Entscheidungsdatum: 10.01.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 034 491.1
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe am 10. Januar 2012
beschlossen:
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 vom 11. Dezember 2008 und vom 9. Februar 2008 insoweit aufgehoben als die Eintragung versagt wurde in Bezug auf die Waren der Klasse 1: „Kohlenhydrate“; „Milchfermente für chemische Zwecke“; Waren der Klasse 5: „Enzyme, Proteine, Antikörper, Zellen, Mikroorganismen sowie Fragmente, Fraktionen, Bestandteile und Lysate davon als Nahrungsergänzungsmittel“; „Milchfermente für medizinische Zwecke“ und für die Dienstleistung der Klasse 44: „Schönheitspflege für Menschen und Tiere“.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Am 28. Mai 2008 hat die Anmelderin die Wortmarke
CTC
angemeldet u. a. für folgende, nach teilweiser Schutzgewährung noch verfahrensgegenständliche Waren und Dienstleistungen:
Klasse 1:
„Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Bakterien- und Zellpräparate sowie Bestandteile, Fragmente, Fraktionen und Lysate davon, außer für medizinische oder tierärztliche Zwecke; bakteriologische und zellhaltige Präparate, außer für medizinische oder tierärztliche Zwecke; biologische Mittel fürs Labor, chemische Erzeugnisse für Laboranalysen; chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche Zwecke; chemische und biologische Reagenzien, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Diagnostikmittel, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Enzyme, Proteine und entsprechende Präparate für gewerbliche Zwecke; Fermente für chemische Zwecke; Kohlenhydrate; Kulturen von Mikroorganismen und Zellen sowie Bestandteile, Fragmente, Fraktionen und Lysate davon, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Expressionssysteme für die biotechnologische Herstellung von Proteinen und Peptiden, bestehend im Wesentlichen aus biologischen Zellen; Milchfermente für chemische Zwecke.
Klasse 5:
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide, insbesondere Adjuvantien für medizinische Zwecke; Arzneimittel für humanmedizinische und veterinärmedizinische Zwecke; biologische Präparate für medizinische Zwecke; Enzyme, Proteine, Antikörper, Zellen, Mikroorganismen sowie Fragmente, Fraktionen, Bestandteile und Lysate davon für medizinische Zwecke und als Nahrungsergänzungsmittel; Kulturen von Mikroorganismen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Kulturen von Zellen, insbesondere von humanen Zellen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Mikroorganismen, Zellen sowie Fragmente, Fraktionen, Bestandteile und Lysate von Mikroorganismen oder Zellen enthaltende Erzeugnisse für pharmazeutische und veterinärmedizinische Zwecke; Biotherapeutika, nämlich biotechnologisch erzeugte Arzneimittel und biotechnologisch hergestellte pharmazeutische Erzeugnisse; Milchfermente für medizinische Zwecke.
Klasse 42:
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleitungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; biologische Forschung; Dienstleistungen eines chemischen oder biologischen Labors; Erstellung von technischen Gutachten; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Bakteriologie, Zellbiologie, Antikörpertechnologie, Chemie, Immunologie, Kosmetik von Expressionssystemen, insbesondere für Proteine und Peptide; Qualitätsprüfung; Recherche- und Entwicklungsdienste bezüglich neuer Produkte und Technologien für Dritte; technische und wissenschaftliche Beratung; Forschung und Entwicklung im Bereich Glycomics, Expressionssysteme, Entwicklung und Optimierung von Zellen, Zelllinien und Mikroorganismen, Antikörper-Engineering, optimierter Biotherapeutika, Nutraceuticals, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel; Forschung, Qualitätskontrolle, technische Beratung und Produktentwicklung im Bereich Proteine, Antikörper, Mikroorganismen und Zellen; Forschung und Entwicklung im Bereich der Mikroorganismen und Zellen.
