Entscheidungsdatum: 23.07.2013
I. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 14. September 2012
1. mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit er sowie die Angeklagten G. und E. in den Fällen II. 19 und 21 der Urteilsgründe verurteilt worden sind,
2. in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass
a) in den Fällen II. 9, 12, 14 bis 17, 22 und 24 bis 29 der Urteilsgründe der Angeklagte K. jeweils der Untreue sowie die Angeklagten G. und E. jeweils der Anstiftung zur Untreue,
b) in den Fällen II. 12, 14, 22, 25 und 26 der Urteilsgründe der Angeklagte S. jeweils der Beihilfe zur Untreue
schuldig sind,
3. aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten K. betrifft, in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 22 und 24 bis 29 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
b) soweit es die Angeklagten G. und E. betrifft, jeweils in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 9, 12, 14 bis 17, 22 und 24 bis 29 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
c) soweit es den Angeklagten S. betrifft, in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 12, 14, 22, 25 und 26 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
II. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat verurteilt
- den Angeklagten K. wegen Computerbetrugs in sechs Fällen (Fälle II. 9, 12 und 14 bis 17), versuchten Computerbetrugs in zwei Fällen (Fälle II. 19 und 21), gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs (Fall II. 22) sowie gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in sechs Fällen (Fälle II. 24 bis 29) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten,
- den Angeklagten G. wegen Computerbetrugs in zehn Fällen (darunter Fälle II. 9, 12 und 14 bis 17), versuchten Computerbetrugs in zwei Fällen (Fälle II. 19 und 21), Betrugs, versuchten Betrugs, gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs (Fall II. 22), gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in sechs Fällen (Fälle II. 24 bis 29) sowie Erwerbs einer Schusswaffe und Munition zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten,
- den Angeklagten E. wegen Computerbetrugs in acht Fällen (darunter Fälle II. 9, 12 und 14 bis 17), versuchten Computerbetrugs in zwei Fällen (Fälle II. 19 und 21), Betrugs, versuchten Betrugs, gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs (Fall II. 22) sowie gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs in sechs Fällen (Fälle II. 24 bis 29) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten,
- den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Computerbetrug in vier Fällen (Fälle II. 12, 14, 25 und 26), Beihilfe zum Betrug (Fall II. 22) und Beihilfe zum versuchten Betrug zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten K. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Entscheidung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagten zu erstrecken, soweit ihre Verurteilung die Beteiligung an den dem Angeklagten K. zur Last gelegten Taten zum Gegenstand hat.
1. Die Schuldsprüche in den Fällen II. 9, 12, 14 bis 17, 22 und 24 bis 29 der Urteilsgründe haben keinen Bestand. Schuldig sind in diesen Fällen der Angeklagte K. jeweils der Untreue (§ 266 Abs. 1 Var. 2 StGB) und die Angeklagten G. sowie E. jeweils der Anstiftung hierzu (§ 26 StGB). Der Angeklagte S. hat in den Fällen II. 12, 14, 22, 25 und 26 der Urteilsgründe jeweils Beihilfe (§ 27 StGB) zur Untreue des Angeklagten K. geleistet.
a) Nach den Feststellungen kamen die Angeklagten G. und E. überein, sich eine fortlaufende Einnahmequelle dadurch zu verschaffen, dass sie unter Verwendung gefälschter Personalpapiere und Gehaltsbescheinigungen bei Banken die Eröffnung von Konten auf den Namen nicht existenter Personen, in Einzelfällen auch auf den Namen existenter, aber im Wesentlichen einkommensloser Personen beantragten und diese Konten sodann im Rahmen der jeweils eingeräumten Kreditlinie ohne die Absicht späteren Ausgleichs belasteten. Mit der Herstellung der falschen Dokumente befassten sie unter anderem den Angeklagten S. . Im Bemühen um geeignete "Kontaktleute" zu Banken trat E. im Einvernehmen mit G. um die Jahreswende 2010/2011 auch an den Angeklagten K. heran, der als selbständiger Finanzierungsvermittler für die Postbank tätig war und von dieser die Befugnis erhalten hatte, geworbenen Kunden in eigener Zuständigkeit Konten zu eröffnen. Hierzu war er mit einem EDV-System ausgestattet, das nach Eingabe der Kundendaten anhand vorgegebener Parameter die erforderliche Bonität prüfte, das Konto einrichtete, die zu gewährende Kreditlinie berechnete sowie die Erstellung und den Versand der Kontounterlagen, der zugehörigen Karten sowie der PIN veranlasste. Eine Kontrolle der vom Angeklagten K. so in Gang gesetzten Bearbeitungsvorgänge durch Mitarbeiter der Postbank sah die Ablauforganisation nicht vor.
