Entscheidungsdatum: 19.09.2017
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. April 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu Jugendstrafe verurteilt und eine Ein-ziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen vertritt der Angeklagte, der zur Tatzeit, am 18. September 2016, 16 Jahre alt war und in Köln lebte, eine radikal-islamistische Ideologie. Er hatte sich über das Internet radikalisiert und stand im Sommer 2016 mittels Chat-Nachrichten in regem Kontakt mit mehreren dem sog. "Islamischen Staat" (IS) zumindest nahestehenden Personen, insbesondere einem "B. ", zu dem er eine starke emotionale Bindung aufgebaut hatte.
Ab dem 15. September 2016 war der Angeklagte fest entschlossen, unter Anleitung seines "Mentors" B. eine Bombe zu bauen, hiermit in Deutschland einen Terroranschlag, unter Umständen auf den Militärflughafen in Köln, zu verüben und so eine unbestimmte Vielzahl von Menschen zu töten. Dies hielt er im Rahmen des Dschihad für seine religiöse "Pflicht als Muslim". Er fertigte dementsprechend den Entwurf eines Bekennerschreibens.
Am 18. September 2016 ließ sich der Angeklagte von B. per Chat im Bau einer Bombe unterrichten. Inhalt der ersten "Lektion" waren die Zusammenstellung der hierfür erforderlichen Utensilien sowie "Tipps" zu deren Beschaffung. B. wies den Angeklagten an, verschiedene für die Herstellung des Sprengsatzes benötigte Gegenstände (wie ein Mobiltelefon, einen Wecker, 700 g Schießpulver und 300 g Schwefel, Lichterketten, Nägel sowie Rattengift) zu beschaffen. Zudem gab er dem Angeklagten Ratschläge, wie dieser die Utensilien, ohne Aufsehen zu erregen, kaufen könne. B. kündigte an, sie sich selbst zu besorgen, damit er den Angeklagten sodann anleiten könne, wie die einzelnen Bestandteile der Bombe zusammenzufügen seien.
Bevor B. die Unterrichtung fortsetzen konnte, wurde die Tat entdeckt und der Angeklagte festgenommen.
2. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Näher einzugehen ist lediglich auf den Schuldspruch:
Auf der Grundlage der - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen hat die Jugendkammer zutreffend angenommen, dass der Angeklagte eine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne von § 89a Abs. 1 Satz 1, 2 StGB vorbereitete, indem er sich gemäß § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Herstellung von Sprengstoffen und -vorrichtungen unterweisen ließ (zur gesetzlichen Konzeption s. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - StB 14/17, NJW 2017, 2693, 2694).
Die Tathandlungsalternative des Sich-Unterweisen-Lassens ist spiegelbildlich zu derjenigen des Unterweisens auszulegen. Beide Begehungsvarianten erfordern einen kommunikativen Akt zwischen Unterweisendem und Unterwiesenem, der die Unterrichtung in spezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB zum Gegenstand hat. Der kommunikative Akt kann auch - wie hier - über ein Forum des Internets vorgenommen werden. Er muss darauf gerichtet sein, dass der Unterwiesene die Handlung, über die ihm Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nach Abschluss der Unterrichtung ausführen kann (allgemeine Meinung; vgl. AnwK-StGB/Gazeas, 2. Aufl., § 89a Rn. 35 f.; SSW-StGB/Güntge, 3. Aufl., § 89a Rn. 5; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 36 f.; S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 89a Rn. 10; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 23).
