Entscheidungsdatum: 17.12.2014
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 17. März 2014 - auch soweit es den Angeklagten L. betrifft –
1. im Schuldspruch dahin geändert, dass schuldig sind
a) der Angeklagte W. des schweren Bandendiebstahls in vier Fällen sowie des Bandendiebstahls;
b) der Angeklagte L. des schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, des Bandendiebstahls sowie des Diebstahls;
2. im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, den Angeklagten L. wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen und wegen Diebstahls unter Einbeziehung der Strafen aus einer vorangegangenen Verurteilung zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat es zudem erkannt, dass jeweils drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafen als vollstreckt gelten. Dagegen wendet sich der Angeklagte W. mit seiner auf eine Verfahrensbeanstandung und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gerichteten Revision. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts jedenfalls unbegründet. Auf die Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen - auch zu Gunsten des nicht revidierenden Mitangeklagten L. wirkenden, § 357 StPO - Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Im Fall II. 3. der Urteilsgründe hat der Schuldspruch wegen schweren Bandendiebstahls nach § 244a StGB keinen Bestand; vielmehr haben die An- geklagten W. und L. durch diese Tat lediglich einen Bandendiebstahl im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen. Hiervon abgesehen hält das angefochtene Urteil rechtlicher Überprüfung stand. Im Einzelnen:
a) Das Landgericht hat festgestellt, dass die Angeklagten W. und L. sich im Sommer des Jahres 2009 mit den beiden weiteren Nichtrevidenten B. und S. zu einer Bande zusammengeschlossen hatten, deren Ziel die gemeinsame und wiederholte Entwendung von Waren aus Frachtcontainern war; mit den Erlösen wollten sich die Angeklagten eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang erschließen. In Umsetzung dieser Bandenabrede hängten sie in den Fällen II. 2., 4. - 6. der Urteilsgründe jeweils einen mit einem Container beladenen Auflieger an die vom Angeklagten L. angemietete und von dem Angeklagten B. gesteuerte Zugmaschine an und fuhren damit an einen sicheren Ort, an dem sie die Container aufbrachen und - soweit sie dies für lohnend erachteten - die geladenen Waren entnahmen und später verwerteten. Die Auflieger mit den Frachtcontainern stellten sie nach den Taten an verschiedenen Orten am Straßenrand ab, wo sie jeweils nach einigen Wochen - im Fall II. 4. der Urteilsgründe erst nach sieben Monaten - aufgefunden wurden.
Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer diese Taten jeweils als schweren Bandendiebstahl nach § 244a StGB gewertet, weil die Angeklagten als Mitglieder einer Bande jeweils zusammen mit anderen Bandenmitgliedern Diebstähle begingen, bei denen die Voraussetzungen des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben waren, weil die Angeklagten zur Ausführung der Taten jeweils in einen (anderen) umschlossenen Raum eindrangen (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB) und gewerbsmäßig handelten (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB). Soweit die Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB in Abrede stellt, weil ein Frachtcontainer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und deshalb kein umschlossener Raum sei, verkennt sie, dass es nicht auf den Aufenthalt von Menschen, sondern nur darauf ankommt, ob das räumliche Gebilde jedenfalls auch dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden (LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 243 Rn. 13 mwN). Dies ist für Frachtcontainer zu bejahen (vgl. LK/Vogel aaO, § 243 Rn. 15).
b) Im Fall II. 3. der Urteilsgründe hängten die Angeklagten W. und L. gemeinsam mit einem weiteren - unbekannten - Mittäter indes einen leeren Auflieger an die Zugmaschine an und benutzten diesen in der Folge, um die im Fall II. 2. der Urteilsgründe erbeuteten Paletten mit Duschgel transportieren zu können. Später stellten sie den Auflieger, den sie mit einem zuvor eben- falls gestohlenen Kennzeichen versehen hatten, in Hamburg ab, wo er erst elf Monate später wieder gefunden wurde.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a StGB nicht. Zu Recht ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 242 Abs. 1 StGB vorliegen, insbesondere die Angeklagten mit Zueignungsabsicht handelten. Anders als in den übrigen Fällen, in denen die Strafkammer angenommen hat, die Zueignungsabsicht beziehe sich nicht auf die Auflieger und die Frachtcontainer, weil diese lediglich das Behältnis für die Tatbeute darstellten, kam es den Angeklagten hier gerade auf den Auflieger an, den sie für eigene Zwecke verwenden wollten. Dass der Auflieger - allerdings erst elf Monate - später wieder aufgefunden wurde, steht der Annahme von Zueignungsabsicht nicht entgegen, insbesondere liegt hier kein Fall einer bloßen Gebrauchsanmaßung vor: Diese unterscheidet sich vom Diebstahl durch den Willen des Täters zur Rückführung der entwendeten Sache in den Herrschaftsbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers. Bei Fahrzeugen muss, soll lediglich unbefugter Gebrauch vorliegen, der Wille des Täters im Zeitpunkt der Wegnahme dahin gehen, den Berechtigten in eine solche Lage zu versetzen, dass er seine ursprüngliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ohne besondere Mühe wieder ausüben kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6. Juli 1995 - 4 StR 321/95, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Zueignungsabsicht 12 mwN). Dem Umstand, dass die Angeklagten den Auflieger in einer anderen Stadt mit einem falschen Kennzeichen abstellten, wo er dem Zugriff Dritter preisgegeben war, lässt sich entnehmen, dass die Angeklagten ohne den erforderlichen Rückführungswillen und jedenfalls mit - insoweit ausreichendem - bedingten Enteignungsvorsatz handelten. Da die Angeklagten als Bandenmitglieder gemeinsam die Tat begingen, liegen auch die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB vor.
Hingegen tragen die Feststellungen nicht die Wertung, die Angeklagten hätten auch bei dieser Tat gewerbsmäßig im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB gehandelt - eine andere Alternative kommt bei dieser Tat nicht in Betracht - und deshalb den Tatbestand des § 244a Abs. 1 StGB verwirklicht. Gewerbsmäßig stiehlt, wer sich durch die wiederholte Begehung von Diebstählen eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will. Eine Einnahmequelle kann sich zwar auch verschaffen, wer wiederholt in strafrechtlich relevanter Weise erlangte Güter für sich verwendet, um sich so die Kosten für deren Erwerb zu ersparen (RG, Urteil vom 5. Dezember 1919 - IV 985/19, RGSt 54, 184, 185; BGH, Beschluss vom 23. März 1977 - 3 StR 70/77). So verhielt es sich hier indes nicht: Die Entwendung des Aufliegers diente nicht der Erschließung einer (weiteren) Einnahmequelle, sondern allein der besseren Verwertung der bereits aus einem vorangegangenen Diebstahl erzielten Tatbeute. Dies genügt für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht.
c) Der Rechtsfehler wirkt in gleichem Maße zu Lasten des nicht revidierenden Mitangeklagten L. , so dass die Entscheidung gemäß § 357 Satz 1 StPO auf ihn zu erstrecken war.
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten Einzelstrafen und der jeweiligen Gesamtstrafen. Die Feststellungen zu den Strafaussprüchen sind hingegen von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben.
Becker Pfister Schäfer
Gericke Spaniol