Entscheidungsdatum: 07.03.2017
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 19. September 2016 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Urteilsfeststellungen brachen der Angeklagte und der gesondert verfolgte A. nachts in das Haus des Geschädigten K. ein, um dort nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen; sie nahmen irrtümlich an, dass sich niemand in dem Gebäude aufhielt. Nachdem der Angeklagte im Schlafzimmer den schlafenden K. vorgefunden hatte, verließen beide das Haus mit dem bis zu diesem Zeitpunkt bereits erbeuteten Diebesgut. Unmittelbar danach entschlossen sie sich auf Drängen von A. jedoch, wieder zurückzukehren, um auch das Schlafzimmer nach Bargeld oder anderen Wertsachen zu durchsuchen; sie kamen dahin überein, das Haus sofort wieder zu verlassen, falls K. aufwachen sollte.
Während sie das Schlafzimmer durchsuchten, erwachte K. . A. versetzte ihm daraufhin einen Faustschlag ins Gesicht, durch den K. eine Platzwunde im Lippenbereich und Schmerzen im Gesicht erlitt. Als K. sich anschließend aufrichten wollte, trat A. ihn so stark in den Rücken, dass er aus dem Bett geschleudert wurde; dadurch zog sich K. eine großflächige, blutunterlaufene Hautabschürfung sowie schmerzhafte Hämatome und Prellungen im Thoraxbereich zu. A. verlangte sodann wiederholt in bedrohlicher Weise Geld von K. . Er wandte sich auch an den Angeklagten, der das Geschehen tatenlos mit angesehen hatte, und forderte ihn auf, "die Sache" zu Ende zu bringen, falls sie Geld haben wollten. Spätestens nachdem K. einen Herzanfall vorgetäuscht hatte, weil er hoffte, die Täter dadurch dazu zu bringen, von ihm abzulassen, entschloss sich der Angeklagte, sich an der weiteren Tatausführung zu beteiligen, um von K. unter Anwendung von Gewalt Bargeld ausgehändigt zu bekommen. Zu diesem Zweck rissen der Angeklagte und A. K. gemeinsam vom Boden hoch und zerrten ihn gewaltsam die Treppe zum Erdgeschoss herunter; dabei fixierten sie ihn mit schmerzhaften Griffen und fügten ihm dadurch Hämatome an den Oberarmen zu. Als der Angeklagte den Geschädigten K. am Fuß der Treppe losließ, konnte dieser sich von A. losreißen und aus dem Haus fliehen.
2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere hat das Landgericht darin, dass der Angeklagte und A. K. gemeinsam vom Boden hochrissen und anschließend die Treppe herunterzerrten, indem sie ihn mit schmerzhaften Griffen an den Armen fixierten und ihm dadurch Hämatome zufügten, zu Recht eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB gesehen. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte insoweit vorsätzlich handelte.
Es stellt die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung deshalb nicht in Frage, dass das Landgericht dem Angeklagten gemäß § 25 Abs. 2 StGB unter dem Gesichtspunkt sukzessiver Mittäterschaft "auch die vorangegangenen - noch massiveren - Körperverletzungshandlungen" von A. zum Nachteil von K. als eigene zugerechnet hat. Das stößt auf durchgreifende rechtliche Bedenken, weil der Angeklagte den Entschluss, seinerseits körperlich auf K. einzuwirken, erst fasste, als die Verletzungserfolge durch den Faustschlag ins Gesicht von K. und den Fußtritt in dessen Rücken bereits eingetreten und die betreffenden Körperverletzungshandlungen von A. damit beendet waren (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 248/07, NStZ 2009, 34; vom 16. Juni 2016 - 3 StR 124/16, juris Rn. 23). Nach Beendigung der Tat kommt eine sukzessive Mittäterschaft jedoch nicht mehr in Betracht (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - 3 StR 124/16, juris Rn. 23).
3. Der Strafausspruch kann demgegenüber nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer ist bei der Strafzumessung zutreffend von dem durch die §§ 255, 249 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB normierten Strafrahmen ausgegangen und hat das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne der §§ 255, 249 Abs. 2 StGB mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen verneint. Eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat sie indes nicht mit tragfähiger Begründung abgelehnt. Sie hat zwar nicht verkannt, dass die Entscheidung über die Strafrahmenwahl beim Versuch aufgrund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und der Tatumstände im weitesten Sinne zu treffen ist, bei der vor allem den versuchsbezogenen Gesichtspunkten, namentlich der Nähe zur Tatvollendung und der Gefährlichkeit des Versuchs besonderes Gewicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 3 StR 7/14, NStZ-RR 2014, 136, 137). Letztlich hat die Strafkammer der Strafrahmenwahl jedoch dieselben Erwägungen zugrunde gelegt, mit denen sie auch das Vorliegen eines minder schweren Falles abgelehnt hat; wesentlich versuchsbezogene Umstände hat sie demgegenüber nicht näher erörtert. So hat sie im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Angeklagte und A. "bereits mehrfach und mit massiver Gewalt auf den betagten, unter Todesangst leidenden Geschädigten eingewirkt und ihn - trotz bereits zuvor gemachter Beute und der Annahme, der Geschädigte habe einen Herzanfall erlitten - gewaltsam in das Erdgeschoss verbracht" hatten, "um von ihm dort (weiteres) Geld zu erlangen". Dies vermag die Annahme der Strafkammer, dass der Versuch "bereits weit fortgeschritten" gewesen sei, nicht zu tragen.
4. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Es ist zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, die tateinheitliche Verwirklichung der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) strafschärfend zu berücksichtigen. Zu beachten ist gemäß dem oben Gesagten aber, dass die Gewalthandlungen, die A. zum Nachteil von K. vornahm, bevor sich der Angeklagte zum Mitwirken entschloss, diesem nicht als eigene Körperverletzungshandlungen zuzurechnen sind.
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