Gegen das Versprechen einer Provision in Höhe von jeweils 10 % des bewilligten Kredits erklärte sich der Angeklagte K. gegenüber E. bereit, Konten auch ohne Überprüfung der Identität des im Antrag bezeichneten Kunden zu eröffnen. Dass diese Konten zum Nachteil der Postbank bis zur Höhe der eingeräumten Kreditlinie ohne Aussicht auf Saldoausgleich belastet werden würden, nahm der Angeklagte K. anfangs billigend in Kauf; nach einer gemeinsamen Besprechung des weiteren Vorgehens am 4. März 2011 wusste er dies.
Jeweils auf Betreiben von G. und E. sowie auf der Grundlage der von diesen zur Verfügung gestellten falschen Dokumente eröffnete der Angeklagte K. in der Folge zwischen 20. Januar und 19. April 2011 insgesamt 15 Kundenkonten bei der Postbank. In den eingangs genannten insgesamt 13 Fällen belasteten G. und E. die Konten anschließend wie geplant durch Verfügungen zu eigenen Gunsten.
b) Danach hat der Angeklagte K. zwar durch Verwendung objektiv unrichtiger Daten auf das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs eingewirkt. Dies erfüllt für sich allein indes noch nicht den Tatbestand des Computerbetrugs nach § 263a Abs. 1 Var. 2 StGB.
aa) Der Tatbestand des Computerbetruges gemäß § 263a StGB wurde zur Schließung von Strafbarkeitslücken in das Strafgesetzbuch eingeführt, weil es bei der Manipulation von Datenverarbeitungsvorgängen regelmäßig an der Täuschung und infolgedessen der Erregung eines Irrtums einer natürlichen Person fehlt, was zur Unanwendbarkeit des Betrugstatbestandes nach § 263 StGB führt (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13 mwN). Bei der Umsetzung dieses Ziels orientierte sich der Gesetzgeber konzeptionell an dem Tatbestand des Betruges, wobei an die Stelle der Täuschung die Tathandlungen des § 263a Abs. 1 StGB treten und mit der Irrtumserregung und dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung die Beeinflussung des Ergebnisses eines – vermögenserheblichen – Datenverarbeitungsvorgangs korrespondiert (BT-Drucks. 10/318 S. 19). Aufgrund dieser Struktur- und Wertgleichheit der Tatbestände des Betrugs und des Computerbetrugs (vgl. dazu BGH aaO; Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 580/11, NJW 2013, 1017, 1018; vom 21. November 2001 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 162) hält der Senat daran fest, dass § 263a Abs. 1 StGB in Einschränkung seines Wortlauts nur solche Handlungen erfasst, die, würden nicht lediglich maschinell gesteuerte Geschehensabläufe ausgelöst, als Betrug durch täuschungsbedingte Veranlassung der Vermögensverfügung eines – vom Täter zu unterscheidenden – anderen zu bewerten wären (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 263a Rn. 4).
bb) Dies ist hier nicht der Fall, denn der Angeklagte K. war nach der Ausgestaltung seiner dienstvertraglichen Beziehungen mit der Postbank berechtigt, selbständig und mit unmittelbarer Wirkung für diese über die Eröffnung eines Kontos zugunsten eines Kunden zu entscheiden. Entschloss sich der Angeklagte, das Konto (auf maschinellem Wege) zu eröffnen, so traf er demnach eine eigenverantwortliche Verfügung namens der Bank und mit Wirkung für diese. Seine Stellung hob sich somit ab von derjenigen einer Person, die lediglich (durch Täuschung) die Verfügung eines in anderem Lager stehenden Dritten veranlasst. Gemessen daran schiede eine Täuschung von Mitarbeitern der Bank selbst dann aus, wenn diese die Vorgabe des Angeklagten, ein Konto einzurichten, im Wege manueller Vorgangsbearbeitung umzusetzen gehabt hätten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 5 StR 36/08, NStZ 2008, 340). Allein der Umstand, dass der Angeklagte Manipulationen zur Überwindung von Parametern unternommen hat, die ihm die Konteneröffnungen programmtechnisch verwehrt hätten, rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn ein Handeln in Abweichung von Vorgaben des Vermögensinhabers bildet gerade den typischen Anwendungsbereich des Untreuetatbestands (§ 266 Abs. 1 StGB).
