Entscheidungsdatum: 26.03.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 023 104
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, die Richterin Dr. Hoppe und den Richter am Amtsgericht Dr. Wache in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2013
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Anmelderin hat am 15. April 2010 die Wortmarke
Top-Label
für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 16: |
angemeldet.
Mit Beschluss vom 5. Juli 2011 hat die Markenstelle des DPMA für Klasse 40 die Anmeldung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren und die Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Außerdem bestehe ein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Das Element „Top“ drücke aus, dass etwas als qualitativ erstklassig anzusehen sei. „Label“ bezeichne ein Etikett, werde in der Werbesprache aber auch und überwiegend im Sinne von „Markenname“ verwendet. Das Gesamtzeichen „Top-Label“ werde vom Publikum somit entweder als beschreibender Hinweis auf ein qualitativ hochwertiges Markenangebot verstanden oder als thematischer Hinweis auf die Befassung mit „erstklassigen Etiketten“.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde.
Sie meint, dass es dem Zeichen keineswegs an Unterscheidungskraft fehle. Insofern sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Vorliegend ergebe sich die Unterscheidungskraft zum einen aus der Schreibweise mit Bindestrich, die eher unüblich sei. Außerdem stehe die Bezeichnung „Top-Label“ allein, und nicht in Verbindung mit Namen von Designern oder in Verbindung mit eindeutigen Hinweisen auf Waren oder Dienstleistungen.
Das Zeichen sei auch nicht beschreibend. Das deutsche Publikum werde „Label“ nicht als „Etikett“, sondern überwiegend als „Marken für Kleidung“ verstehen. In Bezug auf die hier beanspruchten Waren gebe es aus der Sicht des angesprochenen Publikums keine „Top-Marken“. Von „Top-Marken“ werde nämlich üblicherweise dann gesprochen, wenn es um Konsumartikel oder Luxusgüter gehe.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben.
Der Senat hat einen schriftlichen Hinweis erteilt und das Ergebnis einer Internet-Recherche mitgeteilt. Die Anmelderin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der begehrten Eintragung steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
a)
Das Schutzhindernis verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, freizuhalten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - ADIDAS II). Es liegt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs - im Allgemeininteresse, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD).
Das Schutzhindernis ist gegeben, wenn das schutzsuchende Zeichen den angesprochenen Verkehrskreisen, zu denen hier für Klasse 35 gewerbliche Unternehmen und im Übrigen Fachverkehr und Endverbraucher gehören, verständlich ist. Dabei ist vom normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen (EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen/Concord/Hukla; EuGH GRUR 2008, 608 (Rn. 67) - EUROHYPO; BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 8) - STREETBALL; BGH GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Dabei darf einerseits die Verständnisfähigkeit des Publikums nicht zu gering veranschlagt werden. Andererseits darf nicht davon ausgegangen werden, dass das Publikum die Marke einer näheren analysierenden Betrachtung unterzieht (EuGH GRUR 2010, 228 (Nr. 57, 59) - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; HK-Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 2. Auflage § 8 MarkenG Rn. 34; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage § 8 Rn. 298). Der Aussagegehalt der Marke muss also so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist.
b)
Das Zeichen „Top-Label“ ist an diesem Maßstab gemessen nicht schutzfähig.
aa) Maßgeblich ist - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit. Aus der Schutzunfähigkeit der einzelnen Elemente einer Kombinationsmarke kann nicht ohne weiteres auf die Schutzunfähigkeit des Gesamtzeichens geschlossen werden (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 41) - EUROHYPO). Im Allgemeinen bleibt aber die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 98) - Postkantoor; EuGH GRUR 2006, 229 (Nr. 34) - BioID; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 13) - My World).
