Entscheidungsdatum: 16.12.2014
Schwingungsabsorbierende Aufhängung
Dem Eintritt der Rücknahmefiktion nach § 6 Abs. 1 Satz 2 GebrMG i.V.m. § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG steht nicht im Wege, dass die Inanspruchnahme der Priorität in der Nachanmeldung möglicherweise gegen das sogenannte Verbot der Kettenpriorität verstößt.
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 20 2010 001 438.7
(hier: wegen Rücknahmefiktion)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Dezember 2014 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf Feststellung, dass die Gebrauchsmusteranmeldung 20 2010 001 438.7 nicht als zurückgenommen gilt, als unbegründet zurückgewiesen wird.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Der Beschwerdeführer und Antragsteller (im Folgenden nur noch „Antragsteller“) hat am 2. Februar 2009, am 28. Januar 2010 und am 22. Juni 2010 jeweils eine Gebrauchsmusteranmeldung, beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingereicht; alle drei Anmeldungen betreffen die Erfindung einer schwingungsabsorbierenden Aufhängung von Geräten in Fahrzeugen. Die 2. Anmeldung der Erfindung (1. Nachanmeldung) vom 28. Januar 2010, die das Aktenzeichen 20 2010 001 438 erhalten hat, betrifft eine - vom Antragsteller als „Präzisierung“ bezeichnete - Weiterentwicklung des am 2. Februar 2009 erstmals unter dem Aktenzeichen 20 2009 001 241 angemeldeten Erfindungsgegenstandes und nimmt die Priorität dieser 1. Anmeldung in Anspruch. Diese 2. Anmeldung der Erfindung ist vorliegend die streitgegenständliche Anmeldung. Der Antragsteller bezweifelt bei dieser Anmeldung, dass diese durch den Eintritt einer Rücknahmefiktion nach § 6 Abs. 1 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG erledigt ist. Nach Auffassung der Gebrauchsmusterstelle ist diese Rücknahmefiktion durch die Inanspruchnahme der Priorität aus der hier streitgegenständlichen Anmeldung der Erfindung in der 3. Anmeldung der Erfindung (2. Nachanmeldung), also in der am 22. Juni 2010 eingereichten Anmeldung mit Aktenzeichen 20 2010 009 371 ausgelöst worden.
Die Unterlagen der 2. und 3. Anmeldung der Erfindung sind identisch, weisen also beide gegenüber der 1. Anmeldung der Erfindung die gleiche „Präzisierung“ auf. Die 3. Anmeldung der Erfindung hat der Antragsteller nur deshalb eingereicht, weil die 2. Anmeldung mangels unverschuldeter Nichtzahlung der Anmeldegebühr mit Wirkung zum 29. April 2010 als zurückgenommen galt. Auf seinen zwischenzeitlich gestellten Antrag sind dem Antragsteller mit Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 14. Januar 2011 Wiedereinsetzung gewährt und die Folgen der Nichtzahlung rückwirkend wieder beseitigt worden.
Der Antragsteller hat mit anwaltlicher Eingabe vom 11. September 2012 die Auffassung vertreten, dass bei der hier streitgegenständlichen 2. Anmeldung der Erfindung die Voraussetzungen für den Eintritt der Rücknahmefiktion nicht vorgelegen hätten. Diese 2. Anmeldung sei ersichtlich keine Erstanmeldung der Erfindung gewesen, die ein Prioritätsrecht zu Gunsten der späteren, hier 3. Anmeldung der Erfindung hätte begründen können. Wegen des in § 6 Abs. 1 Satz 1 GebrMG geregelten Verbots der Kettenpriorität habe die Inanspruchnahme der Priorität in der 3. Anmeldung somit die Rücknahmefiktion zur streitgegenständlichen 2. Anmeldung nicht auslösen können. Auch sei zu beachten, dass die Prioritätserklärung, die in der 2. Anmeldung enthalten sei und sich auf die 1. Anmeldung beziehe, zusammen mit der Erledigung dieser 2. Anmeldung wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr untergegangen sei; durch die später im Januar 2011 erfolgte Wiedereinsetzung sei die Prioritätserklärung zusammen mit der 2. Anmeldung rückwirkend wieder in Kraft gesetzt worden. Spätestens von da an hätte wieder ein Verstoß gegen das Verbot einer Kettenpriorität vorgelegen, wodurch eine etwaige, zuvor zur 2. Anmeldung (aufgrund der 3. Anmeldung) eingetretene Rücknahmefiktion rückwirkend wieder entfallen sei. Die streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung sei somit weiterhin anhängig und nunmehr mit der Priorität aus der 1. Anmeldung vom 2. Februar 2009 einzutragen.
