Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.11.2017


BPatG 09.11.2017 - 30 W (pat) 17/17

Markenbeschwerdeverfahren – "Wohlfühlfarbe" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
09.11.2017
Aktenzeichen:
30 W (pat) 17/17
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 006 126.6

hat der 30. Senat in der Sitzung vom 9. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Dr. Meiser und Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Wohlfühlfarbe

3

ist am 1. März 2016 zur Eintragung als Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden für folgende Waren:

4

„Klasse 2: Anstrichmittel; Farben; Firnisse; Lacke; Rostschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannte Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes [Anstrichmittel]; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;

5

Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk; Abbeizmittel;

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Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für Bauzwecke; Asphalt; Pech; Bitumen“.

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Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 28. Juni 2016 und vom 11. April 2017, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise, nämlich für folgende Waren:

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„Klasse 2: Anstrichmittel; Farben; Firnisse; Lacke; Rostschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannte Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes [Anstrichmittel]; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur

9

Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für Bauzwecke“

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wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.

11

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der angesprochene Verkehr werde das Anmeldezeichen ohne Weiteres im Sinne einer Farbe, die dem Wohlbefinden diene, bzw. als Hinweis auf eine „Farbe für das Wohlfühlen“ auffassen (unter Hinweis auf BPatG, 30 W (pat) 530/13 - WohlFühlFarben). Wie auch durch die Ergebnisse einer amtsseitigen Internetrecherche belegt, sei der Verkehr an vergleichbare Wortverbindungen mit dem Bestandteil „Wohlfühl-“ gewöhnt. Mit der dargelegten, einzig naheliegenden und auf Anhieb erkennbaren Bedeutung handele es sich bei dem Markenwort um einen beschreibenden Sachhinweis bzw. eine allgemeine Angabe mit engem beschreibendem Bezug. Denn die zurückgewiesenen Waren stellten einerseits Produkte dar, die dazu bestimmt seien, Gegenstände einzufärben bzw. anderweitig farbig zu gestalten; zum anderen handele es sich um Erzeugnisse, die im Rahmen der Vorbereitung eines Anstrichs, einer Lackierung etc. zum Einsatz gelangten. Sämtliche zurückgewiesenen Waren könnten damit dazu dienen, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen aufgrund einer als angenehm empfundenen Farbgebung wohlfühlen. Ausgehend hiervon vermittele die Bezeichnung Wohlfühlfarbe keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich einen Hinweis auf den Verwendungszweck der zurückgewiesenen Waren und auf das Ergebnis, das ihre Anwendung verspreche. Die Anmelderin könne sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf Voreintragungen anderer, (vermeintlich) vergleichbarer Zeichen stützen.

12

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

13

Sie macht geltend, dass die angemeldete Bezeichnung über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge. Von einem produktbeschreibenden Charakter des Begriffs „Wohlfühlen“ oder des Gesamtzeichens Wohlfühlfarbe könne in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren der Klassen 2 und 19 keine Rede sein. Diese Waren würden durch ihre chemische Zusammensetzung und physikalischen Eigenschaften definiert, nicht jedoch durch ihre Farbe oder einen irgendwie gearteten „Wohlfühleffekt“. Die Wortneuschöpfung Wohlfühlfarbe sei überdies in ihrer Begrifflichkeit nicht fassbar sowie in sich widersprüchlich, so dass das Anmeldezeichen dem Verbraucher - beispielsweise dem Handwerker, der eine der beanspruchten Chemikalien erwerbe - eine analysierende Betrachtung abverlange. Eine branchenübliche Verwendung des Markenwortes bzw. des Bestandteiles „Wohlfühl-“ könne dabei für den hier relevanten Warensektor nicht festgestellt werden.

14

Entgegen der Auffassung der Markenstelle könne auch die Entscheidung des Bundespatengerichts vom 20. November 2014 (BPatG PAVIS PROMA, 30 W (pat) 530/13 - WohlFühlFarben) nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn die Leitklasse des in der Sache 30 W (pat) 530/13 verfahrensgegenständlichen Zeichens „WohlFühlFarben“ sei Klasse 45 gewesen. Die dort beanspruchten, im Wesentlichen „esoterischen“ Dienstleistungen hätten gerade auf den Bereich der Farbtherapie/Farbpsychologie abgezielt, wobei der Begriff des „Wohlfühlens“ für diesen Dienstleistungssektor branchenüblich sei. Dagegen beanspruche die Anmelderin vorliegend im Wesentlichen „chemische Hilfsmaterialien“, welche sich an Handwerker richteten, die die Waren alleine aufgrund ihrer (technischen) Funktion und Qualität erwerben würden, für die ein „Wohlfühleffekt“ keine Rolle spiele.

