Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.10.2011


BPatG 18.10.2011 - 33 W (pat) 79/10

Markenbeschwerdeverfahren – "RehaMed" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
33. Senat
Entscheidungsdatum:
18.10.2011
Aktenzeichen:
33 W (pat) 79/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 50 772.2

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2011

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 17. August 2008 hat die Anmelderin die Wortmarke

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RehaMed

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für die Dienstleistungen der Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen

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angemeldet.

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Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Eintragung der begehrten Marke mit Beschluss vom 22. Januar 2008 mangels hinreichender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Auf die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle für Klasse 36 die Marke mit Beschluss vom 30. Juni 2010 für die Dienstleistungen „Geldgeschäfte, Immobilienwesen“ eingetragen und die Erinnerung im Übrigen für die Dienstleistungen „Versicherungswesen, Finanzwesen“ mangels hinreichender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

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Die Markenstelle hat hierzu ausgeführt, dass die aus den Wortbestandteilen „Reha“ und „Med“ zusammengesetzte Wortkombination für die Dienstleistungen „Versicherungswesen, Finanzwesen“ einen unmittelbar beschreibenden Charakter, zumindest aber einen sehr engen beschreibenden Bezug habe. Der Begriff „Reha“ sei jedermann als Kürzel für „(medizinische) Rehabilitation“ geläufig. Der weitere Wortbestandteil „Med“ stelle eine häufig verwendete Abkürzung für „Medizin“ bzw. „medizinisch“ dar. Die angesprochen Verkehrskreise - im vorliegenden Fall das allgemeine Publikum - würden die Wortkombination „RehaMed“ im unmittelbaren Zusammenhang mit der Dienstleistung „Versicherungswesen“ als klaren Hinweis darauf aufnehmen, dass diese in dem versicherungstypischen Bereich der Rehabilitationsmedizin angeboten und erbracht werden würde bzw. rehabilitationsmedizinische Maßnahmen zum Gegenstand habe. Gleiches gelte im Hinblick auf Dienstleistungen im Bereich des Finanzwesens. Die Versicherungsdienstleistungen würden nicht zuletzt die Finanzierung rehabilitationsmedizinischer Maßnahmen umfassen, und zum anderen seien Versicherungsdienstleistungen und Finanzdienstleistungen oft eng miteinander verwoben. Die gewählte Schreibweise der angemeldete Wortkombination, die sich durch die Zusammenschreibung der beiden Wortelemente und die Binnengroßschreibung des Buchstabens „M“ auszeichne, entspreche werbeüblichen Gepflogenheiten. Demzufolge werde der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die Dienstleistungen „Versicherungswesen, Finanzwesen“ keinesfalls einen Hinweis auf die individuelle betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Dienstleistungen erkennen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, dass die angemeldete Marke als Gesamtbegriff eigentümlich und phantasievoll sei. Der Begriff „RehaMed“ sei lexikalisch nicht nachweisbar und sowohl ungewöhnlich als auch sprachregelwidrig gebildet. Gehe man davon aus, dass „Reha“ die Abkürzung für „medizinische Rehabilitation“ und „Med“ die Abkürzung für „Medizin“/“medizinisch“ sei, so laute die angemeldete Marke „medizinische Rehabilitation medizinisch“ bzw. „medizinische Rehabilitation Medizin“ und sei damit eine überraschende Kombination fernab der üblichen Ausdrucksweise der deutschen Sprache. Der Gesamtkombination könne im Hinblick auf die relevanten Dienstleistungen zudem kein klarer Sinngehalt entnommen werden. Der Begriff „Med“ sei außerdem mehrdeutig und könne auch „median“ oder „Mediterran“ heißen.

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Im Übrigen seien das Versicherungswesen und Finanzwesen nicht eng miteinander verbunden. Es handele sich um zwei getrennte Bereiche, denn für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen würden weder Finanzinstitute aufkommen noch würden diese spezielle Finanzierungsdienste für die Träger von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen anbieten.

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Die Anmelderin hat darüber hinaus als Anlage mehrere Internetausdrucke und Registerauszüge des deutschen Markenregisters vorgelegt (vgl. Anlagen 1, 2 (Blatt 18 - 36 d. A.) und meint, diese belegten, dass die Bezeichnung „RehaMed“ in einer Art und Weise verwendet werden könne, welche von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als Marke verstanden werde.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse vom 22. Januar 2008 und 30. Juni 2010 aufzuheben, soweit durch sie die Marke 30650772 „RehaMed“ zurückgewiesen wurde und die Marke auch für die Dienstleistungen „Versicherungswesen, Finanzwesen“ im Markenregister einzutragen.

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Mit Schreiben vom 23. September 2011 hat der Senat die Anmelderin unter Vorlage von Belegen aus dem Internet (im Folgenden zitiert als „Anlagen“) auf das Vorliegen von Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG hingewiesen.

II.

13

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1.

14

Der angemeldeten Marke steht hinsichtlich der begehrten Dienstleistungen das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden.

2.

15

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.

16

Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - ADIDAS II). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 222 m. w. N.).

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b) Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel).

18

Im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen zählen zum angesprochenen Verkehr sowohl Fachkreise als auch Endverbraucher. Auszugehen ist dabei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 23 ff.).

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c) Auf der Grundlage dieser Vorgaben ist das begehrte Zeichen für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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aa) Die angemeldete Marke „RehaMed“ besteht, wie schon durch die Binnengroßschreibung verdeutlicht wird, aus den beiden Bestandteilen „Reha“ und „Med“.

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Der Begriff „Reha“ ist das Kurzwort für „Rehabilitation“ (vgl. Anlagen 1, 2, 5 - 11, 14, 19 - 23; ebenso zur Kurzform „REHAB“: BGH GRUR 1985, 41 (43) - REHAB). Rehabilitation ist von dem lateinischen Wort „rehabilitatio“ abgeleitet und bedeutet Wiederherstellung (Anlagen 1, 2). Unter Rehabilitation ist nicht ausschließlich die medizinische Rehabilitation - d. h. die Wiederherstellung von körperlichen Funktionen (vgl. dazu Anlage 2) - zu verstehen, sondern neben der medizinischen Rehabilitation wird insbesondere auch der Begriff der beruflichen und sozialen Rehabilitation verwendet. Letzter beschreibt die Bestrebung, einen Menschen wieder in seine frühere soziale oder juristische Position (bspw. Wiederherstellung der Ehre) zu versetzen (vgl. Anlage 1).

22

Der zweite Wortbestandteil „Med“ ist die geläufige Abkürzung für „Medizin“ oder „medizinisch“ (z. B. „Dr. med“.; vgl. auch die bereits vom DPMA zitierten Anlagen und Entscheidungen: BPatG 30 W (pat) 032/01 - „MEDorganizer“, 24 W (pat) 183/02 - „med-on-demand“, 25 W (pat) 002/09 - „MedHerbs“, 24 W (pat 160/01 - „medführer“, Anlagen 3, 4).

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bb) Auch die bei zusammengesetzten Zeichen vorzunehmende Gesamtbetrachtung der beiden Wortbestandteile der beanspruchten Wortmarke führt vorliegend nicht zu einer Aussage, die über die der Einzelelemente hinausgeht. Vielmehr wird der Verkehr die Marke schlicht als Kurzform für „Rehabilitations-Medizin“ bzw. „medizinische Rehabilitation“ und damit als Beschaffenheitsangabe für die begehrten Dienstleistungen verstehen.

24

Zunächst handelt es sich nicht um eine neue Wortschöpfung, da „Rehamed“ bereits in verschiedenen Zusammenhängen als Abkürzung verwendet wird (Anlagen 6 - 9). Die Wortkombination ist allerdings lexikalisch nicht nachweisbar. Dies allein genügt indes nicht, um von dem beschreibenden Gehalt wegzuführen, vielmehr wäre darüber hinaus erforderlich, dass die Wortzusammensetzung zu einem von der Summe ihrer Einzelbestandteile abweichenden Eindruck führt, der wesentliche Elemente wie die Form des Zeichens oder seine Bedeutung betrifft. Dies setzt voraus, dass das, woran das zusammengesetzte Zeichen denken lässt, nicht exakt mit der Summe der Angaben der beschreibenden Elemente übereinstimmt (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 98 - 100) - Postkantoor). Eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jede Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat nämlich selbst einen beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 98 - 100) - Postkantoor).

