Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 23.01.2019


BGH 23.01.2019 - 3 StR 501/18

Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
23.01.2019
Aktenzeichen:
3 StR 501/18
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Aurich, 25. Juli 2018, Az: 11 KLs 14/18
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 25. Juli 2018 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass diese Anordnung nur in Höhe von 56.450 € ergeht.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, räuberischer Erpressung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, Nötigung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 18 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis für immer angeordnet. Außerdem hat es einen Baseballschläger sowie einen PKW Daimler Benz E350 Bluetec eingezogen und in Höhe von 68.775 € die Einziehung des Wertes des Erlangten angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch, zu den angeordneten Maßregeln gemäß § 64 und § 69a Abs. 1 StGB sowie zu der Einziehung des Tatmittels gemäß § 74 Abs. 1 StGB und des Tatobjekts gemäß § 21 Abs. 3 StVG keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

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2. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) hält rechtlicher Überprüfung demgegenüber nur in Höhe von 56.450 € stand.

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Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte "zwischen 787 und 1.092 Gramm Kokain" zu einem Gesamtverkaufspreis zwischen 56.450 € und 81.100 €. Bei der Bestimmung der nicht geringen Menge des Rauschgifts im Rahmen der rechtlichen Würdigung und bei der Strafzumessung hat die Strafkammer - in dubio pro reo - eine Verkaufsmenge von 787 Gramm Kokain zugrunde gelegt. Das aus den Rauschgiftverkäufen Erlangte hat sie hingegen auf 68.775 € als Mittelwert der vorgenannten Geldbeträge geschätzt.

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Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

6

Eine Schätzung nach § 73d Abs. 2 StGB kommt nur in Betracht, wenn die Werte, die für §§ 73 bis 73d StGB maßgebend sind, nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können oder ihre Ermittlung einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit oder Kosten erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1989 - 4 StR 73/89, juris Rn. 5 f. mwN; Beschluss vom 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01, NStZ-RR 2001, 327, 328; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73b Rn. 5; S/S-Kinzig, StGB, 30. Aufl., § 40 Rn. 20; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73d Rn. 9). Mit Ergebnissen der Beweisaufnahme darf die Schätzung nicht im Widerspruch stehen (S/S-Stree, StGB, 27. Aufl., § 40 Rn. 20). Auch bei einer Schätzung hat sich das Tatgericht aufgrund des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme eine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der maßgeblichen Umstände zu bilden, um die Festsetzung eines der Wirklichkeit nahekommenden Schätzwertes zu ermöglichen. Dabei ist für die Ermittlung der Tatsachengrundlagen der Schätzung - nicht dagegen für die Schätzung selbst - der Zweifelssatz anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1989 - 4 StR 73/89, juris Rn. 5 f. mwN; SSW-StGB/Claus, 4. Aufl., § 40 Rn. 16; MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 40 Rn. 121 jeweils mwN). Die Grundlagen, auf welche sich die Schätzung stützt, müssen festgestellt und erwiesen sein sowie im Urteil mitgeteilt werden (BVerfG, Beschluss vom 1. Juni 2015 - 2 BvR 67/15, NStZ-RR 2015, 335, 336 für § 40 Abs. 3 StGB).

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Die Urteilsausführungen sind in ihrem Gesamtzusammenhang dahin zu verstehen, dass das Landgericht - anhand der Angaben des als Zeugen gehörten Käufers unter Anwendung des Zweifelssatzes - eine Handelsmenge von lediglich 787 Gramm Kokain festgestellt hat. Danach war in der vorliegenden Konstellation für eine Schätzung höherer Verkaufsmengen kein Raum; hierfür fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Da die Urteilsgründe die exakten Verkaufspreise des Rauschgifts mitteilen, lag auch insoweit keine Unsicherheit vor, welche die Möglichkeit einer Schätzung hätte eröffnen können. Angesichts der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen war das Urteil daher im Ausspruch über die Einziehung eines Geldbetrages dahin zu ändern, dass diese Anordnung nur in Höhe von 56.450 € ergeht.

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3. Im Hinblick auf den geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Schäfer     

      

Gericke     

      

Wimmer

      

Berg     

      

Hoch