Entscheidungsdatum: 27.03.2012
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. September 2011
- in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten der Beihilfe zum Betrug schuldig sind,
- in den Strafaussprüchen aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagten des Betruges schuldig gesprochen. Den Angeklagten Z. hat es deswegen zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten H. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H. beanstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Schuldsprüche wegen täterschaftlichen Betruges haben keinen Bestand; die Angeklagten sind jeweils der Beihilfe zum Betrug (§§ 263, 27 StGB) schuldig.
1. Die Tatbeteiligten S. , N. und L. bemühten sich im Jahre 2007 zunächst erfolglos um den Erwerb des Mantels einer Aktiengesellschaft, deren Aktien sie unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein im Bereich regenerativer Energien erfolgreich tätiges Unternehmen, an gutgläubige Kapitalanleger verkaufen wollten. Sie schalteten deshalb wegen der Vermittlung eines Mantelkaufs Rechtsanwalt K. ein, der sich seinerseits an die Angeklagten wandte. Die von den Angeklagten beherrschte G. Holding in Luxemburg erwarb schließlich am 28. November 2007 auf eigene Rechnung für 240.000 € von einer X. AG die im Schweizer Kanton Zug registrierte E. AG, ausgestattet mit einem Kapital von 20 Millionen Stück Inhaberaktien zum Nennwert von je 0,01 CHF, welche zuvor in den Freiverkehr der Deutschen Börse AG aufgenommen worden waren. Noch am selben Tag veranlassten die Angeklagten den Weiterverkauf von 18,4 Millionen Stück dieser Aktien durch die G. Holding an eine von N. und L. beherrschte Su. Ltd. für 219.740 €. Über eine erste Kaufpreisrate, gegen deren Zahlung zunächst eine Million Stück Aktien übertragen werden sollten, war in dem Vertrag bereits Quittung erteilt. Die übrigen Aktien sollten der Su. Ltd. in drei Tranchen gegen Zahlung jeweils einer weiteren Kaufpreisrate übertragen werden. Finanziert werden sollten die drei Folgeraten im Wesentlichen aus dem Vertrieb der Aktien an Kapitalanleger.
Wie die Angeklagten wussten, handelte es sich bei der E. AG um eine reine Vorratsgründung ohne operatives Geschäft und ohne eigenes Vermögen. Den Angeklagten war auch klar, dass N. und L. die Aufnahme operativer Geschäfte von vornherein nicht beabsichtigen. Sie rechneten jedenfalls damit, dass die der Su. Ltd. überlassenen Aktien zu überhöhtem Kurs an entsprechend getäuschte Anlageinteressenten vertrieben würden, und nahmen dies billigend in Kauf. Am Gelingen dieses Vertriebs war ihnen deshalb gelegen, weil davon im Wesentlichen die Zahlung des Kaufpreises an die G. Holding abhing und weil der dadurch zu erwartende Kursanstieg den Wert des bei ihr verbliebenen Aktienpakets erhöhen würde.
In Absprache mit dem für N. und L. auftretenden Rechtsanwalt K. veranlassten die Angeklagten in der Folge Scheinorders über Aktien der E. , um dadurch einen Kursanstieg zu bewirken. Ebenso veranlassten sie die erforderliche Mitwirkung der G. Holding bei der Umfirmierung der E. AG in En. AG und bei der Änderung des in der Satzung ausgewiesenen Unternehmenszwecks u.a. in "Beteiligung an anderen Unternehmen … insbesondere im Energiebereich".
Weil sich die Übernahme und damit der Vertrieb der Aktien wegen organisatorischer Schwierigkeiten auf Seiten der Su. Ltd. erheblich verzögerten, beglichen N. und L. die offene Kaufpreisforderung der G. Holding schließlich aus anderweitigen Mitteln. An dem dann ab Mai 2008 stattfindenden Telefonvertrieb der Aktien durch N. , L. und K. waren die Angeklagten nicht mehr beteiligt. Gewonnen werden konnten etwa 80 Anleger; es entstand ein Gesamtschaden von ca. 1.100.000 €.
2. Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Betruges (§ 263 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12 mwN). Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. Februar 1998 - 4 StR 428/97, NJW 1998, 2149, 2150; vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25). Erschöpft sich demgegenüber die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (§ 27 Abs. 1 StGB).
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen Handelns der Angeklagten auch dann durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligt, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts vermögen die vom Landgericht festgestellten Tatsachen den Schluss, die Angeklagten hätten ihre Mitwirkungshandlungen als Teil der Tätigkeit aller und demzufolge die späteren betrügerischen Aktienverkäufe auch als ihre eigenen Taten verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
Zwar schufen die Angeklagten mit dem Mantelkauf und der Weitergabe der Aktien erst die Voraussetzungen für die späteren betrügerischen Anlagegeschäfte der anderen Beteiligten; sie unterstützten das Gelingen dieser Anlagegeschäfte auch durch Einwirken auf den Aktienkurs und durch Mithilfe bei der Vortäuschung operativen Geschäfts. Nach dem äußeren Erscheinungsbild waren dies aber zunächst typische Beihilfehandlungen, die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen dazu schließen lassen. Insbesondere unterscheidet sich die Beschaffung der Aktien nicht wesentlich von anderen Fallgestaltungen, in denen der Täter bei der Besorgung notwendiger Tatmittel oder Tatwerkzeuge auf Dritte angewiesen ist. Dass die in Aussicht genommenen Anlagegeschäfte darüber hinaus (auch) vom Willen der Angeklagten abhängen sollten, wird nicht ersichtlich; sowohl die Art und Weise des Vertriebs als insbesondere auch die den Anlegern pro Aktie abverlangten Beträge waren jedem Einfluss der Angeklagten entzogen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse der Angeklagten am Gelingen der Geschäfte vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. An den erzielten Gewinnen waren die Angeklagten nicht beteiligt. Ihr allgemeines Interesse an einem steigenden Aktienkurs und an der Erwirtschaftung des Kaufpreises - der im Übrigen die eigenen Aufwendungen der G. Holding nicht überstieg - berührte die betrügerischen Geschäfte nur mittelbar.
3. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Tat nicht wirksamer hätten verteidigen können.
4. Die Abänderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung des Urteils in den Strafaussprüchen. Die diesen jeweils zugrunde liegenden Feststellungen werden von der unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Tat indes nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
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