Entscheidungsdatum: 22.09.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2009 034 575
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Merzbach sowie des Richters am Amtsgericht Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Die am 10. Juni 2009 angemeldete Wort-/Bildmarke
ist am 23. Juli 2009 unter der Nummer 30 2009 034 575 für die Waren und Dienstleistungen
"Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;
Klasse 38: Telekommunikation;
Klasse 44: medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistung"
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 28. August 2009.
Gegen die Eintragung ist am 1. Oktober 2009 – beschränkt auf die Klassen 9 und 38 – Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 18. März 2004 angemeldeten und am 8. Juni 2004 eingetragenen Marke 304 15 983
clino call
die für
"Klasse 9: Drahtgebundene und drahtlose sowie optische und akustische Personenruf- und Signalisiergeräte und -anlagen; multimediale Kommunikationsgeräte und -anlagen einschließlich ISDN- und Internetzugängen; Zeiterfassungs- und Abrechnungsanlagen sowie deren Peripheriegeräte; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software für die vorgenannten Geräte und Anlagen; zur Benutzung in Krankenhäusern und Seniorenheimen hergerichtete Radio-, Fernseh- und Telefongeräte; elektrische Kabel und Drähte; Lichtwellenleiter und deren Peripheriegeräte; elektrotechnisches Installationsmaterial; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; elektrische Geräte und Anlagen zur Überwachung, Steuerung und Regelung von Zuständen im Inneren von Gebäuden, insbesondere Gefahrenmelde-, Zutrittskontroll-, Telekommunikations- und Fluchtwegkennzeichnungsanlagen und deren Teile; Geräte zur Steuerung von Löschmittelanlagen; Feuerlöschgeräte; alle vorgenannten Waren für Krankenhäuser und Seniorenheime"
geschützt ist.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 4. Februar 2010 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung hat die Widersprechende mit den Schriftsätzen vom 15. Juli 2010 sowie – im Beschwerdeverfahren – vom 10. und 12. August 2016 Unterlagen u. a. in Form von Produktbroschüren, Produktübersichten sowie eidesstattliche Versicherungen der Geschäftsführer D… vom 2. Juli 2010 und O… vom 8. August 2016 vorgelegt.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 17. Juni 2011 und 16. September 2014, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.
Selbst wenn man ungeachtet der Benutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke zugunsten der Widersprechenden von der Registerlage ausgehe, wonach sich beide Marken auf jedenfalls hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen könnten, sowie weiterhin einen durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde lege, scheide eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken mangels hinreichender Markenähnlichkeit aus.
Bei der angegriffenen Wort-/Bildmarke sei der Wortbestandteil "CLINICALL" der die Gesamtmarke prägende Bestandteil. Die übrigen Bestandteile träten demgegenüber zurück, da es sich um beschreibende Wortelemente ("Klinik-Infotainment Systeme") und ausschmückende graphische Elemente handele. Die angegriffene Marke werde daher mit "CLINICALL" benannt, wobei dieser Begriff aufgrund seiner Gestaltung in Fettdruck/Normalschrift sowie des im Zeichen in der Zeile darunter angeordneten erläuternden Begriffs "Klinik" als Kombination aus "CLINIC" und "ALL" wahrgenommen und vom Verkehr auch so ausgesprochen werde.
Es stünden sich mithin die als "CLI-NIC-ALL" und "CLI–NO-CALL" gesprochenen Wortbestandteile gegenüber, bei denen durch die unterschiedliche Silbengliederung die begrifflichen Abweichungen deutlich hervorträten (bei der angegriffenen Marke die Begriffe "Clinic" und "All", bei der Widerspruchsmarke das Wort "Call"). Insgesamt sei daher ein sicheres klangliches Auseinanderhalten gewährleistet.
