Entscheidungsdatum: 01.02.2011
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 14. Juli 2010, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch
aa) hinsichtlich des Angeklagten S. , soweit er im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen versuchten schweren Bandendiebstahls und im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen Computerbetruges in drei Fällen verurteilt worden ist;
bb) hinsichtlich des Angeklagten Sch. , soweit er im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen versuchten schweren Bandendiebstahls und im Fall II. 3. der Urteilsgründe wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt worden ist;
b) jeweils im gesamten Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten S. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, Computerbetruges in drei Fällen sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung dreier Urteile des Amtsgerichts Lüneburg eine Jugendstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verhängt. Gegen den Angeklagten Sch. hat es wegen schweren Bandendiebstahls sowie versuchten schweren Bandendiebstahls jeweils in zwei Fällen auf eine Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erkannt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Mit ihren Revisionen rügen die Beschwerdeführer der Sache nach allein die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Schuldspruch gegen den Angeklagten S. hält in den Fällen II. 1. und 4., derjenige gegen den Angeklagten Sch. in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten S. und Sch. mit den gesondert Verfolgten N. und H. Ende 2009 / Anfang 2010 überein, ihre Einkommenssituation durch eine Vielzahl im Einzelnen noch unbestimmter Diebstähle dauerhaft zu verbessern. Die Taten sollten entsprechend ihren Fähigkeiten arbeitsteilig und unter wechselnder Mitwirkung der einzelnen Gruppenmitglieder sowie gegebenenfalls auch unter Beteiligung weiterer vertrauenswürdiger Personen begangen werden. Die Gruppe ging übereinstimmend davon aus, dass der Angeklagte Sch. als einziger von ihnen in der Lage war, Tresore mit Hilfe eines Trennschleifers ("Flex") zu öffnen, um so deren Inhalt zu erbeuten. Die Entscheidung über das "Wann" und "Wo" eines Einbruchs trafen N. und H. . Widersprüche aus der Gruppe setzten sich nicht durch; insbesondere gelegentliche Vorschläge des Angeklagten S. zu möglichen Tatobjekten wurden abgelehnt.
a) "Vor diesem Hintergrund" begaben sich die Angeklagten S. und Sch. im Fall II. 1. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans in ein Geschäft, um dort einzubrechen und möglichst viele stehlenswerte Gegenstände für sich zu erlangen, wobei die erhoffte Beute in etwa hälftig geteilt werden sollte. Die Tat blieb ohne Erfolg; aufgrund der Störung durch einen Zeugen flüchteten die Angeklagten ohne Beute.
b) Im Fall II. 3. begaben sich N. und H. zu einer Grundschule, um dort möglichst viele stehlenswerte Gegenstände für sich zu erlangen. Für den Fall, dass sich in der Schule ein Tresor befinden sollte, wollten sie auf die Hilfe des Angeklagten Sch. zurückgreifen, "der sich schon vor der Tat generell dazu bereit erklärt hatte, bei Einbruchsdiebstählen vorgefundene Tresore mit einer Flex aufzuschneiden".
N. und H. hebelten die Nebentür der Grundschule auf, brachen mehrere Türen innerhalb des Gebäudes auf und hebelten schließlich einen Tresorwürfel aus der Wand. Den Tresor verbrachten sie in die Kellerräume eines in einer anderen Stadt gelegenen Restaurants, in welchem der Angeklagte Sch. zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis hatte. Sodann baten N. und H. den Angeklagten Sch. telefonisch, in das Restaurant zu kommen und den Tresor zu öffnen. Entsprechend seiner zuvor gegebenen Zusage begab sich der Angeklagte Sch. in die Räumlichkeiten und flexte den Tresor auf. N. und H. entnahmen den Inhalt (u.a. ca. 280 € Bargeld und "eine EC-Karte" nebst dazugehöriger PIN), um ihn für sich zu behalten bzw. wirtschaftlich zu verwerten. Der Angeklagte Sch. erhielt für seine Tätigkeit einen Anteil an der Beute in Höhe von 100 €.
