch außer Kraft tritt (Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 C 48.76 - Buchholz 406.15 § 50 StBauFG Nr. 1). Schutzlos ist der Betroffene dadurch nicht gestellt: Ein langer Zeitraum seit Inkrafttreten der Sanierungssatzung kann wie die unzureichend zügige Förderung der Sanierung bei der Prüfung der Gründe für eine Genehmigung gemäß § 145 BauGB (Urteile vom 7. September 1984 - BVerwG 4 C 20.81 - BVerwGE 70, 83 <91> und vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 14.81 - Buchholz 406.15 § 15 StBauFG Nr. 6 jeweils zu § 15 StBauFG) von Belang sein. Die Annahme eines Außerkrafttretens wäre überdies - wie auch das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat - mit den Bedürfnissen nach Rechtssicherheit unvereinbar. Das verdeutlichen bereits die unüberwindbaren Schwierigkeiten, ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzise festzulegen.
Von dieser Rechtsprechung hat sich der Senat in dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Beschluss vom 7. Juni 1996 - BVerwG 4 B 91.96 - (Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 297) nicht distanziert. Mit diesem Beschluss hat der Senat klargestellt, dass die städtebauliche Sanierung auch bei sehr langer Dauer keine Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG ist und zugleich unterstrichen, dass die Grenze der Sozialbindung zwar überschritten werde, wenn die Sanierung nicht mehr sachgemäß und nicht hinreichend zügig durchgeführt wird. Die daran anschließende Feststellung, auf die auch die Beschwerde abhebt, in diesem Fall entfalle die Rechtsgültigkeit der Sanierungssatzung, erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass die Sanierungssatzung "automatisch" außer Kraft tritt. Das ergibt sich schon aus dem nachfolgenden Hinweis, dass es auch - namentlich im Bereich der Genehmigungspflicht - geboten sein kann, im Wege verfassungskonformer Handhabung die eigentumsrechtliche Ausgangslage zu beachten. Weitere Ausführungen, in welcher Weise die nicht hinzunehmende Überschreitung der Grenze der Sozialbindung zu beseitigen ist, waren auch nicht veranlasst, da im damaligen Fall die Voraussetzungen für eine Sanierungssatzung unverändert fortbestanden hatten.
Auf die mögliche Belastung der Klägerin hebt im Übrigen auch das Oberverwaltungsgericht ab, wenn es - für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindend - feststellt, dass sich der späte Abschluss der Sanierung für die Klägerin nicht nachteilig, sondern zu ihrem Vorteil ausgewirkt habe, weil bei Aufhebung der Sanierungssatzung zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt der von ihr auszugleichende sanierungsbedingte Wertzuwachs deutlich höher gewesen wäre als an dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Wertermittlungsstichtag im Jahr 2005.
Auch die Frage:
Entsteht der Anspruch auf den sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag im Sinne des Verjährungsrechts mit dem tatsächlichen Abschluss der nach der Sanierungssatzung zur Beseitigung der städtebaulichen Missstände durchgeführten Maßnahmen oder entsteht dieser Anspruch erst mit förmlicher Aufhebung der Sanierungssatzung im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 1 BauGB, insbesondere selbst dann, wenn eine Gemeinde den förmlichen Abschluss der Sanierung verzögert hat,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Maßgeblich ist - wie dargelegt -, da vorliegend nicht ein Fall des § 163 BauGB in Streit steht, allein der Zeitpunkt der förmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung nach § 162 BauGB. Weitergehende Fragen des Bundesrechts, die nicht bereits in den obigen Ausführungen zu § 162 BauGB berücksichtigt sind, werden nicht aufgeworfen. Soweit die Beschwerde auf Regelungen des Landes-Kommunalabgabengesetzes sowie darin in Bezug genommene Vorschriften der Abgabenordnung verweist, handelt es sich nicht um revisibles Recht. Denn wenn eine Vorschrift des Bundesrechts ausschließlich kraft eines Gesetzesbefehls des Landesgesetzgebers anzuwenden ist, liegt insoweit irrevisibles Landesrecht vor, weil diese Vorschrift des Bundesrechts nicht kraft Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers, sondern nur kraft der Bezugnahme im Landesrecht und damit aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung des Landes Geltung beansprucht (Beschluss vom 2. Juli 2009 - BVerwG 7 B 9.09 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 36 S. 10 m.w.N.).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.