Entscheidungsdatum: 31.01.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 399 14 775
(hier: Löschungsverfahren S 76/10)
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. April 2011 aufgehoben, soweit darin die Löschung der Marke 399 14 775 angeordnet worden ist.
2. Der Antrag auf Löschung der Marke 399 14 775 wird auch insoweit zurückgewiesen.
3. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 12. März 1999 angemeldete Wortmarke
JuraTel
ist am 18. April 2000 unter der Nummer 399 14 775 für die Dienstleistungen „Werbung; Versicherungswesen; Rechtsberatung und -vertretung“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden.
Die Antragstellerin hat am 3. März 2010 die Löschung der Marke beantragt, da die Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass der Eintragung absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegengestanden hätten. Die aus zwei beschreibenden Begriffen (Jura = juristisch, rechtlich; Tel = Telefon) zusammengesetzte Marke JuraTel, deren Gesamtaussage nicht über die Summe der Einzelelemente hinausgehe, sei ein Sachhinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen der Rechtsberatung und -vertretung, nämlich auf telefonische Rechtsberatung. Hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen bestehe zumindest ein enger beschreibender Bezug. Zumindest sei das Zeichen aufgrund seiner Trivialität nicht geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen.
Dem am 22. März 2010 zugestellten Löschungsantrag hat die Markeninhaberin am 14. April 2010 widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten. Die Marke JuraTel sei weder im Zeitpunkt der Eintragung noch gegenwärtig eine beschreibende Angabe (gewesen). Insbesondere sei der lateinische Begriff „Jura“ keine dem Verkehr allgemein bekannte Kurzform für „juristisch“ oder „rechtlich“, sondern bezeichne das Studienfach der Rechtswissenschaft. Darüber hinaus habe „Jura“ auch andere, nicht dienstleistungsbezogene Bedeutungen.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 5. April 2011 die Eintragung der Marke 399 14 775 teilweise gelöscht, nämlich für die Dienstleistungen „Versicherungswesen; Rechtsberatung und -vertretung“ und im Übrigen - betreffend die Dienstleistung „Werbung“ - den Antrag auf Löschung zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Marke sei im Umfang der Teillöschung im Zeitpunkt der Eintragung eine beschreibende, nicht unterscheidungskräftige Angabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gewesen, was auch für den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch gelte. Das aus der lateinischen Sprache als Pluralform von „jus“ (das Recht) ins Deutsche übernommene Fremdwort „Jura“ bedeute „die Rechte“ und sei ein gebräuchlicher Ausdruck für „Rechtswissenschaft“. „Tel“ sei die gebräuchliche Abkürzung für „Telefon, telefonisch“. In Verbindung mit den Dienstleistungen „Versicherungswesen; Rechtsberatung und -vertretung“ wurde und werde JuraTel vom angesprochenen Verkehr beschreibend im Sinn von „Jura am Telefon“, „telefonische Rechtsberatung“ bzw. „Rechtsberatung auf Anruf“ verstanden. Dagegen komme der Marke bezüglich der Dienstleistung „Werbung“ keine im Vordergrund stehende, beschreibende Bedeutung zu.
Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Löschungsantrag unbegründet sei, weil die Streitmarke nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei. Jedenfalls für das Gesamtwort ergebe sich kein beschreibender Sinngehalt bezüglich der maßgeblichen Dienstleistungen. Sie hat ergänzend darauf hingewiesen, dass Rechtswissenschaft nicht Teil der eingetragenen Dienstleistungen sei und der Wortbestandteil „Tel“ nur zusammen mit einem Punkt die Abkürzung für „Telefon, telefonisch“ darstelle.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Paten- und Markenamts vom 5. April 2011 insoweit aufzuheben, als darin die teilweise Löschung der Marke 399 14 775 angeordnet worden ist und den Löschungsantrag auch insoweit zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt sie sinngemäß,
den Beschluss der Markenabteilung aufzuheben, soweit darin der Antrag auf Löschung der Marke 399 14 775 zurückgewiesen worden ist und die Marke auch für die Dienstleistung „Werbung“ zu löschen.
