Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.11.2012


BPatG 29.11.2012 - 30 W (pat) 552/11

Markenbeschwerdeverfahren – "was-wann-wo" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
29.11.2012
Aktenzeichen:
30 W (pat) 552/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 001 665.8

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 29. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

2

was-wann-wo

3

für die Waren und Dienstleistungen

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„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; juristische Dienstleistungen, Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen; von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“.

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Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen bestehender absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet. Die Marke sei gebildet aus Begriffen des deutschen Grundwortschatzes und werde in ihrer Gesamtheit als beschreibender Sachhinweis dahingehend verstanden, dass Waren und Dienstleistungen („was“) zu einem bestimmten Zeitpunkt („wann“) an einem bestimmten Ort („wo“) angeboten und erbracht würden. Dieselbe Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 6. September 2011 aus den Gründen des Beanstandungsbescheides gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die Zusammenführung der drei Wörter für neu, wobei durch die Verbindung mittels Bindestrich ein neuer Bedeutungszusammenhang hergestellt werde; weiter meint er, wegen Weitläufig- und Vielschichtigkeit der Zusammenfügung ergebe sich kein eindeutig beschreibender Sachhinweis, da die Art der Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar werde.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. September 2011 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).

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Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

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An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH GRUR Int. 2012, 914 Rn. 25 - WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH; GRUR 2010, 228 Rn. 36 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 32, 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949 Rn. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778 Rn. 12 - Willkommen im Leben). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 38 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 und Rn. 36 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 39 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 31, 32 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. GRUR 2004, 1027, 1029 Rn. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int. 2003, 834, 835 f. - Best buy; GRUR Int. 2004, 944, 946 - Mehr für Ihr Geld). Nicht unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BGH GRUR 2001, 735, 736 - Test it).

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2. Nach diesen Grundsätzen fehlt der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Wortfolge was-wann-wo jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Das zur Eintragung angemeldete Zeichen ist gebildet aus Fragewörtern der deutschen Sprache. Das Wort „was“ fragt nach etwas, dessen Nennung erwartet wird, das Wort „wann“ fragt nach dem Zeitpunkt und das Wort „wo“ fragt nach dem Ort (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 1967, 1971, 2022). Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher die angemeldete Wortfolge was-wann-wo nur in dem Sinn verstehen, dass sie Aufklärung dahin erhalten, was zu welcher Zeit an welchem Ort erhältlich ist oder angeboten wird. Die einzelnen Markenwörter erlangen entgegen der Auffassung des Anmelders auch in der Gesamtheit keine neue, über die bloße Kombination hinausgehende Bedeutung; insbesondere erzeugen die zwischen den Wörtern eingefügten Trenn- oder Bindestriche keinen ungewöhnlichen, über die bloße Summenwirkung hinausgehenden unterscheidungskräftigen Gesamteindruck bzw. Gesamtbegriff, vielmehr erleichtern diese in der Zusammensetzung die Erkennbarkeit der drei Wörter. Auch ihre Verbindung erschöpft sich daher im Hinweis darauf, was zu welcher Zeit an welchem Ort angeboten bzw. erbracht wird.

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Sowohl für die Waren „Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ als auch für die Dienstleistungen „juristische Dienstleistungen; von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ wird diese Wortfolge bei einer entsprechenden Kennzeichnung von den angesprochenen Verkehrskreisen in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise als beschreibende Angabe zu deren Art und Inhalt bzw. deren Gegenstand, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Es ist allgemein bekannt, dass durch Medien, sei es in gedruckter Form oder und über Internetportale, Auskunft über Art, Zeit und Ort von Angeboten jeglicher Art erfolgt. Auch im Zusammenhang mit den weiteren Waren und Dienstleistungen weist die Bezeichnung was-wann-wo lediglich in schlagwortartiger Form auf eine Informationsquote über Art, Zeit und Ort des Angebots hin, so dass der Verkehr auch insoweit in der Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen kann.

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Im Übrigen entbindet der Grundsatz, dass es bei der Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens auf die Marke in ihrer Gesamtheit ankommt, auch bei einer aus mehreren Bestandteilen gebildeten Marke nicht von einer Prüfung der einzelnen Markenteile (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 146 m. w. N.). Soweit der Anmelder darauf verweist, dass die Art der Waren und Dienstleistungen aus der Marke nicht erkennbar sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken in Bezug auf die mit dem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis beanspruchten Waren/Dienstleistungen zu beurteilen ist. Im Übrigen können auch allgemeine Angaben als Sachinformationen zu bewerten sein, insbesondere, wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdn. 299). Auch aus der Neuheit eines Zeichens kann entgegen der Auffassung des Anmelders nichts für dessen Unterscheidungskraft hergeleitet werden (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdn. 107 m. w. N.).

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Die Bezeichnung was-wann-wo kann in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Bezeichnung ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. MarkenG gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

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Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.