Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.10.2011


BPatG 26.10.2011 - 28 W (pat) 52/11

Markenbeschwerdeverfahren – "Highprotect" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
26.10.2011
Aktenzeichen:
28 W (pat) 52/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 030 198.0

hat  der  28. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  in  der

Sitzung vom 26. Oktober 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante

sowie der Richterin Martens und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke

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Highprotect

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als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6, 7 und 9

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„unedle Metalle und deren Legierungen; Stähle; Walzstahlfertigerzeugnisse, hergestellt aus den vorgenannten Metallen, Legierungen und Stählen, nämlich oberflächenveredelte warm- und kaltgewalzte Bänder und Bleche“.

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Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine sprachüblich gebildete Wortzusammenfügung aus zwei auch in der inländischen Fach- und Werbesprache gebräuchlichen, englischen Begriffen. Der Gesamtbegriff „Highprotect“ werde vom angesprochenen Publikum ohne weiteres als beschreibender Sachhinweis auf einen „hohen Schutz“ der beanspruchten Waren und damit als Aussage über deren Beschaffenheit verstanden. Dass die beanspruchten Waren eine hohe Schutzeigenschaft aufweisen könnten, sei offensichtlich, so dass der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren ein unmittelbar beschreibender Charakter zukomme. Als betrieblicher Herkunftshinweis werde sie vom Verkehr dagegen nicht aufgefasst.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren richteten sich an ein spezielles Fachpublikum, für die ohne Weiteres ersichtlich sei, dass mit dem Markenwort keinerlei konkrete Produkteigenschaften beschrieben würden. Die Wortkombination „Highprotect“ stelle eine phantasievolle, mehrdeutige Wortneuschöpfung dar, die nicht zuletzt aus diesem Grund bislang noch nicht in einem produktbezogenen Zusammenhang verwendet werde. Da ihr Aussagehalt diffus und uneindeutig bleibe und keinerlei Rückschlüsse auf produktbezogene Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren ermögliche, könne ihr weder die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch ein schutzwürdiges Freihaltungsinteresse an ihrer freien Verwendbarkeit bejaht werden. Dies bestätigten auch die parallel erfolgte Eintragung der Marke in den USA sowie die Voreintragung vergleichbar gebildeter Marken.

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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 6, vom 7. Januar 2010 und vom 2. Mai 2011 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der beantragten Eintragung der Marke steht bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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Wie im 2. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrechtsrichtlinie (kodifizierte Fassung) hervorgehoben wird, ist es ein zentrales Anliegen des Markenrechts, einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG soll dabei dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit beschreibender Zeichen oder Angaben Rechnung tragen und die Entstehung ungerechtfertigter, markenrechtlicher Monopole an solchen Bezeichnungen verhindern. Nach diesem Ausschlusstatbestand sind deshalb alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH, GRUR 2004, 680, 681, Rdn. 35, 36 – BIOMILD). Dies gilt sowohl für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, wie auch für Wortneubildungen mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können. Bei fremdsprachigen Begriffen ist ein Freihaltebedürfnis dann zu bejahen, wenn davon auszugehen ist, dass ihre beschreibende Bedeutung von den angesprochenen, inländischen Verkehrskreisen auch erkannt werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 – Matratzen Concord/Hukla).

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Gegenstand der Schutzfähigkeitsprüfung ist immer die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit, wie dies die Anmelderin zutreffend vorgetragen hat. Bei der hier konkret angemeldeten Wortfolge „Highprotect“ handelt es sich um keinen lexikalisch nachweisbaren Begriff. Ob eine Wortverbindung, wie das hier angemeldete Zeichen, bereits gebräuchlich oder gar lexikalisch belegbar ist, spielt für die Frage ihrer Schutzfähigkeit jedoch grundsätzlich keine Rolle. Vielmehr muss auch bei so genannten Wortneuschöpfungen im Rahmen der Schutzfähigkeit anhand der allgemeinen Sprachregeln ermittelt werden, welcher standardsprachliche Bedeutungsgehalt ihnen zuzumessen ist (vgl. hierzu EuGH, GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID). Wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, lässt sich der hier angemeldeten Kombination der beiden englischen Begriffe „High“ und „protect“ der Begriffsgehalt „hoher/großer Schutz“ zuordnen, da der Wortbestandteil „protect“ im Englischen nicht nur als Verb, sondern darüber hinaus auch als Substantiv nachweisbar ist (vgl. hierzu unter http://dict.leo.org; http://www.dict.cc; sowie BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 86/04 – Lotus-Protect). Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne weiteres verständlich, zumal nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen immer der mit den fraglichen Waren befasste Handel zählt, der über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee).

