Entscheidungsdatum: 15.01.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 301 23 589
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, die Richterin Dr. Hoppe und den Richter am Amtsgericht Dr. Wache auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2013
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 22. September 2008 aufgehoben, soweit dem Löschungsantrag stattgegeben und die Marke 301 23 589 für die Dienstleistungen „Finanzwesen, Geldgeschäfte; Telekommunikation im Finanzwesen, Bereitstellung und Übermittlung von Informationen und Daten in Onlinediensten und im Internet, Betrieb einer Datenbank im Internet; datengestützte Übermittlung von Programmen und Informationen zum Handel und zur Abwicklung von Wertpapieren, Anlagen und Geldgeschäften auf verschiedenen elektronischen Märkten“ gelöscht worden ist.
Der Löschungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I.
Auf Antrag der Markeninhaberin ist am 26. Februar 2004 die Wortmarke
SUPERFUND
unter anderem für die Dienstleistungen
Finanzwesen, Geldgeschäfte; Telekommunikation im Finanzwesen, Bereitstellung und Übermittlung von Informationen und Daten in Onlinediensten und im Internet, Betrieb einer Datenbank im Internet; datengestützte Übermittlung von Programmen und Informationen zum Handel und zur Abwicklung von Wertpapieren, Anlagen und Geldgeschäften auf verschiedenen elektronischen Märkten
eingetragen worden.
Die Löschungsantragstellerin hat mit Antrag vom 1. Dezember 2004, beim DPMA eingegangen am 6. Dezember 2004 die vollständige Löschung der Marke beantragt. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag, der ihr am 22. März 2005 zugestellt worden ist, am 10. Mai 2005 widersprochen.
Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 22. September 2008 die Marke für die oben genannten, noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen gelöscht. Hinsichtlich weiterer Dienstleistungen hat sie den Löschungsantrag zurückgewiesen.
Die Markeninhaberin wendet sich mit der Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung, soweit darin die teilweise Löschung ihrer Marke ausgesprochen worden ist. Sie strebt weiterhin die vollständige Zurückweisung des Löschungsantrags an.
Die Markeninhaberin beantragt,
1. den Beschluss des DPMA insoweit aufzuheben, als die teilweise Löschung der Marke 301 23 589 ausgesprochen wird und die Löschungsanträge zurückzuweisen;
2. eine Anordnung nach § 71 Abs. 3 MarkenG.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013 - kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - hat die Markeninhaberin geltend gemacht, dass die Löschungsantragstellerin, eine GmbH, wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei. Eine Recherche des Senats hat ergeben, dass die Löschung bereits am 27. März 2008 in das Handelsregister des Amtsgerichts München eingetragen worden ist.
Mit einem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz bringt die Löschungsantragstellerin vor, dass sie zu Unrecht wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei, weil aus dem vorliegenden Verfahren noch ein Vermögenswert resultieren könne. Zwar habe die Markeninhaberin ihr Vergleichsangebot zur Zahlung von € 15.000 bis € 20.000 zur Erledigung des Löschungsverfahrens nicht aufrechterhalten. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es doch noch zu einer Einigung komme. Zugleich erklärt die weitere Beteiligte, dass sie gemäß §§ 82 MarkenG, 66 ZPO dem Verfahren auf Seiten der Löschungsantragstellerin beitrete. „Höchstvorsorglich“ erklärt die weitere Beteiligte, anstelle der bisherigen Löschungsantragstellerin im Wege des Parteiwechsels in das Verfahren einzutreten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Löschungsantrag ist in dem Umfang, in dem er Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, als unzulässig zurückzuweisen.
1.
Der Löschungsantrag ist unzulässig geworden, da die Löschungsantragstellerin ihre Rechts- und Beteiligtenfähigkeit verloren hat.
Ist die Rechtspersönlichkeit des Löschungsantragstellers endgültig erloschen, so wird der Löschungsantrag unzulässig, weil dadurch die Beteiligtenfähigkeit und somit eine Verfahrensvoraussetzung weggefallen ist (BPatG vom 12.2.2008, 24 W (pat) 59/02 - 24translate; BPatG vom 19.6.2008, 25 W (pat) 21/06 - SpeedDating; Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage § 54 Rn. 24). Das trifft hier zu, weil die Löschungsantragstellerin wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden ist (bis zum 31. August 2009 § 141a FGG; jetzt § 394 FamFG). Eine juristische Person bleibt zwar dann trotz ihrer Löschung beteiligtenfähig, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie noch verwertbares Vermögen hat (BGH NJW-RR 2011, 115 (Nr. 22); Hübsch in BeckOK-ZPO § 50 Rn. 14). Diese Voraussetzung ist jedoch - entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerin - nicht erfüllt.