Schriftbildlich seien die gegenüberstehenden Marken ebenfalls nicht verwechselbar. Die aus zwei getrennt geschriebenen, kurzen Worten bestehende Widerspruchsmarke hebe sich visuell deutlich ab von der angegriffenen Marke, die mehrere längere Wortelemente aufweise und zudem graphisch ausgestaltet sei. Auch aus der Erinnerung heraus seien die Marken daher deutlich unterscheidbar. In begrifflicher Hinsicht sei eine Verwechslungsgefahr bereits durch den unterschiedlichen Sinngehalt der Worte "CLINIC" und "Call" ausgeschlossen.
Eine Verwechslungsgefahr sei daher mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit auszuschließen, wobei sich zusätzlich noch kollisionsmindernd auswirke, dass bei den Waren der Widerspruchsmarke maßgeblich auf den Fachverkehr abzustellen sei ("alle vorgenannten Waren für Krankenhäuser und Seniorenheime"), bei dem generell von einer höheren Aufmerksamkeit ausgegangen werde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie macht geltend, dass beide Marken entgegen der Auffassung der Erinnerungsprüferin sowohl schriftbildlich als auch klanglich hochgradig ähnlich seien. In schriftbildlicher Hinsicht sei dabei auf Seiten der angegriffenen Marke allein das unterscheidungskräftige Wortelement "CLINICALL" zu beachten, da die übrigen Markenbestandteile wie vor allem die Worte "Klinik-Infotainment Systeme" glatt beschreibend seien und daher zur Unterscheidung der Zeichen nichts beitrügen. Beide Marken unterschieden sich dann aber in einem einzigen Buchstaben, nämlich den Vokalen "o" und "i". Da der Schutzbereich der Widerspruchsmarke nicht nur die eingetragene Form in Kleinbuchstaben, sondern auch jede andere verkehrsübliche Wiedergabeform umfasse, seien die Marken dann aber bei Verwendung derselben Schriftart z. B. in Großbuchstaben ununterscheidbar.
In klanglicher Hinsicht liege der einzig erkennbare Unterschied in den abweichenden Vokalen "o" bzw. "i" in der jeweils unbetonten Mittelsilbe. Diese Abweichung in einem unbetonten Vokal trete jedoch angesichts der ansonsten identischen Buchstabenfolgen insbesondere auch am Wortanfang nicht so deutlich hervor, dass sie vor allem bei ungünstigen akustischen Übermittlungsbedingungen und vor dem Hintergrund eines verblassenden Erinnerungsbildes ein sicheres Auseinanderhalten der Marken noch gewährleisten könnte. Zudem sei zu erwarten, dass die Verbraucher das Element "CALL" bei der angegriffenen Marke als eigenständiges Wort erkennen und diese daher wie "CLI-NI-CALL" artikulieren würden, was die klangliche Ähnlichkeit zu der wie "cli-no-call" artikulierten Widerspruchsmarke noch verstärke.
Selbst wenn ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Bestandteil "CLINICALL" gedanklich in "CLINIC-ALL" trenne, sei es bei Aussprache mit alltäglicher Geschwindigkeit und ohne gleichzeitige Anschauung beider Schriftbilder für einen Verbraucher, der mit dem Unterschied der Marken nicht bereits vorher vertraut war, akustisch nicht möglich, zwischen einer Gliederung in "CLINIC-ALL" und "CLINI-CALL" zu unterscheiden.
Eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Marken "CLINICALL" und "CLINO CALL" könne daher bei identischen Waren und hochgradig ähnlichen Dienstleistungen nicht ausgeschlossen werden.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 vom 17. Juni 2011 und 16. September 2014 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2009 034 575 anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht schriftsätzlich zur Sache geäußert. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 hat sie weiterhin die Auffassung vertreten, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr bestehe.
Beide Beteiligte haben in der mündlichen Verhandlung zudem ihre Zustimmung mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren erklärt, welcher seitens des Senats durch einen in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss auch angeordnet worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht. Daher hat die Markenstelle zu Recht den Widerspruch aus der Marke 304 15 983 zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).