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Bei den von der Anmeldemarke beanspruchten Metallen und Stählen sowie Waren daraus, handelt es sich um Produkte, die u. a. gezielt im Rahmen von Schutzkonzepten für bauliche Strukturen und Fahrzeuge verwendet werden. Aufgrund seiner speziellen Härteeigenschaften wird bspw. Sicherheitsstahl in unterschiedlichen zivilen und militärischen Bereichen zum Schutz vor Beschuss und Blastwirkung (Ansprengung) eingesetzt, etwa bei Botschaftsgebäuden, Staatslimousinen, Polizeifahrzeugen, Geldtransportern, Bankschaltern, Sicherheitstüren und -trennwänden, Schutzzäunen oder Schießständen. Als anerkannte Herstellerin derartiger Sicherheitsstähle ist die Anmelderin mit diesen Umständen bestens vertraut. Auch Legierungen besitzen eine Schutzwirkung, etwa vor mechanischem Verschleiß oder Korrosion. So werden Legierungen bspw. für den optimierten Korrosionsschutz bei sicherheitsrelevanten Baugruppen in der Automobilindustrie eingesetzt. Als typisches Beispiel kann insoweit die Verzinkung von Stahl genannt werden. Zwar ist auch durch den Einsatz von Legierungen kein absoluter (Korrosions-) Schutz zu erreichen, gravierende Schädigungen eines Werkstücks bzw. Bauteils können durch solche Schutzmaßnahmen aber hinausgezögert und seine Lebensdauer damit erhöht werden. Dies alles macht deutlich, dass mit dem Hinweis „hoher/großer Schutz“ ein verkehrswesentliches Merkmal der vorgenannten Waren beschrieben werden kann und die Anmeldemarke damit geeignet ist, eine besondere Güte bzw. Eignung der beanspruchten Waren zu beschreiben. Die angesprochenen Fachkreise werden deshalb ohne Weiteres Nachdenken einen konkreten, beschreibenden Bezug zwischen dem Markenwort und den verfahrensgegenständlichen Waren herstellen können (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH, MarkenR 2010, 85, Rdn. 29 – PRANAHAUS). Das Markenwort bleibt also in seiner produktbezogenen Aussage keineswegs – wie dies die Anmelderin sinngemäß geltend gemacht hat – vage oder allenfalls andeutend, sondern ist im Hinblick auf sämtliche beanspruchten Waren als unzweideutiger Sachhinweis auf deren Beschaffenheit bzw. ihren Einsatzzweck zu werten. Lediglich zur Veranschaulichung dieser Wertung sei angemerkt, dass auch die Anmelderin auf ihrer Homepage den produktbezogenen Hinweis „Hoher Schutz für zivile Anwendungen“ zur Beschreibung ihrer Sicherheitsstähle bzw. Walzstahlfertigerzeugnisse und Legierungselemente verwendet (vgl. unter http://www.thyssenkrupp-steel-europe.com/upload/binarydata_tksteel05d4cms/95/84/78/02/00/00/2788495/2008-09-02_secure_de_fin.pdf). Die grundsätzlich gegebene Mehrdeutigkeit des Markenworts „Highprotect“ vermag die Schutzfähigkeit bereits deshalb nicht zu begründen, weil ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (EuGH, GRUR Int. 2004, 410, 412, Rdn. 38 – Biomild; BGH, GRUR 2008, 900, Rdn. 15 – SPA II).

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Der Eintragung der Marke steht somit ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ob ihr zudem jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann bei dieser Sachlage als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

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Soweit die Anmelderin eine indizielle Wirkung der Registrierung der Wortkombination „Highprotect“ in den USA geltend macht und darüber hinaus auf die Voreintragung vermeintlich vergleichbarer Marken verweist, bleibt festzuhalten, dass es sich bei der Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke um keine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt. Diese ist ausschließlich anhand der gesetzlichen Vorgaben zu treffen, während eine wie auch immer geartete Entscheidungspraxis der Markenämter ohne jede Bindungswirkung bleibt (vgl. EuGH, MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing; BGH, GRUR 2011, 230, Rdn. 10 ff. – SUPERgirl, jeweils m. w. N.).

16

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.