c) Nach den Feststellungen zu Fall II. 4. verschafften sich der Angeklagte S. und N. gemeinsam mit Hilfe der im Fall II. 3. in der Grundschule "erbeutenden EC-Karten" Bargeld, indem sie unter Verwendung "der EC-Karten und der ebenfalls erbeuteten PIN" von dem Konto der Schule am 1. Februar 2010 um 18:24 Uhr 500 € an einem Geldautomaten in einem Café in Hamburg und um 18:33 Uhr 200 € sowie um 18:43 Uhr weitere 100 € jeweils an demselben Geldautomaten eines Spielcenters in Hamburg abhoben. Dabei war dem Angeklagten S. und dem gesondert Verfolgten N. bewusst, dass die "eingesetzten EC-Karten" aus dem Einbruch in die Grundschule stammten. Sie gingen mit wechselnden Rollen dergestalt arbeitsteilig vor, dass einer von ihnen "die Karte" in den Automaten einführte und der andere ihm die PIN sagte oder diese in den Automaten eingab.
2. Die Feststellungen im Fall II. 1. tragen den Schuldspruch der Angeklagten S. und Sch. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 1. Alt., §§ 22, 23 Abs. 1 StGB nicht. Allein der Umstand, dass sich beide Angeklagten schon vor dieser gemeinsam begangenen Tat mit den gesondert Verfolgten N. und H. zu einer Bande mit dem Zweck der Begehung von Einbruchsdiebstählen zusammengeschlossen hatten, führt nicht ohne weiteres dazu, dass alle nachfolgenden Einbruchstaten eines Bandenmitglieds als bandenmäßig begangen einzustufen sind; dies gilt auch dann, wenn an der jeweiligen Tat ein weiteres Bandenmitglied beteiligt war. Zwar kann nach vorheriger Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Diebstahlstat als Bandentat zu qualifizieren sein; denn das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied muss nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 4 StR 595/05, NStZ 2006, 342). Voraussetzung für die Annahme einer Bandentat nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244a Abs. 1 StGB ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds aber, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der unmittelbar an dem Diebstahl beteiligten Bandenmitglieder ausgeführt wird (BGH aaO). Ein solcher konkreter Bezug der Tat im Fall II. 1. zu der vorangegangenen Bandenabrede lässt sich - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - den Feststellungen nicht entnehmen. Insbesondere bleibt offen, ob N. oder H. das Tatobjekt festgelegt hatten.
3. Die im Fall II. 3. getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Verurteilung des Angeklagten Sch. wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 1. Alt. StGB nicht.
a) Die allgemeine, im Rahmen der Bandenabrede erteilte Zusage des Angeklagten Sch. , bei Einbruchsdiebstählen erbeutete Tresore zu öffnen, begründet nicht ohne weiteres seine Beteiligung an der ausgeführten Bandentat. Denn die Bandenabrede lässt die allgemeinen Regeln über die Tatbeteiligung unberührt, mithin sind Bandenmitgliedschaft und Beteiligung an Bandentaten unabhängig voneinander zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 - 3 StR 128/03, NStZ-RR 2003, 265, 267).
Denkbar ist aufgrund der im Vorfeld getätigten allgemeinen Unterstützungszusage zunächst eine Strafbarkeit wegen (psychischer) Beihilfe, sofern das Versprechen des Angeklagten Sch. , Tresore zu öffnen, die tatausführenden gesondert Verfolgten N. und H. psychisch in ihrem Einbruchsvorhaben bestärkte, die Tathandlung oder den Erfolgseintritt mindestens erleichterte oder förderte und die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe bei dem Angeklagten Sch. vorlagen. Im Einzelfall können rein psychische Unterstützungshandlungen allerdings auch einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag begründen (BGH, Urteil vom 10. März 1961 - 4 StR 30/61, BGHSt 16, 12).
Ob die allgemeine Zusage des Tresoröffnens vorliegend die Voraussetzungen der Beihilfe oder sogar der Mittäterschaft erfüllt, kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen in subjektiver Hinsicht nicht prüfen. Weder die Darlegung des Landgerichts, die Bandenmitglieder seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Angeklagte Sch. als einziger von ihnen in der Lage sei, Tresore mit Hilfe eines Trennschleifers zu öffnen, noch die Wiedergabe der Vermutung des Angeklagten Sch. , warum nur er Tresore öffnen sollte, lässt einen Schluss auf die innere Vorstellung der Beteiligten zu. Nach den Urteilsgründen ist es auch möglich, dass sich der Angeklagte Sch. im Fall II. 3. durch seine allgemeine Zusage nicht einmal der Beihilfe schuldig gemacht hat.
