Entscheidungsdatum: 16.09.2010
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. April 2010, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des versuchten Betrugs, zweier Fälle des Diebstahls und der Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass insgesamt eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Betrug und wegen Diebstahls in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten sowie wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl zu der weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Betrug im Falle II. 1. b) der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
" … Der mit der Verwendung der Kreditkarte begangene versuchte Betrug (§§ 263 Abs. 1, 22, 23 StGB) verdrängt als Delikt mit höherer Strafandrohung wegen der Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB den innerhalb derselben prozessualen Tat mitverwirklichten Tatbestand der Unterschlagung (vgl. BGHSt 47, 243 f.; Fischer StGB 57. Aufl. § 246 Rdnr. 23c m.w.N.).
… Es ist auszuschließen, dass durch den rechtsfehlerhaften zusätzlichen Schuldspruch wegen Unterschlagung der Beschwerdeführer im Strafausspruch beschwert ist, da der Tatrichter bei der Strafzumessung auch die Verwirklichung solcher Straftatbestände, die aufgrund ihrer formellen Subsidiarität zurücktreten, strafschärfend berücksichtigen darf (st. Rspr., BGHSt 19, 189; NStZ-RR 1996, 21)."
Dem tritt der Senat bei und ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
2. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte die den Fällen II. 1. a) bis c) zugrunde liegenden Taten vor seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Witten vom 7. Mai 2009 begangen hat und diesem Erkenntnis damit gegenüber der nachfolgenden, als Fall II. 1. d) abgeurteilten Tat eine Zäsurwirkung zukommt, denn die vom Amtsgericht Witten verhängte Geldstrafe ist noch nicht erledigt. Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass sich das Landgericht gleichwohl an der Entscheidung über die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (§ 55 StGB) aus den in den Fällen II. 1. a) bis c) ausgesprochenen Einzelstrafen und der Strafe aus dem Erkenntnis des Amtsgerichts Witten sowie gegebenenfalls auch - je nach den (im Urteil nicht mitgeteilten) Tatzeiten der abgeurteilten Delikte - der Geldstrafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Essen vom 28. Mai 2009, des Amtsgerichts Bochum vom 3. August 2009, des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 26. August 2009, des Amtsgerichts Wesel vom 2. Oktober 2009 und des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13. November 2009 gehindert gesehen hat, weil seine Bemühungen um Beiziehung der Akten erfolglos geblieben sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - 1 StR 369/03, NStZ 2005, 32).
Vor diesem Hintergrund war es dem Landgericht indes verwehrt, allein aus den in den Fällen II. 1. a) bis c) verhängten Einzelstrafen eine gesonderte Gesamtstrafe zu bilden. Eine Grundlage hierfür ergibt sich weder aus § 53 StGB noch aus § 55 StGB. Die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe setzt nach § 55 StGB schon begrifflich die Einbeziehung der Strafe aus der früheren Verurteilung voraus. Sieht der Tatrichter von der Anwendung des § 55 StGB deshalb ab, weil dies noch weiterer Ermittlungen bedurft hätte und deshalb mit einer erheblichen Verfahrensverzögerung verbunden gewesen wäre, so richtet sich die Gesamtstrafenbildung ausschließlich nach § 53 StGB. In diese Entscheidung einzubeziehen sind dann aber sämtliche nunmehr verwirkte Einzelstrafen; die Zäsurwirkung der früheren Verurteilung hat außer Betracht zu bleiben; denn sollte sich im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO ergeben, dass die Vorstrafen - aus welchen Gründen auch immer - nicht zur Gesamtstrafenbildung heranzuziehen sind, so muss die im Urteil ausgesprochene und in diesem Falle bestehen bleibende Gesamtstrafe für sich rechtsfehlerfrei gebildet sein. Dies hat das Landgericht verkannt.
Über die Bildung der Gesamtstrafe ist deshalb neu zu entscheiden. Der Senat macht insoweit von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO zu verfahren. Im Nachverfahren wird sich die Gesamtstrafenbildung an der Vollstreckungssituation auszurichten haben, die im Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils vorlag (BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72).
3. Da absehbar ist, dass die Revision über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung allenfalls einen geringen Teilerfolg erzielen wird und es daher nicht unbillig erscheint, den Beschwerdeführer mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO), trifft der Senat die Entscheidung über die Revisionskosten selbst (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 430/04, NJW 2004, 3788, 3789).
Becker von Lienen Sost-Scheible
Schäfer Mayer