Zum Vermögen einer Gesellschaft gehören alle Werte, die ein ordentlicher Kaufmann noch als Aktiva in die Bilanz einstellt, oder die sonst mit hinreichender Sicherheit verwertet werden können (vgl. KG NZG 2007, 474, 475; Berner in MüKo-GmbHG § 60 Rn. 157; beide m. w. N.). Das trifft auf Forderungen zu, wenn ihre Erfüllung zu erwarten ist, oder wenn sie gerichtlich geltend gemacht werden sollen und nicht offensichtlich unbegründet sind (Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage Anhang nach § 77 Rn. 5). Tritt die gelöschte Gesellschaft als Klägerin auf, so genügt es, wenn sie sich des Klageanspruchs berühmt (Lindacher in MüKO-ZPO, 4. Auflage § 50 Rn. 15 m. w. N.).
Die Löschungsantragstellerin macht jedoch vorliegend - dem Charakter des Löschungsverfahrens als Popularverfahren entsprechend - keinen eigenen, vermögenswerten Anspruch geltend. Sie bringt vor, dass ihr die Markeninhaberin zur Erledigung des Verfahrens einen Vergleichsbetrag in Höhe von € 15.000 bis € 20.000 in Aussicht gestellt habe. Auf einen solchen Geldbetrag hat sie jedoch keinen Anspruch. Zudem wird das Vergleichsangebot, wie die mündliche Verhandlung ergeben und die Markeninhaberin klargestellt hat, und wie von der Löschungsantragstellerin eingeräumt wird, derzeit nicht aufrechterhalten. Aus welchen Gründen sich diese Haltung der Markeninhaberin in Zukunft ändern sollte, ist weder vorgetragen noch in Ansatzpunkten erkennbar. Somit besteht keine konkrete und realistische Möglichkeit, dass der Vergleichsbetrag der Löschungsantragstellerin zufließt. Die rein theoretische Aussicht, diesen Geldbetrag zu erlangen, ist kein Vermögenswert, der eine Nachtragsliquidation nach § 66 Abs. 5 GmbHG rechtfertigen würde.
2.
Der Senat kann nicht deshalb in der Sache über den Löschungsantrag entscheiden, weil die weitere Beteiligte ihren Beitritt zum Verfahren erklärt hat.
Der Beitritt ist seinem Wortlaut entsprechend dahin zu verstehen, dass die weitere Beteiligte nicht etwa als weitere Hauptbeteiligte neben der bisherigen Löschungsantragstellerin in das Verfahren eintreten will (was einer Parteierweiterung entsprechen würde). Vielmehr intendiert die weitere Beteiligte eine Nebenintervention entsprechend der - in der Beitrittserklärung ausdrücklich genannten - Vorschrift des § 66 ZPO.
Es kann offenbleiben, ob eine solche Nebenintervention im Löschungsverfahren zulässig wäre. Jedenfalls hat die weitere Beteiligte keine Angriffsmittel geltend gemacht und - von der Erklärung des Beitritts abgesehen - in ihrer Eigenschaft als Nebenintervenientin keine Prozesshandlungen vorgenommen (§§ 67 ZPO, 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Es ist auch nicht erkennbar, welche Prozesshandlungen sie als Nebenintervenientin hätte vornehmen können, die geeignet gewesen wären, das Verfahrenshindernis der fehlenden Beteiligtenfähigkeit der Löschungsantragstellerin zu beseitigen.
3.
Der von der weiteren Beteiligten erklärte Eintritt in das Verfahren „im Wege des Parteiwechsels“ ermöglicht ebenfalls keine Sachentscheidung.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nicht mehr zu berücksichtigen (§§ 296a S. 1 ZPO, 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Das gilt entsprechend für erst nach der mündlichen Verhandlung gestellte Sachanträge. Solche Anträge sind unzulässig, solange die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet wird (§§ 76 Abs. 6 S. 2 MarkenG, 156 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Löschungsantragstellerin in der mündlichen Verhandlung eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO bewilligt worden ist; denn diese Frist soll lediglich der Löschungsantragstellerin die Möglichkeit eröffnen, auf den neuen, kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Vortrag des Gegners betreffend ihre Registerlöschung zu erwidern. Das entspricht den für den Zivilprozess anerkannten Grundsätzen, wonach die Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO der Partei nur Gelegenheit geben soll, auf das neue Vorbringen zu erwidern. Ein innerhalb dieser Frist gestellter neuer Sachantrag ist unzulässig, solange die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet wird (BGH NJW 2004, 3102, 3103; Bacher in BeckOK-ZPO § 283 Rn. 19; Prütting in MüKo-ZPO, 4. Auflage § 283 Rn. 21). Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht weist keine Besonderheiten auf (§ 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG), die einer Anwendung dieser Regeln entgegenstehen würden; im Gegenteil sind auch hier die Schließung der mündlichen Verhandlung und die Möglichkeit der Wiedereröffnung vorgesehen (§ 76 Abs. 6 MarkenG).
