Entscheidungsdatum: 23.03.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 043 770.5
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die am 26. Juli 2013 angemeldete Wortmarke
Touch Protect
soll u. a. für die Waren
„Klasse 2:
Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke; Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Anstrichmittel als Holzschutzmittel; Färbemittel; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; spachtelbare Farben zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;
Klasse 3:
Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk;
Klasse 19:
An Baumaterialien (nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten); Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Spachtelmassen (Baumaterial) zum Verfüllen von Rissen, Löchern, Spalten und Ausgleich von Unebenheiten, Spachtelmassen und Grundierungsmittel (soweit in Klasse 19 enthalten) für Bauzwecke“
eingetragen werden.
Mit Beschluss vom 14. Februar 2014 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung teilweise, nämlich für die o. g. Waren zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf diese Waren an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Die angemeldete Bezeichnung Touch Protect werde der Verkehr dahingehend verstehen, dass es sich bei den Waren um solche handele, die etwa Oberflächen und Beläge vor Beschädigungen und Beschmutzungen durch Berührung schützten. Die Wortkombination stamme zwar aus der englischen Sprache, sei jedoch sprachüblich aus den Wörtern des englischen Grundwortschatzes „Touch “ für „berühren“ und „Protect“ für „Schutz“ zusammengesetzt. Deren Bedeutung sei durch Begriffsbildungen wie „Touch Screen“ bzw. „Protektion“ auch im Inland bekannt. Die Begriffskombination werde daher ohne weitergehende Englischkenntnisse unmittelbar in dem genannten Sinne verstanden werden, nämlich dass es sich um Produkte zum Schutz vor Berührungen handele. Alle in Frage stehenden Waren könnten dem Schutz vor Berührungen dienen oder mit einem solchen versehen sein. Wie dabei vor Berührungen geschützt werde, müsse nicht genau definiert werden. Eine gewisse Unschärfe des angemeldeten Markenbegriffs führe noch nicht zu seiner Schutzfähigkeit. Touch Protect sei aus sich heraus verständlich und weder mehrdeutig noch interpretationsbedürftig. Zudem werde die Bezeichnung in dem genannten Sinne auch bereits verwendet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass der englische Begriff „Touch“ im Inland zwar aus Begriffsbildungen wie z. B. „Touchscreen“ bekannt sei und auch im Bereich Elektronik und Computer, Software, Wirtschaft oder Sport und Kultur verwendet werde. Eine Bedeutung im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren, nämlich im Kern Farben und Lacken, werde der inländische Verkehr dem Begriff „Touch" jedoch nicht zuordnen, zumal dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch auch i. S. von „Hauch“ verstanden werde. Aber nicht nur „Touch", sondern auch der weitere Begriff „Protect“ sei in seiner denkbaren Bedeutung „schützen“ für die angegebenen Waren nicht beschreibend. Denn mittels der angegebenen Waren sollen vorzugsweise ein dekoratives Erscheinungsbild hervorgerufen bzw. verschiedene Baustoffe miteinander verbunden werden, und eben nicht der Schutz von Rohmaterialen bewirkt werden.
Vor allem weise aber auch die Kombination der einzelnen Begriffe „Touch" und „Protect" in Bezug auf die beanspruchten Waren keine eindeutige, nachvollziehbare Bedeutung auf. Die Anmeldung einer Marke als beschreibend erfordere aber die zweifelsfreie Feststellung, dass aus der Sicht des angesprochenen Publikums eine ausreichend klare und spezifische Beziehung zwischen dem angemeldeten Wortzeichen und den beanspruchten Waren vorliege.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts für vom 14. Februar 2014 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke Touch Protect in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen weist die angemeldete Wortfolge Touch Protect in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.
Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Wortfolge, die aus zwei zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Begriffen, nämlich „Touch“ und „Protect“, gebildet ist. Der Begriff „Touch“ bedeutet als Substantiv „Berührung“ (vgl. http://www.dict.cc/englisch-deutsch/touch.html) und ist dem inländischen Verkehr vor allem als adjektivischer Bestandteil von fremdsprachlichen Begriffsbildungen wie z. B. „Touchscreen“ („Berührungs-/Tastbildschirm“), „Touchpad“ oder auch „Touch-Funktion“ geläufig. „Protect“ bedeutet als Verb „schützen“ und ist im Hinblick auf im Inland geläufige sinnverwandte Fremdwörter mit dem identischen lateinischen Wortstamm wie „Protektion, Protektionismus, Protektorat, Protektor, Protegé oder protegieren“ ohne weiteres verständlich. Wenngleich verschiedene Englisch-Lexika den Begriff nur mit der Bedeutung als Verb erfassen, ist auch die substantivische Wortbedeutung von „protect“ - und nicht nur „protection“ - im Sinn von „Schutz“ durch Begriffskombinationen wie z. B. „protect switch“ für „Schutzschalter“ oder „write protect“ für Schreibschutz belegt (so auch BPatG, juris 28 W (pat) 52/11, Beschl. vom 26.10.2011, Rn. 12 - Highprotect; 24 W (pat) 86/04, Rn. 14 - Lotus-Protect; EuG T-565/10, v. 6.3.2012, Highprotect).