Klasse 44:
Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft; Beratungen in der Pharmazie; Dienstleistungen eines medizinischen Labors; Durchführung wissenschaftlicher und klinischer Untersuchungen; Ernährungsberatung; Gesundheitsberatung.“
Die Markenstelle für Klasse 1 hat insoweit die Wortmarke mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 i. V. m. dem Erinnerungsbeschluss vom 9. Februar 2010 wegen des Vorliegens von Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Erstprüferin hat hierzu unter Bezugnahme auf die vorhergehenden Beanstandungsbescheide ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen „CTC“ die Abkürzung für das Antibiotikum „Chlortetracyclin“ sei. Es handle sich um die englische Abkürzung für „Chlortetracycline“, die vom angesprochenen Verkehr mit dieser Bedeutung verstanden werde. Unter den allgemeinen Verbrauchern seien auch Fachverkehrskreise, wie Biologen, Chemiker, Ärzte und Apotheker angesprochen, die den in dem Zeichen enthaltenen Hinweis auf das Antibiotikum Chlortetracyclin ohne weiteres erkennen würden. Auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungsgebiet würden auf Grund der Vielzahl komplizierter Begriffe statt dieser häufig deren Abkürzungen verwendet, so dass der angesprochene Fachverkehr ohne weiteres darauf schließe, dass es sich auch bei „CTC“ um eine Abkürzung für Chlortetracyclin handele. Im Übrigen sei „CTC“ die gängige Abkürzung für Chlortetracyclin, was sich aus der durchgeführten Internetrecherche mit zahlreichen Belegen einer solchen Verwendung der Abkürzung ergebe. Mit der Bedeutung „Chlortetracyclin“ beschreibe das begehrte Zeichen die zurückgewiesenen Waren der Klasse 1 bezüglich deren Verwendungszweck und Bestimmung, da diese für die Herstellung von Chlortetracyclin geeignet sein könnten. Die Waren der Klasse 5 würden teils hinsichtlich der Art, soweit es sich um pharmazeutische Präparate, Arzneimittel handele, teils hinsichtlich deren Bestandteilen und teils hinsichtlich deren Verwendungszweck und Bestimmung (z. B. Mikroorganismen, Kulturen zur Herstellung von Chlortetracyclin) beschrieben. Die Dienstleistungen der Klasse 42 und 44 würden die Bezeichnung „CTC“ dahingehend beschreiben, dass diese Dienstleistungen einen thematischen Bezug zu dem Antibiotikum „Chlortetracyclin“ hätten, sei es durch industrielle Forschungsdienstleistungen zur Weiterentwicklung des Stoffes oder veterinärmedizinische Dienstleistungen, die unter Verwendung von Chlortetracyclin erbracht würden.
Weitere Bedeutungen der Abkürzung von „CTC“, etwa im Sinne von „Carbontetrachloride“ würden ebenfalls nur einen Sachhinweis darauf enthalten, dass die Waren diesen Stoff enthielten. Andere Bedeutungen, wie etwa „clinical trial certificate“ oder „common toxicity criteria“ oder „computer-aided tomographic cisternogram“ würden im Hinblick auf die begehrten Waren und Dienstleistungen keinen erkennbaren Sinngehalt ergeben.
Die Erinnerungsprüferin hat weiter die Auffassung vertreten, dass der Begriff „CTC“ auf das Antibiotikum Chlortetracyclin hinweise. Die zurückgewiesenen Waren könnten diesen Wirkstoff enthalten, ihn analysieren, seiner Herstellung dienen usw. Die Dienstleistungen könnten der Forschung darüber dienen, er könne bei der Erbringung dieser Dienstleistungen verwendet werden u. ä. Diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel könnten darauf analysiert werden, ob sie die zulässigen Werte solcher Antibiotika, die sie möglicherweise enthielten, nicht überschritten. So gebe es Nachweise von Antibiotika in Nutzpflanzen, die gemessen werden müssten. Auch chemische Erzeugnisse für die Land- und Forstwirtschaft könnten diesen Wirkstoff enthalten. Er werde z. B. in der Schweinemast eingesetzt. Damit beschreibe das begehrte Zeichen lediglich Art und Inhaltsstoffe der Waren bzw. das Thema der Dienstleistungen. Als Fachabkürzung und beschreibende Angabe für das Antibiotikum Chlortetracyclin könne es nicht monopolisiert werden.
