Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.10.2012


BPatG 16.10.2012 - 33 W (pat) 21/11

Markenbeschwerdeverfahren – "LINDENAU BAY" – zur Bestimmtheit des eingereichten Dienstleistungsverzeichnisses - hinreichende Bestimmtheit der Bezeichnungen: Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten – weitere Konkretisierung durch Zusatz - Kostenentscheidung - keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
33. Senat
Entscheidungsdatum:
16.10.2012
Aktenzeichen:
33 W (pat) 21/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 057 868.0

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, die Richterin Dr. Hoppe und den Richter am Amtsgericht Dr. Wache am 16. Oktober 2012

beschlossen:

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 vom 24. Juni 2010 und vom 3. März 2011 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 28. September 2009 die Wortmarke

2

LINDENAU BAY

3

für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet:

4

Klasse 37: Bau und Reparatur von Booten

5

Klasse 41: Betrieb eines Yachthafens

6

Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

7

Die Markenstelle für Klasse 37 hat den Begriff „Betrieb eines Yachthafens“ als zu unbestimmt beanstandet.

8

Die Anmelderin hat das Dienstleistungsverzeichnis daraufhin wie folgt abgeändert:

9

Klasse 37: Bau und Reparatur von Booten

10

Klasse 41: Betrieb eines Yachthafens (soweit in Klasse 41 enthalten)

11

Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen, Betrieb eines Yachthafens (soweit in Klasse 43 enthalten).

12

Die Markenstelle hat, soweit es um die Klasse 41 geht, auch dieses Verzeichnis beanstandet. Die Anmelderin ist zu weiteren Änderungen nicht bereit gewesen.

13

Mit Beschluss vom 24. Juni 2010 hat die Markenstelle für Klasse 37 die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Dienstleistung

14

Betrieb eines Yachthafens (soweit in Klasse 41 enthalten).

15

Die Dienstleistungen der Klasse 41 (insbesondere Unterhaltung und sportliche Aktivitäten) seien nicht im Hauptzweck eines Yachthafens enthalten. Die Dienstleistung „Betrieb eines Yachthafens“ werde deshalb hier - anders als bei Klasse 43 - nicht hinreichend durch die Bezugnahme auf eine Klasse erläutert.

16

Die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 3. März 2011 zurückgewiesen. Die Markenstelle hat im Wesentlichen die Begründung der angefochtenen Entscheidung wiederholt und näher erläutert.

17

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die Entscheidungen der Markenstelle für unverständlich; die Angabe „Betrieb eines Yachthafens“ sei eindeutig.

18

Auf Vorschlag des Senats hat die Anmelderin im Beschwerdeverfahren die zu Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen wie folgt formuliert:

19

Klasse 41: Ausbildung, Unterhaltung sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten in einem Yachthafen.

20

Die Anmelderin beantragt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

II.

21

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1.

22

Die mit einer Markenanmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) müssen so klar und eindeutig bezeichnet werden, dass die für die Prüfung zuständige Behörde und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Schutzumfang der Marke erkennen können (EuGH GRUR 2012, 822 Nr. 49 - IP TRANSLATOR; Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage § 32 Rn. 94). Dabei sollen die Bezeichnungen der Klassifikation von Nizza verwendet werden (§ 20 Abs. 2 S. 1 MarkenV), soweit sie hinreichend bestimmt sind.

2.

23

Das neue Dienstleistungsverzeichnis, dem die Anmelderin auf Vorschlag des Senats zugestimmt hat, genügt diesen Anforderungen.

24

Eine unzulässige Erweiterung enthält das neue Verzeichnis nicht. Eine Einschränkung oder Präzisierung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist auch noch im Beschwerdeverfahren möglich (Kirschneck in Ströbele/Hacker a. a. O. § 32 Rn. 97).

25

Die Dienstleistungen „Klasse 41: Ausbildung, Unterhaltung sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten in einem Yachthafen“ sind hinreichend bestimmt. Die von der Klassifikation verwendeten Bezeichnungen „Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ sind für sich genommen zwar weit, aber hinreichend bestimmt; denn es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, welche Dienstleistungen unter diese Bezeichnungen fallen. Das gilt erst recht, wenn diese durch den Zusatz konkretisiert werden, dass sie in einem Yachthafen stattfinden.

