Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.07.2013


BPatG 30.07.2013 - 33 W (pat) 527/12

Markenbeschwerdeverfahren – "CAR CHECK DAY (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft – heraldische Nachahmung der Europaflagge


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
33. Senat
Entscheidungsdatum:
30.07.2013
Aktenzeichen:
33 W (pat) 527/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 052 496.0

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender und die Richterinnen Kirschneck und Dr. Hoppe am 30. Juli 2013

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 4. September 2010 hat die Anmelderin die Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

in den Farben in den Farben Schwarz, Grau, Weiß, Blau und Gelb angemeldet für:

3

Klasse 37: Reparatur, Wartung und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen; Rostschutzbehandlung von Fahrzeugen; Wartung von Fahrzeugen; Waschen von Fahrzeugen

4

Klasse 39: Abschleppen von Fahrzeugen; Transport mit Fahrzeugen

5

Klasse 42: Dienstleistungen von Ingenieuren und Erstellen von technischen Gutachten; Beratung auf dem Gebiet der Technik; wissenschaftliche Forschung; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Überprüfungen auf dem Gebiet der Kfz-Technik, nämlich Sicht-, Funktions- und Wirkungsprüfung; Überprüfung von Straßentauglichkeit von Kfz; technologische Dienstleistungen auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik und der Energietechnik für Gewerbe und Industrie, soweit in Klasse 42 enthalten; Zertifizierungen, insbesondere im Bereich der Sicherheit; Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors; Durchführung technischer Tests und Checks; Eichen (Kalibrieren); Ermittlung von Emissionen und Immissionen; Ermittlung von Schadstoffkonzentrationen; Materialprüfung; Qualitätsprüfung.

6

Die Markenstelle für Klasse 37 hat die Eintragung des begehrten Zeichens mit Beschluss vom 5. März 2012 mangels hinreichender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und wegen unberechtigten Führens eines internationalen Hoheitszeichens nach § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG zurückgewiesen.

7

Den Zurückweisungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG betreffend, hat die Markenstelle zunächst ausgeführt, dass die Wortbestandteile der begehrten Wort-/Bildmarke „CAR CHECK DAY“ eine sprachüblich gebildete, beschreibende Begriffsfolge in der Bedeutung von „Auto Überprüfungs-/Prüfungs-/Test Tag“ seien. Damit fehle es den Wortbestandteilen aufgrund des im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalts an Unterscheidungskraft. Die Dienstleistungen „Reparatur, Wartung und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen; Rostschutzbehandlung von Fahrzeugen; Wartung von Fahrzeugen; Waschen von Fahrzeugen“ hätten die Überprüfung von Fahrzeugen zum Inhalt oder Gegenstand und könnten an einem Tag oder einem bestimmten Tag angeboten oder erbracht werden. Weiter könne „Abschleppen von Fahrzeugen; Transport mit Fahrzeugen“ nötig oder Voraussetzung sein, um Autos an bestimmten Tagen überprüfen zu lassen oder einer Überprüfung zu unterziehen. Schließlich werde oder könne die Überprüfung von Fahrzeugen sowie deren technische Anlagen und Instrumenten an bestimmten Tagen von Ingenieuren durchgeführt werden. Dies könne beispielsweise zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit und der technischen Funktionsfähigkeit erfolgen. Hierbei würden Dienstleistungen, wie das „Erstellen von technischen Gutachten; Beratung auf dem Gebiet der Technik; Überprüfungen auf dem Gebiet der Kfz-Technik, nämlich Sicht-, Funktions- und Wirkungsprüfung; Überprüfung von Straßentauglichkeit von Kfz; Zertifizierungen, insbesondere im Bereich der Sicherheit; Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors; Durchführung technischer Tests und Checks; Eichen (Kalibrieren); Ermittlung von Emissionen und Immissionen; Ermittlung von Schadstoffkonzentrationen; Materialprüfung; Qualitätsprüfung“ angeboten oder durchgeführt. Zudem würden für solche Automobilprüftage „wissenschaftliche Forschung oder die Erstellung wissenschaftlicher Gutachten“ sowie „technologische Dienstleistungen auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik und der Energietechnik für Gewerbe und Industrie, soweit in Klasse 42 enthalten“ erbracht, um beispielsweise Inhalt, Zweck, Gegenstand und Zielsetzung solcher Prüftage für Autos festzulegen, zu normen oder auszuwerten.