In Ihrer Gesamtheit weist die angemeldete Wortkombination daher die Bedeutung von „Schutz vor Berührung“ bzw. „Berührungsschutz“ auf. Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne weiteres verständlich, zumal nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen auch der mit den fraglichen Waren befasste Handel zählt, der in aller Regel über umfangreichere Kenntnisse der englischen Sprache verfügt (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 - Chiemsee).
Mit diesem Sinn- und Bedeutungsgehalt wird die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit zurückgewiesenen Waren nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern lediglich als produktbeschreibende Sachangabe dahingehend verstanden, dass die beanspruchten Waren eine Schutzfunktion gegen Berührungen und dadurch verursachte Verunreinigungen und/oder Beschädigungen besitzen, zu einem solchen „Berührungsschutz“ beitragen oder auch selbst mit einem solchen Schutz versehen sind. Sämtliche zurückgewiesenen Waren umfassen oberbegrifflich auch solche, die ihrer Beschaffenheit nach die vorgenannten Eigenschaften aufweisen können. So können z. B. „Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke“ einen „Berührungschutz“ insoweit gewähren, als sie ihrer Beschaffenheit nach Verunreinigungen oder Verschmutzungen z. B. von Wandbelägen durch Berührungen entgegenwirken bzw. die Entfernung solcher Verschmutzungen ohne Beeinträchtigung des Wandbelags (z. B. durch Farbabrieb) ermöglichen. Ebenso können die zurückgewiesenen Waren „Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Anstrichmittel als Holzschutzmittel; Färbemittel; Naturharze im Rohzustand; spachtelbare Farben zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur; Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk Baumaterialien (nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten); Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Spachtelmassen (Baumaterial) zum Verfüllen von Rissen, Löchern, Spalten und Ausgleich von Unebenheiten, Spachtelmassen und Grundierungsmittel (soweit in Klasse 19 enthalten) für Bauzwecke“ oberbegrifflich auch solche umfassen, die jedenfalls zu einem solchen Schutz vor Berührung in vorgenanntem Sinne beitragen können. „Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“ hingegen können selbst mit einem solchen Schutz versehen sein.
Dieser beschreibende bzw. sachbezogene Aussagehalt drängt sich dem Verkehr in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren entgegen der Auffassung der Anmelderin aufgrund des dargelegten Sinn- und Bedeutungsgehalts der beiden Einzelbestandteile ohne weiteres Nachdenken auf. Ob die Wortverbindung in dieser Bedeutung zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits gebräuchlich war - wie die Markenstelle unter Hinweis auf eine dem Beschluss vom 14. Februar 2014 beigefügte Recherche angenommen hat -, spielt für die Frage ihrer Schutzfähigkeit daher keine Rolle. Die Kombination der Bestandteile „Touch“ und „Protect“ zu der angemeldeten Bezeichnung Touch Protect weist keine ungewöhnliche Struktur auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte. Die Einzelbestandteile werden entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff. Soweit dabei offen bleibt, wie bzw. worin sich der „Berührungsschutz“ in Bezug auf die jeweiligen Waren äußert, ändert dies nichts an dem beschreibenden Charakter des Zeichens. Denn eine gewisse begriffliche Unbestimmtheit steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen, da auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke und Wortfolgen einen beschreibenden und sachbezogenen Charakter in Bezug auf Waren haben können (vgl. BGH, GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2008, 397, 398 Tz. 15 – SPA II; WRP 2009, 960, 962 Tz. 15 - DeutschlandCard).
Was den Begriff „Touch“ betrifft, mag zwar zutreffen, dass diesem Begriff auch andere Bedeutungen zukommen können, wie die Anmelderin nochmals in ihrer Beschwerdebegründung dargelegt hat. Dies vermag eine Schutzfähigkeit jedoch bereits deshalb nicht zu begründen, weil ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es - wie hier - zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (EuGH, GRUR Int. 2004, 410, 412, Rdn. 38 - Biomild; BGH, GRUR 2008, 900, Rdn. 15 – SPA II). Zudem hat bei allen absoluten Schutzhindernissen die Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens konkret in Bezug auf die mit der Anmeldung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beanspruchten Waren/Dienstleistungen zu erfolgen. In Kombination mit dem Begriff „Protect“ sowie den vorliegend maßgeblichen Waren drängt sich für den Verkehr jedoch allein ein Verständnis von „Touch“ in dem dargelegten Sinne auf.
3. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
4. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.