Entscheidungsdatum: 03.07.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 003 029.4
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Uhlmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Oktober 2011 und vom 1. Oktober 2012 aufgehoben.
I.
Die Buchstabenfolge
XMG
ist als Wortmarke für
„Notebooks (Computer); Telekommunikation; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und Computersoftware“
zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 5. Oktober 2011 und vom 1. Oktober 2012 – letzterer ist im Erinnerungsverfahren ergangen – zurückgewiesen. Das Zeichen XMG stelle für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe über deren Art und Beschaffenheit dar und sei deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. XMG sei die Abkürzung für „Cross Media Gaming“, also Spiele, die unter Verwendung mehrerer Medien (Internet, Mobilfunk) gespielt werden könnten. Das Zeichen weise damit darauf hin, dass die beanspruchten Notebooks besonders für das Cross Media Gaming geeignet seien, die Telekommunikation in einer für Cross Media Gaming geeigneten Weise (z.B. durch geeignete Datenübertragungsraten) erbracht und der Entwurf und die Entwicklung von Computerhardware und Computersoftware im Hinblick auf die Anwendung des Cross Media Gaming erfolgen würden.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass XMG von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Abkürzung des Begriffs „Cross Media Gaming“ verstanden würde, zumal das Zeichen nicht einmal die jeweiligen Anfangsbuchstaben dieses Begriffs darstelle. Als Nachweis sei der von der Markenstelle beigebrachte Auszug aus einem Lexikon nicht geeignet, wonach XMG die Abkürzung für vier Begriffe und „Cross Media Gaming“ als letzter Begriff genannt sei. Bei Eingabe des Begriffs XMG in sämtliche Suchmaschinen erschienen nahezu ausschließlich Hinweise auf die von ihm bzw. seiner Firma hergestellten Produkte.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Oktober 2011 und vom 1. Oktober 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache begründet. Der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Bezeichnung XMG stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 MarkenG entgegen.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ein schutzhinderndes Freihalteinteresse kann sich dabei auch auf Buchstaben als Abkürzungen von Art- oder Beschaffenheitsangaben erstrecken. Schutzunfähig sind insofern Abkürzungen, die im Verkehr als solche gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich sind sowie von den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres der betreffenden Beschaffenheitsangabe gleichgesetzt und insoweit beschreibend verstanden werden können (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 Nr. 70 - BioID; GRUR Int. 2004, 328, 330 Nr. 31-34 - TDI).
Dabei ist der beschreibende Charakter von Abkürzungen auch dann nicht in Frage zu stellen, wenn diese als Abkürzung für eine Vielzahl von Begriffen verwendet werden, da eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen kann, vom Schutz ausgeschlossen ist, unabhängig davon, ob ihr noch andere Bedeutungen zukommen (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. Nr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 680, 681 Nr. 38 - BIOMILD). Insbesondere ist ein beschreibender Charakter auch in Fällen anzunehmen, in denen die unterschiedlichen (beschreibenden) Bedeutungen für einzelne Waren oder Dienstleistungen innerhalb angemeldeter Oberbegriffe jeweils einen eindeutigen (beschreibenden) Aussagegehalt vermitteln. Dagegen kann von einer schutzbegründenden Unbestimmtheit ausgegangen werden, wenn eine derartige begriffliche Ungenauigkeit erreicht ist, dass die fragliche Angabe zur konkreten Beschreibung der betreffenden Waren nicht mehr geeignet erscheint (vgl. BPatG BlPMZ 2012, 283 – B&P; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 325 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Buchstabenfolge XMG in ihrer Gesamtheit im betroffenen Waren-/Dienstleistungsgebiet entweder selbst eine beschreibende Sachangabe darstellt oder als Abkürzung einer solchen beschreibenden Sachangabe üblicherweise verwendet wird.
Zwar hat die Markenstelle in einem „Acronymfinder“ im Internet einen Nachweis dafür gefunden, dass XMG – neben der Abkürzung der Namen „Crossmaglen“ (eine „British army base“), „Xavier Media Group“ und „Xtreme Music Group Inc.“ – „Cross-Media Gaming“ bedeutet (Anlage zum Beanstandungsbescheid und zum Erinnerungsbeschluss). Außer diesem Einzelfall sind indessen keine Beispiele für eine Verwendung der Bezeichnung XMG als Abkürzung überhaupt oder in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung ersichtlich. Soweit es um „Cross Media Gaming“ geht, wird dieser Begriff, wie dem von der Markenstelle herangezogenen Artikel „Die Zukunft des Spielens“ zu entnehmen, nicht in abgekürzter Form verwendet (Anlage zum Beanstandungsbescheid, http://www.giga-search.de/0,3204,127348,00.html?s=29.10.2005). Auch der Anmelder verwendet beispielsweise im Zusammenhang mit Notebooks das Zeichen XMG nicht im Sinne von „Cross Media Gaming“, sondern in Verbindung mit einem „XMG-Logo“ gelegentlich als Phantasieabkürzung für „Xtreme Mobile Gaming“. Dass im vorliegenden Produkt- bzw. Dienstleistungszusammenhang XMG die gebräuchliche Abkürzung für „Cross Media Gaming“ ist, kann der Senat nicht feststellen. Es ergeben sich danach keine sicheren Anhaltspunkte für das Bestehen eines Freihaltebedürfnisses an der Buchstabenkombination XMG.
2. Da eine aus sich heraus beschreibende Bedeutung der Buchstabenfolge XMG nicht festgestellt werden kann, besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass dieses Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jeder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrt.
3. Die Beschwerde hat daher Erfolg.