Entscheidungsdatum: 11.04.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 012 643.0
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die am 28. April 2016 angemeldete Wortmarke
Samtfarben
soll u. a. für die Waren
„Klasse 02: Anstrichmittel; Farben; Lacke; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet und sodann mit Beschlüssen vom 2. September 2016 und vom 31. Mai 2017, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise, nämlich für die o. g. Waren, wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.
Das angemeldete Zeichen setze sich aus dem Substantiv „Samt“ (= feines Gewebe, meist aus Baumwolle, mit seidig weicher, wie Pelz beschaffener Oberfläche von kurzem Flor) und dem Suffix „-farben“ zusammen und werde vom Verkehr ohne weitere gedankliche Zwischenschritte dahingehend verstanden, dass etwas eine dem Samt ähnliche Farbwirkung mit seidig-weicher bzw. samtig-glänzender Beschaffenheit/Erscheinung besitze, also weich, seidig glänzend oder leicht changierend wirke. In diesem Sinne werde die angemeldete Bezeichnung auch bereits verwendet.
Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren beschreibe Samtfarben ein Merkmal der so gekennzeichneten Waren, nämlich dass diese geeignet seien, eine samtige Farbwirkung zu erzeugen. Einen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen enthalte die Angabe hingegen nicht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass das aus den Substantiven „Samt“ und „Farbe(n)“ gebildete Anmeldezeichen eine Wortneuschöpfung darstelle, welche vom Verbraucher allenfalls nach einem eingehenden Denkprozess in dem von der Markenstelle angenommene Sinne verstanden werde. Denn bei „Samt“ als Bezeichnung eines textilen Gewebes handele es sich nicht um eine Farbe. „Samt“ könne man nicht aufstreichen oder als Baumaterial verwenden; vielmehr vermittele „Samt“ als textiler Webstoff vorwiegend einen haptischen Eindruck. Die Haptik spiele jedoch bei den zurückgewiesenen Waren keine wesentliche Rolle; diese dienten vor allem der Bearbeitung und Gestaltung von Oberflächen. Dementsprechend werde „Samt“ in erster Linie mit Kleidung und nicht mit den vorliegend relevanten Waren in Verbindung gebracht. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Umstands, dass auch das Substantiv „Farbe“ mehrere Bedeutungen habe, bedürfe es jedenfalls eines erheblichen Interpretationsaufwandes, um Samtfarben in dem von der Markenstelle angenommenen Sinne zu verstehen.
Dementsprechend seien auch eine Reihe von Marken mit den Bestandteilen „Farbe“ oder „Samt“ eingetragen worden.
Da der Verkehr dem angemeldeten Zeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen könne, fehle es auch an einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 2016 und vom 31. Mai 2017 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Der Senat hat der Anmelderin Rechercheergebnisse zur branchenüblichen Verwendung des Begriffs Samtfarben übersandt. Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 3. April 2019 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. April 2019, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Die angemeldete Wortmarke Samtfarben ist als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 und 5 MarkenG).
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann. Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 – Chiemsee; GRUR 2004, 674 Nr. 56 – Postkantoor; Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 8 Rn. 377 m. w. N.). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 29 – Chiemsee; GRUR 2006, 411 Nr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 392, 393).
Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren oder Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftige beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Nr. 35 – Chiemsee; GRUR 2004, 674 Nr. 56 – Postkantoor). Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH GRUR 1999, 723, Nr. 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146, Nr. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, Nr. 97 – Postkantoor ; GRUR 2004, 680, Nr. 38 – BIOMILD; EuGH MarkenR 2008, 160, Nr. 35 – HAIRTRANSFER ; EuGH GRUR Int. 2010, 503, Nr. 37 – Patentconsult; EuGH GRUR 2010, 534, Nr. 52 – PRANAHAUS; GRUR 2011, 1035, Nr. 38 – 1000; BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; GRUR 2008, 900, Nr. 12 – SPA II; GRUR 2012, 272, Nr. 12, 17 – Rheinpark-Center Neuss; GRUR 2012, 276, Nr. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; siehe auch Ströbele/ Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 377, 379 ff.).