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Eine derartige Abweichung des Gesamteindrucks von der Summe der Einzelbestandteile des angemeldeten Wortzeichens ist hier indes nicht zu erkennen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der verständige Durchschnittsverbraucher es gewöhnt ist, mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, die in ihrer sprachlichen oder grammatikalischen Ausgestaltung oder Zusammensetzung nicht unmittelbar zum deutschen Sprachschatz zählen, sondern den in der Werbesprache üblichen Kurzfassungen folgen. Gleichwohl nimmt der Durchschnittsverbraucher durch derartige prägnante Formulierungen sachbezogene Informationen auf (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 (Nr. 70) - BioID). Deshalb können auch Abkürzungen als beschreibende Art- oder Beschaffenheitsangaben in Betracht kommen, zumal bei der Typisierung von Waren oder Dienstleistungen häufig eine möglichst knappe und griffige Ausdrucksweise bevorzugt wird (ebenso: BGH GRUR 1985, 41 (43) - REHAB; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 264 m. w. N.). Insbesondere besteht ein Bedürfnis nach Abkürzungen, wenn der vollständige Begriff dem Verkehr schwer aussprechbar erscheint, was bei dem Wort „Rehabilitation“ anzunehmen ist (BGH GRUR 1985, 41 (43) - REHAB). Auch Abkürzungen sind daher schutzunfähig, soweit diese - wie hier - für die beteiligten Verkehrskreise verständlich sind und ebenso wie die betreffende vollständige Beschaffenheitsangabe eingesetzt werden können (im Ergebnis ebenso: EuGH GRUR 2006, 229 (Nr. 70) - BioID; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 264 m. w. N.).

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cc) Die angesprochen Verkehrskreise werden die Wortkombination „RehaMed“ in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dienstleistung „Versicherungswesen“ daher als Hinweis darauf verstehen, dass die Versicherung die Rehabilitationsmedizin und damit z. B. die Erstattungsfähigkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen betrifft. Dadurch wird die Art bzw. das Objekt der Versicherungsdienstleistung und damit ein Merkmal derselben gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bezeichnet. Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen werden, nämlich wie bereits in den Beschlüssen des DPMA ausgeführt, u. a. von Rentenversicherungsträgern, privaten Krankenversicherungen, gesetzlichen Krankenkassen und Unfallversicherungen bezahlt. Darüber hinaus werden spezielle Zusatzversicherungen zur Erstattung von Kosten der Rehabilitationsmedizin und damit zusammenhängenden Maßnahmen auf dem Markt angeboten (vgl. Anlagen 10 - 13).

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Des Weiteren hat die angemeldete Wortkombination „RehaMed“ auch für die Dienstleistung „Finanzwesen“ einen unmittelbar beschreibenden Charakter. Die Finanzierung medizinischer Rehabilitation ist ein aktuelles Thema (Anlagen 14 - 20). Zum einen bieten Finanzinstitute spezielle Finanzierungsdienstleistungen (und damit zusammenhängende Finanzberatungen) für die Träger medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen, insbesondere für Rehabilitationskliniken, an. Zum anderen können an Patienten spezielle Kredite für Rehabilitationsmaßnahmen gewährt werden (vgl. Anlagen 14 - 23). Da es üblich ist, bestimmte Kredite nach der Art des damit zu erwerbenden Objekts zu bezeichnen (z. B. Autokredit, Hauskredit), kann der Verkehr, wenn ihm das Zeichen „RehaMed“ im Zusammenhang mit einer Finanzdienstleistung begegnet, annehmen, dass damit die Art des Kredits („Rehakredit“), näher bezeichnet wird. Dies gilt insbesondere, weil ausweislich der Ergebnisse der Senatsrecherche in der Bevölkerung ein Bedürfnis für die Gewährung derartiger „Reha-Kredite“ besteht (Anlagen 21 - 23).

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d) Der Umstand, dass das beanspruchte Zeichen neben dem dargelegten Inhalt auch andere Deutungen zulassen könnte, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - entgegen der Auffassung der Anmelderin - nicht zu überwinden. Das Eintragungshindernis besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) - BIOMILD). Der Grundsatz, dass eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen kann, nicht schutzfähig ist, gilt für alle beschreibenden Angaben und damit auch für Abkürzungen (EuG GRUR Int. 2004, 328 (Nr. 36) - TDI; vgl. EuG GRUR Int. 2008, 838 (Nr. 25 - 30, 36, 37).