Eine Mehrdeutigkeit der Abkürzung sei nicht ersichtlich, da keine andere sinnvolle Bedeutung der Abkürzung erkennbar sei. Eine häufige und zahlreich nachweisbare Verwendung der Abkürzung sei nicht erforderlich. Es seien auch keine Gedankenschritte erforderlich, um den Sinn der Abkürzung zu erkennen, da es sich um eine Fachabkürzung handele, die den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt sei. Auch als englischsprachige Abkürzung werde sie für den internationalen Verkehr gebraucht und sei daher freihaltungsbedürftig. Im Übrigen werde der Begriff „CTC“ bereits im genannten Sinne verwendet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen „CTC“ nicht als Abkürzung für Chlortetracyclin auffassen würden. Die Abkürzung sei in einschlägigen Nachschlagewerken im Bereich der Medizin, Pharmazie, Biologie und Chemie nicht auffindbar, weshalb es sich nicht um eine allgemein anerkannte Fachabkürzung handele. Auch in den von der Markenstelle übersandten Dokumenten werde zunächst die vollständige Bezeichnung des Antibiotikums (Chlortetracyclin) und erst danach die Abkürzung „CTC“ genannt, um diese für den Leser verständlich zu machen. Eine derartige Darstellungsweise wäre nicht erforderlich, wenn es sich um eine allgemein bekannten Fachabkürzung handeln würde. Selbst wenn jedoch „CTC“ eine Abkürzung für Chlortetracyclin darstelle, müsse der Verbraucher zunächst mehrere gedankliche Analyseschritte vornehmen, um von dem Zeichen „CTC“ auf bestimmte Eigenschaften der begehrten Waren und Dienstleistungen zu kommen. So müsse dieser zunächst erkennen, dass „CTC“ eine Abkürzung darstelle, dass die Abkürzung für „Chlortetracyclin“ stehe, dass es sich dabei um ein Antibiotikum handele, dass die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen dieses Antibiotikum zum Gegenstand hätte, dass diese Angaben eine Information über die Bestimmung, den Verwendungszweck oder die Bestandteile der beanspruchten Waren darstellten und worin diese Information bestehe. Die Notwendigkeit derartiger Analyseschritte widerspreche einer unmittelbar beschreibenden Eigenschaft. Ferner sei nicht ersichtlich, welche Information die Bezeichnung „CTC“ im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen enthalte. Unter den Klassen 1 und 5 seien Waren zurückgewiesen worden, die nicht oder bestenfalls weit entfernt mit Antibiotika in Zusammenhang stehen würden. Insoweit sei es abwegig zu vermuten, Chlortetracyclin käme als Inhaltsstoff dieser Waren in Frage oder die Waren könnten zur Analyse oder Herstellung von Antibiotika verwendet werden. So bestehe offenkundig kein Zusammenhang zwischen Chlortetracyclin und den Waren: „Enzyme, Proteine und Kohlenhydrate“. Auch für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 und 44 sei kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Antibiotikum „Chlortetracyclin“ gegeben. Zum Beispiel sei für die Dienstleistung „Ernährungsberatung“ vollkommen unklar, welches Merkmal hier beschrieben werden solle.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 vom 11. Dezember 2008 und vom 9. Februar 2010 aufzuheben, soweit darin die Eintragung zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 29. September 2011 hat der Senat die Anmelderin unter Vorlage von Belegen aus dem Internet (im folgenden zitiert als „Anlagen“) darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach vorläufiger Auffassung des Senats im Hinblick auf verschiedene Waren und Dienstleistungen keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des DPMA und der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im Hinblick auf die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen begründet, im Übrigen ist sie erfolglos, da der angemeldeten Marke insoweit die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Nr. 1 MarkenG entgegen stehen.
1.
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - ADIDAS II). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 222 m. w. N.).
b) Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel).
Die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen richten sich teilweise eher an Fachkreise, so z. B. die Waren für gewerbliche Zwecke, Expressionssysteme, Recherche- und Entwicklungsdienste, technische Beratung und Produktentwicklung, teilweise aber zusätzlich auch an Endverbraucher. Auszugehen ist dabei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 23 ff.). Für das Vorliegen eines Eintragungshindernisses genügt es, wenn entweder Fachverkehrskreise und/oder Endverbraucher das Zeichen als beschreibenden Hinweis auffassen (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).
c) Auf der Grundlage dieser Vorgaben ist das begehrte Zeichen für zahlreiche Waren und Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
(1) Die Buchstabenfolge „CTC“ wird in Abkürzungslexika und in einer Vielzahl von Abhandlungen als Abkürzung für Chlortetracyclin (C 22 H 23 CIN2 O8) verwendet (Bl. 14, 16, 17, 80 VA, vgl. Anlagen zu den Beanstandungsbescheiden vom 28. Juli 2008 und 10. Oktober 2008, Anlagen C2, D3, D4, D5, A3, A11, vgl. B14). Chlortetracyclin ist ein Antibiotikum, das als Stoffwechselprodukt aus dem Mikroorganismus Streptomyces aureofaciens hervorgeht. Es war das zuerst entdeckte Antibiotikum aus der Klasse der Tetracycline.
