Entscheidungsdatum: 25.09.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 306 63 683.2
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, die Richterin Dr. Hoppe und den Richter am Amtsgericht Dr. Wache am 25. September 2012
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Anmelder haben am 16. Oktober 2006 die Wortmarke
Kronenburg
für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet:
Klasse 36: Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien [Büros]; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht;
Klasse 41: Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Repetitorien und Vortragsveranstaltungen, einschließlich der zugehörigen Unterrichtsmittel; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften;
Klasse 42: Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 beanstandet und mit Beschluss vom 17. April 2009 zurückgewiesen, da die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gegeben seien. „Kronenburg“ sei der Name eines Ortsteils der Gemeinde Dahlem in der Eifel. Mit Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen könne „Kronenburg“ als beschreibend verstanden werden. Wenn „Kronenburg“ außerdem der Name des Flurstücks sei, auf dem die Dortmunder Kronenbrauerei früher ihre Produktionsstätte gehabt habe, so werde das Freihaltebedürfnis dadurch noch erhöht. Im Übrigen hänge die Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht von Namens- oder Urheberrechten ab.
Die Anmelder haben Erinnerung eingelegt. Sie haben geltend gemacht: Es sei nicht zu erwarten, dass das angesprochene Fachpublikum das Wort „Kronenburg“ mit dem Ort in der Eifel in Verbindung bringen werde. Kronenburg in der Eifel sei ein kleiner Ort mit äußerst geringem Bekanntheitsgrad. Auch der Umstand, dass es sich zugleich um eine alte Dortmunder Flurbezeichnung handle, begründe kein Freihaltebedürfnis. Die Anmelder seien Eigentümer des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Kronenbrauerei, das von ihnen unter dem Namen „Kronenburg“ vermarktet werde. Es gehe insbesondere um die Veranstaltung von Repetitorien und Seminaren („Unternehmergespräche auf der Kronenburg“). Die Gefahr einer Verwechslung mit dem nahezu unbekannten Ort Kronenburg in der Eifel bestehe nicht.
Mit Beschluss vom 31. März 2010 hat die Markenstelle die Erinnerung zurückgewiesen, da das schutzsuchende Zeichen unmittelbar beschreibend wirke (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Den Wettbewerbern müsse die Möglichkeit freigehalten werden, die verfahrensgegenständliche Ortsbezeichnung beschreibend zu verwenden und damit auf Konkurrenzprodukte zu verweisen.
Dagegen wenden sich die Anmelder mit der Beschwerde. Zur Begründung verweisen sie auf ihr Vorbringen im Verfahren vor der Markenstelle, insbesondere auf die Erinnerungsbegründung.
Der Senat hat einen schriftlichen Hinweis erteilt; die Anmelder haben hierzu Stellung genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der Eintragung steht, wie der Erinnerungsprüfer zutreffend ausführt, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die schutzsuchende Marke besteht ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Dienstleistungen dienen kann.
a)
Geographische Angaben sind grundsätzlich freihaltebedürftig. Soweit es um Dienstleistungen geht, können sie aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise den Ort beschreiben, an dem die Dienstleistung angeboten wird, oder auf den sie sich bezieht.
Schutzunfähig ist eine geographische Angabe nicht erst dann, wenn der benannte Ort bereits für bestimmte Waren oder Dienstleistungen bekannt ist und von den angesprochenen Verkehrskreisen damit in Verbindung gebracht wird (EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 24 ff. - Chiemsee). Es ist nicht erforderlich, dass die beanspruchte Dienstleistung bereits von dem Ort aus erbracht wird (vgl. BGH GRUR 2003, 882 Nr. 17 - Lichtenstein). Vielmehr reicht es aus, wenn die Nutzung des Ortsnamens mit Bezug auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise als möglich erscheint, dies auch unter Berücksichtigung nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegender zukünftiger Entwicklungen (vgl. BPatG GRUR 2000, 149 Nr. 13 - WALLIS; BPatG GRUR 2009, 1175 Nr. 28 ff. - Burg Lissingen; BPatG vom 7.12.2010, 33 W (pat) 47/09 - STUBENGASSE MÜNSTER; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage § 8 Rn. 337).