8

Weiter hat die Markenstelle zu der grafischen Ausgestaltung der begehrten Wort-/Bildmarke ausgeführt, dass diese lediglich aus einem typischen, auch in den Farben und dem gewählten Schriftbild identischen Autoschild der Europäischen Union bestehe, in dem die Autokennzeichen durch die Wortfolge „CAR CHECK DAY“ ersetzt wären. Als typisches Nummernschild weise sie nur auf den Prüfungsgegenstand, nämlich Fahrzeuge hin. Damit handele es sich bei der grafischen Ausgestaltung um eine ergänzende oder bildliche Darstellung der Wortbestandteile, welche keine charakteristischen Merkmale aufweise, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sehe. Die begehrte Wort-/Bildmarke stelle schließlich in ihrer Gesamtheit für die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen kein unterscheidungskräftiges Gesamtzeichen dar, da diesem kein über die Summe seiner Bestandteile hinausgehender Gesamteindruck zukomme.

9

Zum Zurückweisungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG, hat die Markenstelle ausgeführt, dass die begehrte Wort-/Bildmarke den Sternenkranz der Europäischen Gemeinschaft enthalte, welcher auch vom Europarat und der Europäischen Union verwendet werde, sowie das „D“-Zeichen für in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge. Schon durch die Gängigkeit von Euro-Kennzeichen sei ein Hinweis zur Europäischen Union und des Mitgliedstaates Deutschland gegeben. Zudem fehle ein Nachweis über die Erlaubnis zur Führung des Hoheitszeichens sowie des „D“-Zeichens für Deutschland oder zur Benutzung von Euro-Autokennzeichenschildern.

10

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie nicht begründet hat.

11

Der Senat hat die Anmelderin auf mögliche Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 8 MarkenG hingewiesen und verschiedene Belege aus der Internetrecherche des Senats (im Folgenden zitiert als „Anlagen“) übersandt. Die Anmelderin hat hierauf auch nach Rückfragen nicht geantwortet.

II.

12

Die Beschwerde ist zulässig, aber erfolglos.

13

Der angemeldeten Marke stehen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 8 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden.

1.

14

Der Eintragung des begehrten Zeichens steht das Schutzhindernis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

15

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Marken, denen für die Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, von der Eintragung ausgeschlossen. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 29) - Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 30 f.) - Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 23, 24) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 23) - SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) - VISAGE). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist.

16

Bei der Auslegung der absoluten Schutzhindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO m. w. N.). In Anbetracht des Umfangs des einer Marke verliehenen Schutzes gehen das Allgemeininteresse, das § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrunde liegt, und die wesentliche Funktion der Marke, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, um diese ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, offensichtlich ineinander über (EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 23, 27) - SAT.2). Die Prüfung der Herkunftsfunktion darf sich nicht auf ein Mindestmaß beschränken, sondern hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) - Das Prinzip der Bequemlichkeit; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59) - Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) - Companyline; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 11) - My World; BGH BlPMZ 2010, 273 (275) - Roche-Kugel). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung ist sicherzustellen, dass Marken, deren Benutzung mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht eingetragen werden (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) - Das Prinzip der Bequemlichkeit).

17

Abzustellen ist dabei auf die Auffassung des beteiligten inländischen Verkehrs, wobei dieser alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel; EUGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 19) - Maglite; BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 8) - STREETBALL). Die hier beanspruchten Dienstleistungen richten sich sowohl an Endverbraucher als auch an Fachverkehrskreise. Auszugehen ist von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee), der die hier maßgeblichen Dienstleistungen mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit wahrnehmen wird.

18

b) Das Zeichen setzt sich aus Worten zusammen, die geeignet sind, die beanspruchten Produkte zu beschreiben, ohne hinreichende grafische Elemente zu enthalten, die geeignet wären, in dem Zeichen - trotz dieser beschreibenden Wortelemente - einen Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus einem bestimmten Unternehmen zu erkennen.