c) Im Falle II. 22 der Urteilsgründe gilt nichts anderes. Die Bewertung dieser Tat als Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Um sein Handeln zu verschleiern, veranlasste der Angeklagte K. in diesem Falle einen in seinem Büro beschäftigten Auszubildenden, das Konto einzurichten. Dessen Bedenken, allein auf der Grundlage von Kopien der Personalpapiere tätig zu werden, zerstreute er mit dem wahrheitswidrigen Hinweis, die Unterlagen seien "echt", die darin genannte Person existiere.
Danach fehlt es bereits an einer Täuschungshandlung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, denn der abhängig beschäftigte Auszubildende leitete seine Befugnis zur Eröffnung des Kontos lediglich von der des Angeklagten K. ab. Veranlasst der Täter dergestalt eine Verfügung durch eine ihm gegenüber weisungsabhängige Person, so kommt es für die Frage des Irrtums nicht auf deren Vorstellungen, sondern ausschließlich auf die des Täters selbst an (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 3 StR 239/05, NStZ 2006, 623, 624 mwN). Dementsprechend diente der Auszubildende dem Angeklagten K. als gutgläubige Hilfsperson bei einer in mittelbarer Täterschaft begangenen Untreuehandlung.
d) Da die rechtsfehlerfreien Feststellungen in den genannten Fällen jeweils eine Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue, der Angeklagten G. und E. wegen Anstiftung sowie des Angeklagten S. wegen Beihilfe hierzu tragen, ändert der Senat die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten nicht wirksamer hätten verteidigen können.
2. Die Abänderung der Schuldsprüche führt beim Angeklagten K. zur Aufhebung der vom Landgericht aus dem Strafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB entnommenen Einzelstrafen (Fälle II. 22 und 24 bis 29). In den Fällen II. 9, 12 und 14 bis 17 der Urteilsgründe kann der Senat dagegen ausschließen, dass das Landgericht, hätte es den Angeklagten K. nicht wegen Computerbetrugs, sondern wegen Untreue verurteilt, die Einzelstrafen milder als geschehen bemessen hätte. Was die Angeklagten G. und E. betrifft, unterliegen demgegenüber sämtliche der in den Fällen II. 9, 12, 14 bis 17, 22 und 24 bis 29 ausgesprochenen Einzelstrafen der Aufhebung, denn zu Gunsten dieser Angeklagter kommt jeweils der Strafmilderungsgrund des § 28 Abs. 1 StGB zum Tragen. Dasselbe gilt, soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 12, 14, 22, 25 und 26 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Computerbetrug statt wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt worden ist. Den Aufhebungen der Einzelstrafen folgt jeweils auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
Die den aufgehobenen Strafaussprüchen zu Grunde liegenden Feststellungen bleiben von dem Fehler in der rechtlichen Bewertung der Taten indes unberührt und haben deshalb Bestand. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
3. Aufzuheben ist das Urteil schließlich, soweit die Angeklagten G. , E. und K. in den Fällen II. 19 und 21 der Urteilsgründe jeweils wegen versuchten Computerbetrugs verurteilt worden sind.
Eine Änderung der Schuldsprüche ist dem Senat hier verwehrt. Unter dem Gesichtspunkt der Untreue verbleibt es mangels Eintritts eines Nachteils im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB jeweils beim straflosen Versuch, denn die Postbank sperrte die Konten unmittelbar nach ihrer Einrichtung; zur Versendung der Kontounterlagen, der Karten und der PIN kam es nicht. Soweit die Angeklagten bei der Einrichtung der Konten von gefälschten Urkunden Gebrauch machten (§ 267 Abs. 1 StGB), hat das Landgericht die Verfolgung der Taten in der Hauptverhandlung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf die angenommenen anderen Gesetzesverletzungen beschränkt.
Da indes bei den genannten Taten keine Gesetzesverletzungen vorliegen, die über den ausgeschiedenen rechtlichen Gesichtspunkt hinausgehen, wird der neue Tatrichter diesen wieder einzubeziehen und die Sache insoweit neu zu verhandeln und zu entscheiden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13), sofern er nicht eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO für angemessen erachtet.
Becker Pfister Hubert
Mayer Spaniol