Damit besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinne, dass geographische Angaben grundsätzlich freizuhalten sind und Ausnahmen hiervon aus den Besonderheiten des genannten Ortes heraus begründet werden müssen (Ströbele a. a. O. § 8 Rn. 335). Eine geographische Herkunftsangabe ist ausnahmsweise dann eintragungsfähig, wenn es wegen der besonderen Eigenschaften des Ortes unwahrscheinlich ist, dass der Verkehr den Ort mit bestimmten Waren oder Dienstleistungen in Verbindung bringt (EuGH a. a. O. Nr. 33 - Chiemsee). Das kann beispielsweise dann zutreffen, wenn der Ort so klein ist, dass dort außer dem Betrieb des Anmelders keine weiteren Betriebe Platz finden können (BPatG vom 15.7.2008, 33 W (pat) 91/06 Nr. 41 - Gut Darß), oder wenn es sich um ein nicht allgemein zugängliches Gebäude handelt (BPatG vom 20.3.2012, 27 W (pat) 508/12 Nr. 24 f. - Jagdschloss Platte).
b)
Wie die Markenstelle belegt hat, ist Kronenburg ein Ort in der Eifel mit rund 450 Einwohnern. Es handelt sich um ein auf einer Bergkuppe gelegenes malerisches Burgdorf, das in einem Wander- und Erholungsgebiet liegt. Zu dem Dorf gehört die Ruine der im 13./14. Jahrhundert erbauten Kronenburg. Seit 1998 befindet sich im Ort ein Haus für Lehrerfortbildung; außerdem beherbergt das Dorf mehrere Kunstwerkstätten (Anlagen zum Schreiben der Markenstelle vom 13. Dezember 2006).
Unter diesen Umständen erscheint es als möglich und plausibel, dass sich in Kronenburg ein Anbieter von Immobilien-Dienstleistungen niederlässt. Handelt es sich um ein Feriengebiet, so können dort Ferienhäuser und -wohnungen vermarktet werden, was nicht von außerhalb geschehen muss, sondern auch durch einen lokalen Anbieter möglich ist. Ein solcher Anbieter kann alle Dienstleistungen erfassen, die vorliegend in den Klassen 36 und 42 beansprucht werden.
Ebenso liegt es nahe, Seminare und Repetitorien in einem malerischen, in einem Feriengebiet gelegenen Ort anzubieten; denn die angesprochenen Verkehrskreise werden sich - Zahlungskraft und Zeit für die Anreise vorausgesetzt - gern an solche Orte zurückziehen, um dort in Ruhe zu lernen, zu diskutieren und nachzudenken. Das wird auch dadurch belegt, dass sich in Kronenburg bereits ein Haus für Lehrerfortbildung befindet. Insofern können auch die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 einschließlich der Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, die mit der Veranstaltung von Seminaren und Repetitorien verbunden werden kann, von Kronenburg aus angeboten werden.
Besondere Gründe, aus denen die Erbringung solcher Dienstleistungen von Kronenburg in der Eifel aus fernliegen würde, sind nicht erkennbar.
Somit können die angesprochenen Verkehrskreise - hier alle an Immobiliendienstleistungen interessierten Personen und die an Seminaren und Repetitorien, Büchern, Zeitungen und Zeitschriften interessierten Fachverkehrskreise - das Wort „Kronenburg“ als Beschreibung des Ortes verstehen, von dem aus und mit Bezug auf den die Dienstleistungen erbracht werden.