19

Zeichen, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, fehlt nämlich in Bezug auf diese Produkte auch die Unterscheidungskraft (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) - BIOMILD). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) - Visage; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).

20

Die Wortfolge des begehrten Zeichens besteht aus den drei Wörtern „CAR“, „CHECK“ und „DAY“. Der Begriff „CAR“ entstammt der englischen Sprache und bedeutet „Auto oder Wagen“ (Pons-Globalwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage; siehe Anlage 1). Es wird in Alleinstellung auch vorangestellt oder nachgestellt in Kombination mit weiteren Begriffen oder als Vorsilbe für Wortzusammensetzungen benutzt, um einen Bezug dieser Begriffe bzw. Wortzusammensetzungen zu Autos bzw. Wagen herzustellen (z. B. „Car Tracking System“, „CarSharing“, „Car-HiFi“, „Car-PC“ und „Car Kit“; siehe Anlagen 2 bis 6). Das Wort „CHECK“ entstammt ebenfalls der englischen Sprache und bedeutet „Überprüfung oder Kontrolle“ (Pons-Globalwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage; siehe Anlage 7). Es wird in Alleinstellung auch vorangestellt oder nachgestellt in Kombination mit weiteren Begriffen oder als Nachsilbe für Wortzusammensetzungen benutzt und kennzeichnet eine Sache, die zu kontrollieren bzw. zu überprüfen ist (z. B. „Gesundheits-Check“, „Browsercheck“, „Fahrzeug Sicherheits Check“, „Entgeltgleichheits-Check“ und „Check des Steuerbescheids“; siehe Anlagen 8 bis 12). Auch das Wort „DAY“ entstammt der englischen Sprache und bedeutet „Tag“ (Pons-Globalwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage; siehe Anlage 13). Es wird in Alleinstellung auch nachgestellt in Kombination mit weiteren Begriffen oder als Nachsilbe für Wortzusammensetzungen benutzt und kennzeichnet ein Ereignis, das an einem bestimmten Tag eintritt, fällig ist bzw. stattfindet (z. B. „Equal Pay Day“, „Girls‘Day“, „Career Day“ und „Safer Internet Day“; siehe Anlagen 14 bis 17).

21

Allen drei Worten ist gemein, dass sie schon längst in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind und auch schon gängig miteinander in verständiger Weise kombiniert werden. Beispielsweise ist ein „DEKRA Safety Check Day“ ein Tag, an welchem kostenlose Überprüfungen von Fahrzeugen durch die DEKRA durchgeführt werden (siehe Anlage 18). Die DEKRA bietet an anderer Stelle einen „Car Check“ an, bei welchem der Gebrauchswagen des Interessenten auf „Herz und Nieren“ getestet wird (siehe Anlage 19). Weiter bietet Audi einen Service mit der Bezeichnung „Audi CarCheck“ an, bei welchem zu einem Festpreis umfangreiche Prüfungen und Kontrollen am Fahrzeug des Interessenten vorgenommen werden (siehe Anlage 20). Die Markenstelle für Klasse 37 hat somit zutreffend dargelegt, dass es sich bei den Wortbestandteilen der begehrten Wort-/Bildmarke „CAR CHECK DAY“ um eine sprachüblich gebildete beschreibende Begriffsfolge in der Bedeutung von „Auto Überprüfungs-/Prüfungs-/Test Tag“ handelt.

