Entscheidungsdatum: 25.11.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 86 275 € festgesetzt.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.
a) Die Rechtsfrage, ob eine luftverkehrsrechtliche Zustimmung zugleich eine Zustimmung nach § 14 LuftVG und nach § 12 LuftVG umfasst, würde sich so in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, hat der Beigeladene zu 1 die luftverkehrsrechtliche Zustimmung vom 11. März 2009 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 LuftVG für Luftverkehrshindernisse außerhalb des Bauschutzbereichs erteilt (UA S. 17). Die Frage müsste daher lauten, ob eine derart formulierte Zustimmung auch Luftverkehrshindernisse erfasst, die - wie die streitgegenständliche Windenergieanlage - im Bauschutzbereich gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 LuftVG liegen. Die Antwort, dass das nach dem objektiven Erklärungsgehalt nicht der Fall ist, ist eindeutig und lässt sich auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens erteilen. Ohne Belang ist, dass nach Auffassung des Klägers § 12 und § 14 LuftVG die gleiche Schutzrichtung haben.
b) Die Frage, ob im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags für mehrere Windenergieanlagen (Sammelantrag) generell bzw. insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 12 Abs. 3 LuftVG jede einzelne Windenergieanlage isoliert zu bewerten ist, wäre in einem Revisionsverfahren nicht aufgerufen. Gegenstand des klägerischen Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 4. November 2008, der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, ist allein die Windenergieanlage 7 (UA S. 3). Im Einklang mit dem Genehmigungsantrag hat das Oberverwaltungsgericht geprüft, ob durch die Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens eine Gefährdung des Luftverkehrs zu erwarten ist (UA S. 29). Der Frage, ob der Beklagte berechtigt war, auch für alle anderen, hier nicht verfahrensgegenständlichen elf Windenergieanlagen die Genehmigungen zu versagen, oder nicht wenigstens die westlich gelegenen Windenergieanlagen des Windparks M. hätte genehmigen müssen (gemeint sind die Windenergieanlagen 1 bis 4
c) Die Frage, ob für das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne der Rechtsprechung zu § 12 Abs. 3 LuftVG eine besonders unzumutbare Beeinträchtigung des Luftverkehrs erforderlich ist, ist mit dem Oberverwaltungsgericht bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu verneinen. Der luftrechtliche Zustimmungsvorbehalt in § 12 LuftVG dient der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und des Schutzes der Allgemeinheit (Beschluss vom 8. April 1998 - BVerwG 11 B 40.97 - Buchholz 442.40 § 15 LuftVG Nr. 1 S. 1). Mit der Entscheidung über die Zustimmung nimmt die Luftfahrtbehörde die ihr in § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG zugewiesene Aufgabe wahr, betriebsbedingte Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt abzuwehren. Eine Gefahr im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (Urteil vom 26. Juni 2014 - BVerwG 4 C 3.13 - juris Rn. 13). Insoweit bestimmt die Vorschrift die Voraussetzungen für luftfahrtbehördliche Einzelfallregelungen nach Art einer ordnungsrechtlichen Generalklausel (Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 12). Für einen Rechtssatz des Inhalts, die Sicherheit des Luftverkehrs sei nur im Falle besonders unzumutbarer Beeinträchtigungen gefährdet, gibt es im Gesetz keinen Anhaltspunkt. Einen solchen Rechtssatz vermag der Senat auch dem vom Kläger in Bezug genommenen Beschluss des OVG Lüneburg vom 21. Juli 2011 - 12 ME 201/10 - (NVwZ-RR 2011, 972) nicht zu entnehmen. Das OVG Lüneburg hat sich in seinem nicht zu § 12 LuftVG, sondern zu § 35 Abs. 3 BauGB ergangenen Beschluss darauf beschränkt, der seinerzeitigen Beigeladenen zu attestieren, mit beachtlichen Argumenten eine unzumutbare Beeinträchtigung von An- und Abflugstrecken geltend gemacht zu haben (a.a.O. S. 973). Dass die Zustimmung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur versagt werden darf, wenn dies für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nötig ist und den Belangen des Luftverkehrs und der Luftsicherheit nicht schon durch eine Zustimmung unter Auflagen oder Befristung Rechnung getragen werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 16. Juli 1965 - BVerwG 4 C 30.65 - BVerwGE 21, 354 <361>).
d) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine nur hypothetische Möglichkeit bzw. ein hypothetischer Sachverhalt betreffend eines schädigenden Ereignisses im Sinne der Rechtsprechung vorliegt und damit eine Zustimmung nach § 12 Abs. 3 LuftVG zu erteilen ist, führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist und deshalb vom Senat nur im Stil eines Lehrbuchs beantwortet werden könnte. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens. Der Kläger beanstandet mit seiner Grundsatzrüge, dass das Oberverwaltungsgericht die Annahme des Gutachters, ein Großteil der Luftfahrzeugführer werde bei einer Einstufung des GAFOR-Gebiets 36 als kritisch oder gesperrt eine andere Flugroute wählen oder auf den Flug verzichten und umkehren, zwar als realitätsnah bezeichnet, einen Anflug über die Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 aber dennoch nicht als rein hypothetische Möglichkeit gewertet hat. Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache indes nicht darlegen.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Verfahrensfehler, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann, liegen entweder nicht vor oder sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend bezeichnet.
a) Der Kläger hält dem Oberverwaltungsgericht zu Unrecht vor, dadurch gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen zu haben, dass es nicht geklärt hat,
- ob und ggf. welche Auswirkungen sich im Falle eines Umfliegens des Windparks M. auf den Luftverkehr, insbesondere betreffend den An- und Abflug im Sondersichtflug, ergeben, wenn der Flugverkehr die Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 benutzt,
- ob nicht wenigstens einzelne der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen genehmigungsfähig sind,
- ob bzw. inwieweit sich die Auswirkungen von einem Umfliegen des Antennenmastes nordöstlich des Pflichtmeldepunkts Whiskey 2 sowie der nächstgelegenen Windenergieanlage des Windparks P. unterscheiden.
Ob das Tatsachengericht Beweisangeboten nachgehen oder von sich aus Beweis erheben muss, ist auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung zu beurteilen. Das Unterlassen von Tatsachenermittlungen, die aus seiner Sicht überflüssig sind, kann einen Aufklärungsmangel nicht begründen (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2; stRspr). Ob die Rechtsauffassung richtig ist, ist ohne Bedeutung. Der Bereich der Tatsachenfeststellung ist auch dann vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, wenn dieser Standpunkt rechtlich verfehlt sein sollte (Urteil vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4; stRspr).
Das Oberverwaltungsgericht hat eine Gefahrenlage für den Luftverkehr angenommen, weil die Durchführung von Sonder-Sichtflügen in der Kontrollzone D und Sichtflügen im Luftraum der Klasse G der Anlage 5 zur LuftVO vom Pflichtmeldepunkt Whiskey 2 zum Flughafen über das M. luftrechtlich zulässig sei und unter den zulässigen Flugbedingungen der nach § 12 Abs. 1 Satz 2 LuftVO erforderliche (vertikale) Sicherheitsmindestabstand von 500 Fuß (= 150 m) zu den Windenergieanlagen nicht mehr eingehalten werden könne (UA S. 30). Auf die Auswirkungen einer Umfliegung des M. auf die Flugsicherheit sowie darauf, ob und inwieweit sich die Auswirkungen von einem Umfliegen des Antennenmastes nordöstlich des Pflichtmeldepunkts Whiskey 2 und der nächstgelegenen Windenergieanlage des Windparks P. unterscheiden, kam es nach seiner Rechtsauffassung nicht an.