Mit Beschluss vom 15. Mai 2013 hat die Gebrauchsmusterstelle des DPMA das Begehren des Antragstellers als Antrag auf Feststellung, dass die vorliegende streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung als nicht zurückgenommen gelte, ausgelegt und diesen Antrag als unzulässig verworfen. Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis für einen derartigen Antrag. Dieser wolle nämlich über den „Umweg“ eines Feststellungsantrags die Weiterführung seiner als zurückgenommen geltenden, rechtlich nicht mehr existenten Anmeldung erreichen. Wegen der Unzulässigkeit seines Hauptbegehrens erübrige sich eine Entscheidung über den als „Eventualantrag“ gestellten Antrag auf Eintragung eines Gebrauchsmusters.
In der Sache hat sich die Gebrauchsmusterstelle die Überlegungen des Antragstellers hinsichtlich des Verbots einer Kettenpriorität grundsätzlich zu Eigen gemacht. Sie sieht jedoch im Verstoß gegen das Verbot einen Umstand, der zu Lasten des Antragstellers geht. Sinngemäß ist der Begründung des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die hier streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung schon deshalb als zurückgenommen gelten müsse, da andernfalls ein rechtswidriges Ergebnis entstünde. Dieses bestünde darin, dass für die 3. Anmeldung der Erfindung, die bereits zur Eintragung des Gebrauchsmusters 20 2010 009 371 geführt hat, auch die Priorität aus der 1. Anmeldung der Erfindung vom 2. Februar 2009 mit dem Aktenzeichen 20 2009 001 241 zum Tragen käme, was § 6 Abs. 1 Satz 1 GebrMG widersprechen würde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der (sinngemäß) beantragt,
den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des DPMA vom 15. Mai 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Gebrauchsmusteranmeldung 20 2010 001 438.7 nicht als zurückgenommen gilt, sowie die Sache zur Weiterführung des Eintragungsverfahrens an die Gebrauchsmusterstelle des DPMA zurückzuverweisen.
Der Antragsteller führt in seiner Beschwerdebegründung ergänzend aus, mit seiner Beschwerde wolle er erreichen, auch für den Zeitraum vom 2. Februar 2009 bis zum 28. Januar 2010 - also für den Zeitraum zwischen dem Anmeldetag der 1. Anmeldung und dem Anmeldetag der hier streitgegenständlichen 2. Anmeldung der Erfindung - Schutz für den Gegenstand der streitgegenständlichen 2. Anmeldung zu erlangen. Im Übrigen wiederholt der Antragsteller im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Die tragenden Gründe des angefochtenen Beschlusses sind sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht unzutreffend. Im Ergebnis ist aber der durchaus zulässige Antrag des Antragstellers auf Feststellung, dass die Gebrauchsmusteranmeldung nicht als zurückgenommen gilt, nicht begründet und deswegen zurückzuweisen. Darüber hinaus ist dem Antragsteller die Beschwerdegebühr zu erstatten, da dies der Billigkeit entspricht.
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde erscheint im vorliegenden Fall nicht unproblematisch, da das mit ihr verfolgte Rechtschutzinteresse nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Der Antragsteller möchte mit seiner Beschwerde erreichen, dass seine hier streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung weiterbearbeitet wird und er schließlich ein Gebrauchsmuster mit dem Zeitrang der 1. Anmeldung der Erfindung, dem 2. Februar 2009, erhält. Hierbei geht der Antragsteller offensichtlich von der irrigen Vorstellung aus, durch die Eintragung eines Gebrauchsmusters Schutz auch mit Wirkung für die Vergangenheit - möglicherweise sogar bis hin zum Prioritätstag - erhalten zu können. Dies sieht das Gebrauchsmusterrecht jedoch nicht vor, vielmehr erlangt der Gebrauchsmusterinhaber Schutz erst mit Eintragung seines Gebrauchsmusters und zwar nur für die Zukunft (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 23 Rn. 11). Insoweit stellt sich durchaus die Frage, welches legitime Interesse der Antragsteller noch verfolgen kann, wenn man berücksichtigt, dass die 3. Anmeldung der Erfindung am 11. November 2010 zur Eintragung eines mit der vorliegenden streitgegenständlichen Gebrauchsmusteranmeldung inhaltsgleichen Gebrauchsmusters geführt hat. Zu Gunsten des Antragstellers wird hier deshalb berücksichtigt, dass das Gebrauchsmuster 20 2010 009 371 einerseits mit Wirkung zum 1. Januar 2014 bereits wieder erloschen ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsteller die hier streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung möglicherweise mit geänderten Unterlagen zur Eintragung bringen würde.