bb) „Top“ bedeutet „von höchster Güte, hervorragend, auf dem aktuellsten Stand, hochmodern“. Das Wort wird in dieser Bedeutung vom inländischen Publikum verstanden, weil es zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört und zudem - beispielsweise in Wortbildungen wie „Topmanager“, „Topmodel“, „Top Ten“ - Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat. Das Zeichen „Top“ ist für sich genommen nicht schutzfähig, da es lediglich eine werbeübliche, beschreibende Anpreisung enthält (EuG vom 13.7.2005, T-242/02 - TOP; BPatG vom 22.2.2012, 29 W (pat) 543/11 - TOP). Ebenso ist „Top“ in Verbindung mit einem warenbeschreibenden oder sonst nicht unterscheidungskräftigen Hauptwort nicht schutzfähig (BPatG vom 15.3.2007, 27 W (pat) 98/06 - Topline; BPatG vom 6.4.2010, 30 W (pat) 36/07 - Topscan; BPatG vom 5.5.2011, 30 W (pat) 44/10 - TOPMAP; BPatG vom 8.3.2012, 27 W (pat) 122/11 - Top Kosher & Gourmet; BPatG vom 13.6.2012, 28 W (pat) 506/11 - TOP-WING; HABM vom 19.7.2007, R 971/06-4 - TOP MARQUES).
Das englische Wort „Label“ hat ebenfalls Eingang in die deutsche Sprache gefunden und bedeutet Etikett, Firma, Produktlinie oder Marke. „Label“ ist ebenfalls in Kombination mit weiteren, nicht unterscheidungskräftigen Elementen grundsätzlich nicht schutzfähig (BPatG vom 14.12.1999, 27 W (pat) 174/99 - GREEN LABEL; HABM vom 3.5.2012, R 1710/11-2 - GOLD LABEL RESERVE).
cc) Die Kombination der beiden Elemente führt zu einem Gesamtzeichen, das von den angesprochenen Verkehrskreisen unproblematisch als „hervorragendes Etikett“ oder als „hervorragende Marke“ verstanden wird.
Die Kombination der beiden Elemente weist keine Besonderheiten syntaktischer, semantischer oder sonstiger Art auf, die geeignet wären, einen nicht ohne weiteres als beschreibend zu verstehenden Gesamtbegriff zu schaffen. Die Verbindung der beiden Elemente mit einem Bindestrich reicht dafür nicht aus, da eine solche Verbindung grammatikalisch korrekt und nicht ungewöhnlich ist (vgl. für viele: BPatG vom 30.5.2012, 25 W (pat) 558/11 - Kräuter-Genuss; BPatG vom 20.6.2012, 28 W (pat) 576/11 - Weimarer-Taler; BPatG vom 30.10.2012, 25 W (pat) 69/12 - Schoko-Träume; BPatG vom 26.11.2012, 25 W (pat) 589/12 - Orangen-Spass). Das gilt auch für aus dem Englischen übernommene Begriffe (BPatG vom 5.3.2009, 30 W (pat) 84/06 - open-xchange).
Die Schutzfähigkeit wird entgegen der Beschwerdebegründung nicht dadurch begründet, dass das Zeichen „allein steht“ und nicht in Verbindung mit Namen von Designern oder mit eindeutigen Hinweisen auf Waren oder Dienstleistungen. Würde der Name eines Designers hinzugesetzt und als weiteres Element in die Marke aufgenommen werden, so würde dies die Schutzfähigkeit eher erhöhen als vermindern. Der Umstand, dass ein eindeutiger Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen fehlt, kann nicht über das Schutzhindernis hinweghelfen. Ob das Zeichen als beschreibend verstanden wird, ist nämlich stets mit Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 33) - Postkantoor; EuGH GRUR 2007, 425 (Nr. 31) - The Kitchen Company); diese dürfen deshalb nicht hinweggedacht werden.
dd) „Top-Label“ ist in seinen Bedeutungen als „hervorragendes Etikett“ oder als „hervorragende Marke“ geeignet, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben.
Soweit es sich bei den Waren um Etiketten handelt (die unter den Oberbegriff Druckereierzeugnisse der Klasse 16 fallen), werden die angesprochenen Verkehrskreise das schutzsuchende Zeichen dahin verstehen, dass es sich um „hervorragende Etiketten“ handelt. Mit Bezug auf diejenigen Waren, die zur Herstellung von Etiketten verwendet werden können (Papier, Klebstoffe für Papierwaren, Druckstöcke, Drucklettern), wird das Zeichen „Top-Label“ dahin verstanden werden, dass mit diesen Waren hervorragende Etiketten hergestellt werden können. Wie die Internetrecherche des Senats ergeben hat, wird „Label“ in deutschsprachigen Texten auch in der Bedeutung als „Etikett“ verwendet. Etikettendrucker werden häufig als „Labeldrucker“ bezeichnet. Unternehmen, die mit der Herstellung von Etiketten befasst sind, führen häufig „Label“ als Namensbestandteil. Das an den beanspruchten Waren der Klasse 16 interessierte Publikum ist daher daran gewöhnt, „Label“ im Zusammenhang mit Druckereierzeugnissen und mit den für die Herstellung von Druckereierzeugnissen benötigten Waren als Wort für „Etikett“ zu verstehen. Das gesamte schutzsuchende Zeichen wird dann dahin verstanden werden, dass die Waren hervorragende Etiketten seien, bzw. dass es mit den Waren möglich sei, hervorragende Etiketten herzustellen.