Die Tathandlungsalternativen des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB setzen indes keinen Unterweisungserfolg in dem Sinne voraus, dass das Unterweisungsziel auch erreicht wird; vielmehr reicht eine bloße Unterweisungstätigkeit aus. Die Vorschrift verlangt nicht, dass der Unterwiesene im Anschluss an den kommunikativen Akt die Herstellung oder den Umgang mit den in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB beschriebenen Mitteln oder die dort genannten Fertigkeiten selbständig beherrscht (ebenso Fischer, StGB, 64. Aufl., § 89a Rn. 30, 32; AnwK-StGB/Gazeas aaO, Rn. 36; MüKoStGB/Schäfer aaO, Rn. 36; SK-StGB/Zöller aaO; anderer Ansicht - allein - S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 89a Rn. 10). Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:
a) Bereits der herkömmliche Sprachsinn spricht für eine Auslegung der Tatbestandsmerkmale "eine andere Person unterweist" und "sich unterweisen lässt" im Sinne einer bloßen Unterweisungstätigkeit. Im deutschen Sprachgebrauch wird die Bedeutung von "unterweisen" gleichgesetzt mit "lehren", "belehren", "unterrichten" sowie "jemandem Kenntnisse, Fertigkeiten vermitteln" (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 6; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Band 9; Grimm, Deutsches Wörterbuch, Band 11). Mit alledem wird ein Vorgang, nicht ein - hierauf beruhender - veränderter Zustand bezeichnet.
b) Dass für § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB eine Unterweisungstätigkeit genügt, folgt überdies aus einem Vergleich dieser Vorschrift mit derjenigen des § 87 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Die dort geregelte Variante des Straftatbestands der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken erfasst - terminologisch verwandt - das Schulen und das Sich-Schulen-Lassen zur Begehung von Sabotagehandlungen. Zu § 87 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist anerkannt, dass es für die Strafbarkeit auf einen Ausbildungserfolg nicht ankommt. Wird die Schulungstätigkeit unerwartet vor ihrem geplanten Abschluss beendet, so ist der Tatbestand gleichwohl erfüllt (allgemeine Meinung; vgl. LK/Laufhütte/Kuschel, StGB, 12. Aufl., § 87 Rn. 15; NK-StGB-Paeffgen, 5. Aufl., § 87 Rn. 17; MüKoStGB/Steinmetz, 3. Aufl., § 87 Rn. 10).
c) Die hier vorgenommene Auslegung steht auch im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers.
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich zunächst, dass dem Unterweisen und dem Sich-Unterweisen-Lassen in Absatz 2 Nummer 1 des - zum 4. August 2009 eingeführten - § 89a StGB ein der Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 5 StGB vergleichbarer Sinngehalt beigemessen werden sollte; denn das gesetzgeberische Anliegen war namentlich, mit der neuen Strafvorschrift "die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen vor allem in einem terroristischen Ausbildungslager" unter Strafe zu stellen (so BT-Drucks. 16/11735, S. 13; BT-Drucks. 16/12428, S. 15).
In der Gesetzesbegründung ist im Übrigen ausgeführt, es sei für die Strafbarkeit desjenigen, der sich unterweisen lässt, nicht erforderlich, dass er sein erworbenes Wissen bzw. seine erworbenen Fertigkeiten unmittelbar im Anschluss an die Unterweisung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nutzen will, es reiche vielmehr aus, wenn das Erlernte zu einem späteren Zeitpunkt für die Tatbegehung genutzt werden soll (vgl. BT-Drucks. 16/11735, aaO; BT-Drucks. 16/12428, aaO). Hiermit hat sich der Gesetzgeber zu einem zeitlichen Zusammenhang zwischen der gesetzlich definierten Vorbereitungshandlung und der beabsichtigten Ausführung der staatsgefährdenden Gewalttat geäußert. Eine Abhängigkeit der Strafbarkeit gemäß § 89a Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB von einem - von den Tatgerichten festzustellenden - Unterweisungserfolg dergestalt, dass sich der Unterwiesene die "Ausbildungsinhalte" erfolgreich anzueignen vermochte und somit imstande ist, die Gewalttat eigenständig zu begehen, lässt sich diesen Ausführungen hingegen nicht entnehmen. Das gilt umso mehr, als während einer Unterweisung, die auf einen gewissen Zeitraum hin angelegt ist, von Anfang an mit für den Unterwiesenen sukzessiv eintretenden "Teilerfolgen" in Bezug auf die für die Ausführung der Gewalttat benötigten Kenntnisse und Fertigkeiten zu rechnen ist.
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