Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.01.2017


BPatG 19.01.2017 - 30 W (pat) 505/16

Markenbeschwerdeverfahren – "Dorf vom Santa Claus" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
19.01.2017
Aktenzeichen:
30 W (pat) 505/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 062 466.1

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

Dorf vom Santa Claus

3

ist als Marke für folgende Dienstleistungen der

4

„Klasse 35: Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels in den Bereichen Kosmetika, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Räuchermittel, Duftstoffe, Kerzen für Beleuchtungszwecke, Bild- und/oder Tonträger, insbesondere CDs und DVDs, Beleuchtungs- und Kochgeräte, Lampen, Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente, Musikinstrumente, Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, Druckereierzeugnisse, Fotografien, Schreibwaren, Papeteriewaren, Büroartikel, Künstlerbedarfsartikel, Verpackungsmaterial, Kunstgegenstände, kunstgewerbliche Artikel, Gemälde, Kunstdrucke, Waren aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen, Leder und Lederimitationen sowie daraus hergestellte Waren, Taschen und Koffer, Schirme, Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen und Schuhwaren, Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, Kämme und Schwämme, Bürstenmachermaterial, Putzzeug, Waren aus Glas, Keramik, Porzellan und Steingut, Garne und Fäden für textile Zwecke, Webstoffe und Textilwaren, Kurzwaren, Bodenbeläge, Spiele, Spielzeug, Sportartikel, Weihnachtsdekorationen, Christbaumschmuck, Weihnachtsbäume, Pflanzen, Trockenpflanzen, künstliche Blumen, Lebensmittel, Backwaren und Getränke, Raucherartikel; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Organisation und Veranstaltung von Märkten; Vermietung von Verkaufsständen; Vermietung von Verkaufsflächen; Vermietung von Werbeflächen; Waren- und Dienstleistungspräsentationen

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Klasse 41: Unterhaltung; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konzerten und Musikdarbietungen; Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung, Unterhaltung]; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation und Veranstaltung von Volksfesten [Unterhaltung]; Betrieb von Fahrgeschäften; Organisation und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops; Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben; Theateraufführungen; Zirkusdarbietungen; Durchführung von Live-Veranstaltungen [Unterhaltung]

6

Klasse 43:

7

Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen“

8

zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet; hinsichtlich der weiteren, in Klasse 43 ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen „zur Beherbergung von Gästen“ hat der Anmelder bereits im Amtsverfahren den Verzicht erklärt.

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Mit Beschluss vom 6. Oktober 2014 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen sei sprachüblich gebildet und füge bekannte Wortbildungselemente zu einer sinnvollen Gesamtaussage zusammen, bei der die sachbezogene, nicht jedoch die betriebsbezogene Information im Vordergrund stehe. Die Wortfolge Dorf vom Santa Claus werde im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang lediglich als eine Art „Etablissementbezeichnung“ bzw. als thematischer Hinweis auf eine Art Freizeitpark verstanden. Ausgehend hiervon sei die Angabe Dorf vom Santa Claus für alle relevanten Dienstleistungen von beschreibender Natur. So sei es ohne weiteres denkbar, dass neben Weihnachtsmärkten, Christmärkten usw. auch ein Dorf vom Santa Claus existiere, in welchem derartige Dienstleistungen angeboten würden. Zudem sei durch die Ergebnisse einer Internetrecherche belegt, dass die verfahrensgegenständliche Wortfolge mit diesem beschreibenden Sinngehalt im Inland bereits verwendet werde. Der angesprochene Verkehr werde daher in dem Anmeldezeichen keinen Herkunftshinweis erkennen. Auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen könne sich der Anmelder nicht berufen, da diese nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Bindungswirkung entfalteten.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

12

Er trägt vor, die von der Markenstelle ermittelten Internetfundstellen bezögen sich nahezu ausschließlich auf die Person des Markenanmelders bzw. die verfahrensgegenständliche Markenanmeldung. Lediglich zwei Fundstellen bezögen sich auf Reisen in die finnische Stadt Rovaniemi, die sich selbst als Dorf vom Santa Claus bezeichne.

