Entscheidungsdatum: 02.02.2010
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 29. September 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet. Das Urteil hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. a) Nach den Feststellungen überbrachte der Kurier eines niederländischen Drogenlieferanten in vier Fällen jeweils 5 bis 5,5 kg Marihuana nach Duisburg, wo die Betäubungsmittel an die Abnehmer weitergegeben werden sollten. Im Rahmen dieser Betäubungsmittelgeschäfte fiel dem Angeklagten die Aufgabe zu, den Drogenkurier an einem sicheren Ort mit den Abnehmern des Rauschgifts zusammenzuführen, von diesen den Kaufpreis in Höhe von 17.500 Euro entgegenzunehmen und das Geld sodann an den Lieferanten in die Niederlande zu überbringen. Während im Fall II. 1. der Kurier in Anwesenheit des Angeklagten die Betäubungsmittel unmittelbar an die Abnehmer übergab, händigte er das Marihuana in den Fällen II. 2. bis 4. zunächst dem Angeklagten aus, der es für kurze Zeit in einer "Bunkerwohnung" lagerte, bevor er es sodann selbst an die Abnehmer übergab. Das Kaufgeld überbrachte der Angeklagte in den Fällen II. 1. bis 3. dem Drogenlieferanten, von dem er für seine Dienste mit jeweils 150 bzw. einmal mit 500 Euro sowie mit Marihuana zum Eigenkonsum entlohnt wurde. Im Fall II. 4. wurden die Betäubungsmittel in der "Bunkerwohnung" noch vor Übergabe an die Abnehmer sichergestellt.
b) Die auf der Grundlage dieser Feststellungen vorgenommene, allerdings nicht näher begründete Würdigung des Landgerichts, der Angeklagte sei jeweils als Täter des unerlaubten Handeltreibens mit Marihuana anzusehen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht daraufhin, dass auch beim Betäubungsmittelhandel für die Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts gelten. Denn die Weite des Begriffs des Handeltreibens darf nicht dazu führen, entgegen den Grundsätzen der §§ 25 ff. StGB jede möglicherweise unter das Merkmal des Handeltreibens zu subsumierende Tätigkeit ohne Rücksicht auf ihr Gewicht für das Gesamtgeschehen und das Interesse des Beteiligten am Gelingen des Umsatzgeschäfts mittäterschaftlichem Handeltreiben gleichzusetzen. Vielmehr deutet auch beim Betäubungsmittelhandel eine ganz untergeordnete Tätigkeit eines Tatbeteiligten im Rahmen eines Gesamtgeschäftes schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (BGHSt 51, 219, 221 f.; BGH StraFo 2009, 344).
Nach diesen Maßstäben liegt ein (mit-)täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht vor. Der Angeklagte entfaltete keine erheblichen, über die Vermittlung der Übergabe der Drogen und den reinen Transport des Kaufgeldes hinausgehenden Tätigkeiten. Ihm kam im Rahmen des Gesamtgeschäfts vielmehr im Wesentlichen die Rolle eines Kuriers zu. In das eigentliche Umsatzgeschäft war er hingegen nach den Feststellungen nicht eingebunden; täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten standen ihm insoweit nicht zu. Die Handlungen des Angeklagten erschöpften sich mithin in untergeordneten Tätigkeiten, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Annahme (mit-)täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht zu begründen vermögen.
Der Angeklagte hat sich daher in allen Fällen lediglich der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht. In den Fällen II. 2. bis 4. hat er zugleich (tateinheitlich) den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verwirklicht, da er während der Lagerung des Rauschgifts in der "Bunkerwohnung" jeweils eigene Verfügungsgewalt an den Betäubungsmitteln hatte. Entsprechendes ist indes - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - im Fall II. 1. nicht festgestellt. Vielmehr geschah in diesem Fall die Übergabe des Rauschgifts zwar in Anwesenheit des Angeklagten aber direkt vom Rauschgiftkurier an die Abnehmer, ohne dass der Angeklagte hieran zuvor tatsächliche (Mit-)Verfügungsgewalt erlangt hatte.
2. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Es ist auszuschließen, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen kann, welche die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tragen kann. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
Im Fall II. 1. führt die Schuldspruchänderung zur Anwendung des nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG oder des § 29 a Abs. 2 BtMG. Zwar hat die Strafkammer bei Bemessung der Strafe für diese Tat die Tatsache der untergeordneten Stellung des Angeklagten strafmildernd berücksichtigt. Gleichwohl kann der Senat nicht ausschließen, dass sie bei Anwendung eines gemilderten Strafrahmens auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
Die Aufhebung der Einsatzstrafe im Fall II. 1. zieht die Aufhebung der Einzelstrafen für die übrigen Taten und der Gesamtstrafe nach sich. Zwar bestimmt sich in den Fällen II. 2. bis 4. der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB anzuwendende Strafrahmen auch für den geänderten Schuldspruch nach § 29 a Abs. 1 BtMG. Der Senat hebt dennoch auch die für diese Taten festgesetzten Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Strafen für sämtliche Taten ausgewogen aufeinander abzustimmen.
Becker von Lienen Sost-Scheible
Schäfer Mayer