Antibiotika sind entweder natürlich gebildete Stoffwechselprodukte von Pilzen oder Bakterien oder synthetisch hergestellte Substanzen, die das Wachstum von anderen Mikroorganismen hemmen oder diese abtöten (Anlage A20). Chlortetracyclin wirkt, indem es die Herstellung von Eiweißen in den Bakterien (Proteinsynthese) hemmt (Anlage B5, B6). Antibiotika eignen sich sowohl für medizinische und pharmazeutische Zwecke (zur Bekämpfung bakterieller, pilzlicher und viraler Krankheitserreger, Immunsupressiva, Cytostatika) als auch für den Einsatz als Pflanzenschutz-Antibiotika, zur Pilzbekämpfung (Fungizide) gegen Brandkrankheiten (Herbizid) und Schädlinge (Pestizid), zur Konservierung von Nahrungsmitteln, als Fütterungsantibiotika (Infektionsprophylaxe) und als Masthilfsmittel (Ergotropika) (Anlage B1).
In der Humanmedizin wird Chlortetracyclin z. B. zur Behandlung bakteriell infizierter Wunden bzw. bei Infektionen des äußeren Auges durch verschiedene Bakterienstämme eingesetzt. In der Veterinärmedizin werden Chlortetracyclin-Präparate häufig zur Behandlung bei Infektionen des Respirations-, Urogenital- und des Magen-Darmtraktes eingesetzt. Chlortetracyclin wird vom Tier kaum abgebaut und daher fast vollständig ausgeschieden (Anlage B16). Nach EU-Recht (VO/EWG Nr. 2377/90) gelten Rückstandshöchstmengen für die Belastung von Fleisch- und Milchprodukten. Mit dem Verteilen der Gülle auf Feldern wird Chlortetracyclin vom Boden und von Nutzpflanzen aufgenommen und gelangt so in die Nahrungskette des Menschen (Anlage D1, A12). Dies ist im Hinblick auf häufige Resistenzbildungen gegen Chlortetracyclin sehr problematisch. Die Wirkungen von Chlortetracyclin sind daher Gegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen und Forschungen (vgl. Anlagen D8, B2, B16, A10, A15, A13, A14). Chlortetracyclin kann z. B. die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen (Anlage D2).
(2) Insgesamt ist daher Chlortetracyclin ein bedeutsames Antibiotikum, das gerade aufgrund der Rückstandsproblematik eine große Bekanntheit über den pharmazeutischen Einsatz hinaus genießt. Für einen Großteil der begehrten Waren und Dienstleistungen ist es daher als Merkmalsbezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet. Diese Merkmalsbezeichnung wird der angesprochene Verkehr auch ohne zusätzliche analysierende Gedankenschritte erkennen, selbst wenn ihm nicht die vollständige Bezeichnung Chlortetracyclin, sondern nur deren gängige Abkürzung „CTC“ in Zusammenhang mit diesen Waren begegnet.
Auch Abkürzungen können als beschreibende Art- oder Beschaffenheitsangaben in Betracht kommen, zumal bei der Typisierung von Waren oder Dienstleistungen häufig eine möglichst knappe und griffige Ausdrucksweise bevorzugt wird (ebenso: BGH GRUR 1985, 41 (43) - REHAB; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 264 m. w. N.). Insbesondere besteht ein Bedürfnis nach Abkürzungen, wenn der vollständige Begriff dem Verkehr schwer aussprechbar erscheint (BGH GRUR 1985, 41 (43) - REHAB), was bei dem Wort „Chlortetracyclin“ anzunehmen ist. Auch Abkürzungen sind daher schutzunfähig, soweit diese - wie hier - für die beteiligten Verkehrskreise verständlich sind und ebenso wie die betreffende vollständige Beschaffenheitsangabe eingesetzt werden können (im Ergebnis ebenso: EuGH GRUR 2006, 229 (Nr. 70) - BioID; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 264 m. w. N.). Die Abkürzung „CTC“ ist insbesondere für den (auch) angesprochenen Fachverkehr verständlich, weil es sich um eine gängige Abkürzung für ein wichtiges Antibiotikum handelt. Für die Annahme einer beschreibenden Angabe genügt es, wenn nur die angesprochenen Fachkreise die Merkmalsbezeichnung der begehrten Marke erkennen (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla), so dass es unerheblich ist, wenn Endverbraucher die Abkürzung nicht verstehen.
(3) Im Hinblick auf medizinische/veterinärmedizinische und pharmazeutische Produkte und Erzeugnisse und die in engem Zusammenhang damit stehenden Waren der Klasse 5, mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren, liegt das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Chlortetracyclin ist insoweit der medizinische bzw. chemische Fachbegriff für ein Antibiotikum und bezeichnet damit die chemische Zusammensetzung und/oder Wirkung dieser medizinischen, chemischen oder biologischen Produkte/Erzeugnisse.