2. Das angemeldete Zeichen Samtfarben besteht nach diesen Maßstäben in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren ausschließlich aus einer Angabe, die die Beschaffenheit und die Bestimmung der beanspruchten Waren beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien und ungehinderten Verwendung dieser Angabe.
a) Bei diesen Waren handelt es sich um solche, die auf Verbraucherseite breite Verkehrskreise aus dem Bereich Heimwerker und Maler und in diesen Bereichen tätige Fachkreise ansprechen.
b) Bei dem Anmeldezeichen Samtfarben handelt es sich um eine ohne weiteres erkennbare Kombination der Begriffe „Samt“ und „-farben“.
Diese kann formal als Determinativkompositum der Substantive „Samt“ als Bezeichnung für ein „feines Gewebe, meist aus Baumwolle, mit seidig-weicher, wie Pelz beschaffener Oberfläche von kurzem Flor“ (vgl. DUDEN-online zu „Samt“) und „Farben“ als Pluralform des Substantivs „Farbe“, welches die umgangssprachliche Bezeichnung für farbgebende Stoffe ist (vgl. DUDEN-online zu „Farbe“), verstanden werden, welchem wortsinngemäß die Bedeutung „Farbe(n) des Samts“ zukommt. In dieser Bedeutung weist Samtfarben dann auch – insoweit ist der Markeninhaberin zu folgen – in Bezug auf die vorliegend relevanten Waren, bei denen es sich nicht um Gewebestoffe handelt und die auch in keinem näheren Bezug zu diesen stehen, weder einen beschreibenden noch sonstigen sachbezogenen Aussagehalt auf.
Zu beachten ist aber, dass der Markenbestandteil „Samt-“ in Wortbildungen wie z. B. dem lexikalisch nachweisbaren Begriff „samtig“ (= „weich, zart wie Samt; samtartig; besonders weich, dunkel tönend“; vgl. DUDEN-online zu „samtig“) oder auch „samtartig“ vor allem auch in Zusammenhang mit nicht textilen, sondern beschichteten bzw. lackierten (Kunst- und/oder Natur-)Stoffen und Oberflächen auf eine dem textilen Stoff „Samt“ in Struktur und Beschaffenheit vergleichbare, d. h. seidig-weiche optische und/oder haptische Ausgestaltung dieser Stoffe/Flächen hinweist.
Dieser optische und/oder haptische Effekt kann dabei nicht nur durch eine Bearbeitung der entsprechenden Oberfläche oder des Untergrundes selbst, sondern auch durch eine Beschichtung und Gestaltung solcher Oberflächen mit entsprechenden Farben und Lacken, die über eine solche samtartige Struktur verfügen und/oder diese (zumindest) erzielen können, bewirkt werden. So belegen die Ergebnisse einer Internetrecherche, die der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Verfügung gestellt worden ist, dass bereits lange vor dem Anmeldezeitpunkt insbesondere auch Anstrich- und Beschichtungsmittel damit beworben wurden, dass sie dazu bestimmt und geeignet seien, einen „Samteffekt“ zu erzeugen.
Verwiesen werden kann auf das auf der am 14.06.2006 abrufbaren Internetseite https://www.baubook.at/m/Daten/Infos/SI2142729653/AT87/ID62522/EP_4007_de_SW.pd eingestellte „Technische Merkblatt zu einem farblosen 2 Komponenten Polyurethanlack auf Wasserbasis für Küchen-, Wohn- und Büromöbel“ mit dem Produktnamen „AQUATOPSTAR-Samteffekt“; ferner auf die Fundstelle http://speziallacke.com/stoff-effektlack.php vom 11. August 2015, auf der unter der Überschrift „Stoff Effektlack, für weiche und samtige Oberflächen“ ein Produkt beworben wird, zu dem u. a. ausgeführt ist: „Dieser Lack wird für Möbel, Holzpaneele, elektronische Instrumente, Lampen und jedes Objekt, das einen glatten und zarten Samteffekt benötigt, empfohlen“.