26

Die in den Klassen 37 und 43 beanspruchten Dienstleistungen sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens; denn die Markenstelle hat die Anmeldung insofern nicht zurückgewiesen.

27

Die Eintragung der Marke hat der Senat nicht anzuordnen; vielmehr ist die Sache zur weiteren Prüfung an die Markenstelle zurückzugeben (vgl. Knoll in Ströbele/Hacker a. a. O. § 70 Rn. 16).

3.

28

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) ordnet der Senat nicht an.

29

Eine solche Rückzahlung kann insbesondere dann angeordnet werden, wenn der Markenstelle erhebliche Verfahrensfehler unterlaufen sind (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage § 71 Rn. 41; Knoll in Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rn. 44). Das ist hier nicht ersichtlich. Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts durch die Markenstelle geben erst dann Anlass, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn sie als völlig unvertretbar erscheinen (Ingerl/Rohnke a. a. O. § 71 Rn. 38; Knoll in Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rn. 46). Auch das ist vorliegend nicht der Fall. Der Markenstelle ist kein Rechtsfehler unterlaufen.

30

Der Schwerpunkt der zum Betrieb eines Yachthafens gehörenden Dienstleistungen gehört nicht in die Klasse 41. Das hat die Markenstelle zutreffend erkannt; auch die Anmelderin hat dies - von der ursprünglichen Anmeldung abweichend - im weiteren Verfahren vor der Markenstelle nicht mehr bezweifelt.

31

Gegenstand des Verfahrens vor der Markenstelle war zuletzt eine Anmeldung, die unter anderen die Dienstleistung „Betrieb eines Yachthafens (soweit in Klasse 41 enthalten)“ umfasste. Diese Dienstleistung war - worauf die Markenstelle mehrfach zutreffend hingewiesen hat - nicht hinreichend bestimmt bezeichnet. Nachdem der Schwerpunkt des „Betriebs eines Yachthafens“ nicht in Klasse 41 fällt, hätten die Dienstleistungen benannt werden müssen, die zum Betrieb eines Yachthafens gehören und der Klasse 41 unterfallen sollen (vgl. BPatG vom 15.6.2011, 26 W (pat) 96/10 - Frankfurt-Hahn zum „Betrieb eines Flughafens“). Die Markenstelle hat mit Schreiben vom 11. März 2010 vorgeschlagen, die Klasse 41 mit „Betrieb eines Yachthafens (sportliche Aktivitäten)“ zu fassen. Mit Schreiben vom 7. Juni 2010 hat sie die Formulierung „sportliche Aktivitäten (oder Unterhaltung) in Yachthäfen“ vorgeschlagen. Beiden Vorschlägen ist die Anmelderin nicht gefolgt. Die Beschwerde hat deshalb Erfolg, weil sich die Anmelderin erst im Beschwerdeverfahren einem ähnlichen Vorschlag des Senats angeschlossen hat.

32

Wenn die Anmelderin vorbringt, der Prüfer habe eine Einordnung in die Klasse 41 „erzwingen“ wollen, so trifft das nach Aktenlage ersichtlich nicht zu. Die Markenstelle hat die Dienstleistung „Betrieb eines Yachthafens (soweit in Klasse 43 enthalten)“ mit Schreiben vom 7. Juni 2010 akzeptiert. Der Erstprüfer hat die Anmeldung hinsichtlich der Klasse 43 nicht zurückgewiesen. Gegenstand des Erinnerungsverfahrens war nur noch die begehrte Eintragung in Klasse 41, da der Erstprüfer die Anmeldung nur insofern zurückgewiesen hat. Wenn die Anmelderin die zusätzliche Eintragung in Klasse 41 - neben der bereits durch den Erstprüfer in Aussicht gestellten Eintragung in Klasse 43 - nicht mehr anstrebte, dann hätte sie keine Erinnerung und keine Beschwerde einlegen müssen.

33

Der Erinnerungsprüfer musste die Erklärung im Schriftsatz der Anmelderin vom 1. Juli 2010, dass die Dienstleistung „Betrieb eines Yachthafens“ in Klasse 43 eingeordnet werden möge, auch nicht als Zurücknahme der Erinnerung auslegen. Es oblag der anwaltlich vertretenen Anmelderin, eindeutige Verfahrenserklärungen abzugeben.