c)
Das Argument, dass der Ort Kronenburg in der Eifel nahezu unbekannt sei und insofern kein Freihaltebedürfnis bestehe, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Ist der in Frage stehende Ortsname einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt, so kann das für ein bestehendes Freihaltebedürfnis sprechen (BGH GRUR 2003, 882 Nr. 17 - Lichtenstein). Umgekehrt kann die geringe Bekanntheit eines Ortes im Einzelfall als Indiz für die Schutzfähigkeit gewertet werden (BPatG vom 11.11.2009, 29 W (pat) 68/07 Nr. 27 - Carcavelos). „Kronenburg“ ist für das deutsche Publikum jedoch - anders als der portugiesische Name „Carcavelos“ - als Ortsname erkennbar. Es handelt sich um einen typischen deutschen Ortsnamen. Zahlreiche weitere deutsche Orte enden auf -burg (beispielsweise Ahrensburg, Augsburg, Bad Iburg, Brandenburg an der Havel, Bernburg, Cloppenburg, Coburg, Dieburg, Flensburg, Freiburg, Hamburg, Lüneburg, Offenburg, Regensburg, Rendsburg, Strasburg in der Uckermark). Daher dürften die angesprochenen Verkehrskreise „Kronenburg“ auch dann als Ortsnamen und somit als beschreibend verstehen, wenn sie über den Ort Kronenburg in der Eifel keine weiteren Kenntnisse haben.
Zudem kann bereits das Verständnis durch einen kleinen Teil der angesprochenen Verkehrskreise ausreichen, um die Schutzfähigkeit entfallen zu lassen. Das gilt insbesondere für Angaben, deren Verwendung üblicherweise auf eine bestimmte Region begrenzt wird. In solchen Fällen reicht es aus, wenn der in Frage stehende Ort regional bekannt ist (Ströbele in Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 345). Das trifft hier zu. Wenn ein Unternehmer die in Frage stehenden Dienstleistungen von Kronenburg aus oder mit Bezug auf Kronenburg anbieten will, so wird er sich damit vorrangig an Personen wenden, denen der Ort bekannt ist. Jedenfalls diese Personen werden den Ortsnamen mit Bezug auf die relevanten Dienstleistungen als beschreibend verstehen.
d)
Ob das Publikum die von den Anmeldern unter dem Zeichen „Kronenburg“ angebotenen Dienstleistungen mit dem Ort Kronenburg in der Eifel in Verbindung bringt, ist unerheblich. Im Anmeldeverfahren kommt es nicht auf die konkrete (beabsichtigte) Verwendung des schutzsuchenden Zeichens durch den Anmelder an (vgl. BPatG GRUR 2009, 491 Nr. 25 f. - Vierlinden), sondern darauf, ob andere Anbieter dasselbe Zeichen im beschreibenden Sinne verwenden können. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schützt das Interesse der Mitbewerber an der Freihaltung solcher Angaben, die rein beschreibend sind und deshalb nicht von einzelnen Wettbewerbern monopolisiert werden dürfen (EuGH GRUR 2004, 146 Nr. 31 - DOUBLEMINT; GRUR Int. 2010, 503 Nr. 34 - Patentconsult; je m. w. N.; st. Rspr.). Der Ortsname „Kronenburg“ ist deshalb auch dann für die Verwendung durch andere Anbieter der in Frage stehenden Dienstleistungen freizuhalten, wenn bei den meisten angesprochenen Personen nicht die Gefahr besteht, dass sie das Areal Kronenburg in Dortmund mit dem Dorf Kronenburg in der Eifel verwechseln. Maßgeblich ist, dass andere Anbieter dieselben Dienstleistungen von Kronenburg in der Eifel aus erbringen können, und dass sich die Dienstleistungen anderer Anbieter der Klassen 36 und 42 auf in Kronenburg in der Eifel belegene Immobilien beziehen können. Daher müssen andere Anbieter die Möglichkeit behalten, ihre Leistungen mit dem Wort „Kronenburg“ zu beschreiben.
2.
Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist gegeben.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2010, 138 Rn. 23 - ROCHER-Kugel). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.
Soweit ein Zeichen Merkmale von Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibt, fehlt ihm auch die Unterscheidungskraft (EuGH GRUR 2004, 674 Nr. 86 - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 Nr. 19 - BIOMILD). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Nr. 16 - VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).