22

Die Internetrecherche des Senats (vgl. Anlagen 21, 22) belegt, dass der Verkehr die Begriffsfolge „CAR CHECK DAY“ ohne weiteres in ihrer Bedeutung versteht, wenn sie ihm in Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen begegnet. In Zusammenhang mit den beanspruchten Diensten „Reparatur, Wartung und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen; Rostschutzbehandlung von Fahrzeugen; Wartung von Fahrzeugen; Waschen von Fahrzeugen“ wird der angesprochene Verkehr die Bezeichnung als einen Hinweis auf einen bestimmten Tag verstehen, an welchem Autos geprüft bzw. überprüft und ggf. instand gesetzt werden. In Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen „Abschleppen von Fahrzeugen; Transport mit Fahrzeugen“ wird der angesprochene Verkehr die Bezeichnung dahingehend auffassen, dass Fahrzeuge an einem Autoprüftag zum oder vom Prüfort gebracht werden können. Dies könnte beispielsweise notwendig sein, um auch fahruntüchtige Fahrzeuge oder Fahrzeuge ohne Straßenzulassung prüfen zu können. In Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen „Dienstleistungen von Ingenieuren und Erstellen von technischen Gutachten; Beratung auf dem Gebiet der Technik; Überprüfungen auf dem Gebiet der Kfz-Technik, nämlich Sicht-, Funktions- und Wirkungsprüfung; Überprüfung von Straßentauglichkeit von Kfz; Zertifizierungen, insbesondere im Bereich der Sicherheit; Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors; Durchführung technischer Tests und Checks; Eichen (Kalibrieren); Ermittlung von Emissionen und Immissionen; Ermittlung von Schadstoffkonzentrationen; Materialprüfung; Qualitätsprüfung“ wird der angesprochene Verkehr die Bezeichnung dahingehend auffassen, dass die Überprüfungen, Kontrollen und Tests an einem Autoprüftag von Ingenieuren, nämlich Prüfingenieuren durchgeführt werden, die hierbei auch beratend tätig sein können und technische Gutachten erstellen können. In Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen „wissenschaftliche Forschung oder die Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen“ wird der angesprochene Verkehr die Bezeichnung dahingehend auffassen, dass solche Autoprüftage dazu geeignet sind, wissenschaftliche Studien mit abschließenden Gutachten durchzuführen, die beispielsweise den allgemeinen Zustand der zu prüfenden Fahrzeuge mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen. In Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen „technologische Dienstleistungen auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik und der Energietechnik für Gewerbe und Industrie, soweit in Klasse 42 enthalten“ wird der angesprochene Verkehr, nämlich Unternehmer, die Bezeichnung dahingehend auffassen, dass an einem solchen Autoprüftag beispielsweise der Fuhrpark eines Unternehmens sicherheits- und energietechnisch überprüft werden kann.

23

Die Markenstelle für Klasse 37 hat zudem zutreffend festgestellt, dass es sich bei dem grafischen Element um eine Nachahmung des europäischen Nummernschildes für die Bundesrepublik Deutschland handelt (siehe Anlagen 23 und 24) das nicht geeignet ist, von der sachbeschreibenden Angabe der Wortbestandteile wegzuführen. Vielmehr wird der Verkehr die Grafik selbst als beschreibend dahingehend verstehen, dass der Autoprüftag für in der Europäischen Union, insbesondere in Deutschland zugelassene Fahrzeuge vorgesehen oder zumindest geeignet ist oder die Prüfung nach europäischen Prüfvorgaben bzw. -maßstäben erfolgt. Zudem wird die Europaflagge häufig als verzierendes Element benutzt und ist daher nicht geeignet, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Gleiches gilt für die Anbringung der Europaflagge auf einem Nummernschild für Waren und Dienstleistungen, die in Zusammenhang mit Fahrzeugen stehen. Zudem beinhaltet die begehrte Marke das offizielle Zulassungszeichen für Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik gemäß der europäischen Verordnung (EG) Nr. 2411/98 des Rates vom 3. November 1998 über die Anerkennung des Unterscheidungszeichens des Zulassungsmitgliedstaats von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern im innergemeinschaftlichen Verkehr (siehe Anlage 23: Erwägungsgrund (4): „… Kennzeichen …, das am linken Rand in Anlehnung an die Europaflagge ein blaues Feld mit zwölf gelben Sternen aufweist und außerdem das Unterscheidungszeichen des Zulassungsmitgliedsstaats enthält.“, sowie Anhang: Modell 1) sowie § 10 Abs. 2 S. 2 FZV (Fahrzeug-Zulassungsordnung) i. V. m. Anlage 4 der FZV (Anlage 24)).

2.

24

Dem begehrten Zeichen steht zudem das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG entgegen.

25

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG sind von der Eintragung u. a. diejenigen Marken ausgeschlossen, die Kennzeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten, die nach einer Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz im Bundesgesetzblatt von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind.

26

Bei dem Europa-Emblem handelt es sich um ein solches Kennzeichen. Die Bekanntmachung ist am 29. Oktober 1979 (BGBl 1979 I S. 1800) erfolgt. Mit § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG wird die völkervertragsrechtliche Bestimmung des Art. 6ter Abs. 1 lit. b der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) und zugleich Art. 3 Abs. 1 lit. h MarkenRL in deutsches Recht umgesetzt. Sein gesetzgeberischer Zweck liegt darin, zu verhindern, dass Hoheitszeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen für geschäftliche Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegenstand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen (vgl. zu § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG: BPatG GRUR 2005, 679 (680) - Bundesfarben; BPatG GRUR 2009, 495 (496) - Flaggenball; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 630; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 8 Rd. 601). Eine solche Eintragung oder Benutzung könnte nämlich den Verkehr über den Ursprung der mit solchen Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen irreführen (EuG GRUR 2004, 773 (Nr. 39) - ECA; BGH GRUR 2003, 705 (706) - Euro-Billy).

27

Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG liegt vor, wenn eines der dort genannten Zeichen identisch übernommen wird oder wenn die Marke gem. § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG eine Nachahmung des Zeichens enthält.

28

Das grafische Element der begehrten Wort-/Bildmarke beinhaltet in der Wahrnehmung des Verkehrs die identische Darstellung der Europaflagge, denn die leichte Verzerrung des Sternenkreises ist kaum wahrnehmbar. Zumindest liegt eine heraldische Nachahmung gem. § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG vor. Der Begriff der Nachahmung i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG knüpft an den in Art. 6ter Abs. 1 a PVÜ enthaltenen Begriff der „Nachahmung im heraldischen Sinne“ an. Hierunter fallen Nachahmungen, die gerade die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweisen (EuG GRUR 2004, 773 - ECA; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 634). Bei dem Vergleich „im heraldischen Sinne“ ist daher nicht auf die präzisen geometrischen Merkmale abzustellen, deren Einzelheiten der Verkehr in der Regel nicht wahrnimmt.

29

Nach § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG wäre § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG indes nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen. Dies erfordert eine Prüfung, ob der Tätigkeitsbereich der betreffenden Organisation in irgendeiner sachlichen Beziehung zu dem Gebiet gehören kann, dem die Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Marke angehören (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 651; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rd. 291; HK-Fuchs-Wissemann, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rd. 81; vgl. Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 8 Rd. 631 a.E.). Die hier begehrte Wort-/Bildmarke ist in Bezug auf sämtliche angemeldete Dienstleistungen geeignet, einen solchen Eindruck hervorzurufen (vgl. auch: HABM R1401/2011-1 - mobile.eu). Im Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise bei der Gesamtbetrachtung der begehrte Wort-/Bildmarke nämlich unmittelbar darauf schließen, dass ein Autoprüftag nach europäischen Prüfvorgaben erfolgt bzw. von der Europäischen Union überwacht oder zertifiziert wird und die begehrten Dienstleistungen demzufolge in einem sachlichen Bezug zur Europäischen Union stehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Gesamtzeichen den grafischen Vorgaben an ein Nummernschild gemäß der europäischen Verordnung (EG) Nr. 2411/98 des Rates vom 3. November 1998 über die Anerkennung des Unterscheidungszeichens des Zulassungsmitgliedstaats von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern im innergemeinschaftlichen Verkehr (siehe Anlage 23) sowie § 10 Abs. 2 S. 2 FZV (Fahrzeug-Zulassungsordnung) i. V. m. Anlage 4 der FZV (siehe Anlage 24) weitgehend entspricht. Danach weist ein derartiges Schild am linken Rand in Anlehnung an die Europaflagge ein blaues Feld mit zwölf auf einem Kreis angeordneten gelben Sternen, deren Spitzen sich nicht berühren, sowie unterhalb des Sternenkreises das Unterscheidungszeichen „D“ des Zulassungsmitgliedsstaats Bundesrepublik Deutschland auf.