Entscheidungsdatum: 29.11.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Beschwerde gegen Kostenauferlegung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Müllner sowie die Richter Baumgärtner und Eisenrauch
beschlossen:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
I.
Der Löschungsantragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) war Inhaber des am 12. Juli 2007 in das Gebrauchsmusterregister eingetragenen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung "…".
Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) hat mit Schriftsatz vom 1. November 2007 Löschungsantrag gestellt mit der Begründung, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters zum einen dem Gebrauchsmusterschutz nicht zugänglich und zum anderen nicht neu sei. Der Beschwerdegegner hat dem ihm am 30. November 2007 zugestellten Löschungsantrag am 20. Dezember 2007 widersprochen. Nachdem der Beschwerdeführer einem weiteren das Streitgebrauchsmuster betreffenden Löschungsantrag vom 18. Februar 2008, der ihm am 14. März 2008 zugestellt worden ist, nicht widersprochen hat, ist das Streitgebrauchsmuster gelöscht worden.
Die Beteiligten sind daraufhin übereinstimmend davon ausgegangen, dass das vorliegende Löschungsverfahren erledigt ist. Sie streiten nunmehr nur noch über die Höhe des Gegenstandswerts und die erstattungsfähigen Kosten.
Mit Beschluss vom 5. März 2009 hat die Gebrauchsmusterabteilung I dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens mit der Begründung auferlegt, dass er sich in die Rolle der unterlegenen Partei begeben habe, in dem er im Parallelverfahren keinen Widerspruch eingelegt und damit freiwillig von der Durchführung eines Löschungsverfahrens Abstand genommen habe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die vollständige Kostenauferlegung auf den Beschwerdegegner anstrebt. Er trägt vor, dass er keinen Anlass zur Stellung des vorliegenden Löschungsantrags gegeben habe. Er sei vor Einleitung des Löschungsverfahrens vom Beschwerdegegner nicht abgemahnt worden. Insbesondere habe der Beschwerdegegner keinen Stand der Technik genannt, aufgrund dessen er den Löschungsantrag für begründet erachte. Auch der Löschungsantrag selbst sei nur mit untauglichen Materialien begründet gewesen. Der Beschwerdeführer habe nach Kenntnisnahme des dem parallelen Löschungsantrag beigefügten älteren Gebrauchsmusters dem dortigen Löschungsantrag nicht widersprochen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. März 2009 aufzuheben und dem Beschwerdegegner die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen.
Der Beschwerdegegner hat keine Abtrag gestellt. Er ist der Auffassung, dass er den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Oktober 2007 abgemahnt habe.
Stand der Technik habe im vorliegenden Fall nicht benannt werden müssen, da die fehlende Schutzfähigkeit offensichtlich gewesen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Gebrauchsmusterabteilung I hat dem Beschwerdeführer die Kosten des Löschungsverfahrens im Ergebnis zu Recht auferlegt, da vorliegend die Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht gegeben sind.
1. Die Gebrauchsmusterabteilung I ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Verhalten der Beteiligten im vorliegenden Verfahren als übereinstimmende Erklärung zu werten ist, dass das Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt ist. Der Beschwerdegegner hat nach der Löschung des Streitgebrauchsmusters im parallelen Löschungsverfahren Lö … mit Schriftsatz vom 9. Mai 2008 ausdrücklich erklärt, dass damit das vorliegende Löschungsverfahren erledigt ist. Der Beschwerdeführer ist dem nicht entgegen getreten, vielmehr haben die Beteiligten nur noch um Kostenfragen gestritten. Dies ist daher als Erledigterklärung i. S. v. § 91a ZPO zu werten (vgl. auch Bühring, GebrMG, 7. Aufl. 2007, § 16, Rn. 35, 36). Danach wäre durch die Gebrauchsmusterabteilung gem. §§ 17 Abs. 4 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG, 91a ZPO unter Berücksichtigung der bisherigen Sach- und Rechtslage eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen gewesen.
Die angegriffene Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung erweist sich insoweit zwar als fehlerhaft, als die Kostenentscheidung unter Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO ergangen ist, wobei der Nichtwiderspruch im Löschungsverfahren Lö I… als Unterliegen im vorliegenden Löschungsverfahren gewertet wurde.