Die Erklärung des Beteiligtenwechsels ist wie ein Sachantrag zu behandeln; sie ist deshalb - ebenso wie eine Widerklage (BGH NJW 2000, 2512, 2513) oder eine Klageerweiterung (BGH NJW-RR 2009, 853 (Nr. 8)) - nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr zulässig. Dem entspricht es, dass der Beteiligtenwechsel nur entweder in einem die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung erklärt werden kann (vgl. für den Zivilprozess Bacher a. a. O. § 263 Rn. 28; Becker-Eberhard in MüKo-ZPO, 4. Auflage § 263 Rn. 76).
Es besteht kein Anlass, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen (§§ 76 Abs. 6 S. 2 MarkenG, 156 ZPO).
Die Wiedereröffnung ist nicht nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geboten; denn der Senat hat seine Hinweis- und Aufklärungspflicht nicht verletzt. Die Löschungsantragstellerin kann sich nämlich nicht darauf berufen, dass ihr ihre eigene Löschung unbekannt sei. Ferner sind das Fehlen der Beteiligtenfähigkeit der Löschungsantragstellerin und ihre sich daraus ergebende Rechtsstellung bereits im Termin ausführlich erörtert worden. Im Übrigen war der Senat nicht gehalten, frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung von Amts wegen aufzuklären, ob die Löschungsantragstellerin gelöscht worden ist. Die Beteiligtenfähigkeit ist zwar eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens gemäß §§ 56 Abs. 1 ZPO, 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG von Amts wegen zu prüfen ist. Eine Überprüfung ist jedoch erst dann angezeigt, wenn hinreichende Anhaltspunkte für ihr Fehlen vorliegen (BGH NJW 2004, 2523, 2524; Hübsch in BeckOK-ZPO § 56 Rn. 3). Hinsichtlich einer möglichen Registerlöschung eines Beteiligten ist deshalb erst dann zu ermitteln, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen; eine Aufklärung „in’s Blaue hinein“ ist nicht geboten (Keidel-Sternal, FamFG, 17. Auflage § 26 Rn. 17). Anhaltspunkte dafür, dass die Löschungsantragstellerin im Handelsregister gelöscht sein könnte, hat der Senat bis zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 14. Januar 2013 indes nicht gehabt.
Auch sonst hat der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens nach § 76 Abs. 6 S. 2 MarkenG keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Insofern ist zwar das öffentliche Interesse an der Beseitigung rechtsfehlerhaft eingetragener Marken aus dem Register und somit an einer Sachentscheidung über den Löschungsantrag zu berücksichtigen. Dem steht jedoch der Umstand gegenüber, dass es grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der weiteren Beteiligten fällt, entweder einen eigenen Löschungsantrag zu stellen oder rechtzeitig in das anhängige Verfahren einzutreten. Die Möglichkeit, den bisherigen Akteninhalt im Rahmen eines Löschungsantrags einer völlig neuen, bisher nicht am Verfahren beteiligten und von keiner Seite erwähnten Antragstellerin zu verwerten, reicht unter diesen Umständen für eine Wiedereröffnung nicht aus. Die Möglichkeit, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, hat nicht den Sinn, prozessuale Nachlässigkeiten eines Beteiligten auszugleichen (BGH NJW 2000, 142, 143). Sie dient auch nicht dazu, einem bisher nicht am Verfahren Beteiligten den Beitritt oder die Erklärung des Beteiligtenwechsels zu ermöglichen.
Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob der Beteiligtenwechsel unter einer (zulässigen) innerprozessualen Bedingung erklärt worden ist, ob die Bedingung eingetreten ist, und ob sich der Beteiligtenwechsel als sachdienlich darstellt (§§ 263 ZPO, 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG).
4.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht anzuordnen.
Eine entsprechende Anordnung steht im Ermessen des Senats (§ 71 Abs. 3 MarkenG) und ist ausnahmsweise dann auszusprechen, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten (BPatGE 39, 160, 161; Knoll in Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rn. 43). Solche Umstände sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Markenabteilung keinen Verfahrensfehler begangen, wenn sie unmittelbar vor ihrer Entscheidung nicht nachgeforscht hat, ob die Löschungsantragstellerin noch besteht. Zu solchen Nachforschungen hatte die Markenabteilung - ebenso wie der Senat im Beschwerdeverfahren - keinen Anlass, weil keine Anhaltspunkte in diese Richtung vorgelegen haben.