Es sind verschiedene Medikamente mit der Substanz Chlortetracyclin auf dem Markt erhältlich (siehe Anlagen A1 und A5-A8). Die Abkürzung „CTC“ für „Chlortetracyclin“ ist gerade in der Medizinbranche verbreitet und wird durch das Auffinden der Abkürzung in verschiedenen Abkürzungslexika (vgl. Blatt 14, 16, 17, 80 VA) und durch die Benutzung in einer Vielzahl von Abhandlungen belegt (Anlagen C2, D3, D4, D5, A3, A11, B14). Die angesprochenen medizinischen Fachverkehrskreise (Ärzte, Apotheker, Wissenschaftler, Pharmazeuten, Chemiker) werden die Abkürzung daher ohne weiteres als Bezeichnung eines Medizinproduktes mit der Substanz „Chlortetracyclin“ erkennen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Abkürzung in den meisten Texten erläutert wird, indem zunächst der vollständige Begriff „Chlortetracyclin“ genannt wird. Eine derartige Erläuterungstechnik könnte zwar theoretisch gegen ein automatisches Verkehrsverständnis sprechen, die Häufigkeit der verwendeten Abkürzung und deren Nennung in Abkürzungslexika belegt aber, dass der Fachverkehr die Abkürzung zumindest dann verstehen wird, wenn es sich um Produkte handelt, deren Zusammenhang zu Antibiotika erkennbar ist, wie es insbesondere bei pharmazeutischen und medizinischen Erzeugnissen der Fall ist.
(4) Für die begehrten Dienstleistungen der Klassen 42 und 44, mit Ausnahme der im Tenor genannten Dienstleistung, liegt ebenfalls das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor, denn „CTC“ kann deren Thema, Inhalt oder Gegenstand sein, zumal Chlortetracyclin ein Antibiotikum ist, das neben der Medizin in zahlreichen anderen Bereichen Verwendung findet und aufgrund der Rückstands- und Resistenzproblematik Gegenstand zahlreicher Untersuchungen ist (s. o.). So kann z. B. die Dienstleistung „Ernährungsberatung“ darüber informieren, welche Nahrungsmittel Rückstände von Chlortetracylin aufweisen.
(5) Dem Vorliegen des Eintragungshindernisses steht nicht entgegen, dass die Abkürzung auch andere Bedeutungen haben kann (z. B. „CTC“ für circulating tumor cells - Anlage C1). Ein Zeichen ist nämlich bereits dann beschreibend, wenn es in einer seiner Bedeutungen eine inhaltliche Aussage über das angemeldete Produkt enthält (EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) - Biomild). Dieser Grundsatz gilt - entgegen der Auffassung der Anmelderin - in gleicher Weise für Abkürzungen (EuG GRUR Int. 2004, 328 (Nr. 36) - TDI; vgl. EuG GRUR Int. 2008, 838 (Nr. 25 - 30, 36, 37; vgl. dazu auch: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 325).
2.
Auch bei den übrigen Waren der Klassen 1 und 5, die in einem erkennbaren Zusammenhang mit Antibiotika stehen können, ist der Bezug zwischen der jeweiligen Ware und dem Antibiotikum Chlortetracyclin so eng, dass der angesprochene Fachverkehr die Bedeutung der Abkürzung „CTC“ verstehen wird. Selbst wenn man dem Zeichen insoweit aber keine unmittelbar beschreibende Sachangabe beimessen würde, besteht zumindest ein so enger beschreibender Bezug, dass der in Abkürzungsverzeichnissen belegten Abkürzung „CTC“ für Chlortetracyclin die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
a) Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (137 Nr. 29) Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (429 f. Nr. 30 f.) Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (1043 Nr. 23, 24) Thomson LIFE; EuGH GRUR 2004, 943 (944 Nr. 23) SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) VISAGE). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist.
In Anbetracht des Umfangs des einer Marke verliehenen Schutzes gehen das Allgemeininteresse, das § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrunde liegt, und die wesentliche Funktion der Marke, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, um diese ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, offensichtlich ineinander über (EuGH, GRUR 2004, 943 (Nr. 23, 27) SAT.2).
Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59); Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline).
b) Die hier beanspruchte Buchstabenfolge „CTC“ ist bei Zugrundelegung des dargelegten Prüfungsmaßstabs nicht unterscheidungskräftig, denn das angesprochene Publikum wird ihr im Hinblick auf die noch verfahrensgegenständlichen Produkte mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen nicht den Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen.