15

Für die beschwerdegegenständlichen Waren sei der Begriff Wohlfühlfarbe daher weder unmittelbar beschreibend, noch bestehe im Übrigen ein Sachbezug. Das Markenwort sie vielmehr vage und rege zur Interpretation an, so dass es über die notwendige Unterscheidungskraft verfüge.

16

Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Unionsmarke 1315550 „Wohlfühlfarbe“ für schutzfähig erachtet habe.

17

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juni 2016 und vom 11. April 2017 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

19

Der Senat hat der Anmelderin in Anlage zu der Terminsladung vom 28. September 2017 Rechercheergebnisse, insbesondere zur branchenüblichen Verwendung des Begriffs „Wohlfühlfarben“, übersandt. Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 6. November 2017 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. November 2017, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

21

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke Wohlfühlfarbe in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

22

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) – Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) – Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) – EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – foryou; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

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Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144, Nr. 9 – Starsat; GRUR 2010, 1100, Nr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

24

2. Nach diesen Grundsätzen entbehrt die Wortkombination Wohlfühlfarbe für Waren, die - wie hier - im Zusammenhang mit farblicher Raumgestaltung stehen können, jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. so schon BPatG PAVIS PROMA, Beschluss vom 20. November 2014, 30 W (pat) 530/13 – WohlFühlFarben).

25

a) Mit den hier maßgeblichen Waren werden Fachverkehrskreise und allgemeine Verkehrskreise angesprochen, wobei es sich um Produkte handelt, die mit Bedacht und auch nach fachkundiger Beratung erworben oder nachgefragt werden.

26

b) Der Markenbestandteil „Wohlfühl-“ weist in Wortbildungen wie „Wohlfühlfaktor“ oder „Wohlfühlgewicht“ auf einen Umstand hin, der zum Wohlbefinden beiträgt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 2024). Das Substantiv „Farbe“ bezeichnet in der Umgangssprache farbgebende Stoffe (Duden, a. a. O., S. 576). Hergeleitet aus dem Bereich der Farbtherapie/Farbpsychologie wird Farben/Farbtönen eine Wirkung auf die menschliche Psyche und den Organismus zugeschrieben (vgl. BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 530/13 – WohlFühlFarben).

27

Das begriffliche Verständnis der Gesamtmarke Wohlfühlfarbe im Sinn von „Farbe für das Wohlfühlen“ bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Die Markenbestandteile werden in Übereinstimmung mit ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff (BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 530/13 - WohlFühlFarben).

28

c) Insoweit die Anmelderin hiergegen einwendet, die Entscheidung des Senats vom 20. November 2014 (BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 530/13 – WohlFühlFarben) lasse sich nicht unbesehen auf den vorliegenden Warenzusammenhang übertragen, dringt sie nicht durch. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die inländische Verwendung des Begriffes Wohlfühlfarbe keinesfalls auf Dienstleistungen der Klasse 45 und den Sektor der Farbpsychologie beschränkt. Vielmehr lässt sich eine branchenübliche Verwendung des Markenwortes gerade auch für den vorliegend relevanten Warensektor feststellen.

29

Die Ergebnisse einer Senatsrecherche, die der Anmelderin zur Verfügung gestellt worden sind, belegen insoweit, dass das Wort Wohlfühlfarbe im Bereich von Farben und sonstigen Waren für die Raumgestaltung gängig im dargelegten beschreibenden Sinne („Farbe für das Wohlfühlen“ ) verwendet wird.

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So bietet beispielsweise die Firma Pointer „Wohlfühlfarben für die Wohnung“ an; in einem der Anmelderin übersandten Internetausdruck heißt es hierzu: „Farben gezielt einsetzen. Entdecke deine ganz persönlichen Wohlfühlfarben, ob warm und gemütlich oder kühl und sachlich (…)“. Ein Anbieter aus dem Bereich des Malerhandwerks und der „Raumkreation“ beschreibt sein Angebot zur individuellen Farbberatung wie folgt: „Mit dem Farbtest zu Ihren Wohlfühl-Farben“ (vgl. den Internetausdruck www.uwe-walter-gmbh.de/raumkreation...). In einer weiteren Fundstelle heißt es: „Mehr Wohnideen in unseren Wohlfühlfarben finden Sie in der aktuellen WOHNIDEE“ (www.wunderweib.de/trendtoene-wohlfuehlfarben-1362.html). Auch weitere – sowohl aktuelle, als auch vor dem Anmeldezeitpunkt datierende – Verwendungsbeispiele beziehen sich auf den Bereich der Raum- und Farbgestaltung: darin ist von „Wohlfühlfarben: Natürliches Flair“ (www.livingathome.de), von „Sanfte(n) Tönen im Wohnbereich – Wohlfühlfarben“ (www.zuhausewohnen.de), „Trendtöne(n): Wohlfühlfarben...“ (www.wunderweib.de) die Rede (vgl. hierzu die Google-Recherche zum Stichwort „Wohlfühlfarben“ nebst Anlagen; siehe im Übrigen auch schon BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 530/13 - WohlFühlFarben, mit weiteren Verwendungsbeispielen).