Aufgrund des mit Zustimmung beider Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 angeordneten Übergangs in das schriftliche Verfahren ist über die Beschwerde ohne weitere mündliche Verhandlung unter Einbeziehung der nach der mündlichen Verhandlung eingereichten weiteren Schriftsätze zu entscheiden.
1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Nr. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 – UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/ pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 – Maalox/ Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 – Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).
Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.
a. Die aufgeworfenen Benutzungsfragen können dahinstehen, da beide Marken auch insoweit keiner Verwechslungsgefahr in unmittelbarer oder sonstiger Hinsicht unterliegen, als sie sich nach der Registerlage auf identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren und/oder Dienstleistungen begegnen können.
b. Weiterhin kann zugunsten der Widersprechenden im Rahmen der grundsätzlich nach Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilenden Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Rn. 19 – ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Rn. 28 – THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Rn. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rn. 32 – METROBUS; GRUR 2006, 60, Rn. 17 – coccodrillo) davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in phonetischer Hinsicht der Gesamteindruck der angegriffenen Marke ungeachtet der weiteren Bestandteile wie insbesondere der Wortfolge "Klinik-Infotainment Systeme" – welche allerdings als glatt beschreibende Angabe offensichtlich nichts zur Kennzeichnung beiträgt – allein durch den Zeichenbestandteil "CLINICALL" geprägt wird, so dass jedenfalls bei der Frage der phonetischen Markenähnlichkeit nur dieser Zeichenbestandteil "CLINICALL" mit der Widerspruchsmarke clino call zu vergleichen ist.
Ob dies auch für den bildlichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke gilt – wie die Widersprechende geltend macht –, erscheint hingegen zweifelhaft, da der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort/Bildmarke grundsätzlich Bildbestandteile und/oder weitere Zeichenelemente – hier: die Wortfolge "Klinik-Infotainment Systeme", das graphische Element in Form eines Vierecks, das auf eine eingetragene Marke hinweisende ®, sowie die unterschiedliche drucktechnische Ausgestaltung der Lautfolgen "CLINIC" und "ALL" in Fett- bzw. Normaldruck – in sein Erinnerungsbild aufnimmt (vgl. BGH GRUR 2008, 903 Nr. 24 – SIERRA ANTIGUO; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 437). Auch wenn die weiteren Wort- und Bildelemente der angegriffenen Marke letztlich nichts zur Kennzeichnung beitragen mögen, so handelt es sich andererseits auch nicht um bloße Verzierungen und/oder bedeutungslose Zutaten, welche nichts zum schriftbildlichen Gesamteindruck des Zeichens beitragen (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 438). Zudem weist der Zeichenbestandteil "CLINICALL" ein graphisch ausgestaltetes Schriftbild auf, was ebenfalls einem schriftbildlichen Vergleich mit der Widerspruchsmarke in den – bei Wortmarken zu berücksichtigenden – üblichen Wiedergabeformen entgegenstehen dürfte.
Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung, da für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung genügt (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235, Rn. 18 – AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 224 m. w. N.).
c. Insoweit ist der Widersprechenden zuzugeben, dass eine weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Zeichenbestandteil "CLINICALL" der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke clino call jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn man – entgegen der Auffassung der Markenstelle wie auch des HABM im gemeinschaftsrechtlichen Parallelverfahren (vgl. HABM R 911/2011-4 v. 6. Juni 2012 Nr. 18 – CLINICALL/clino call) – davon ausgeht, dass der Verkehr, wenn er die angegriffene Marke in ihrer registrierten Form vor sich hat (vgl. dazu Ströbele/ Hacker, MarkenG, a. a. O., § 9 Rdnr. 280), den Bestandteil "CLINICALL" trotz der unterschiedlichen drucktechnischen Ausgestaltung der Lautfolgen "CLINIC" und "ALL" in Fett- bzw. Normaldruck nicht zwingend als Kombination der Begriffe "CLINIC" und "ALL" erfassen und i. S. von "CLI-NIC-ALL" wiedergeben, sondern – wozu auch der Senat neigt – im Hinblick auf die weiteren erläuternden Zeichenbestandteile "Klinik-Infotainment Systeme" wie "cli-ni-call" verstehen und artikulieren wird.