2. In der Sache kann der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht durchdringen, wobei diesem allerdings zuzugestehen ist, dass die zum angefochtenen Beschluss gelieferte Begründung Mängel aufweist und keine tragfähige Grundlage dafür bildet, die vom Antragsteller verfolgten Begehren als unzulässig oder unbegründet zurückzuweisen.
a) Die Gebrauchsmusterstelle durfte den Antrag des Antragstellers auf Feststellung, dass die vorliegende streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG als zurückgenommen gilt, nicht als unzulässig „verwerfen“. Ein derartiger Antrag entspricht einem anerkennenswerten Rechtsschutzbedürfnis, gerade weil er letztlich auf die Weiterführung einer als zurückgenommen fingierten Anmeldung gerichtet ist. Hierin einen unzulässigen „Umweg“ zu sehen, mit dem in unlauterer Weise die Weiterführung einer rechtlich nicht mehr existenten Anmeldung erreicht werden soll, lässt sich weder überzeugend begründen noch entspricht dies der gängigen Rechtsmeinung (vgl. BPatG GRUR 2006, 1018 ff. – „Frequenzsignal“; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 33 – m. w. N.).
b) In der Sache bleibt die Beschwerde erfolglos, da die hier in Rede stehende 2. Anmeldung der Erfindung mit Wirkung zum 22. Juni 2010 als zurückgenommen gilt. Eine Fortsetzung des Eintragungsverfahrens kommt daher nicht in Betracht.
aa) Nach § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG wird eine Rücknahmefiktion bei Anmeldungen innerhalb derselben Schutzrechtsgattung (Pat-Pat; Gbm-Gbm) durch eine frist- und formgerechte abgegebene Prioritätserklärung ausgelöst. Das vom Gesetzgeber mit der Regelung angestrebte Ziel besteht lediglich darin, dem DPMA eine Arbeitserleichterung zu verschaffen, indem die Prüfungsstellen und die Gebrauchsmusterstelle davon befreit werden, mehrere zeitrang- und gegenstandsgleiche Anmeldungen bearbeiten zu müssen (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 25; vgl. auch: BPatG GRUR 2006, 1018, 1020 – „Frequenzsignal“; BGHZ 105, 222 ff. - „Wassermischarmatur“). Daher ist die Fiktion der Zurücknahme grundsätzlich an keine materiell-rechtlichen Voraussetzungen geknüpft; lediglich ein völliges Fehlen „derselben Erfindung“ soll den Eintritt der Rücknahmefiktion verhindern (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 30). Die Rücknahmefiktion führt somit auch dann zum Wegfall der Voranmeldung, wenn die Inhalte von Vor- und Nachanmeldung nur teilweise übereinstimmen (vgl. Fischer/Gleiter in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, PatG, § 40 Rn. 17), was im vorliegenden Fall angesichts der bestehenden Identität der Gegenstände nicht weiter erörtert werden muss. Die am 22. Juni 2010 frist- und formgerecht zur 3. Anmeldung der Erfindung abgegebene Prioritätserklärung hat somit ohne weiteres zur Rücknahmefiktion bei der hier in Rede stehenden 2. Anmeldung der Erfindung geführt.
bb) Der angegriffene Beschluss weist in der Hauptsache u. a. deswegen einen Begründungsmangel auf, weil er die Frage nach dem Vorhandensein einer Kettenpriorität als entscheidungserheblich behandelt.
aaa) Bei der Frage nach dem Vorhandensein einer Kettenpriorität geht es um eine rein materiell-rechtliche Fragestellung, die die Gebrauchsmusterstelle nicht zu beurteilen hat. In gleicher Weise wie im Zusammenhang mit der Frage, ob eine innere Priorität in materiell-rechtlicher Hinsicht zu Recht beansprucht wird, also ob und wieweit es sich bei einer Vor- und Nachanmeldung um „dieselbe Erfindung“ handelt, ist über das Vorliegen einer Kettenpriorität erst dann zu befinden, wenn und soweit es darauf ankommt (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 6 Rn. 39; BPatGE 28, 222, 224). Die Feststellung einer Kettenpriorität wird erst im Rahmen eines Löschung- oder Verletzungsverfahrens getroffen (vgl. Busse/Brandt, PatG, 7. Aufl., § 40 Rn. 21). Sie setzt zudem das technische Wissen eines Fachmanns voraus, über das die Gebrauchsmusterstelle in aller Regel nicht verfügen dürfte.