Einer Wortmarke, die i. S. von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) Biomild). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) FUSSBALL WM 2006 m. w. N.), so dass dem Zeichen „CTC“ im Hinblick auf die unter Ziff. 1 aufgeführten Waren und Dienstleistungen schon aus diesem Grund die Unterscheidungskraft fehlt. Aber auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar bezeichnen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den sachbezogenen Bedeutungsinhalt erfasst und in der angemeldeten Marke deshalb nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 70, 86) Postkantoor; EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 62) EUROHYPO; BGH GRUR 2009, 952 (Nr. 10) Deutschlandcard). Wenngleich der Verhinderung einer Monopolbildung im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG keine eigenständige Bedeutung zukommt, bleibt festzustellen, dass die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass in Abkürzungsverzeichnissen nachweisbare Abkürzungen mit Sachbezug zu den begehrten Produkten nicht einseitig zur Markennutzung monopolisiert werden, sondern jedermann zur freien Verfügung stehen. Schon aus diesem Grund werden die hier angesprochenen Verkehrskreise die Abkürzung „CTC“ in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen, die einen erkennbaren Bezug zu Chlortetracyclin haben können, nur als solche, nicht dagegen als Hinweis auf die Herkunft der betroffenen Produkte aus einem bestimmten Unternehmen wahrnehmen. Selbst wenn daher nicht alle Waren zur unmittelbaren Merkmalsbezeichnung geeignet sein sollten, ist - mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen - zumindest von einem so engen Sachbezug auszugehen, dass dem begehrten Zeichen die herkunftshinweisende Funktion fehlt. Ein erkennbarer enger Sachbezug zwischen der abgekürzten Fassung von Chlortetracyclin und den weiteren angemeldeten Produkten liegt im zu entscheidenden Fall vor, denn mit Ausnahme der im Tenor genannten weisen alle Produkte eine hinreichend enge Verbindung zu Chlortetracyclin auf, insbesondere:
- Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke (Klasse 1):
Bei Chlortetracyclin handelt es sich um eine chemische Verbindung und damit um ein chemisches Erzeugnis (Anlage D1), weshalb insoweit lediglich die Gattung der Ware präzisiert wird. Aus den Anlagen A3+A4 ergibt sich zudem, dass Chlortetracyclin gewerblich gehandelt wird. Des Weiteren handelt es sich um eine Laborchemikalie (Anlage D2). Aus Anlage A14 ergibt sich dass Chlortetracyclin für wissenschaftliche Zwecke, beispielsweise für Bilanzstudien an Legehennen eingesetzt wird. Die Anlage A15 beschreibt wissenschaftliche Untersuchungen zum Einfluss von Antibiotika, u. a. Chlortetracyclin auf die Keimung und das Wachstum von Pflanzen. Darüber hinaus beschreibt die Anlage A4 die Verwendung von Chlortetracyclin zur Messung des Calciumstroms in intrazellularen Speichern (beispielsweise dem Endoplasmatischen Retikulum). In Anlagen A11+A12 werden Rückstandsanalysen zum Nachweis von Chlortetracyclin in Fleisch und Getreideproben beschrieben. Für derartige wissenschaftliche Laboranalysen wird der nachzuweisende Stoff (Chlortetracyclin) in hochreiner Form als Standard benötigt (vgl. Anlagen B14, B15). Chlortetracyclin eignet sich wegen seiner maststeigernden Wirkung (Ergotropika) zudem zur Anwendung in der Tiermast (Legehennen bzw. Schweinemast) (Anlagen A10,11,12, B1). Schließlich behandelt die Anlage A15 eine Untersuchung des Einflusses von Chlortetracyclin auf das Wachstum von Kopfsalat (lettuce), Blauer Luzerne (alfalfa) und Mohrrüben (carrot). Die Anlage A14 beschreibt den Einsatz von Tetracyclingenen in der TET-(Terminator)technologie. Diese kommt z. B. zum Einsatz, um Pflanzen ihre Fruchtbarkeit zu nehmen (Anlage B13). Bei der Nutzung von TET-Systemen wird ein Genschalter eingesetzt, der in Bakterien die Resistenz gegen Tetracycline reguliert (Anlage B3). Ein derartiges bakterielles Schaltsystem kann in verschiedenen Zellkultursystemen, darunter Pilze, Insekten, Fische, angewendet werden (Anlage B3).