Die Rüge, es fehle auch jede gebotene Sachverhaltsermittlung zu der Frage, ob nicht einzelne Windenergieanlagen genehmigungsfähig sind, geht schon deshalb ins Leere, weil es im vorliegenden Verfahren nur um eine Anlage geht.
b) Der Kläger kann die Zulassung der Revision auch nicht mit der Rüge erreichen, das Oberverwaltungsgericht habe seinen Einwand nicht beschieden, dass die Festlegung der neuen Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 in der Zweiten Verordnung zur Änderung der 96. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung mangels sachlicher Rechtfertigung unwirksam sei, und ihm dadurch das rechtliche Gehör abgeschnitten.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind aber nicht verpflichtet, auf jedes Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich einzugehen. Das Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des Parteivortrags rechtfertigt deshalb allein noch nicht den Schluss, dass ein Gericht ihn nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Gehörsverstoß festgestellt werden (Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3). Das ist hier nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat die im Berufungsverfahren im Wege der Bezugnahme wiederholte Behauptung des Klägers in erster Instanz, die Festlegung der neuen Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 in § 2 der Zweiten Verordnung zur Änderung der 96. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung bringe keine Vorteile mit sich, im Tatbestand des Urteils wiedergegeben (UA S. 8, 11), die aus der Behauptung abgeleiteten Bedenken des Klägers an der Wirksamkeit der Regelung jedoch nicht geteilt (UA S. 24). Das genügt zur Gewährung rechtlichen Gehörs, zumal der Kläger an der angegebenen Passage seines Vortrags (Schriftsatz vom 4. November 2013, S. 4 f.) die Unwirksamkeit der Verordnung nicht ausdrücklich geltend gemacht hat.
c) Ein Gehörsverstoß ist dem Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch unterlaufen, dass es sich nicht mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt hat, es gebe hindernisfreie Flugrouten um den Windpark M. herum und durch ihn hindurch. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Darum ist der Schluss von der Nichtbehandlung eines Vorbringens in den Entscheidungsgründen auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur unter der Voraussetzung zulässig, dass das betreffende Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich und nicht offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>; BVerwG, Beschluss vom 25. November 1999 - BVerwG 9 B 70.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 64 S. 8). Das ist hier nicht der Fall, weil es auf die Möglichkeit alternativer Flugrouten nach Auffassung der Vorinstanz nicht ankam.
d) Unbegründet ist schließlich die Rüge des Klägers, das Oberverwaltungsgericht habe gegen Denkgesetze verstoßen, indem es
- die Annahme des Gutachters F. als realitätsnah bezeichnet habe, ein Großteil der Luftfahrzeugführer würde bei einer Einstufung des GAFOR-Gebiets 36 als kritisch oder gesperrt eine andere Flugroute wählen oder auf den Flug verzichten und umkehren, einen Anflug über die Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 aber gleichwohl nicht als rein hypothetische Möglichkeit gewertet habe,
- es für möglich gehalten habe, dass der Windpark P. in einem seitlichen Abstand von 150 m umflogen werden könne, dies für den Windpark M. aber nicht in Erwägung gezogen habe.
Ein Verstoß gegen Denkgesetze setzt voraus, dass nach dem gegebenen Sachverhalt nur eine einzige Folgerung gezogen werden kann, jede andere Folgerung aus Gründen der Logik schlechterdings unmöglich ist und das Gericht die allein mögliche Folgerung nicht gezogen hat (Beschluss vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 8). Davon kann hier keine Rede sein. Der Gutachter nimmt an, dass ein Großteil der Luftfahrzeugführer verantwortungsbewusst handeln wird. Das schließt nicht aus, dass eine Minderheit von Luftfahrzeugführern das M. überfliegen wird, auch wenn es gesperrt oder von einem Überflug abgeraten worden ist. Die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Anflug über die Pflichtmeldepunkte Whiskey 1 und Whiskey 2 nicht rein hypothetischer Natur ist, ist deshalb nicht denkgesetzwidrig. Denkgesetzwidrig ist auch nicht, dass das Oberverwaltungsgericht die Einhaltung eines seitlichen Sicherheitsabstands von 150 m zur nächstgelegenen Windenergieanlage des Windparks P. für möglich hält, dies für den Windpark M. aber nicht in Erwägung gezogen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit der Möglichkeit, das M. zu umfliegen, aus Rechtsgründen nicht befasst. Sein Standpunkt kann nicht im Gewand der Rüge eines Verstoßes gegen Denkgesetze der revisionsgerichtlichen Prüfung zugeführt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.