bbb) Darüber hinaus liegt es auch neben der Sache, im Zusammenhang mit der Rücknahmefiktion nach § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG das in § 6 Abs. 1 Satz 1 GebrMG geregelt Verbot der Kettenpriorität ins Spiel zu bringen. Dieses Verbot ist Ausfluss u. a. von Art. 4 B Satz 2, Art. 4 C Abs. 4 der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ), wonach nur die 1. Anmeldung derselben Erfindung ein Prioritätsrecht begründet (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 12). Die rechtliche Konsequenz einer Kettenpriorität im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GebrMG beschränkt sich demnach darauf, dass eine 3. Anmeldung derselben Erfindung als Zeitrang lediglich den des eigenen Anmeldetages erhält. Wegen seines rein materiell-rechtlichen Charakters (vgl. Bühring, a. a. O.) ist der Verstoß gegen das Verbot ungeeignet, bei einer Voranmeldung den Eintritt einer Rücknahmefiktion im Sinne von § 40 Abs. 5 Satz 1 PatG zu verhindern. Die gegenteilige Ansicht würde zu einer inakzeptablen Rechtsunsicherheit führen. Die Feststellung einer Kettenpriorität z. B. in einem späteren Patentprüfungs- bzw. Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren hätte nämlich dann gegebenenfalls zur Folge, dass die entsprechende Voranmeldung mangels Rücknahmefiktion nachträglich wieder - sofern noch nicht anderweitig erledigt - weiterzuführen wäre.
Nebenbei sei angemerkt, dass sich im vorliegenden Fall auch die Frage stellt, in welchem Umfang überhaupt - wie von der Gebrauchsmusterstelle behauptet - von einer Kettenpriorität ausgegangen werden kann. Aus dem Vorliegen einer kettenartigen Prioritätsinanspruchnahme darf nicht vorschnell auf das Vorliegen einer Kettenpriorität im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GebrMG geschlossen werden. Auch eine 2. Anmeldung der Erfindung kann Grundlage eines - weiteren - Prioritätsrechts sein, soweit diese einen Überschuss gegenüber der 1. Anmeldung der Erfindung aufweist (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 18; Bühring, GbrMG, 8. Aufl., § 6 Rn. 39). Hinsichtlich eines solchen Überschusses gilt dann auch eine 2. Anmeldung der Erfindung als 1. Anmeldung der Erfindung. Dies könnte vorliegend der Fall sein, da die hier streitgegenständliche 2. Anmeldung der Erfindung gegenüber der 1. Anmeldung der Erfindung jedenfalls insoweit einen Überschuss (Antragsteller: „Präzisierung“) aufweist, als in ihr als Teil der technischen Lehre erstmals auch Fixierstifte (12) beschrieben werden, die … üblicherweise mit 2 O-Ringen (11) ausgestattet sind ... usw.
cc) Der Antragsteller geht fehl, indem er meint, der Umstand, dass er seine 3. Anmeldung nebst Prioritätserklärung im Zeitraum vom 29. April 2010 bis Mitte Januar 2011 eingereicht hatte, als seine 2. Anmeldung zeitweilig wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen galt, müsse seiner Beschwerde zum Erfolg verhelfen. Anhand der vorstehenden Ausführungen ergibt sich bereits, dass selbst im Falle einer vorhandenen Kettenpriorität die Rücknahmefiktion zur streitgegenständlichen 2. Anmeldung der Erfindung ausgelöst worden wäre. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Schicksal einer Anmeldung ohne Einfluss auf das durch sie begründete Prioritätsrecht ist. Ein Prioritätsrecht entsteht mit Einreichung einer Anmeldung und geht im Falle eines etwaigen Wegfalls der Anmeldung durch Eintritt einer Rücknahmefiktion - wie hier - nicht unter (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 40 Rn. 13), und es muss daher im Falle einer Wiedereinsetzung auch nicht wieder mit der Anmeldung wiederaufleben. Durch die mit Beschluss vom 14. Januar 2011 gewährte Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr wurde der Antragsteller im Übrigen nur so gestellt, wie wenn er die Anmeldegebühr von Anfang an ordnungsgemäß gezahlt hätte. Eine Besserstellung ist dagegen mit der Wiedereinsetzung nicht verbunden.
2. Die Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 Abs. 3 PatG zu erstatten, da dies im vorliegenden Fall der Billigkeit entspricht.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG dann als billig anzusehen, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätten vermieden werden können (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 132 - m. w. N.). In der vorliegenden „Verwerfung“ des Feststellungsantrags als unzulässig liegt eine zu Unrecht verweigerte sachliche Prüfung. Bereits dies rechtfertigt vorliegend die Rückzahlung der Beschwerdegebühr (Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 80 Rn. 100). Soweit sich der angefochtene Beschluss am Rande zur Sache äußert, weist dessen Begründung die oben beschriebenen, sachlichen Mängel auf. Es erscheint daher hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller von einer Beschwerde abgesehen hätte, wenn der angegriffene Beschluss in sich nachvollziehbar gewesen und auf rechtlich zutreffende Gründe gestützt worden wäre.