Entscheidungsdatum: 31.01.2019
Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
a) Die Beschwerde formuliert als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage,
ob es unangemessen ist, wenn ein Arbeitszimmer von etwa 20 m² an ein Haus mit einer Grundfläche von 90 m² (richtig: 109,3 m²) und einer Wohnfläche von etwa 140 m² angebaut wird, weil sein 71-jähriger Miteigentümer seine (reduzierte, aber durchaus vollschichtige) berufliche Tätigkeit von einer 500 km entfernten Stadt, in der er bislang während der Arbeitswoche in einer Zweitwohnung lebte, in sein Wohnhaus verlagern möchte.
Wörtlich genommen wäre die Frage nicht klärungsbedürftig, weil sie sich auf die Umstände des konkreten Einzelfalls bezieht und einer verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich wäre.
Dem Beschwerdevorbringen lässt sich allerdings entnehmen, dass es den Klägern auch um die - abstrakte - Frage geht, welche Bedeutung der Regelung in § 39 des II. WoBauG und einem beruflich bedingten Mehrbedarf an Nutzfläche bei der Beurteilung der Angemessenheit der begünstigten Erweiterung eines Wohngebäudes nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b BauGB zukommt. Die Zulassung der Revision rechtfertigt die Frage auch in dieser von den konkreten Umständen des Einzelfalles abstrahierten Fassung nicht.
Der Sinn des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB besteht darin, die im Außenbereich an sich unzulässige bauliche Erweiterung von Wohngebäuden zur angemessenen Wohnraumversorgung des Eigentümers und seiner Familie zu erleichtern (BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 13.97 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 338 = juris Rn. 15). Gleichzeitig normiert die Vorschrift Grenzen für diese Erleichterung. Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b BauGB setzt die begünstigte Erweiterung eines Wohngebäudes im Außenbereich voraus, dass die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse "angemessen" ist. In der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - 4 C 82.77 - BVerwGE 61, 285 <289> und Beschluss vom 31. Mai 1988 - 4 B 88.88 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 249) ist geklärt, dass es hierbei nicht auf die selbst bestimmten Bedürfnisse der Bewohner ankommt, weil dies mit dem Grundsatz einer größtmöglichen Schonung des Außenbereichs offensichtlich nicht vereinbar wäre (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16. April 2008 - 4 B 24.08 - ZfBR 2008, 593 = juris Rn. 6). Maßgeblich ist vielmehr eine objektive Bewertung der jeweiligen familiären Wohnbedürfnisse, die aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu bestimmen sind. Ist auf die individuellen Bedürfnisse abzustellen, so lässt sich die Angemessenheit nicht metrisch einheitlich bestimmen (BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - 4 C 82.77 - a.a.O.) und entzieht sich damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung. Die Bewertung der "Angemessenheit" einer Wohnraumerweiterung im konkreten Einzelfall ist folglich Sache des Tatsachengerichts. Der Senat (Beschluss vom 31. Mai 1988 - 4 B 88.88 - a.a.O.) hat es in diesem Zusammenhang gebilligt, dass sich die Tatsachengerichte an den Zahlen orientieren, die nach § 39 des II. Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) für förderungswürdige Bauten gelten; diese könnten "Anhaltspunkte" für die Angemessenheit liefern. Von dieser Rechtsprechung hat sich das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil leiten lassen. Es hat auch nicht verkannt, dass die Maßstäbe des II. WoBauG keine bindenden rechtlichen Vorgaben enthalten, sondern lediglich als Orientierungshilfe anzusehen sind, auf die das Tatsachengericht bei der Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit einer Wohnraumerweiterung im Außenbereich zurückgreifen darf. Zwar wurde das II. WoBauG durch § 10 i.V.m. § 19 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung - Wohnraumförderungsgesetz - vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 aufgehoben und ist die Bestimmung der Größe förderungswürdigen Wohnraums nunmehr Ländersache. Das hat das Oberverwaltungsgericht indessen gesehen, gleichwohl den Maßstab des § 39 II. WoBauG als Auslegungshilfe für die tatrichterliche Beurteilung der Angemessenheit einer Wohnraumerweiterung als weiterhin brauchbar betrachtet. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass dieser Maßstab heute mit Blick auf bundesrechtliche Vorgaben nicht mehr zur Grundlage der tatrichterlichen Beurteilung der Angemessenheit einer Wohnraumerweiterung gemacht werden könnte. Der pauschale Hinweis auf die Bedeutung geänderter Wohnansprüche in der Bevölkerung und einem beruflich begründeten Mehrbedarf bei der Bestimmung der Angemessenheit der jeweiligen familiären Wohnbedürfnisse genügt hierfür nicht.