31

d) Daraus folgt, dass die Bezeichnung Wohlfühlfarbe in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise als Sachhinweis bzw. als eine allgemeine Angabe mit engem beschreibendem Bezug dahin verstanden wird, dass Waren angeboten werden, die im Rahmen der farblichen Raumgestaltung für das Wohlfühlen genutzt werden können.

32

Dies trifft entgegen dem Beschwerdevorbringen auf alle zurückgewiesenen Waren der Klassen 2 und 19 zu. Die Argumentation der Anmelderin, dass es den angesprochenen Verkehrskreisen beim Erwerb dieser Waren ausschließlich auf deren chemische Zusammensetzung bzw. auf physikalische und technische Eigenschaften ankommt, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass für den Erwerber von Waren wie „Anstrichmittel, Farben, Firnisse; Lacke etc.in Klasse 2, aber auch von (farbigen) „Baumaterialien, Verputzmitteln, Putzen“ in Klasse 19 gerade auch deren Farbton und Farbwirkung wesentliche Produkteigenschaften darstellen können.

33

Die zurückgewiesenen Waren stellen insoweit, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, zum einen unmittelbar Produkte dar, die einen bestimmten Farbton aufweisen und im Rahmen ihrer Verwendung eine bestimmte Farbgebung – zur Erreichung eines „Wohlfühleffektes“ – hervorrufen können; zum anderen handelt es sich um Erzeugnisse, die im Rahmen der Vorbereitung eines solchen Anstrichs, einer Lackierung etc. mit Wohlfühlfarbe zum Einsatz gelangen können, so dass auch insoweit zumindest ein die Unterscheidungskraft ausschließender, enger beschreibender Bezug gegeben ist.

34

Soweit die Anmelderin in Klasse 2 ferner „Naturharze im Rohzustand“ beansprucht, stellen diese im Bereich von Lacken und (Öl-)Farben einen üblichen Inhaltsstoff dar, der auch als Zusatz im Malereibedarf in Betracht kommt (vgl. BPatG PAVIS PROMA, Beschluss vom 23. April 2013, 25 W (pat) 62/12 - Macchiato). Um solche Inhalts- und Zusatzstoffe von Farben etc. handelt es sich auch bei den weiterhin beanspruchten Waren „Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“ sowie „Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannten Waren“. Mithin ist auch für diese Waren ein enger funktionaler Zusammenhang gegeben, der insoweit zu einem die Unterscheidungskraft ausschließenden engen beschreibenden Bezug des angemeldeten Zeichens führt (BPatG, a. a. O., 25 W (pat) 62/12 – Macchiato).

35

e) Für das Verständnis im genannten Sinn („Farben für das Wohlfühlen“) bedarf es entgegen der Auffassung der Anmelderin keiner analysierenden, mehrere differenzierende Gedankenschritte erfordernden Betrachtungsweise und auch keines vertieften Nachdenkens, um diesen rein sachlichen Bezug zwischen dem angemeldeten Zeichen und den versagten Waren zu erkennen und zu erfassen. Vielmehr drängt sich ein Sachhinweis im Zusammenhang mit den genannten Waren geradezu auf.

36

f) Dass es sich entgegen dem ersichtlich unrichtigen Beschwerdevorbringen bei dem Markenwort Wohlfühlfarbe um keine Wortneuschöpfung handelt, geht bereits aus den dargelegten Ergebnissen der Senatsrecherche, aber auch aus der Entscheidung des Senats vom 20. November 2014 und den dort genannten Fundstellen (BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 530/13 – WohlFühlFarben) hervor. Im Übrigen kann weder aus der Neuheit einer Marke noch aus einem fehlenden lexikalischen Nachweis etwas für dessen Unterscheidungskraft hergeleitet werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 137 m. w. N.).

37

g) Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277, Nr. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.). Auch aus der Eintragung des Markenwortes als Unionsmarke ergibt sich keine Bindungs- oder Indizwirkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2014, 569, Nr. 30 - HOT; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 58 f., 62). Vielmehr ist die dortige Eintragung offensichtlich zu Unrecht erfolgt.

38

h) Die Marke Wohlfühlfarbe kann im Umfang der versagten Waren damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Sie ist deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

39

3. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

40

4. Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen.