Entscheidungsdatum: 10.09.2018
I
Gegenstand des Verfahrens ist die am 23. Mai 2017 erfolgte 27. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses "Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld" vom 13. August 2004 in der Fassung der 26. Änderung vom 12. Dezember 2016 (im Folgenden "27. Änderung").
Der Flughafen Berlin-Schönefeld (SXF) soll nach den bestandskräftigen bisherigen Fassungen des Planfeststellungsbeschlusses zu einem "Single-Airport" Berlin-Brandenburg (BER) ausgebaut werden.
Am 21. Dezember 2016 beantragte die Beigeladene die hier streitbefangene 27. Änderung, mit der sie befürchteten Kapazitätsengpässen bei der Eröffnung des Flughafens BER durch eine bis 2023 befristete Weiternutzung der bestehenden Terminalanlage des Flughafens SXF entgegenwirken will. Die Passagierabfertigung des BER soll für diese Zwischenzeit an zwei Terminalstandorten ("Double-Roof-Konzept") erfolgen.
Der Kläger, eine anerkannte Vereinigung im Sinne von § 3 Abs. 1 UmwRG, hat gegen die 27. Änderung Klage zum Bundesverwaltungsgericht erhoben mit dem Antrag, den Änderungs-Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, hilfsweise, unter (Teil-)Aufhebung des Änderungsbeschlusses über dessen Befristung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Er ist der Auffassung, dass entgegen der Rechtsmittelbelehrung des Planänderungsbeschlusses das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei. Dem ist der Beklagte entgegengetreten.
Der Senat hat die Beteiligten auf Bedenken gegen seine Zuständigkeit für diese Klage hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat gegen die Verweisung keine Einwände erhoben, der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23. August 2018 die Verweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt.
II
Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuständig. Der Rechtsstreit ist deshalb - entsprechend dem klägerischen Antrag - gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu verweisen.
Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz - VerkPBG) vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG betreffen. Zu ihnen gehört nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 VerkPBG auch die Planung des Baus und der Änderung von Verkehrsflughäfen im Land Brandenburg, wenn die Planfeststellung bis zum Ablauf des 16. Dezember 2006 beantragt wurde. Diese Zuständigkeit ist grundsätzlich weit zu verstehen. Sie erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren nach § 1 VerkPBG haben (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11, 4 A 7002.11, 4 A 7003.11 - BVerwGE 144, 44 Rn. 18; Beschlüsse vom 18. Mai 2000 - 11 A 6.99 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 11 - juris Rn. 12 und vom 6. August 2001 - 4 VR 23.01 u.a. - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 14 - juris Rn. 4). Die angegriffenen Regelungen müssen Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens sein (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - BVerwGE 155, 81 Rn. 15 und vom 19. Dezember 2017 - 3 A 8.15 - juris Rn. 13; Beschluss vom 15. Juni 2011 - 7 VR 8.11 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 20 Rn. 5). § 5 Abs. 1 VerkPBG verlangt mithin, dass über die Rechtmäßigkeit einer Planfeststellung für ein Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift gestritten wird (BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2011 a.a.O.). Daran fehlt es hier.
Mit der 27. Änderung greift der Kläger keine betrieblichen Regelungen an, die Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des planfestgestellten Vorhabens sind. Gegenstand der Planänderung ist vielmehr eine Betriebsregelung, die eine zeitlich begrenzte Weiternutzung der bestehenden Terminalanlagen des Flughafens SXF ermöglichen soll, um befürchteten Kapazitätsengpässen bei der Eröffnung des Verkehrsflughafens BER entgegenzuwirken. Sie zielt damit nicht auf die Verwirklichung der Betriebsregelungen des planfestgestellten Vorhabens, sondern auf deren Änderung oder Erweiterung. Damit fehlt der erforderliche unmittelbare Bezug zum planfestgestellten Vorhaben.
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2016 - 3 VR 4.16 - (Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 23). Nach dieser Entscheidung ist der erforderliche unmittelbare Bezug gegeben, wenn mit einer Planänderung Anforderungen erfüllt werden sollen, die Voraussetzung für den Betrieb und damit für die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens sind, weil das Vorhaben ohne die Planänderung nicht in Betrieb genommen werden dürfte. Darum geht es hier nicht. Die Vermeidung befürchteter Kapazitätsengpässe ist keine rechtliche Voraussetzung für die Inbetriebnahme des Flughafens BER. Mit ihr soll betrieblich-unternehmerisch auf die für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Flughafens prognostizierten Passagierzahlen und damit den Bedarf für den Luftverkehrsstandort Berlin-Brandenburg reagiert werden. Das zielt auf ein neues, wenn auch temporär begrenztes Vorhaben. Die streitgegenständliche Planung ist deshalb zwar eine Änderungsplanung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VerkPBG, die aber nicht mehr in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 5 Abs. 1 VerkPBG fällt, weil sie nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 VerkPBG bis zum Ablauf des 16. Dezember 2006 beantragt wurde. Dem entsprechend ist es auch unbeachtlich, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmelzen (BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - 4 C 68.78 - BVerwGE 61, 307 <309>).
Mangels Sonderzuweisung nach § 5 Abs. 1 VerkPBG ist das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zuständig. Das folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 6 und § 52 Nr. 1 VwGO. Dem Oberverwaltungsgericht obliegt auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 GVG).