Entscheidungsdatum: 28.02.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2015 004 759
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. Februar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Die am 3. Februar 2015 angemeldete Wortmarke
Novamed
ist am 23. Februar 2015 unter der Nummer 30 2015 004 759 für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 10:
Apparate für die künstliche Beatmung; Apparate zur körperlichen Rehabilitation für medizinische Zwecke; Atemgeräte für die künstliche Beatmung; Elektrische Atemgeräte für die künstliche Beatmung;
Klasse 44:
Medizinische Beratung für Personen mit Behinderungen; Telemedizin-Dienste; Therapiedienste; Vermietung von medizinischen Geräten“
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 27. März 2015.
Gegen die Eintragung ist am 28. April 2015 Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 28. Juli 2009 international unter der Nummer 1 027 739 registrierten Marke
deren Schutz am 21. Mai 2011 u. a. für die Waren und Dienstleistungen
“Klasse 10: Surgical, medical and dental apparatus and instruments, orthopedic articles, special furniture for medical purposes, hospitals and doctor's practices, faucets, especially handicapped accessible fitments of sanitary installations like movement aids (angle grip, collapsible support grip, shower handrail, collapsible seat, basin handrail, basin mountable seats, change over aids, seat lifts) and special fixtures (e.g. lift bathtubs, patient's lifts, shower carriages, shower cabins/shower consoles, hydro therapy systems, shower alcoves, washbasins).
Klasse 44: Medical services, veterinary services, hygienic and beauty care for human beings and animals, agriculture, horticulture and forestry services, e. g. development, consultancy and operation of hospitals and rehabilitation centres, of nursing and residential homes, beauty and wellness installations, as well as the rendering of services for or toward such installations.”
auf Deutschland erstreckt worden ist.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 hat mit Beschluss vom 9. März 2017 den Widerspruch zurückgewiesen, da zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.
Ausgehend von einer nach der vorliegend maßgeblichen Registerlage bestehenden Waren- und Dienstleistungsidentität sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zwar ein sehr deutlicher Abstand zwischen den Vergleichszeichen erforderlich, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen Abstand halte die angegriffene Marke jedoch ein.
Schriftbildlich ergäben sich ausreichende Unterschiede im Gesamteindruck beider Marken durch die graphische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke sowie die zusätzlichen Anfangsbuchstaben „No-“ der angegriffenen Marke, welche in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung fänden.
Klanglich führe die zusätzliche Silbe „No-“ am Anfang der angegriffenen Marke zu einem unterschiedlichen Sprechrhythmus und einer komplett anderen Betonung, was einer klanglichen Verwechslungsgefahr trotz der Übereinstimmung der Vergleichszeichen im Bestandteil „vamed“ hinreichend entgegenwirke.
Auch die Gefahr mittelbarer Verwechslungen scheide aus. Ein in beiden Marken identischer oder wesensgleicher Stammbestandteil sei nicht vorhanden. Die Widersprechende habe auch nicht vorgetragen, dass sie über eine benutzte Markenserie mit dem Stammbestandteil „VAMED“ verfüge. Der Bestandteil „med“ allein sei schon wegen seiner Kennzeichnungsschwäche nicht als Stammbestandteil einer Serienmarke geeignet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie geltend macht, dass die Widerspruchsmarke nach dem Grundsatz „Wort vor Bild“ durch den Wortbestandteil „VAMED“ geprägt werde, der identisch in der angegriffenen Marke enthalten sei. Darüber hinaus beschränke sich der gestalterische Teil ohnehin in einem großen „V“, mithin dem Anfangsbuchstaben des Wortzuges, und trete daher vollkommen in den Hintergrund.
Das in der angegriffenen Marke vorangestellte „No“ sei unbeachtlich, da es zum einen das chemische Element Nobelium bezeichne und außerdem eine Vielzahl von Medikamenten genau diese beiden Anfangsbuchstaben verwende, so etwa „Novalgin“.
Auch phonetisch wirke sich das vorangestellte „No“ kaum aus. Vielmehr werde es als klar erkennbarer Zusatz zum Stammbestandteil „VAMED“ überhaupt nicht „tituliert“ bzw. im Rahmen des täglichen Gebrauches „verschluckt“ und so vom Verkehr nicht wahrgenommen. Ohnehin sei die Aussprache nur ein eher unwesentliches Kriterium im Rahmen der Gesamtbetrachtung und die von der Markenstelle angeführte abweichende Silbenzahl somit unzureichend, um den notwendigen Abstand der Marken zu gewährleisten.
Etwaige Abweichungen in Gestaltung oder Phonetik der Marken könnten aufgrund der Branchenidentität nicht kollisionsmindernd wirken.
Schließlich verfüge die Widersprechende über Serienmarken mit dem Stammbestandteil „VAMED“ (vgl. Anlagenkonvolute B4 - B6, Bl. 118 - 154), so dass der Verkehr auch aus diesem Grunde von einer gemeinsamen Herkunft der hiermit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ausgehe.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. März 2017 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2015 004 759 zu löschen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht. Daher hat die Markenstelle zu Recht den Widerspruch aus der Marke IR 1 027 739 zurückgewiesen (§ 119 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).
A. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).
B. Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.
1. Zwar können sich die Vergleichszeichen nach der vorliegend mangels Erhebung einer Nichtbenutzungseinrede allein maßgeblichen Registerlage auf identischen Waren und Dienstleistungen begegnen.
So fallen die von der angegriffenen Marke zu Klasse 10 beanspruchten Waren „Apparate für die künstliche Beatmung; Apparate zur körperlichen Rehabilitation für medizinische Zwecke; Atemgeräte für die künstliche Beatmung; Elektrische Atemgeräte für die künstliche Beatmung“ unter den Warenoberbegriff „Surgical, medical and dental apparatus and instruments“, für den die Widerspruchsmarke zu Klasse 10 Schutz beanspruchen kann. Die Dienstleistungen der Klasse 44 “Medizinische Beratung für Personen mit Behinderungen; Telemedizin-Dienste; Therapiedienste; Vermietung von medizinischen Geräten“ werden von den seitens der Widerspruchsmarke zu dieser Klasse beanspruchten Dienstleistungen „Medical services, veterinary services, hygienic and beauty care for human beings and animals, agriculture, horticulture and forestry services, e. g. development, consultancy and operation of hospitals and rehabilitation centres, of nursing and residential homes, beauty and wellness installations, as well as the rendering of services for or toward such installations“ umfasst.
2. Die Widerspruchsmarke verfügt ferner von Haus bereits aufgrund ihrer Ausgestaltung als Wort-/Bildmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Darüber hinaus muss aber auch dem Wortbestandteil „VAMED“ in seiner Gesamtheit eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuerkannt werden, da die Endsilbe „-MED“ als geläufige (Fach-)Abkürzung für „medizinisch/Medizin“ innerhalb des Markenworts nicht eigenständig hervortritt, sondern mit der Anfangssilbe „VA-“ zu einem einheitlichen Phantasiebegriff verschmilzt.
Zu einer durch intensive Benutzung erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende dagegen nicht hinreichend vorgetragen. Allein die vorgelegte Internetpräsenz der Widersprechenden sowie die Benennung der Anzahl der weltweit für das Unternehmen in insgesamt 79 Ländern tätigen Mitarbeiter wie auch der Umfang der weltweit betriebenen „Projekte“ besagt nichts über eine Bekanntheit und einen daraus resultierenden erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke für die vorliegend maßgeblichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 10 und 44 bei den allein maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen.
Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft infolge gesteigerter Verkehrsbekanntheit bedürfte es vielmehr, sofern die Sachlage - wie vorliegend - nicht offenkundig ist, hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive des Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie gegebenenfalls zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2017, 75, Nr. 29 - Wunderbaum II; GRUR 2013, 833, Nr. 41 - Culinaria/ VillaCulinaria), wobei diese Voraussetzungen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke (hier: 3. Februar 2015) vorgelegen haben (vgl. BGH GRUR 2008, 903, Nr. 13 f. - SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen müssen (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 9 Rn. 178 u. 224).
3. Die Vergleichszeichen weisen entgegen der Auffassung der Widersprechenden nur eine geringe Ähnlichkeit auf.
a. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rdn. 268 m. w. N.).
Dabei ist nicht allein auf den medizinischen Fachverkehr bestehend aus Ärzten und Apothekern abzustellen, der den Vergleichswaren mit besonderer Fachkenntnis und Aufmerksamkeit begegnet, sondern auch die Wahrnehmung von Personal mit geringeren Fachkenntnissen sowie die Wahrnehmung des Endverbrauchers mit einzubeziehen, welcher jedoch allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).
b. Ausgehend davon weisen die Vergleichsmarken im Schriftbild bereits aufgrund des Bildelements der Widerspruchsmarke in Form eines über dem Wortbestandteil „VAMED“ angeordneten Dreiecks, in welchem der Verkehr ein stilisiert dargestelltes „V“ erkennen wird, nur eine geringe Ähnlichkeit auf.
c. Aber auch in klanglicher Hinsicht kann von einer allenfalls unterdurchschnittlichen Ähnlichkeit ausgegangen werden.
aa. Mit der Widersprechenden ist allerdings zunächst davon auszugehen, dass auf Seiten der Widerspruchsmarke dabei ungeachtet ihrer graphischen Ausgestaltung jedenfalls im Rahmen einer klanglichen Zeichenähnlichkeit allein der Wortbestandteil „VAMED“ maßgebend ist, da der Verkehr erfahrungsgemäß dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rdnr. 455). Es stehen sich demnach Novamed und der Wortbestandteil „VAMED“ der Widerspruchsmarke gegenüber.
bb. Diese stimmen zwar insoweit überein, als der Wortbestandteil „VAMED“ der Widerspruchsmarke formal vollständig in der angegriffenen Marke enthalten ist und deren Mittel- und Schlusssilbe bildet; jedoch führt die bei der angegriffenen Marke vorangestellte zusätzliche Anfangssilbe „No“ zu einer deutlich wahrnehmbaren Abweichung im Gesamtklangbild beider Markenwörter. Sie unterscheiden sich dadurch nicht nur am in aller Regel stärker beachteten Wortanfang, sondern auch in der Silbenzahl sowie der den klanglichen Gesamteindruck eines Zeichens maßgeblich beeinflussenden Vokalfolge - die angegriffene Marke verfügt über einen weiteren klangtragenden Vokal „o“ -, sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus.
Die formale Übereinstimmung der zweiten und dritten Silbe „-vamed“ der angegriffenen Marke mit dem gleichlautenden Markenwort der Widerspruchsmarke fällt dabei umso weniger ins Gewicht, als sie im Gesamtklangbild der angegriffenen Marke nicht eigenständig hervortritt. Denn die Anfangssilbe „Va-“ der Widerspruchsmarke verbindet sich bei der angegriffenen Marke mit der zusätzlichen Anfangssilbe „No“ zu dem auch im Inland allgemein bekannten und gebräuchlichen Wortbildungselement „Nova“, welcher auf Grundlage seiner dem Lateinischen entlehnten Bedeutung als Pluralform von „Novum“ nicht zuletzt auch im vorliegend relevanten medizinisch-pharmazeutischen Waren- und Dienstleistungsbereich als mehr oder minder deutlicher Hinweis auf „neu/neuartig“ verwendet wird (vgl. BPatG 28 W (pat) 255/04 v. 11. Januar 2006 – Nova; 25 W (pat) 24/03 v. 17. Februar 2005 – NOVOMAX/Novonox).
Dies führt dann aber dazu, dass der allgemeine wie auch der Fachverkehr die angegriffene Marke Novamed naheliegend als Kombination der Wortbildungselemente „Nova“ und „med“ wahrnehmen und die Bezeichnung zumindest assoziativ mit „neuer Medizin“ o. ä. verbinden wird. Hingegen besteht für den Verkehr keine Veranlassung, darin eine Ergänzung des Markenworts „VAMED“ der Widerspruchsmarke um die Anfangssilbe „No“ zu erkennen, zumal die Anfangssilbe „No“ im medizinisch-pharmazeutischen Bereich zwar häufiger benutzt wird, jedoch keinen Aussagegehalt vermittelt. So ist insbesondere ein von der Widersprechenden angesprochenes Verständnis als Abkürzung des chemischen Elements „Nobelium“ im vorliegenden Zusammenhang abwegig, da es sich dabei um ein radioaktives Metall handelt, von dem bislang überhaupt nur wenige Atome künstlich erzeugt werden konnten und für das außerhalb der Forschung keine Anwendung bekannt ist (vgl. dazu u. a. https://de.wikipedia.org/wiki/Nobelium zu „Nobelium“).
cc. Die von der Widersprechenden zitierte Entscheidung des EuG v. 26. März 2015 - AKTIVAMED/VAMED bietet keinen Anlass für ein abweichende Beurteilung, da die darin letztlich angenommene durchschnittliche Ähnlichkeit der Vergleichszeichen auf der Annahme beruhte, dass der Verkehr in Zusammenhang mit den dort maßgeblichen Waren die jüngere Marke „AKITIVAMED“ nicht als Kombination von „AKTIVA“ und MED“ versteht, so dass trotz der Unterschiede in Silbengliederung, Vokalfolge etc., die den Grad der Ähnlichkeit der Zeichen „stark verringerten“, eine insgesamt noch durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit der Zeichen bejaht würde. Insoweit unterscheidet sich diese Fallgestaltung von der vorliegend zu beurteilenden Kollisionslage, bei der der Verkehr in der angegriffenen Marke aus den dargelegten Gründen eine Kombination der Wortbildungselemente „Nova“ und „med“ erkennen wird, so dass er die Widerspruchsmarke keinesfalls als eigenständige Komponente in der angegriffenen Marke wahrnehmen wird.
dd. Ob für den Verkehr Anlass bestünde, den Bestandteil „vamed“ der jüngeren Marke als eigenständige Komponente wahrzunehmen, wenn die Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufwiese und insoweit auch die Wahrnehmung der angegriffenen Marke beeinflusste (vgl. BGH GRUR 2003, 880 – City Plus), kann dahinstehen, da die Widersprechende – wie bereits im Rahmen der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke dargelegt – zu einer intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke und einer daraus sich ergebenden Verkehrsbekanntheit nichts dargetan hat.
d. Tritt die Widerspruchsmarke damit aber innerhalb der angegriffenen Marke nicht eigenständig hervor, steht dies von vornherein auch einer Wahrnehmung des Markenworts „Vamed“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie entgegen, da dieser in der angegriffenen Marke bereits deshalb als solcher nicht erkannt würde. Ob eine abweichende Beurteilung für den Fall einer umfangreichen Benutzung des Markenworts „Vamed“ als Stammbestandteil geboten wäre, kann offen bleiben. Denn dazu hat die Widersprechende nichts vorgetragen. Allein der Umstand, dass für die Widersprechende mehrere Marken mit dem gemeinsamen Bestandteil „Vamed“ eingetragen sind, besagt ohne Vortrag zu Inhalt und Umfang einer Benutzung dieser Marken nichts über die Verwendung dieses Bestandteils als Serienzeichen.
4. Insgesamt kann daher lediglich von einer deutlich unterdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit ausgegangen werden, so dass im Rahmen der Gesamtabwägung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr auch insoweit ausscheidet, als sich die Vergleichszeichen auf identischen Waren und Dienstleistungen begegnen können.
C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.
D. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, da die Widersprechende keinen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt hat, auch nicht hilfsweise (§ 69 Nr. 1 MarkenG).