Weiterhin heißt es auf der am 29. Januar 2015 auf der Internetseite https://www.kunsmann-wittlich.de/index.php/92-ansprechpartner zu einer unter der Bezeichnung „Alligator Art Velluto“ angebotenen Spachtelmasse: „Dekorative, metallisch-schattierend wirkende Spachtelmasse mit Samteffekt für Wand- und Deckenflächen im Innenbereich“. Auf der am 2. Juni 2012 abrufbaren Internetseite https://www.malerbedarf-egger.de/oikos/oikos-ottocento/ottocento-1-liter.html wurde unter dem Produktnamen „Ottocento“ eine Effektspachtelmasse mit „Samtoptik“ angeboten, zu der u. a. ausgeführt wird: „Vor dem Trocknen das aufgetragene Produkt nochmals spachteln, um den gewünschten Samteffekt zu erzielen.“ Verwiesen werden kann ferner in diesem Zusammenhang noch auf die auf der Internetseite https://www.archiproducts.com/de/produkte/valpaint/dekorative-wandfarbe-klondike-light_88090 unter dem 29. Juli 2011 angebotene „Dekorative Wandfarbe KLONDIKE LIGHT“, wo es u. a. heißt: „Auf den mit diesen Farben dekorierten Oberflächen glitzern wunderschöne Metallfragmente, die die Gold-, Silber- und Samteffekte der Farbe noch zusätzlich unterstreichen“ sowie ferner auf das unter http://decorativi.san-marco.com/deu/produkte/cadoro-velvet (29.02.2016) angebotene Produkt „CADORO VELVET – DEKO-FINISH mit Samteffekt“.
Die der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlagen 2 und 3 übersandten Rechercheergebnisse belegen ferner, dass auch diese selbst bereits vor dem Anmeldezeitpunkt ein von ihr vertriebenes, zur Erzeugung eines „Samteffekts“ geeignetes Produkt unter der Bezeichnung „Creativ Tenero 84 – Samteffekttechnik Serico 4c14“ beworben und vertrieben hat.
c) Vor diesem Hintergrund lag es dann aber für die vorliegend von den beschwerdegegenständlichen Waren angesprochenen breiten Verkehrskreise aus dem Bereich Heimwerker und Maler und in diesen Bereichen tätige Fachkreise auch bereits zum Anmeldezeitpunkt nahe, die angemeldete Begriffskombination Samtfarben bereits aus sich heraus in Zusammenhang mit der Beschichtung und Gestaltung von Oberflächen dienenden Farben und Lacken nicht als Determinativkompositum mit der oben genannten Bedeutung „Farben des (textilen Gewebes) Samt“, sondern naheliegend i. S. von „Farben wie Samt“, d. h. Farben bzw. farbgebende Stoffe mit einer samtartigen Struktur und Beschaffenheit („Samteffekt“) zu verstehen. Die ebenso wie z. B. die Begriffskombinationen „beigefarben“, „sandfarben“ mit „-farben“ als Suffix gebildete angemeldete Bezeichnung Samtfarben weist damit in einer ohne weiteres verständlichen Form auf eine bestimmte optische/haptische Struktur eines (beliebigen) Farb- und sonstigen (farblichen) Beschichtungsmittels hin.