Dem kann nicht gefolgt werden, auch wenn die Entscheidung im Ergebnis zutreffend ist. Für die nach § 91a ZPO zu treffende Entscheidung ist maßgebliche Grundlage der vorliegende Streitstoff. Auf seiner Basis sind in einer summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten des Löschungsantrags festzustellen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 91a Rn. 46a). Es kommt insoweit nur darauf an, wer danach bei Durchführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre, unabhängig vom außerprozessualen Verhalten des Antragsgegners. Nach der summarischen Prüfung finden die allgemeinen Grundgedanken des Kostenrechts Anwendung (vgl. Thomas/Putzo a. a. O., Rn. 48).
Danach ergibt sich für die vorliegend zu treffende Kostenentscheidung Folgendes:
1.1. Der Beschwerdeführer wäre im Löschungsverfahren voraussichtlich unterlegen, da der Gegenstand des Gebrauchsmusters offensichtlich nicht schutzfähig gemäß §§ 1 bis 3 GebrMG war. Dem allgemein in den Ansprüchen 1, 2, 4, 5 und 6 beanspruchten Behältnis stand, wie der Beschwerdegegner zutreffend im Löschungsantrag formuliert hat, jede bekannte und selbstverständlich automatentaugliche Zigarettenschachtel neuheitsschädlich entgegen. Die Anpassung der Maße an den Inhalt des Behältnisses gemäß Anspruch 3 kann nicht als auf einem erfinderischen Schritt beruhend angesehen werden. Daher sind im Rahmen der Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Entscheidung dem Beschwerdeführer grundsätzlich die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen.
1.2. Der vorliegende Fall bietet keine Veranlassung, durch Anwendung des in § 93 ZPO geregelten Rechtsgedankens von diesem Grundsatz abzuweichen.
Um § 93 ZPO im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren entsprechend anwenden zu können, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, nämlich a) dass der Gebrauchsmusterinhaber den gegen ihn gemäß §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nrn. 1 oder 3 GebrMG geltend gemachten Löschungsanspruch sofort anerkennt und b) dass er keine Veranlassung zur Einreichung des Löschungsantrags gegeben hat (Bühring, a. a. O., § 17, Rn. 60).
Der Beschwerdeführer hat vorliegend dem Löschungsantrag widersprochen, was nach ständiger Rechtsprechung einem Anerkenntnis regelmäßig den Sofortcharakter nimmt (Bühring a. a. O. § 17 Rn. 66 m. w. N.). Ein Ausnahmefall, wonach nach einem Widerspruch ein Anerkenntnis unter Umständen noch sofort sein kann, wenn eine Antragsänderung erfolgt und sich der Gebrauchsmusterinhaber dem neuen Löschungsgrund etwa durch Rücknahme des Widerspruchs sofort unterwirft, ist vorliegend nicht gegeben (Bühring a. a. O. § 17 Rn. 64). Es kann auch dahinstehen, ob nach einem gegen einen offensichtlich unbegründeten oder unsubstantiierten Löschungsantrag nur zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 17 Abs. 1 S. 2 GebrMG erfolgten Widerspruch ein Anerkenntnis noch sofort sein könnte, wenn es erfolgt, nachdem Material nachgeschoben wird, dass diese Mängel behebt. Denn ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, siehe oben 1.1..
Da es bereits an einem sofortigen Anerkenntnis fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob das Schreiben des Beschwerdegegners vom 30. Oktober 2007 eine ausreichende Löschungsaufforderung darstellt. Denn dies wäre nur bei der Prüfung der zweiten Voraussetzung relevant, ob der Beschwerdeführer Anlass für die Einleitung eines Löschungsverfahrens gegeben hat.
1.3. Billigkeitsgründe i. S. v. § 84 Abs. 2 S. 2 PatG, die ein Abweichen von den Kostengrundsätzen der Zivilprozessordnung erfordern würden, sind vorliegend nicht gegeben.
Daher bleibt es bei der von der Gebrauchsmusterabteilung ausgesprochenen Kostenauferlegung auf den Beschwerdeführer.
2. Da die vorliegende Entscheidung einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts betrifft, der in einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ergangen ist, ist gem. § 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG über die Kosten zu entscheiden, die der Beschwerdeführer als Unterlegener gem. §§ 84 Abs. 2 S. 2 PatG, 91 Abs. 1 ZPO zu tragen hat. Eine andere Entscheidung aus Billigkeitsgründen ist nicht veranlasst.