Entscheidungsdatum: 06.02.2017
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger rügt eine Verletzung des Grundsatzes der mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) und des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Der Verwaltungsgerichtshof habe ohne mündliche Verhandlung entschieden, obwohl sich die Erklärungen der Beteiligten am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013, sie seien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden, nicht auf den veränderten Klageantrag vom 22. Mai 2015 erstreckt hätten. Da mit diesem Antrag der Streitgegenstand geändert worden sei, hätte der Verwaltungsgerichtshof wieder in die mündliche Verhandlung eintreten oder zumindest einen Hinweisbeschluss des Inhalts erlassen müssen, dass gegebenenfalls ein neuer Streitgegenstand im Raum stehe, auf den sich die Verzichtserklärungen nicht bezögen.
1. Der gerügte Verstoß gegen § 101 Abs. 1 VwGO, in dem zugleich eine Gehörsverletzung zu sehen wäre (BVerwG, Urteil vom 15. September 2008 - 1 C 12.08 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 34 Rn. 10), liegt nicht vor.
a) Die Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren waren erfüllt. Beide Beteiligte haben in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne (weitere) mündliche Verhandlung erklärt. Die spätere Umstellung des Klageantrags von einer Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) oder die vom Verwaltungsgerichtshof zusätzlich in Betracht gezogene Änderung der Verpflichtungsklage in eine Feststellungsklage (§ 43 VwGO) im Schriftsatz des Klägers vom 22. Mai 2015 hat die Verzichtserklärungen nicht "verbraucht". Als grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlungen gelten Verzichtserklärungen bis zur nächsten Entscheidung des Gerichts (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006 - 7 B 90.05 - juris Rn. 13). Verbraucht worden sind die Verzichtserklärungen der Beteiligten danach erst durch das angefochtene Urteil und nicht bereits durch eine Änderung der Prozesslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 4 B 21.16 - juris Rn. 9).
b) Es steht jedoch im Ermessen des Gerichts, ob es trotz wirksamen Verzichts ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang dafür einzustehen, dass trotz der unterbleibenden mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Beteiligten nicht verletzt wird (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2003 - 6 B 32.03 - NVwZ-RR 2004, 77). Danach kann etwa die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erforderlich sein, wenn ein Beteiligter geltend macht, eine wesentliche Änderung der Prozesslage erfordere unter dem Gesichtspunkt seines rechtlichen Gehörs deren Durchführung. Der Verzicht ist dann ähnlich "verbraucht" wie im Falle einer nachfolgenden gerichtlichen Entscheidung (Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 101 Rn. 12). Dass ein solcher Fall vorgelegen habe, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Der Kläger legt nicht dar, dass er im Schriftsatz vom 22. Mai 2015 oder danach auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung hingewirkt hat. Das war auch tatsächlich nicht der Fall. In seinem Schriftsatz vom 15. September 2016 mahnt der Kläger vielmehr eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs an und bittet unter anderem um Mitteilung, bis wann mit einer Entscheidung in dieser Angelegenheit gerechnet werden kann. Er ging also kurz vor Erlass des angefochtenen Urteils selbst davon aus, dass der in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013 erklärte Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung noch wirksam ist.
2. Unberechtigt ist auch der Vorwurf des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe es zu Unrecht unterlassen, ihn im Vorfeld des Urteils schriftlich auf die Unzulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder Feststellungsklage nach § 43 VwGO hinzuweisen. § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG verpflichten die Gerichte grundsätzlich nicht dazu, vor ihrer Entscheidung ihre Rechtsauffassung den Beteiligten gegenüber offenzulegen. Etwas anders gilt zur Vermeidung einer unzulässigen "Überraschungsentscheidung" nur dann, wenn sie auf rechtliche Gesichtspunkte abstellen wollen, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263 f.>). Der Kläger zeigt nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Voraussetzungen als erfüllt hätte ansehen müssen. Er beschränkt sich auf die bloße Behauptung, das Urteil sei für ihn eine Überraschungsentscheidung.
Die Gehörsrüge müsste selbst dann scheitern, wenn dem Verwaltungsgerichtshof der fehlende Hinweis auf seine Rechtsauffassung als Verfahrensfehler anzulasten wäre. Der Kläger legt entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nämlich nicht dar, dass das angefochtene Urteil auf diesem Fehler beruht. Aus seiner Beschwerde ergibt sich nicht, was er bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwieweit der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.