b) Die mit Schriftsatz vom 16. Januar 2019 weiter von der Beschwerde formulierten und für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,
ob eine untergeordnete Fläche für ein häusliches Arbeitszimmer bei entsprechendem objektiven Bedarf des Hauseigentümers zu den angemessenen Wohnbedürfnissen im Sinn des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b BauGB gehört und das Entstehen eines solchen Bedarfs eine Vergrößerung eines Wohngebäudes im Außenbereich begründet,
ob ein Verhältnis zwischen der Wohnfläche eines vorhandenen Gebäudebestandes und derjenigen eines beantragten Anbaus von etwa 7 zu 1 (Verhältnis der Grundfläche: 5,3 zu 1) angemessen im Sinn des § 35 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b BauGB ist
und
ob der Bauantrag eines Klägers, der an sein selbstgenutztes genehmigtes Familieneigenheim im Außenbereich ein Arbeitszimmer anbauen will, dessen Fläche weniger als 15 % der bereits vorhandenen Wohnfläche betragen soll, die ihrerseits knapp (nämlich weniger als 10 %) über dem Orientierungswert des § 39 II Abs. 1 Nr. 1 des II. WoBauG liegt, deshalb abzuweisen ist, weil der Kläger den neu entstehenden Bedarf für sein häusliches Arbeitszimmer innerhalb der vorhandenen Wohnfläche zu befriedigen imstande ist,
führen schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil sie außerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO gestellt worden sind.
2. Die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Senats vom 23. Januar 1981 - 4 C 82.77 - (BVerwGE 61, 285) rechtfertigt ebenfalls nicht die Revisionszulassung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Urteil seiner Entscheidung ausdrücklich zugrunde gelegt. Soweit die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht habe in den weiteren Urteilsgründen abweichend von diesem Maßstäben Räume zur Befriedigung beruflicher Bedürfnisse nicht hinzugerechnet, macht sie der Sache nach eine unterbliebene oder fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, die nicht auf eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Rechtssatzdivergenz führt (BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 2017 - 2 B 18.17 - NVwZ-RR 2018, 439 = juris Rn. 16).
3. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Dem Oberverwaltungsgericht ist kein Verfahrensfehler unterlaufen.
Die Beschwerde wirft dem Berufungsgericht vor, die Antragstellung der Kläger nicht beachtet zu haben und von einem überholten Bauantrag ausgegangen zu sein. In den Entscheidungsgründen werde die Angemessenheit der Größe des beantragten Anbaus mit 20,625 m² angegeben. In diese Fläche habe das Gericht anteilig auch die Fläche der im Obergeschoss des Anbaus vorgesehenen Dachterrasse eingerechnet. Das widerspreche dem Sachvortrag und dem Begehren der Kläger. Denn diese hätten bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass sie bereit seien, auf die Errichtung der Dachterrasse zu verzichten. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz habe der Bevollmächtigte der Kläger auch zu Protokoll erklärt und klargestellt, dass die ursprünglich vorgesehene Dachterrasse auf dem vorgesehenen Anbau entfalle. Auf diesem Fehler beruhe das angefochtene Urteil, weil das Oberverwaltungsgericht damit von einem zu großen Anbau ausgegangen sei. Ein Verfahrensfehler ist hiermit nicht dargetan.
Ausweislich des Schreibens des Bevollmächtigten der Kläger vom 6. Februar 2018 haben diese - auf entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts - beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Januar 2017 den negativen Bauvorbescheid der beklagten Stadt vom 19. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2016 aufzuheben und die beklagte Stadt zu verpflichten, den von den Klägern am 14. August (2015) beantragten Bauvorbescheid zur Errichtung des in diesem Antrag näher bezeichneten Anbaus an ihr Haus zu erlassen. Der Vorbescheidsantrag beinhaltete indessen auch eine Terrasse auf dem Dach des Anbaus. Dass diese nicht mehr Gegenstand des Berufungsantrages sein sollte, ergibt sich aus dem Schreiben vom 6. Februar 2018 nicht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht seiner im schriftlichen Verfahren ergangenen Entscheidung diesen Antrag zugrunde gelegt und die Dachterrasse berücksichtigt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.