Sie hält die Entscheidung der Markenabteilung hinsichtlich der Teillöschung für zutreffend und meint darüber hinaus, dass auch bezüglich der Dienstleistung „Werbung“ ein enger beschreibender Bezug vorliege, weil sich die Markeninhaberin bei den angebotenen Dienstleistungen der Werbung bediene.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und auch in der Sache begründet. Die Marke 399 14 775 ist nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Die Markenabteilung hat auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit für den in Rede stehenden Teil der Dienstleistungen deshalb zu Unrecht die Löschung der Eintragung angeordnet (§§ 50 Abs. 1, Abs. 2, 54 MarkenG). Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet; im insoweit maßgeblichen Umfang hat die Markenabteilung zu Recht den Löschungsantrag zurückgewiesen.
1. Für sämtliche absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 verstoßen, so kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Registrierung der Marke bestanden hat als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, so muss es - gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen - bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG GRUR 2006, 155 - Salatfix; zur Feststellungslast des Löschungsantragstellers s. BGH GRUR 2010, 138, 142, Rn. 48 - ROCHER-Kugel). Nach diesen Grundsätzen kommt eine Löschung der Streitmarke vorliegend nicht in Betracht. Im Einzelnen:
2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der geltend gemachte und auch von der Markenabteilung angenommene Löschungsgrund fehlender Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorlag.
a) Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143, 1144 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
b) Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Wortmarke JuraTel hinsichtlich der gelöschten Dienstleistungen bei der Eintragung am 18. April 2000 jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlte.
Die Markenabteilung ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die eingetragene Marke im Hinblick auf die Binnengroßschreibung erkennbar aus den Elementen „Jura“ und „Tel“ zusammengesetzt ist und das Wort „Jura“ die Pluralform des lateinischen Wortes „ius“ (= Recht) ist und im Deutschen „die Rechte“ bedeutet. Soweit der Markenabteilung darin gefolgt werden könnte, dass in „Tel“ auch ohne den Punkt am Ende die Abkürzung für „Telefon, telefonisch“ gesehen wird (vgl. Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 6. Aufl., S. 388 zu „tel.“ bzw. „Tel.“), mag es daher sein, dass JuraTel vielleicht als Hinweis auf „Jura am Telefon“ verstanden werden konnte und könnte.
Dies reicht indessen für die Feststellung fehlender Unterscheidungskraft der Gesamtbezeichnung JuraTel nicht aus. Das Vorliegen des Schutzhindernisses bemisst sich nämlich nicht nur danach, ob etwaige Wortbestandteile für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 99 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 40 - BIOMILD; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 142). Insoweit ist anerkannt, dass ein beschreibender Sinngehalt eines Markenwortes im Einzelfall durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung soweit überlagert sein kann, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abzusprechen ist (vgl. z. B. BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; BPatG GRUR 1997, 639, 640 - FERROBRAUSE; BPatG 32 W (pat) 50/05 - linguadict, 24 W (pat) 124/06 - derma fit, 24 W (pat) 95/07 - Heliocare, jeweils veröffentlicht auf der Internetseite des Gerichts). Dies ist vorliegend zu bejahen.
Es fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Gesamtmarke ein konkreter, beschreibender Sinngehalt zukam. In der unmittelbaren Bedeutung der Gesamtbezeichnung JuraTel ergeben sich keine beschreibenden Bezüge hinsichtlich der gelöschten Dienstleistungen. Der Annahme einer solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Bedeutung im Sinn von „Rechte“ steht bereits entgegen, dass das lateinische Wort „iura“ als Pluralform des lateinischen Wortes „ius“ von den mit den Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreisen als Wort einer toten Sprache nicht ohne weiteres verständlich ist. Diese Bedeutung hat die Markenabteilung auch nicht unmittelbar herangezogen, sondern ist darüber hinaus vom Verständnis „Rechtsberatung“ ausgegangen. Dafür fehlen jedoch konkrete Anhaltspunkte. Zwar ist das Wort „Jura“ in die deutsche Sprache eingegangen, allerdings mit der Bedeutung „Rechtswissenschaft als Studienfach“ (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Auflage, S. 949). Dafür, dass „Jura“, wie die Antragstellerin meint, im Sinn von „Rechte“ im Gebrauch ist und verstanden wird - oder wie die Markenabteilung meint im Sinn von „Rechtsberatung“ -, fehlen Nachweise; auch der Senat hat dies nicht feststellen können. In Wortzusammensetzungen wird „Jura“ in Begriffen wie z. B. „Jurastudium, Juraausbildung, Juraprofessur“ verwendet (vgl. Duden, Universalwörterbuch. a. a. O.), also mit Bezug zur Rechtswissenschaft als Studienfach. Auch kann nicht festgestellt werden, dass es üblich war und ist, eine Rechtsberatung und -vertretung oder das Versicherungswesen mit dem Wort „Jura“ zu bezeichnen. Für Dienstleistungen der Rechtswissenschaft ist die Streitmarke indessen nicht eingetragen worden, so dass sich hinsichtlich der maßgeblichen Dienstleistungen aus dem Wort „Jura“ weder eine beschreibende Angabe noch enge beschreibende Bezüge feststellen lassen.