Wenngleich die Eignung eines Zeichens zur unmittelbaren Beschreibung von Waren und Dienstleistungen i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht davon abhängt, ob es zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits bekannt war und/oder beschreibend verwendet wurde, da es ausreicht, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 8 Rdnr. 377), so belegen die Ergebnisse einer der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlage 3 übermittelten Internetrecherche des Senats, dass Farben und Lacke mit einem solchen Effekt auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung als „Farben wie Samt“ (vgl. https://www.malerblatt.de/ allgemein/farben-wie-samt/ vom 02.12.2015 mit der Überschrift „Britischer Farbenhersteller. Farben wie Samt“) oder eben auch als „Samtfarbe(n)“ bezeichnet wurden (vgl. www.selg-bauwelt.gartenmoebel-online.de/home.aspx?content=/ shop/... v. 29.04.2010: „Serie Viva Noblesse Korpus Wildbirne Front Wildbirne samtfarben“).
d) Solche Angaben zu einer bestimmten optischen/haptischen Struktur einer Farbe oder eines sonstigen (farblichen) Beschichtungsmittels sind zur Beschreibung von Waren geeignet, soweit die betreffende Farbe oder Farbwirkung ein wesentliches Produktmerkmal darstellt (vgl. etwa BPatG, 24 W (pat) 160/02 – Deep Red; 24 W (pat) 315/03 – COOL BLUE; 28 W (pat) 120/10 – Cotto) oder die Farbangabe Auskunft über die Bestimmung der Ware gibt (siehe m. w. Nachw. a. d. Rspr.: Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 544). Dies ist in Bezug auf die vorgenannten Waren der Fall.
So können die farbgebenden Waren „Anstrichmittel; Farben; Lacke; Färbemittel“ ihrer Art und Beschaffenheit nach entweder eine sich weich „wie Samt“ anfühlende oder auch optisch „wie Samt“ aussehende (farbige) Oberfläche/Struktur schaffen. Das Anmeldezeichen beschreibt insoweit sowohl ein wesentliches Beschaffenheitsmerkmal der genannten Waren unmittelbar, nämlich dass es sich um der Farbgebung dienende Waren zur Herbeiführung eines optischen/haptischen „Samteffekt(s)“ handelt. Auch bei den weiterhin zu Klasse 2 zurückgewiesenen Waren „Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“ stellen Farbe und Farbwirkung bzw. -struktur ein wesentliches Produktmerkmal dar. Samtfarben beschreibt daher auch insoweit wesentliche Merkmale der fraglichen Waren unzweideutig und unmittelbar.
e) Um Samtfarben in Bezug auf diese Waren i. S. von „Farben wie Samt“ als beschreibende Angabe für eine dem Samt entsprechende optische/haptische Struktur dieser Waren zu verstehen, bedarf es entgegen der Auffassung der Anmelderin keiner analysierenden, mehrere differenzierende Gedankenschritte erfordernden Betrachtungsweise und auch keines vertieften Nachdenkens. Die Wortkombination Samtfarben weist auch keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten, sondern erschöpft sich in Bezug auf die beanspruchten Waren in einer aus sich heraus verständlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Beschaffenheitsangabe.
Soweit Samtfarben – wie bereits dargelegt – auch als Determinativkompositum i. S. von „Farbe(n) des Samts“ verstanden werden kann, vermag dies eine Schutzfähigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Mehrdeutigkeit bereits deshalb nicht zu begründen, weil bei allen absoluten Schutzhindernissen die Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens konkret in Bezug auf die mit der Anmeldung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG beanspruchten Waren/Dienstleistungen zu erfolgen hat. In Kombination mit den vorliegend maßgeblichen Waren drängt sich für den Verkehr jedoch allein ein Verständnis von Samtfarben in dem dargelegten beschreibenden Sinne auf. In rechtlicher Hinsicht ist zudem zu beachten, dass ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (EuGH, GRUR Int. 2004, 410, 412, Rdn. 38 – Biomild; BGH, GRUR 2008, 900, Rdn. 15 – SPA II).
3. Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen insbesondere mit den Bestandteilen „Farbe“ oder „Samt“ Bezug nimmt, entfalten in rechtlicher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Nr. 18 – Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 Nr. 8 – Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.
4. Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.