Entscheidungsdatum: 05.07.2016
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Beklagte legt nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht. Die Beklagte formuliert zwar vier Rechtsfragen zu § 34 Abs. 1 BauGB, zeigt aber nicht auf, dass die Fragen in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig und klärungsfähig sind.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Beklagte legt nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht von den von ihr in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist.
Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen worden sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird. An Letzterem lässt es die Beklagte fehlen. Sie arbeitet keine Rechtssätze aus dem Berufungsurteil heraus, die mit Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts kollidieren, sondern hält dem Oberverwaltungsgericht vor, von ihm nicht in Frage gestellte höchstrichterliche Rechtssätze falsch angewandt zu haben. Darauf kann die Divergenzrüge nicht gestützt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328).
3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen § 101 Abs. 1 VwGO verstoßen, wonach das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Da die Beteiligten im Anschluss an den Augenscheintermin am 6. Oktober 2015 auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet hatten, durfte das Oberverwaltungsgericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren entscheiden.
Die Beklagte macht geltend, dass sich am 29. Dezember 2015 die Prozesslage mit der Folge eines Verbrauchs der Verzichtserklärung wesentlich verändert habe. Aus den an diesem Tag im Nachgang eingereichten Bauunterlagen habe sich ergeben, dass der Kläger ein anderes als das ursprünglich beabsichtigte Bauvorhaben zur Genehmigung gestellt habe. Er wolle das Quergebäude nicht sanieren und teilweise zu Wohnzwecken umnutzen, sondern an dessen Stelle ein neues Wohngebäude errichten.
Entgegen der Ansicht der Beklagten führt eine Änderung der Prozesslage nicht von selbst zu einer Unwirksamkeit eines einmal erklärten Verzichts auf eine mündliche Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006 - 7 B 90.05 - juris Rn. 16 mit Anmerkung Neumann, jurisPR-BVerwG 11/206 Anm. 6). Verbraucht wird eine Verzichtserklärung durch die nächste Entscheidung des Gerichts, weil sich die Verzichtserklärung nur auf diese bezieht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO deshalb dann nicht mehr wirksam, wenn nach diesem Verzicht ein Beweisbeschluss ergeht, den Beteiligten durch einen Auflagenbeschluss eine Stellungnahme abgefordert wird oder Akten zu Beweiszwecken beigezogen oder sonst neue Erkenntnismittel in den Prozess eingeführt werden (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Dezember 1995 - 9 B 199.95 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 21 S. 3 und vom 17. September 1998 - 8 B 105.98 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 24 S. 6). Eine derartige den Verzicht verbrauchende Zwischenentscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist hier nicht ergangen.
Es steht jedoch im Ermessen des Gerichts, ob es trotz wirksamen Verzichts ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang dafür einzustehen, dass trotz der unterbleibenden mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Beteiligten nicht verletzt wird (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2003 - 6 B 32.03 - NVwZ-RR 2004, 77 <78>). Eine Gehörsverletzung war hier aber nicht zu besorgen. Das Vorbringen zu der Änderung des Bauvorhabens stammt aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 2. Dezember 2015. Das Oberverwaltungsgericht hat es zur Kenntnis genommen (UA Rn. 11). Dass es der Beklagten die Gelegenheit vorenthalten hat, ihren schriftsätzlichen Vortrag in einer mündlichen Verhandlung zu wiederholen, ist nicht ermessensfehlerhaft.
b) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es den Zeitpunkt der Aufgabe der gewerblichen Nutzung des Quergebäudes trotz Bestreitens auf das Jahr 1996 datiert habe, genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1987 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Denn die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B 40.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19 Rn. 16). Für Behörden gilt insofern nichts Abweichendes, wenn diese durch einen eigenen Bediensteten mit der Befähigung zum Richteramt in der Berufungsinstanz vertreten werden (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2001 - 4 B 41.01 - NVwZ-RR 2001, 713 <714> und vom 13. Oktober 2015 - 4 B 24.15 - juris Rn. 4; Urteil vom 23. November 2006 - 3 C 30.05 - Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 15 Rn. 14).
Das Beschwerdevorbringen bleibt hinter diesen Anforderungen zurück. Die Beklagte zeigt weder auf, welche Aufklärungsmaßnahmen das Oberverwaltungsgericht ihrer Ansicht nach hätte ergreifen müssen, noch behauptet sie und weist nach, dass sie, die in der Berufungsinstanz durch eigene Bedienstete mit der Befähigung zum Richteramt vertreten war, vor dem Oberverwaltungsgericht auf Aufklärungsmaßnahmen gedrungen hätte, deren Unterlassung sie nunmehr vermisst. Sie legt auch nicht dar, dass die Aussage im Berufungsurteil, die Aufgabe der gewerblichen Nutzung im Jahr 1996 und die nachfolgende Nutzung durch die Bewohner des Haupt- und des Seitengebäudes als Ab- und Einstellraum u.a. für Fahrräder hätten dazu geführt, dass es sich bei dem Quergebäude um eine Nebenanlage in funktioneller Hinsicht handele (UA Rn. 27), anders ausgefallen wäre, wenn die gewerbliche Nutzung, wie von ihr behauptet, nur bis zum Jahr 1993 gedauert hätte, und dass die Berufung des Klägers dann hätte zurückgewiesen werden müssen. Der Vortrag der Beklagten, die unzutreffende Datierung der Aufgabe der gewerblichen Nutzung des Quergebäudes auf das Jahr 1996 habe dazu geführt, dass das Oberverwaltungsgericht dieser Nutzung eine prägende Wirkung beigemessen habe, findet im Berufungsurteil keine Stütze.
c) Die ebenfalls an § 86 Abs. 1 VwGO anknüpfende Rüge, das Oberverwaltungsgericht hätte bei der Frage, ob sich das Vorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, auf den Standort des Vorhabens im Sinne des § 23 BauNVO abstellen und vor diesem Hintergrund weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen müssen, verfehlt den rechtlichen Maßstab. Da der Bereich der Tatsachenfeststellung vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen ist, auch wenn dieser Standpunkt rechtlich verfehlt sein sollte (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4), kann mit der Aufklärungsrüge nicht geltend gemacht werden, dass die Vorinstanz Feststellungen nicht getroffen hat, die sie (nur) bei Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsauffassung hätten treffen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.