Offen bleiben kann, ob der Verkehr in dem Bestandteil „Tel“ im Rahmen der Gesamtmarke JuraTel ohne weiteres eine Abkürzung des Wortes „Telefon, telefonisch“ sieht. Selbst wenn dies so wäre, ergäbe sich für die Gesamtmarke im Sinn von „Studienfach Rechtswissenschaft telefonisch/am Telefon“ bezüglich der gelöschten Dienstleistungen „Versicherungswesen; Rechtsberatung und -vertretung“, die das Studienfach der Rechtswissenschaft nicht betreffen, kein Sachhinweis.
Zum von der Markenstelle angenommenen Verständnis von „telefonische Rechtsberatung, Rechtsberatung auf Anruf“ gelangt der Verkehr demnach nur, indem er „Jura“ über seine im Deutschen gebräuchliche Bedeutung hinaus als Hinweis auf Rechtsberatung einordnet und „Tel“ als Abkürzung für „Telefon, telefonisch“ bewertet. Ein sich daraus ergebender beschreibender Gehalt erschloss sich damit allenfalls im Rahmen einer unzulässigen analysierenden Betrachtungsweise. Das steht der Annahme einer in den Vordergrund drängenden, für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres ersichtlichen Beschreibung der eingetragenen Dienstleistungen entgegen.
Die eingetragene Wortmarke war in ihrer Gesamtheit damit eine neuartige Kombination, die aus sich heraus originell und insoweit auch individualisierend wirkte. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesamteindruck der Streitmarke hinreichende Unterscheidungskraft verlieh.
Gerade im Rahmen der im Löschungsverfahren erforderlichen nachträglichen Prognose zu der einer Marke von Haus aus innewohnenden Unterscheidungskraft ist es nicht gerechtfertigt, auf mehr oder weniger spekulative Erwägungen abzustellen. Als objektive und auch nachvollziehbare Entscheidungshilfe bietet sich vielmehr die Kontrollfrage an, ob und inwieweit eine Monopolisierung der Marke mit dem maßgeblichen Allgemeininteresse in Einklang zu bringen war, das den entscheidenden Auslegungsmaßstab des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG darstellt (vgl. BPatG GRUR 2004, 333, 334 - ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN; Hacker GRUR 2001, 630, 634 f.). Anhaltspunkte dafür, dass der allgemeine Verkehr ein schutzwürdiges Interesse an einer von Ausschließlichkeitsrechten eines Dritten ungestörten Benutzung der eingetragenen Wortmarke gehabt haben könnte, sind jedoch nicht erkennbar.
3. Im Hinblick auf ihre fantasievolle Wortbildung unterliegt die angemeldete Marke ungeachtet etwaiger beschreibender Anklänge auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Weitere Löschungsgründe sind nicht geltend gemacht.
4. Da schon nicht festgestellt werden kann, dass der Streitmarke im Eintragungszeitpunkt Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegengestanden haben, kommt es in der Sache nicht mehr darauf an, ob im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag Eintragungshindernisse bestehen.
5. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat damit Erfolg.
6. Die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 567 Abs. 3 ZPO zulässig. Sie ist indessen nicht begründet. Da auch und erst recht für die Dienstleistung „Werbung“ das Wort „Jura“ im Sinn von „Rechtswissenschaft als Studienfach“ keine beschreibenden Bezüge aufweist, liegen Löschungsgründe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht vor. Wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, ist es insbesondere nicht üblich, im Bereich der Werbung Dienstleistungen inhaltsbezogen zu beschreiben.
7. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).