In diesem Fall stimmen die miteinander zu vergleichenden Markenwörter dann aber nicht nur in acht von neun Buchstaben überein – dies betrifft die Buchstaben- bzw. Lautfolgen "CLIN/clin" und "CALL/call" –, sondern weisen zudem auch noch einen identischen Sprech- und Betonungsrhythmus auf ("CLI-NI-CALL" bzw. "cli-no-call").
d. Trotz dieser eine tatsächliche Verwechslung beider Vergleichsmarken fördernden Umstände unterliegen diese aber letztlich aus Rechtsgründen keiner Verwechslungsgefahr in unmittelbarer oder sonstiger Hinsicht.
aa. Die Verwechslungsgefahr stellt einen – normativ auszufüllenden – Rechtsbegriff dar, der mit der tatsächlichen Verwechselbarkeit nicht übereinstimmen muss. So wie besonders kennzeichnungskräftige ältere Marken mit entsprechend hohem Schutzumfang auch dann einer Verwechslungsgefahr mit einer angegriffenen Marke unterliegen können, wenn die Vergleichszeichen einander nur entfernt ähnlich sind (vgl. z. B. BPatG GRUR 2000, 87 – LIOR/DIOR; GRUR 2005, 777 – NATALLA/nutella), kann umgekehrt – letztlich aus Rechtsgründen – gleichwohl keine Verwechslungsgefahr vorliegen, wenn die weitgehenden Gemeinsamkeiten der Zeichen nur auf schutzunfähigen Wortelementen oder Wortteilen beruhen (vgl. BPatG GRUR 2002, 68 – COMFORT HOTEL). Letzteres ist vorliegend der Fall. Zwar ist der Senat – ebenso wie die Markenstelle – an die Eintragung der Widerspruchsmarke gebunden; er darf dieser nicht jeglichen Schutz absprechen. Dies hindert ihn aber nicht daran, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke näher zu bestimmen und daraus die gebotenen Schlussfolgerungen für die Verwechslungsgefahr zu ziehen.
bb. So ist auch die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke clino call, welche bereits wegen der getrennten Schreibweise als Kombination der Begriffe "clino" und dem englischen Wort "call" wahrgenommen wird, eng zu bemessen. Dem Bestandteil "clino" wird der Verkehr in Zusammenhang mit den Waren, die ausdrücklich nur für "Krankenhäuser und Seniorenheime" bestimmt sind, ohne weiteres eine Anlehnung an den beschreibenden Begriff "clinic" als englische Entsprechung des deutschen Worts "Klinik" entnehmen. Der weitere Bestandteil "call" in seiner Bedeutung "Ruf" erschöpft sich in Bezug auf die Waren in einer glatt beschreibenden Beschaffenheitsangabe, so dass die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit einen ohne weiteres erkennbaren Hinweis darauf enthält, dass es sich um Rufsysteme bzw. -geräte für Kliniken, Praxen o. ä. handelt bzw. die entsprechenden Waren für solche Systeme bestimmt sind ("Klinik-Ruf").
cc. Im Fall von Marken, die – wie die Widerspruchsmarke – an einen die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff angelehnt sind und nur dadurch Unterscheidungskraft erlangen und als Marke eingetragen werden konnten, weil sie von diesem Begriff (geringfügig) abweichen, ist der Schutzumfang eng zu bemessen, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und der Unterscheidungskraft, die dem Zeichen die Eintragungsfähigkeit verleiht (st. Rspr.; z. B. BGH GRUR 2014, 382 Nr. 26 – REAL-Chips; GRUR 2013, 833 Nr. 34 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2013, 631 Nr. 59 – AMARULA/Marulablu; GRUR 2011, 826 Nr. 13-16, 29 – Enzymax/Enzymix). Ein darüber hinausgehender Schutz kann nicht beansprucht werden, weil er dem markenrechtlichen Schutz der beschreibenden Angabe gleichkäme (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 39 – pjur/pure m. w. Nachw.). Deshalb sind für den Schutzumfang einer an eine beschreibende Angabe angelehnten Marke nur diejenigen Merkmale bestimmend, die dieser Marke Unterscheidungskraft verleihen. Entsprechend eng ist der Schutzbereich der Marke bei nur wenig kennzeichnungskräftigen Veränderungen gegenüber der beschreibenden Angabe zu fassen (vgl. BGH a. a. O. Nr. 40).