- Bakterien- und Zellpräparate sowie Bestandteile, Fragmente, Fraktionen und Lysate davon, außer für medizinische oder tierärztliche Zwecke und bakteriologische und zellhaltige Präparate, außer für medizinische oder tierärztliche Zwecke (Klasse 1):
Chlortetracyclin wird aus Streptomyces aureofaciens und damit aus einem Bakterium gewonnen (Anlagen A1+A2). Verschiedene Zellpräparate können gärungsleistungssteigernd in Fermentationsprozesse eingreifen, letztere werden zur Gewinnung von Chlortetracyclin eingesetzt (vgl. Anlagen 9, B4). Beim Einsatz von Tetracyclinen als Genschalter in TET-Systemen werden Zellen hergestellt, bei denen eine Mutation erst wirksam wird, wenn Tetracycline zugegeben werden (Anlage B3). Chlortetracyclin wird auch für nicht-medizinische Zwecke verwendet (Pflanzenzucht, Tiermast, als Genschalter in TET-Systemen, als Reagenz, in Expressionssystemen).
- Biologische Mittel fürs Labor, chemische Erzeugnisse für Laboranalysen (Klasse 1):
In Anlagen A11+A12 werden Rückstandsanalysen zum Nachweis von Chlortetracyclin in Fleisch und Getreideproben beschrieben. Für derartige Laboranalysen wird der nachzuweisende Stoff (Chlortetracyclin) in hochreiner Form als Standard benötigt. Darüber hinaus beschreibt die Anlage A4 die Verwendung von Chlortetracyclin zur Messung des Calciumstroms in intrazellularen Speichern (beispielsweise dem Endoplasmatischen Retikulum). Da Chlortetracyclin aus Bakterien gewonnen werden kann, handelt es sich zudem auch um ein „biologisches Mittel“.
- chemische biologische Reagenzien, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke (Klasse 1):
Es existieren bestimmte „Tetracyclin-Antikörper“, die als Signalreagenz zur Bestimmung von Tetracyclin-Rückständen in einer Produktprobe dienen (Anlagen B14, B15).
- Diagnostikmittel, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke (Klasse 1):
Wie bereits oben erwähnt, beschreiben die Anlagen A11+A12 die Rückstandsanalytik von Chlortetracyclin in Fleisch und Getreideproben. Anlage A9 ist eine Produktinformationseite über ein Diagnostikmittel, ein Enzymimmunoassay (Nachweissystem), zur quantitativen Bestimmung von Chlortetracyclin in Milch, Honig und Fleisch.
- Enzyme, Proteine und entsprechende Präparate für gewerbliche Zwecke (Klasse 1):
Die Antibiotika aus der Gruppe der Tetracycline hemmen die bakterielle Proteinsynthese (Anlagen A16, B5). Sie unterbinden den Kontakt zwischen den eiweißaufbauenden Revosomen und den Transportmolekülen, die die dazu nötigen Aminosäuren beschaffen. Aus Mangel an „Baumaterial“ werden lebenswichtige Eiweiße dann nicht gebildet und die Vermehrung der Mikroorganismen gehemmt. Enzyme (früher Fermente) sind Proteine (Anlage A17). Es existieren bestimmte Antibiotika-spaltende Enzyme (Anlage B7). Anlage A9 ist eine Produktinformationsseite über ein Enzymimmunoassay (Nachweissystem), zur quantitativen Bestimmung von Chlortetracyclin in Milch, Honig und Fleisch. Antibiotika können enzymatisch modifiziert werden (Anlage B1). Im Rahmen von TET-Systemen wird das Hybridprotein als Tetracyclinabhängiger Transaktivator bezeichnet.
- Fermente für chemische Zwecke (Klasse 1):
Fermentationsprozesse werden zur Gewinnung von Chlortetracyclin eingesetzt (vgl. Anlagen 9, B4, D4, B1).
- Kulturen von Mikroorganismen und Zellen sowie Bestandteile, Fragmente, Fraktionen und Lysate davon, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke (Klasse 1):
Chlortetracyclin ist ein Antibiotikum und wird folglich zur Bekämpfung von Bakterien, die einen Mikroorganismus mit zumindest einer Zelle darstellen, eingesetzt (Anlagen A1, D2, D4). Darüber hinaus wird Chlortetracyclin aus Streptomyces aureofaciens und damit aus einem Bakterium gewonnen (Anlagen A1+A2).
- Expressionssysteme für die biotechnologische Herstellung von Proteinen und Peptiden, bestehend im Wesentlichen aus biologischen Zellen (Klasse 1):
Expressionssysteme bezeichnen ein System, das in der Lage ist, gezielt und kontrolliert Proteinbiosynthese zu betreiben, d. h. bestimmte Proteine nach der Vorlage einer Nukleinsäure herzustellen. Als Expressionssysteme für einfache Proteine eignen sich Bakterien (Anlagen 13, B3). Wichtige biotechnologische Expressionssysteme sind z. B. Pilze, und dabei hauptsächlich deren Sekundärmethaboliten (z. B. Antibiotika). Es existieren „Tetracycline-Regulated-Expressionssysteme (Anlage 14) bzw. „Tetracyline-controlled Transcriptional Activation“ als Expressionsmethode (Anlage 15).
- Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren (Klasse 5):
Antibiotika kommen in Mischpräparaten mit Antiparasitikum vor (Anlage D7). Bei der Verwendung von Tetracyclinen in TET-Systemen kann das bakterielle Schaltsystem in Insekten und Parasiten beeinflusst werden (Anlage B3: z. B. zur Bekämpfung von Moskitos als Seuchenüberträger: RIDL-Technologie“).
- Fungizide, Herbizide, insbesondere Adjuvantien für medizinische Zwecke (Klasse 5):
Antibiotika kommen in Mischpräparaten mit Antimykotium (Fungizid) vor (Anlagen D7, B10, B11). Bei der Verwendung von Tetracyclinen in TET-Systemen kann das bakterielle Schaltsystem in Pilzen und Pflanzen beeinflusst werden (Anlage B 3). Antibiotika eignen sich als Herbizid im Pflanzenschutz (z. B. Feuerbrand: Anlagen B1, B2 S. 31, B16, B12) und als Fungizid (Anlage B1).
3.
Für die im Tenor genannte Dienstleistung der Klasse 44 „Schönheitspflege für Menschen und Tiere“, für die Waren der Klasse 1: „Kohlenhydrate“, „Milchfermente für chemische Zwecke“ sowie der Klasse 5: „Enzyme, Proteine, Antikörper, Zellen, Mikroorganismen sowie Fragmente, Fraktionen und Lysate davon als Nahrungsergänzungsmittel“; „Milchfermente für medizinische Zwecke“ liegen indes keine Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG vor, weil es insoweit an einem hinreichend engen Bezug zwischen dem Antibiotikum Chlortetracyclin und diesen Produkten fehlt.
Wenn die Waren „Enzyme, Proteine, Antikörper, Zellen, Mikroorganismen sowie Fragmente, Fraktionen, Bestandteile und Lysate davon“ als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden und nicht zur medikamentösen Behandlung, besteht kein Zusammenhang mit einer Erkrankung. Nahrungsergänzungsmittel weisen weder Antibiotika auf, noch werden sie im Zusammenhang mit oder als Ersatz für Antibiotika eingesetzt. Der angesprochene Verkehr, bei dem es sich auch insoweit um Endverbraucher oder Fachverkehrskreise handelt, wird bei diesen Waren daher keinen hinreichend engen Sachzusammenhang zu einem Antibiotikum sehen und es daher nicht als Merkmalsbezeichnung auffassen. Deshalb besteht kein Bedürfnis, das Zeichen für diese Waren freizuhalten. Gleiches gilt für die Dienstleistung „Schönheitspflege für Menschen und Tiere“. Bei „Kohlenhydraten“ ist ein Sachbezug zu Chlortetracyclin zwar theoretisch denkbar, weil in der Glykochemie/-biologie aus Kohlehydraten biologische Zuckermoleküle für zuckerbasierte Impfstoffe gegen bakterielle Krankheitserreger hergestellt werden können (Anlage B10). Diese Impfstoffe sind besonders wichtig, wenn es um Bakterien geht, die gegen Antibiotika resistent sind, wie es häufig bei Chlortetracyclin der Fall ist. Allerdings hat der Senat in seinen Recherchen keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass auch für Bakterien, die gegen Chlortetracyclin resistent sind, ein solcher Impfstoff besteht oder entwickelt wird. Entsprechendes gilt für Milchfermente für chemische und medizinische Zwecke. Wenngleich bestimmte Fermente - wie oben dargelegt - einen Bezug zu Chlortetracyclin aufweisen können, so lässt sich ein solcher Bezug nicht speziell für Milchfermente belegen. Durch die Fermentation mit Milchsäurebakterien können zwar antibiotische Leistungsförderer in der Tiermast ersetzt werden (Anlage B2), der Senat hat indes nicht feststellen können, dass dies gerade auch für Chlortetracyclin gilt.
In Bezug auf die soeben genannten Waren und Dienstleistungen stellt die Buchstabenfolge „CTC“ auch im Übrigen keine gebräuchliche Abkürzung dar, die nur als solche verstanden würde, weshalb davon auszugehen ist, dass der Verkehr das Zeichen, wenn es ihm im Zusammenhang mit diesen Produkten begegnet, durchaus als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstehen wird.