Mit Bezug auf die Waren der Klasse 16 „Papier, Pappe (Karton)“ wird das angesprochene Publikum das Zeichen „Top-Label“ dahin verstehen, dass es auf die besonders hohe Qualität, z. B. die Umweltfreundlichkeit der Ware, hinweist. Insofern hat die Internetrecherche des Senats ergeben, dass „Label“ mit Bezug auf Papier - und allgemeiner mit Bezug auf Holz- und Papierprodukte - häufig in der Bedeutung als „Kennzeichen, das Angaben zur Umweltfreundlichkeit des Produkts enthält“ verwendet wird. So gibt es einen „WWF-Labelratgeber Holz- und Papierprodukte“. Ein Einkaufsberater weist darauf hin, dass „Label beim Einkauf von Papier oder der Vergabe von Aufträgen an Druckereien Hinweise auf ökologische und soziale Auswirkungen des Produkts geben“. Bei Papier werden insbesondere die Kennzeichnungen „FSC 100 %“, „FSC-Mix“ und „FSC-Recycled“ als „Label“ bezeichnet. Diese „Label“ informieren darüber, welcher Anteil des verarbeiteten Holzes aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt, und ob das Papier aus recycelten Holzfasern gewonnen worden ist.
Mit Bezug auf die übrigen beanspruchten Waren wird das schutzsuchende Zeichen ohne weiteres als „hervorragende Marke“ verstanden werden.
Damit wird eine Eigenschaft der übrigen Waren der Klasse 16 in dem Sinne beschrieben, dass es sich um Markenprodukte von besonders guter Qualität handle. Es trifft zwar zu, dass das Wort „Label“ in deutschsprachigen Texten überwiegend dann verwendet wird, wenn es um modische Bekleidung, um Musik oder um alkoholische Getränke geht. Der angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den nach dem oben (II. 1. a) dargestellten Maßstab bei der Prüfung ankommt, wird jedoch einen Begriff, der ihm aus bestimmten Bereichen bekannt ist, auch dann verstehen, wenn er in einem anderen Bereich angewendet wird, soweit er auch hier ohne weiteres einen Sinn ergibt (vgl. BPatG vom 18.9.2012, 33 W (pat) 141/08 - FLATRATE).
Das gilt auch für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 39 und 40. Das Zeichen bringt auch insoweit zum Ausdruck, dass es sich bei den Dienstleistungen um besonders gute, eine hervorragende Qualität aufweisende Markenleistungen handelt. Das gilt nicht nur für Materialbearbeitung, bei der es besonders auf Präzision und Sorgfalt ankommt, sondern auch für das Transportwesen, die Warenlagerung und -verpackung, die insbesondere bei hochwertigen und sensiblen Gegenständen eine besondere Aufmerksamkeit erfordern, als auch für Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und Büroarbeiten, für die die Anmeldung einen besonderen Hinweis auf Premium-Qualität darstellt.
Auch Konkurrenten der Anmelderin müssen mit diesem anpreisenden und laudativen Begriff für ihre Leistung werben können, ohne durch markenrechtliche Monopolrechte behindert zu sein.
2.
Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist gegeben.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 (Nr. 35) - Philips/Remington; GRUR 2004, 428 (Nr. 30, 48) - Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042, (Nr. 23 f.) - Thomson LIFE; EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 23) - SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) - VISAGE).
Soweit ein Zeichen - wie hier - Merkmale von Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibt, fehlt ihm auch die Unterscheidungskraft (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) - BIOMILD). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) - VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).