Entscheidungsdatum: 07.04.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 00 505
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2010 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben, soweit darin unter Aufhebung des Beschlusses derselben Markenstelle vom 4. Juni 2008 (Erstbeschluss) der Widerspruch aus der Marke 300 28 239 hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: „chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers“.
In dem genannten Umfang wird die Erinnerung des Markeninhabers gegen den Beschluss der genannten Markenstelle vom 4. Juni 2008 zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Der Antrag des Markeninhabers, dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I.
Die am 9. Januar 2006 angemeldete Wort-/Bildmarke, farbig (orange, grün, rot),
ist am 23. Februar 2006 unter der Nummer 306 00 505 für folgende Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden:
„Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettemittel (Körperpflege), Seifen, Parfümeriewaren; chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, Babykost, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Werbung auf dem Gebiet der Pharmazie, Verkaufsförderung für Dritte, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, Büroarbeiten, Versandhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, Großhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, organisatorische Beratung, betriebswirtschaftliche Beratung; Lagerung von Ware im pharmazeutischen Bereich, Zustellung von Ware im pharmazeutischen Bereich; Dienstleistungen eines Arztes, Gesundheits- und Schönheitspflege, Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers, ambulante Pflegedienstleistungen, Dienstleistungen eines medizinischen Labors, Seniorenpflegedienste“.
Die Veröffentlichung erfolgte am 31. März 2006.
Gegen die Eintragung ist Widerspruch erhoben aus der Marke 300 28 239
die seit dem 7. Juni 2001 eingetragen ist als Wort-/Bildmarke in den Farben schwarz, blau, weiß für folgende Waren:
„Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich orthomolekulare Produkte, die Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthalten“.
Mit Erstbeschluss vom 4. Juni 2008 hat die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts teilweise eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
„Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettemittel (Körperpflege), Seifen; chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, Babykost, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Dienstleistungen eines Arztes, Gesundheits- und Schönheitspflege, Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers, Dienstleistungen eines medizinischen Labors“.
Im Übrigen wurde der Widerspruch gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG wegen fehlender Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zurückgewiesen. Im Umfang der Teillöschung bestehe angesichts identischer bzw. ähnlicher Waren und Dienstleistungen die Gefahr klanglicher Verwechslungen; die sich gegenüberstehenden Marken würden allein durch die Bestandteile SANAVITAL einerseits und SanoVITAL andererseits geprägt. Auch wenn die Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils SanoVITAL der Widerspruchsmarke im Gesamteindruck leicht unterdurchschnittlich sein dürfte, sei die Abweichung der in den Wortmitten gelegenen, dunkel klingenden Vokale „a“ gegenüber „o“ nicht geeignet, angesichts der überwiegenden Übereinstimmungen eine klangliche Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Auf die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke hat die Markenstelle in einem zweiten Beschluss vom 19. Januar 2010 eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint und den Erstbeschluss aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet wurde und auch insoweit den Widerspruch aus der Marke 300 28 239 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Frage sei bereits, ob die Marken angesichts der Kennzeichnungsschwäche oder gar Schutzunfähigkeit von „Sano“, „Sana“ und „Vital“ durch die Wortbestandteile SANAVITAL und SanoVITAL geprägt würden oder ob der Schutz der Marken jeweils auf der bildlichen Ausgestaltung beruhe. Diese Frage bedürfe indes keiner abschließenden Entscheidung; denn selbst bei Prägung der Marken durch SANAVITAL und SanoVITAL bestehe keine klangliche Verwechslungsgefahr, da sich der Schutzbereich der Widerspruchsmarke auf die konkrete Wortverbindung SanoVITAL beschränke mit der Folge, dass allenfalls gegen insoweit identische Kennzeichnungen Rechte geltend gemacht werden könnten. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter seien wegen unterschiedlicher Mittelvokale aber nicht identisch. In bildlicher Hinsicht gewährleiste die abweichende grafische Gestaltung die Unterscheidbarkeit; für andere Arten der Verwechslungsgefahr gebe es keinen Anhalt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er hält mit näheren Ausführungen angesichts teils identischer, teils hochgradig ähnlicher Waren- und Dienstleistungen bereits beim Vergleich der Marken in ihrer Gesamtheit, zumindest aber in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr für gegeben, weil die Wortbestandteile SANAVITAL und SanoVITAL innerhalb der Marken den jeweiligen Gesamteindruck prägten.