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e) Die Eignung zur Beschreibung eines Dienstleistungsmerkmals entfällt im Übrigen nicht dadurch, dass ein Zeichen bei bestimmter Positionierung oder Darstellungsweise (auch) als Marke aufgefasst werden könnte. Das dem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugrundeliegende Allgemeininteresse gebietet es vielmehr solche Begriffe, die zur Beschreibung von Produktmerkmalen geeignet sind, nicht zu monopolisieren. Der Schutz einer Wortmarke bezieht sich nämlich auf das Zeichen als solches, unabhängig von einer bestimmten An-/Aufbringung am Produkt, was sich bei den verfahrensgegenständlichen nicht-körperlichen Dienstleistungen, die eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Markenzeichen und dem Produkt nicht ermöglichen, ohnehin schon aus der Natur der Sache ergibt. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH wird das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Übrigen nicht dadurch überwunden, dass auch eine nicht beschreibende Deutung des Zeichens möglich wäre (EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) - BIOMILD). Vielmehr genügt es, wenn das Zeichen in einer Variante geeignet ist, ein Merkmal der Ware oder Dienstleistung zu bezeichnen, was sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL) ergibt. Danach liegt das Schutzhindernis bereits dann vor, wenn das Zeichen ein Merkmal beschreiben kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 30) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA II).

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Entgegen der Auffassung der Anmelderin führt die Rechtsprechung des BGH (BGH GRUR 2010, 1100 ff. - TOOR; vgl. auch BGH GRUR 2010, 825 ff. - Marlene Dietrich II) nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Rechtsprechung des BGH bezieht sich nämlich ausschließlich auf das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Da § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aber ein anderes Allgemeininteresse zugrunde liegt, können die zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entwickelten Grundsätze nicht automatisch auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG übertragen werden (vgl. EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 58 - 62) - EUROHYPO). Dementsprechend beschäftigt sich auch der BGH in den genannten Entscheidungen nur mit dem § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrunde liegenden Schutzinteresse (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 (Nr. 30) - TOOR; BGH GRUR 2010, 825 (Nr. 21) - Marlene Dietrich II).

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Es kann daher dahinstehen, ob die von der Anmelderin vorgelegten Verwendungsbeispiele für andere Markenzeichen in ihrer konkreten Art der Benutzung evtl. von einem beschreibenden Begriffsinhalt weg führen würden.

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f) Entgegen der Auffassung der Anmelderin genügt auch die graphische Ausgestaltung des Zeichens nicht, um der Marke zur Eintragung zu verhelfen.

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Bei der gewählten Binnengroßschreibung handelt es sich vielmehr um ein werbeübliches Mittel (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 (Nr. 71) - BioID; EuG GRUR Int. 2008, 1037 (Nr. 30) - BioGeneriX), das den beschreibenden Inhalt der einzelnen Wortbestandteile eher hervorhebt, als von diesem hinweg zu führen. Durch die Binnengroßschreibung bleiben nämlich die einzelnen Zeichenelemente und damit auch ihr Sinngehalt deutlich erkennbar.

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g) Auch der Umstand, dass eine tatsächliche beschreibende Verwendung der Wortkombination bislang nicht zu erkennen ist, steht dem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen, da es sowohl nach der Formulierung der entsprechenden Norm im Markengesetz, als auch nach der rechtlichen Grundlage in Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL ausreicht, wenn die Angaben zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen „dienen können“ ohne dass bereits eine tatsächliche Verwendung erfolgt sein müsste (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor). Hiermit wird klargestellt, dass bereits die bloße Eignung einer Angabe oder eines Zeichens zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 30) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA II). Hintergrund ist die Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren mögliche künftige beschreibende Verwendung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 241). Zur Prüfung bedarf es einer realitätsbezogenen Prognose, die auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen. Dies ist vorliegend ohne weiteres zu bejahen, da die Kombination der Wortzeichen in ihrem Aussagegehalt lediglich die Summe der Einzelbestandteile mit den in ihnen verkörperten Sachinformationen zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen verkörpert. Hinzu kommt die bereits erfolgte Benutzung des konkreten Zeichens als Abkürzung. Es ist daher zu erwarten, dass ein Bedarf besteht, die Wortkombination zur prägnanten Beschreibung der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen zu nutzen.