Dies bedingt, dass Übereinstimmungen der miteinander zu vergleichenden Markenwörter, soweit sie auf die beschreibende Angabe zurückzuführen sind und dieser entsprechen – was vorliegend für die Lautfolge "CLIN" und den Endbestandteil "CALL" zutrifft –, wegen ihres beschreibenden Sinngehalts und der damit verbundenen Kennzeichnungsschwäche kein entscheidendes Gewicht für die Begründung einer Verwechslungsgefahr beigemessen werden kann, so dass insoweit selbst eine tatsächliche (auch hochgradige) Zeichenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr im Rechtssinne begründen kann. Eine Verwechslungsgefahr kann daher nur bejaht werden, wenn die Vergleichszeichen über ihren beschreibenden oder sonst schutzunfähigen Kern hinaus auch in den schutzbegründenden Abwandlungen hinreichende Ähnlichkeit aufweisen. Hingegen ist eine markenrechtlich relevante, d. h. zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit zu verneinen, soweit sich die Übereinstimmungen der Vergleichsmarken auf die beschreibende oder sonst schutzunfähige Angabe selbst beschränken (vgl. BGH GRUR 2008, 803 Nr. 22 – HEITEC; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 182). Dies ist vorliegend der Fall.
dd. Ihre gegenüber der glatt beschreibenden Angabe "clinic call" (= Klinik-Ruf) schutzbegründende Eigenprägung erlangt die Widerspruchsmarke nur durch den den beschreibenden Begriff "clinic" leicht abwandelnden Zeichenbestandteil "clino". Diese Abwandlung ist für den Verkehr ohne weiteres erkennbar, da er – wie bereits dargelegt – in der Widerspruchsmarke eine Kombination der Bestandteile "clino" und "call" erkennt und den Bedeutungsgehalt von "clino" erfasst. Erlangt das Widerspruchszeichen damit aber Unterscheidungskraft nur durch die von der beschreibenden Angabe "clinic" abweichende Endung mit dem Vokal "-o", ist bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Kollisionszeichen auch darauf abzustellen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 39 – pjur/pure).
Die jüngere Marke macht aber von dieser die Eigenprägung der Widerspruchsmarke begründenden Abwandlung gerade keinen Gebrauch; sie erlangt bei einem – zugunsten der Widersprechenden angenommenen – Verständnis i. S. von "cli-ni-call" ihre schutzbegründende Eigenprägung vielmehr dadurch, dass sie den Begriff "clinic" um den Schlusskonsonanten "c" auf "clini" verkürzt. Schutzbegründend wirkt daher auf beiden Seiten nur die jeweilige Abwandlung des beschreibenden Begriffs "clinic" in die Bestandteile "clino" bzw. "CLINI". Nur diese schutzbegründende Ersetzung der Endung "ic" von "clinic" durch den Vokal "o" bzw. deren Verkürzung auf den Vokal "i" in der Mitte der Zeichenbestandteile bzw. -wörter "CLINICALL" und clino call ist daher aus Rechtsgründen Grundlage für die Beurteilung einer markenrechtlichen Ähnlichkeit.