13

Die Rechtsauffassung der Markenstelle, dass das Anmeldezeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich als eine Art „Etablissementbezeichnung“ bzw. als thematischer Hinweis auf eine Art Freizeitpark verstanden werde, stehe in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie des Bundespatentgerichtes. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung „Dorf Münsterland“ (Urteil vom 22. Februar 2001, I ZR 194/98, GRUR 2001, 1158) eindeutig ausgeführt, dass die Bezeichnung „Dorf" keinen beschreibenden Inhalt für eine Hotel- und Freizeitanlage und die dort erbrachten Dienstleistungen aufweise, sondern in Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen in ungewöhnlicher Weise verwendet werde. Ferner habe das Bundespatentgericht (25 W (pat) 102/01) für Recht erkannt, dass der Marke „Carribean Village“ für Unterhaltungsdienstleistungen sowie die Verpflegung von Gästen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft fehle, da der Ausdruck "Karibisches Dorf“ keinen hinreichend deutlichen inhaltlichen Bezug zu diesen Dienstleistungen aufweise, sondern allenfalls mittelbare und vage Rückschlüsse zulasse.

14

Die Markenstelle für Klasse 35 verwechsele in ihrem Beschluss insoweit offensichtlich die Begriffe „Dorf“ und „Markt“. Während das Wort „Markt“ einen Handelsort bezeichne, stehe das Wort „Dorf“ für einen Wohn- und Siedlungsraum. Ein unmittelbarer Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen sei somit nicht feststellbar bzw. liege - gerade wenn man an landwirtschaftlich geprägte Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen denke - durchweg fern.

15

An dieser Beurteilung ändere sich auch nichts durch die Hinzufügung der Zeichenbestandteile „vom Santa Claus". Bei „Santa Claus“ handele es sich um die englischsprachige Bezeichnung des „Heiligen Nikolaus“. Dieser werde von der finnischen Stadt Rovaniemi aus unverständlichen Gründen für sich beansprucht. In der Vorstellung der allgemeinen Verkehrskreise handele es sich bei Santa Claus um einen Heiligen, der sich mit keinem bestimmten Ort in der Bundesrepublik Deutschland oder einem sonstigen Land konkret in Verbindung setzen lässt. Eine Lokalisierung des Dorf vom Santa Claus sei daher nicht möglich. Die Verkehrskreise würden die Marke daher als Phantasiebezeichnung erkennen, die in keinem beschreibenden Zusammenhang mit den relevanten Dienstleistungen stehe.

16

Das Deutsche Patent- und Markenamt habe schließlich eine Reihe von Wortmarken, die ausschließlich aus dem Zeichen „Santa Claus“ bestünden, für Weihnachtsgebäck, Kaffee und spezielle Küchengeräte zur Herstellung von Weihnachtsgebäck für eintragungsfähig erachtet, so dass auch vorliegend keine ernsthaften Zweifel an der Eintragungsfähigkeit der Markenanmeldung Dorf vom Santa Claus bestehen könnten.

17

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

18

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 6. Oktober 2014 aufzuheben.

19

Der Senat hat dem Anmelder in Anlage zu der Terminsladung vom 14. November 2016 Rechercheergebnisse übersandt. Zur mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2017, welche auf den hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist, sind der Anmelder und sein Verfahrensbevollmächtigter nach entsprechender Vorankündigung nicht erschienen.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

21

Die gemäß 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke Dorf vom Santa Claus in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

22

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy).

23

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

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Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Nr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

25

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt es der angemeldeten Wortfolge Dorf vom Santa Claus im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang an jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

26

a) Die angemeldete Wortfolge setzt sich aus dem Substantiv „Dorf“, der Präposition „vom“ und dem englischsprachigen Eigennamen „Santa Claus“ zusammen.

27

aa) Der Begriff „Dorf“ bedeutet „ländliche Ortschaft, kleinere Siedlung mit oft bäuerlichem Charakter“ (www.duden.de).

28

bb) „Santa Claus“ ist, wie auch der Anmelder vorträgt, die englischsprachige Bezeichnung des „Heiligen Nikolaus“. Da die Figuren des Nikolaus und des Weihnachtsmanns (bzw. seines amerikanischen Pendants, des „Santa Claus“) einander sehr ähnlich sind, weil beide zur Weihnachtszeit auftreten und Kindern Geschenke bringen, werden ihre Namen häufig synonym verwendet. Entsprechend wird der Verkehr im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang im Zeichenelement „Santa Claus“ ohne weiteres einen Hinweis auf den Weihnachtsmann oder Nikolaus erkennen (vgl. auch BPatG PAVIS PROMA, 32 W (pat) 76/02 - Santa Claus/SENCHA CLAUS).

29

cc) Mittels des Verhältniswortes „vom“ entsteht eine umgangssprachliche Präpositionalkonstruktion im Dativ. Grammatikalisch korrekt müsste der Genitiv verwendet werden, so dass es „Dorf des Santa Claus“ oder „Santa Claus' Dorf“ lauten müsste (http://mein-deutschbuch.de/genitiv.html).

30

c) Ausgehend hiervon enthält das Anmeldezeichen bezogen auf alle angemeldeten Dienstleistungen für die angesprochenen inländischen Verkehrskreise - die sich vorliegend aus den Endverbrauchern sowie dem Fachverkehr zusammensetzen - einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt oder stellt zumindest einen die Unterscheidungskraft ausschließenden engen beschreibenden Bezug zu diesen her:

31

aa) Zur (Vor-)Weihnachtszeit werden, wie die dem Anmelder übersandten Rechercheergebnisse belegen, an sehr vielen Orten Märkte veranstaltet, für die vielfältige Bezeichnungen wie „Weihnachtsmarkt“, „Weihnachtsdorf“ oder „Nikolausdorf“ existieren. Damit ist die Verwendung des Begriffs „Dorf“ für die Bezeichnung von Verkaufsstätten zur Weihnachtszeit und darauf bezogener Produkte belegbar. Außerdem ist bekannt, dass sich der irgendwo in der Nähe des Nordpols vermutete „Wohnort des Weihnachtsmannes“, in dem die Geschenke hergestellt und für die Rentierreise vorbereitet werden, der Legende nach in einem Dorf befindet, weshalb im finnischen Dorf Rovaniemi seit 1998 ein „Santa Claus Village“ existiert, das auch im Inland bekannt ist (siehe hierzu die Anlage www.deutsche-weihnachtsmaerkte.de/: „Santa Claus Village … dem Weihnachtsmann auf den Fersen“; vgl. ferner die Anlage www.kayak.de: „Zu Besuch beim Weihnachtsmann“).

32

Das Anmeldezeichen Dorf vom Santa Claus fügt sich somit ohne weiteres in die Reihe üblichen der Bezeichnungen für weihnachtliche Märkte ein, so dass der Verkehr es bezogen auf die beanspruchten Dienstleistungen nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen wird.

33

bb) Die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 werden alle üblicherweise auf einem Markt zur Weihnachtszeit erbracht oder können dort erbracht werden. Dabei beschränkt sich das Angebot nicht nur auf Waren, die in Zusammenhang mit weihnachtlichen Bräuchen stehen, sondern es umfasst inzwischen auch alle möglichen anderen Waren (siehe Anlagenkonvolut 3). Das Anmeldezeichen gibt somit nur den Erbringungsort der Dienstleistungen bzw. das Ambiente, in dem diese erbracht werden, an.

34

cc) Bezüglich der angemeldeten Großhandelsdienstleistungen enthält das Zeichen ebenfalls einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt, da spezielle Verkaufsveranstaltungen für Wiederverkäufer wie Messen existieren, auf denen Waren speziell für Weihnachtsmärkte angeboten werden (siehe Anlage 4).

35

dd) Zumindest ein die Unterscheidungskraft ausschließender enger beschreibender Bezug besteht dabei auch hinsichtlich spezieller „Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels“ in den Bereichen „Bürstenmachermaterial“ und „Bodenbeläge“. Da „Bürsten“ zum gängigen Angebot auf Weihnachtsmärkten zählen, kann es sich bei „Bürstenmachermaterial“ um Ersatzteile für entsprechende Verkaufsstände wie auch für den Endverbraucher handeln. „Dienstleistungen in den Bereichen Bodenbeläge“ können etwa das Angebot von „Bodenbelägen“ mit weihnachtlichem Bezug (wie z. B. Teppichen mit Weihnachtsmotiven) betreffen; ferner sind vom Einzelhandel betriebene und vom Großhandel belieferte Verkaufsstände auf Weihnachtsmärkten denkbar, an denen sich Verbraucher über Bodenbeläge informieren und diese anhand von Mustern auswählen und erwerben können.

36

ee) Ebenfalls einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt enthält das Anmeldezeichen für die „Dienstleistungen einer Werbeagentur“. Üblich ist insoweit eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branche, auf die die Werbeleistungen bezogen sind (BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 49 - My World).

37

Vorliegend wird das angesprochene inländische Publikum, also die Betreiber von Weihnachtsmärkten bzw. von Verkaufsständen auf solchen Märkten, in dem Anmeldezeichen einen beschreibenden Hinweis auf die sog. Weihnachtsmarktbranche (siehe hierzu das Anlagenkonvolut 4a) sehen, weshalb auch hier der beschreibende Charakter der Wortfolge im Vordergrund steht. Insoweit weist die Wortfolge Dorf vom Santa Claus lediglich darauf hin, dass diese Dienstleistungen speziell auf die Bewerbung von Weihnachtsmärkten und das dortige Waren- und Dienstleistungsangebot ausgerichtet sind (vgl. auch BPatG 32 W (pat) 156/07 - christmarkt). Es ist auch belegbar, dass Werbeagenturen Werbedienstleistungen speziell für Weihnachtsmärkte anbieten (siehe hierzu das Anlagenkonvolut 5). Außerdem haben die Besucher eines Weihnachtsmarkts bestimmte Vorstellungen in Bezug auf dessen Atmosphäre und erwarten, dass eine weihnachtliche Stimmung verbreitet wird. Dementsprechend ist es denkbar, dass Werbedienstleistungen in diesem Bereich besondere Anforderungen erfüllen müssen.

38

ff) Die Dienstleistungen „Organisation und Veranstaltung von Märkten; Vermietung von Verkaufsständen; Vermietung von Verkaufsflächen; Vermietung von Werbeflächen; Waren- und Dienstleistungspräsentationen“ stehen mindestens in einem engen beschreibenden Bezug zu Weihnachtsmärkten, da sie zur Vorbereitung und Durchführung solcher Märkte erforderlich sind.

39

gg) Auch für sämtliche Dienstleistungen der Klasse 41 fehlt es dem Anmeldezeichen an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Ein Weihnachtsmarkt dient nicht nur dem Verkauf von Waren, sondern es werden dort regelmäßig auch Unterhaltungsdienstleistungen und kulturelle Aktivitäten beispielsweise in Form von musikalischen Darbietungen oder Fahrgeschäften angeboten. Auch die Dienstleistungen „sportliche Aktivitäten, Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen“ (z. B. Schlittschuhlaufen) und „Veranstaltung von Wettbewerben“ (z. B. zur Prämierung des schönsten Weihnachtsbaums oder Standes) sind im Zusammenhang mit Weihnachtsmärkten belegbar (siehe hierzu das Anlagenkonvolut 6; vgl. auch BPatG a. a. O. - christmarkt). Es ist auch denkbar, dass auf einem Weihnachtsmarkt die „Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben“ auf dem Programm steht. Insoweit wird das Anmeldezeichen auch nur als Sachhinweis, nämlich auf den Erbringungsort, und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Die Dienstleistungen „Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops“ können Weihnachtsmärkte zum thematischen Gegenstand haben, z. B. als städtisches Event (s. Anlage 7).

40

hh) Entsprechendes gilt für die in Klasse 43 noch beanspruchten „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen“, weil auf allen Weihnachtsmärkten ein großes Angebot an Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr besteht (vgl. BPatG a. a. O. - christmarkt).

41

3. Soweit der Anmelder auf Voreintragungen Bezug nimmt, entfalten in rechtlicher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Nr. 18 - Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 Nr. 8 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2011, 230 - SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.

42

4. Da der angemeldeten Marke somit die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzbedürftiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen.

43

5. Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen.

44

6. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Entgegen dem Vorbringen des Anmelders weicht die Entscheidung des Senats auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder des Bundespatentgerichts ab. Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2001, 1158 - Dorf Münsterland) betrifft die Kollision zweier Marken im Verletzungsverfahren und kein Anmeldeverfahren. Der BGH führt dort nur kurz aus, dass der Begriff „Dorf“ für eine Hotel- und Freizeitanlage und die dort erbrachten Dienstleistungen keinen beschreibenden Inhalt habe; derartige Dienstleistungen einer Hotel- und Freizeitanlage sind indes vorliegend nicht verfahrensgegenständlich. Eine Abweichung besteht auch nicht im Hinblick auf die Einzelfallerwägungen der vom Anmelder in Bezug genommenen Entscheidung des Bundespatentgerichts (BPatG BeckRS 2009, 14462 - Caribbean Village). Während der Verkehr hinsichtlich der unter dem Zeichen „Caribbean Village“ (mit der Bedeutung „karibisches Dorf“) angebotenen Dienstleistungen im Bereich „Unterhaltung“ und „Verpflegung von Gästen“ nur mittelbare und vage Vorstellungen über deren Inhalt, Gegenstand oder Thema hat (BPatG, a. a. O., BeckRS 2009, 14462 - Caribbean Village), hat er bei Dienstleistungen, in einem „Dorf vom Santa Claus“, also die auf einem Weihnachtsmarkt angeboten werden, sehr konkrete Erwartungen. Die Einzelfallerwägungen des zitierten Urteils lassen sich daher nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall übertragen. Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist daher nicht gegeben.