b) Das Landgericht hat bei der Prüfung der Strafbarkeit des Angeklagten Sch. im Wesentlichen auf seine vor Ort erbrachte Leistung abgestellt und den tatsächlichen Beitrag in Form des Tresoröffnens als Anknüpfungspunkt für die mittäterschaftliche Begehungsweise zugrunde gelegt, ohne dies näher auszuführen. Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass der Diebstahl des Tresors schon zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte Sch. von den gesondert Verfolgten N. und H. angerufen wurde, mithin bevor er überhaupt eine Tätigkeit entfaltete, beendet war, so dass er sich allein durch das Öffnen des Tresors an der Tat weder in Form der Beihilfe noch der sukzessiven Mittäterschaft beteiligen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2007 - 3 StR 384/07, NStZ 2008, 152; Beschluss vom 13. August 2002 - 4 StR 208/02, NStZ 2003, 32; Urteil vom 24. Juni 1998 - 3 StR 128/98, NStZ-RR 1999, 208).
Ein Diebstahl ist beendet, wenn der Dieb den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen nach den Umständen des Einzelfalls gefestigt und gesichert hat (BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 4 StR 131/00, NStZ 2001, 88, 89). Dies war hier schon vor dem Anruf bei dem Angeklagten Sch. der Fall. Aufgrund des Abtransports des Tresors aus der Schule in die Kellerräume des Restaurants befand sich das Diebesgut nicht mehr im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Berechtigten, vielmehr hatten die gesondert Verfolgten N. und H. ihm diesen bereits entzogen. Die neue Sachherrschaft war bereits gefestigt. Der Umstand, dass es ihnen auf den Inhalt des Tresors ankam und sie hierfür die Hilfe des Angeklagten Sch. in Anspruch nahmen, ändert nichts daran, dass sie das noch vom Behältnis umschlossene Diebesgut bereits aus dem Einwirkungsbereich des Berechtigten entfernt hatten.
Auf Basis der bisherigen Feststellungen wäre daher eine Strafbarkeit wegen Begünstigung gemäß § 257 Abs. 1 StGB in Betracht zu ziehen. Da § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB den an der Vortat Beteiligten indes von einer Strafbarkeit wegen Begünstigung ausnimmt, ist jedoch vorrangig eine mögliche Beteiligung des Angeklagten Sch. an der Vortat aufgrund seiner zugesagten Unterstützungshandlung (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 257 Rn. 12; LK-Walter, 12. Aufl., § 257 Rn. 101 f. mwN) - wie oben unter a) erörtert - zu prüfen.
4. Hinsichtlich des Angeklagten S. belegen die Urteilsgründe nicht, dass dieser sich im Fall II. 4. des Computerbetruges (§ 263a Abs. 1 StGB) in drei Fällen schuldig gemacht hat.
Die Feststellungen des Landgerichts zu der Anzahl der zuvor im Fall II. 3. erbeuteten und sodann anschließend im Fall II. 4. eingesetzten EC-Karte(n) sind widersprüchlich. Der Senat vermag angesichts der wiederholten, zum einen auf eine Karte, zum anderen auf mehrere Karten hindeutenden Formulierungen entgegen dem Generalbundesanwalt auch keinen eindeutigen Schreibfehler dahin erkennen, dass - entsprechend den Feststellungen im Fall II. 3. - tatsächlich nur eine EC-Karte erbeutet und allein diese sodann auch an den Geldautomaten eingesetzt wurde.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die konkurrenzrechtliche Beurteilung der drei Abhebungen als nicht tragfähig. Denn falls der Angeklagte S. zusammen mit dem gesondert Verfolgten N. mit nur einer EC-Karte innerhalb kurzer Zeit Geld einmal am Automaten in dem Café und zweimal am Automaten im Spielcenter abgehoben haben sollte, stellen sich die einzelnen Zugriffe an ein und demselben Geldautomaten im Spielcenter nicht als selbständige Taten, sondern als Teile einer einheitlichen Tat nach § 263a Abs. 1 StGB im materiell-rechtlichen Sinne dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 - 2 StR 457/07; vom 21. November 2002 - 4 StR 448/02; vom 10. Juli 2001 - 5 StR 250/01, insoweit in NStZ 2001, 595 nicht abgedruckt). Mithin läge Computerbetrug lediglich in zwei Fällen vor.
5. Nach alledem ist das angefochtene Urteil in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang mit den Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Mayer