Entscheidungsdatum: 22.09.2016
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 36 750 € festgesetzt.
I. Die Klägerin verlangt die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Erweiterung eines großflächigen Lebensmitteldiscount-Markts. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts scheitert die Erteilung eines Vorbescheides an der im maßgeblichen Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze. Sollte der Bebauungsplan unwirksam sein, könne der Vorbescheid gleichfalls nicht erteilt werden. Denn das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht nach der Grundstücksfläche ein, die überbaut werden solle.
II. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, welche ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).
Die Klägerin möchte in der Sache grundsätzlich klären lassen,
ob die Annahme einer faktischen Baugrenze bei der Ermittlung des durch die nähere Umgebung vorgegebenen Rahmens für die überbaubare Grundstücksfläche in einem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB eine städtebaulich verfestigte Situation voraussetzt, sowie,
ob eine faktische Baugrenze auch durch Interpolation einer gedachten Linie zwischen den - sich als städtebauliches Zufallsprodukt erweisenden und (aus dem Blickwinkel des Vorhabengrundstücks) nicht auf einer Höhe befindlichen - Endpunkten zweier Bauriegel ermittelt werden kann.
Die Beschwerde zeigt damit keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Die zweite Frage hat schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie allein auf den vorliegenden Einzelfall zugeschnitten ist und sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Aber auch im Übrigen führen die Fragen nicht auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf.
Ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich muss sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügen. Bei diesem Merkmal geht es (auch) um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juni 2009 - 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 4 und vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 Rn. 8). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dabei die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>, vom 21. November 1980 - 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 10). Dabei muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt und alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>).
Von diesen Grundsätzen hat sich das Oberverwaltungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung leiten lassen und angenommen, die Hochhäuser Camberger Str. Nr. 2-8 im Westen und An der Pulvermühle 1-7 im Osten markierten mit ihren südlichen Fassadenabschlüssen aufgrund ihrer prägenden Wirkung die Endpunkte einer faktischen Baugrenze im südlichen Bereich des Vorhabengrundstücks (UA S. 13). Die Beschwerde wendet sich unter Berufung auf Formulierungen des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13. März 2013 - 10 B 4.12 - OVGE BE 34, 20 = juris Rn. 45) und des VGH München (Beschluss vom 3. März 2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 12) gegen diese tatrichterliche Würdigung und verlangt eine Prüfung, ob die vorgefundene Situation städtebaulich verfestigt oder ein bloßes "Zufallsprodukt" ist. Mit diesen bereits in der Berufungsinstanz erhobenen Einwänden (Schriftsatz der Klägerin vom 15. April 2016 S. 9 f.) hat sich das Oberverwaltungsgericht der Sache nach befasst und festgestellt, das Vorhabengrundstück sei nicht diffus geprägt und die Umgebung in Bezug auf das Bestehen einer faktischen Baugrenze auch nicht strukturlos (UA S. 14). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Insbesondere legt sie nicht dar, welche darüber hinausgehenden Anforderungen sich aus den Schlagwörtern der "städtebaulichen Verfestigung" und des "Zufallsproduktes" ergeben könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.