Die Abweichung zwischen dem hellklingenden Vokal "i" und dem eher dunklen und gegenüber "i" nicht klangverwandten Vokal "o" am Ende der Lautfolge "CLIN" bzw. in der jeweiligen Mitte der Zeichen(bestandteile) "CLINICALL" und clino call sind für sich gesehen aber deutlich wahrnehmbar, zumal Abweichungen bei den das Gesamtklangbild maßgeblich beeinflussenden Vokalen ohnehin nicht unbeachtet bleiben. Soweit den Bestandteilen "clino" bzw. "CLINI" dabei dasselbe Abwandlungsprinzip zugrunde liegt, nämlich die Ersetzung bzw. Verkürzung der Endung "ic" von "clinic" durch bzw. auf den Vokal "o" bzw. "i", kann dies allein eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Erforderlich wäre insoweit eine darüber hinausgehende Identität oder Ähnlichkeit der Abwandlung als solche. Daran fehlt es vorliegend aber. Vielmehr wandelt die Widerspruchsmarke den Begriff "clinic" in "clino", während die angegriffene Marke diesen Begriff anders, nämlich auf "CLINI" verkürzt. Dies sind unterschiedliche Abwandlungen derselben beschreibenden Angabe "clinic" (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen BGH GRUR 2013, 631 Nr. 66 – AMARULA/Marulablu und die Beispiele bei Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 183).
e. An einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit der Vergleichsmarken fehlt es erst Recht, wenn der Verkehr den Zeichenbestandteil "CLINICALL" aufgrund des Fettdrucks der Buchstabenfolge "CLINIC" als Kombination der allgemein bekannten Begriffe "CLINIC" und "ALL" verstehen und i. S. von "CLI-NIC-ALL" wiedergegeben wird (so auch HABM a. a. O. Nr. 18).
Denn in diesem Fall entfernt sich die angegriffene Marke bereits aufgrund der deutlich wahrnehmbaren klanglichen Zäsur zwischen "CLINIC" und "ALL" sowie der schriftbildlich unterschiedlichen Ausgestaltung dieser Zeichenbestandteile deutlich weiter von der wie "cli-no-call" artikulierten Widerspruchsmarke als dies bereits bei einer – für den Senat näher liegenden – Wahrnehmung und Wiedergabe des Bestandteils wie "CLI-NI-CALL" der Fall ist, zumal auch – in begrifflicher Hinsicht – der abweichende Bedeutungsanklang von "CLINICALL" i. S. "Alles für die Klink" zur Unterscheidung beiträgt.
Ungeachtet dieser tatsächlichen, einer Verwechslungsgefahr entgegenwirkenden Umstände steht einer Verwechslungsgefahr zudem auch hier in rechtlicher Hinsicht entgegen, dass die angegriffene Marke auch bei einer Wahrnehmung und Wiedergabe i. S. von "CLI-NIC-ALL" keinen Gebrauch von der die Eigenprägung der Widerspruchsmarke begründenden Abwandlung macht. Die angegriffene Marke verwendet nämlich die der Abwandlung "clino" der Widerspruchsmarke zugrunde liegende beschreibende Angabe "CLINIC". Ein Schutz für die der Abwandlung zugrunde liegende schutzunfähige Bezeichnung kann jedoch nicht beansprucht werden. Da der weitere, von "clino" deutlich abgesetzte Bestandteil "call" der Widerspruchsmarke sich in einer rein beschreibenden Angabe zum Bestimmungs- und Verwendungszweck der Waren ("Ruf") erschöpft und daher ebenfalls nichts zu einer schutzbegründenden Eigenprägung der Widerspruchsmarke beiträgt, können auch insoweit Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten mit Markenbestandteilen eines jüngeren Zeichens wie vorliegend dem Bestandteil "ALL" von "CLI-NIC-ALL" nicht kollisionsbegründend wirken.
Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich mit Verwechslungsfällen, vor allem aus der undeutlichen Erinnerung heraus, gerechnet werden muss, scheidet die Annahme einer unmittelbaren (schriftbildlichen wie phonetischen) Verwechslungsgefahr daher aus rechtlichen Gründen aus. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr – unmittelbar oder infolge gedanklicher Assoziationen – ist ebenfalls nicht gegeben, weil begriffliche Klammer für beide Zeichen lediglich die – wie ausgeführt – schutzunfähige Wortkombination "clinic call" darstellt.
2. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.