Der Widersprechende beantragt,
unter Wiederherstellung des Erstbeschlusses vom 4. Juni 2008 die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2010 insoweit aufzuheben als dort der Widerspruch zurückgewiesen wird.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen,
die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hält mit näheren Ausführungen unter keinem Gesichtspunkt Verwechslungsgefahr für gegeben. Beim Gesamtvergleich seien die sich gegenüberstehenden Wort-/Bildmarken im Hinblick auf abweichende Wort- und Bildbestandteile deutlich unterscheidbar. Den voneinander abgesetzten Wortbestandteilen „Sana“, „Sano“ und „Vital“ komme kein besonderer Schutz zu; von einer phantasievollen Wortzusammenfügung könne schon wegen der grafischen Gestaltung nicht die Rede sein; jedenfalls sei wegen starker Kennzeichnungsschwäche dieser Begriffe Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht in klanglicher Hinsicht teilweise eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Sie führt teilweise zur Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle und teilweise zur Zurückweisung der Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke und damit zur Bestätigung der im Erstbeschluss angeordneten teilweisen Löschung gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Hinsichtlich der weiteren verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen ist die Beschwerde nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken insoweit keiner Gefahr einer Verwechslung im Verkehr unterliegen.
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Waren und Dienstleistungen der angegriffene Marke 306 00 505, hinsichtlich derer die Markenstelle im Erstbeschluss den Widerspruch zurückgewiesen hat, nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind; da der Widersprechende keine Erinnerung eingelegt hat, ist die Zurückweisung des Widerspruchs insoweit rechtskräftig.
Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE; GRUR 2006, 413 ff. - Nr. 17 - ZIRH/SIR; GRUR 2006, 237 ff. - Nr. 18 - Picaro/Picasso; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG; 9. Aufl. § 9 Rdn. 32, 33).
Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen im Umfang der im Tenor unter 1. genannten Waren und Dienstleistungen zu besorgen.
Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware/Dienstleistung befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware bzw. der in Anspruch genommenen Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 Nr. 24. - Lloyd/Loint’s).
Die Aufmerksamkeit des Publikums bei Auswahl und Erwerb von Waren und Inanspruchnahme von Dienstleistungen der vorliegenden Art wird nicht einheitlich sein; im Bereich der - teils auch preislich gehobenen – Körper- und Schönheitspflege, bei denen die Kunden im allgemeinen markenbewusst sind, eher höher, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Körperpflegemitteln dagegen eher durchschnittlich. Allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, pflegt der Verkehr eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen (vgl. BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).
Die als Wort-/Bildmarke geschützte Widerspruchsmarke verfügt in ihrer Gesamtheit originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Dies beruht schon auf den darin enthaltenen Bildbestandteilen; Anhaltspunkte dafür, dass diesen im für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Produkt-/Dienstleistungsbereich eine beschreibende, die Kennzeichnungskraft schwächende Bedeutung zukommen könnte, sind nicht ersichtlich.
Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren bzw. Dienstleistungen ist von der Registerlage auszugehen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren/Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigungaller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigenbetrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigenVertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinanderkonkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungenoder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus den selben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was zu unterstellen ist - mitidentischen Markengekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 582 ff. - Nr. 85 - VITAFRUIT; BGH GRUR 2006, 941 ff. - Nr. 13 - TOSCA BLU; 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; Ströbele/Hacker, a. a. O.; § 9 Rdn. 49). |
Zwischen den speziellen Präparaten für die Gesundheitspflege, nämlich orthomolekularen, Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthaltenden Produkten der Widerspruchsmarke und den Waren „chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“ der jüngeren Marke ist nach Art, Beschaffenheit, Verwendungszweck und regelmäßiger betrieblicher Herkunft Identität möglich. Hinsichtlich der Dienstleistungen „Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers“ ist von enger Ähnlichkeit auszugehen, da bei den maßgeblichen Verkehrskreisen der Eindruck entstehen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch in dem entsprechenden Dienstleistungsbereich betätigt. Dass Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln wie die beanspruchten orthomolekularen Produkte, zu denen neben Unternehmen der pharmazeutischen Industrie auch Apotheker gehören können, diesbezügliche Beratungs- und Apothekerdienstleistungen anbieten, ist - zum Beispiel im Internet - üblich und weit verbreitet. Dasselbe gilt auch umgekehrt.
Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen „Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettenmittel (Körperpflege), Seifen, Babykost, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen eines medizinischen Labors“ kann allenfalls von entfernter Ähnlichkeit ausgegangen werden. Mit den sehr speziellen orthomolekularen Produkten der Widerspruchsmarke, die in erster Linie hochdosiert zum Ausgleich von Mängeln an Mikronährstoffen im Körper oral verabreicht werden, sind in diesem Produkt- und Dienstleistungsbereich keine Überschneidungen feststellbar; darauf, dass die Gesundheitspflege im Allgemeinen Mittel und Maßnahmen zur Pflege und Erhaltung des gesunden menschlichen Körpers umfassen kann, deren Wirkungen ihren Schwerpunkt gerade nicht in der Heilung oder Linderung krankhafter Zustände haben, kommt es nicht an, da die Widerspruchsmarke nicht für Präparate für die Gesundheitspflege nach dem Oberbegriff geschützt ist, sondern nach der Fassung des Warenverzeichnisses allein für „orthomolekulare Produkte, die Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthalten“.
Im Bereich der sich danach gegenüberstehenden teilweise identischen, teilweise einander eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand einzuhalten. Im Bereich der allenfalls entfernt ähnlichen Waren und Dienstleistungen genügen indessen geringe Abweichungen, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2008, 258 (Nr. 26) - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905 (Nr. 12) - Pantohexal; GRUR 2008, 909 (Nr. 13) - Pantogast), wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 9 Rdn. 111). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2009, 772, 776 (Nr. 57) - Augsburger Puppenkiste). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 414 - Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044 - Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843 - Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235 - Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 487 - Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60 ff. - Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei kann für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen (st. Rspr. vgl. z. B. BGH a. a. O. Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 183 m. w. N.).
In der Gesamtwirkung der Vergleichsmarken besteht in keiner Hinsicht Zeichenähnlichkeit. Wegen des nur in der jüngeren Marke enthaltenen Wortes „APOTHEKE“, des nur in der Widerspruchsmarke enthaltenen Ausspruchs „sich wieder richtig gut fühlen!“, der in beiden Marken deutlich abweichenden Bildbestandteile - einerseits die Verzierung des Buchstabens „V“ durch stilisiert gestaltete Blätter und ein Halbbogen über den Buchstaben „A“ bis „T“, anderseits ein schwebender, stilisiert dargestellter Mensch und ein Phantasiegebilde enthaltendes Kreissegment - sowie der abweichenden farblichen und grafischen Ausgestaltung unterscheiden sich die Zeichen in jeder Hinsicht deutlich.
Im Unterschied zum bildlichen wird der klangliche Gesamteindruck einer Wort-/Bild-Marke in der Regel allerdings durch den Wortbestandteil geprägt, wenn er schutzfähig ist (vgl. etwa BGH GRUR 2008, 258, 260 (Nr. 23) - INTERCONNECT/T-Interconnect; GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) - SIERRA ANTIGUO). Nach diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall von einer Prägung des Gesamteindrucks der Vergleichsmarken durch die Wörter SANAVITAL einerseits und SanoVITAL andererseits auszugehen. Im Einzelnen:
Bei dem in der Widerspruchsmarke enthaltenen Satz „sich wieder richtig gut fühlen!“ handelt es sich hinsichtlich der beanspruchten orthomolekularen Produkte, die allgemein zur Vermeidung und Behandlung von Krankheiten durch Ernährungsmängel angeboten werden, um eine anpreisende, beschreibende Werbeaussage, die - auch in der größenmäßig unauffälligen Aufmachung - in den Hintergrund tritt und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmt. Der Bestandteil SanoVITAL tritt innerhalb der Widerspruchsmarke demgegenüber schon durch seine größenmäßige Aufmachung in zentraler Position deutlich hervor.
Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist SanoVITAL auch als schutzfähiger, die Prägung bewirkender einheitlicher Wortbestandteil zu bewerten. Dies ergibt sich aus der - für die Schreibweise geschlossener Wörter üblichen - Wiedergabe des Wortes in gleichen Abständen der Einzelbuchstaben, der Verwendung derselben Farbe (schwarz) und der etwas herabgesetzten Anordnung des Anfangs- und Endbuchstabens, was zusätzlich verbindend wirkt. Zwar ist der Wortteil „VITAL“ in Großbuchstaben wiedergegeben, während bei „Sano“ einem großen Anfangsbuchstaben die Kleinschreibung nachfolgt. Diese Darstellung führt jedoch nicht zum Verständnis von zwei getrennt zu beurteilenden Markenwörtern. Derartige grafische Gestaltungen - wie zum Beispiel auch Binnengroßschreibung - werden zu Werbezwecken häufig eingesetzt und liegen mittlerweile im Rahmen eines üblichen Schriftbildes (vgl. BGH MarkenR 2003, 388 - AntiVir; BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; EuGH GRUR 2006, 229 - BioID). Diese typographische Besonderheit ist zwar bei der klanglichen Wiedergabe nicht wahrzunehmen. Darauf kommt es aber auch nicht an. Denn bei der Ermittlung des klanglichen Gesamteindrucks ist zu bestimmen, wie der Verkehr die Marke phonetisch wiedergibt, wenn er sie so sieht, wie sie eingetragen ist.
Entgegen der Erwägung der Erinnerungsprüferin stellt SanoVITAL trotz gewisser beschreibender Anklänge in seiner Gesamtheit ohne eingehende Analyse, die der Verkehr nicht vornimmt, eine phantasievolle Wortbildung dar, die auch bei Annahme einer gewissen Kennzeichnungsschwäche geeignet ist, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zu prägen. Nur dann, wenn bei der nachträglichen Prüfung im Kollisionsverfahren die Schutzfähigkeit eines Bestandteils der älteren Marke verneint wird, kann dieser Bestandteil den Gesamteindruck der Marke nicht prägen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder).
In der Gesamtschau spricht daher alles dafür, dass dem Verkehr der Bestandteil SanoVITAL als Gesamtwort als prägender Bestandteil und auch nicht nur als sachbezogener Hinweis auf ein bestimmtes Warenangebot des Widersprechenden nahe gebracht werden soll, dass er dementsprechend von einem nicht nur unerheblichen Teil des Verkehrs auch so aufgefasst wird und die klangliche Wiedergabe der Marke dahingehend beeinflusst.
Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird allein durch SANAVITAL geprägt. Das außerdem in kleinerer, abgesetzter Gestaltung enthaltene Wort „Apotheke“ ist ein beschreibender Hinweis auf die Vertriebs-/Erbringungsstätte der Waren/Dienstleistungen und kommt wegen fehlender Unterscheidungskraft für eine Prägung des Gesamteindrucks nicht in Betracht. Entgegen der Erwägung der Erinnerungsprüferin ist auch SANAVITAL als eine schutzfähige Einheit zu bewerten. Auch für die jüngere Marke ergibt sich diese Bewertung aus der Wiedergabe des Wortes in gleichen Abständen der Einzelbuchstaben, wobei die gleiche farbliche Gestaltung (grün) „SANA“ und „VITAL“ einander zuordnet; der gelbe Halbbogen, der die Elemente „SANA“ vom Aufstrich des Buchstabens „N“ bis zum Buchstaben „T“ des Elements „VITAL“ überspannt, wirkt zusätzlich verbindend. Zwar sind die genannten Wortteile in der Zeile etwas versetzt und in etwas unterschiedlicher Schriftgröße wiedergegeben. Diese Darstellung führt jedoch aufgrund der genannten verbindenden Elemente nicht zur Auffassung von zwei getrennt zu beurteilenden Bestandteilen. Der normalsichtige Verbraucher wird nach alledem zu einem nicht unerheblichen Teil bei natürlicher und ohne sich verbietende analysierende Betrachtungsweise die jüngere Marke mit SANAVITAL als Gesamtwort benennen.
Dieses in der jüngeren Marke blickfangartig herausgestellte Wort SANAVITAL ist auch bei Annahme einer gewissen Kennzeichnungsschwäche wegen beschreibender Anklänge schutzfähig und damit geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen; auf die obigen Ausführungen zum Wort. SanoVITAL wird Bezug genommen.
Die danach klanglich zum Vergleich stehenden Markenwörter SANAVITAL und SanoVITAL sind bis auf die klangschwachen Vokale „A/o“ im Wortinneren identisch, so dass eine hochgradige klangliche Zeichenähnlichkeit festzustellen ist.
In der Gesamtabwägung führt dies vorliegend zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke im Bereich identischer Waren und eng ähnlicher Dienstleistungen wegen der geringfügigen Unterschiede in den prägenden Elementen der Vergleichsmarken den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr einhält und jedenfalls in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr besteht, was ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 714, 717 - Nr. 37 - idw).
Vor allem in der europäischen Rechtsprechung finden sich zwar Erwägungen, dass die klangliche Zeichenähnlichkeit in der rechtlichen Beurteilung der Verwechslungsgefahr in den Hintergrund tritt, soweit die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen überwiegend auf Sicht gekauft bzw. in Anspruch genommen werden (EuG GRUR Int. 2003, 1017, 1019 Nr. 55 - BASS-PASH; EuG MarkenR 2004, 162, 167 Nr. 51 - ZIRH/SIR; EuGH GRUR 2006, 313, 414 Nr. 21 - ZIRH/SIR); hinsichtlich der hier vorliegenden Marken lässt sich indessen schon nicht feststellen, dass sie vor allem visuell wahrgenommen werden.
Zudem ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hervorgehoben, dass auch dem „Kauf auf Sicht" häufig mündliche Nachfragen, Empfehlungen und auch Gespräche unter Verbrauchern vorausgehen, bei denen klangliche Verwechslungen von Marken stattfinden können (vgl. BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions). Abgesehen davon wird erfahrungsgemäß selbst bei einer nur optischen Wahrnehmung einer Marke gleichzeitig der klangliche Charakter des den Gesamteindruck prägenden Markenwortes unausgesprochen mit aufgenommen und damit die Erinnerung an klanglich ähnliche Marken geweckt, die von früheren Begegnungen bekannt sind. Die klangliche Verwechslungsgefahr wird insoweit nicht durch ein unmittelbares Hören, sondern durch die ungenauen Erinnerungen an den Klang einer der beiden Marken ausgelöst (vgl. BPatGE 23, 176, 179 - evit/ELIT; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 188 m. w. N.). Dies gilt entsprechend für Dienstleistungen.
Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass es für die Feststellung der Verwechslungsgefahr ausreichend ist, dass nur in einer Richtung Markenähnlichkeit besteht.
Im Bereich nur entfernt ähnlicher Waren und Dienstleistungen führt die Gesamtabwägung vorliegend zur Feststellung, dass die angegriffene Marke den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke noch einhält und eine Gefahr von Verwechslungen in jeder Hinsicht ausgeschlossen werden kann.
Die Beschwerde ist daher in dem aus dem Tenor unter Ziffer 1. genannten Umfang begründet, so dass der Erinnerungsbeschluss keinen Bestand haben kann; im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
Die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses, mit der Kosten nicht auferlegt worden sind, ist nicht mit der Beschwerde angegriffen. Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke eine Kostenauferlegung beantragt, beinhaltet dies damit nicht die Überbürdung der Kosten des patentamtlichen Widerspruchsverfahrens auf den Widersprechenden. Eine Entscheidung über die Kosten des patentamtlichen Widerspruchsverfahrens durch den Senat ist daher nicht veranlasst.
Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.