Entscheidungsdatum: 08.07.2014
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 26. November 2013, soweit es ihn betrifft, im Fall II. 4. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Bestechung und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge den sich aus der Beschlussformel ergebenden Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Angeklagte beanstandet zu Recht, die Strafkammer habe einen Beweisantrag mit fehlerhafter Begründung zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).
Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Angeklagte hat beantragt, den Zeugen T. zum Beweis dafür zu vernehmen, dieser habe zum Zeitpunkt der Tat II. 4. der Urteilsgründe (Schlägerei anlässlich des Abiturballs des Gymnasiums J. am 4.12.2013 etwa um 0.15 Uhr in H.) in einer Discothek in H. Gehälter unter anderem an den Angeklagten, der dort als Türsteher tätig war, ausbezahlt. Der Zeuge werde bestätigen, dass der Angeklagte dort seinen Dienst ausgeübt und den Arbeitsplatz nicht verlassen habe.
Das Landgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, diesem mangele es an der Konnexität zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Beweismittel. Es fehle die Plausibilität für das mögliche Gelingen der Beweiserhebung. Der Angeklagte hat den Antrag sodann um weitere Angaben zum Ablauf der Auszahlungen der Gehälter ergänzt. Das Landgericht hat gleichwohl an seiner Auffassung festgehalten. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.
a) Ein Beweisantrag im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO setzt die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache und die Benennung eines bestimmten Beweismittels voraus, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen kommen als Beweisbehauptung nur solche Tatsachen in Betracht, die der benannte Zeuge aus eigener Wahrnehmung bekunden kann. Nach verbreiteter Auffassung in der Rechtsprechung ist für das Vorliegen eines Beweisantrags weiterhin erforderlich, dass der Antragsteller näher darlegt, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll, wenn aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Diese Ausführungen sollen dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO, insbesondere der völligen Ungeeignetheit sowie der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 4 StR 372/12, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 50 mwN). In jüngeren Entscheidungen wird als weiteres Kriterium der Konnexität darüber hinaus verlangt, der Antragsteller müsse bei "fortgeschrittener Beweisaufnahme" zu der in Rede stehenden Beweisthematik unter Einbeziehung der konkreten Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen in das bisherige Beweisergebnis die Plausibilität eines möglichen Gelingens seiner Beweisführung belegen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284, 287 ff.; Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NJW 2011, 1239, 1240 f.).
b) Es kann dahinstehen, ob dieser Rechtsprechung in vollem Umfang zu folgen und mit dem Kriterium der Konnexität ein eigenständiges konstitutives Element eines Beweisantrags benannt ist oder im Ergebnis letztlich nur die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache umschrieben wird. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die dargelegte neuere Rechtsprechung in der Sache als Abkehr von dem Grundsatz zu werten ist, dass der Antragsteller auch das, was er lediglich vermutet, unter Beweis stellen darf, und ob es sich in das System des § 244 Abs. 3 StPO einfügt, wenn die inhaltlichen Anforderungen an einen Beweisantrag von dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme abhängig gemacht werden (vgl. etwa schon BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171, 172; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 47; Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 4 StR 372/12, aaO.; KK-Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 82 ff.; LR/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 114). Jedenfalls nach der ergänzenden Konkretisierung des Beweisantrags liegt hier ein nach allen dargestellten Auffassungen ausreichender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen vor. Dort hat der Antragsteller unter anderem vorgebracht, der Zeuge habe jeweils am Anfang eines Monats die Gehälter des Vormonats in bar ausgezahlt. Diese Auszahlung habe der Zeuge am Tattag in der Form vorgenommen, dass er sich etwa um Mitternacht die Türsteher habe kommen lassen und kurze Gespräche mit ihnen geführt habe. Der Zeuge sei eine Stunde geblieben und habe von seinem Standort aus zwei Türen im Blick gehabt. Damit ist den in der Rechtsprechung zur Konnexität aufgestellten Anforderungen in ausreichender Weise Genüge getan. Es ergab sich aus dem Vorbringen ohne Weiteres, warum der Zeuge etwas zu der Beweisbehauptung hätte bekunden können. Eine "fortgeschrittene Beweisaufnahme" zur Täterschaft des Angeklagten im Fall II. 4. der Urteilsgründe lag zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht vor, wie sich schon aus den Urteilsgründen ergibt. Eine weitere Plausibilisierung des behaupteten Beweisergebnisses oblag dem Antragsteller daher auch auf der Grundlage der oben zitierten Rechtsprechung nicht. Der Strafkammer war es auf der Grundlage der Antragsbegründung möglich, die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO zu prüfen. Soweit sie in ihrem Ablehnungsbeschluss weiter ausgeführt hat, es sei fraglich, warum der Zeuge nach dem langen Zeitablauf nunmehr verlässlich bekunden können solle, der Angeklagte habe die ganze Zeit an einer der Türen gestanden, hat sie in der Sache die Beweiswürdigung, die gegebenenfalls nach Erheben des Beweises anzustellen gewesen wäre, in unzulässiger Weise vorweggenommen.
2. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil im Fall II. 4. der Urteilsgründe. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer nicht zu der Überzeugung gelangt wäre, der Angeklagte sei an der Schlägerei anlässlich des Abiturballs beteiligt gewesen, wenn es den begehrten Beweis erhoben hätte.
3. Aufgrund der danach erforderlichen Aufhebung des Urteils im Fall II. 4. der Urteilsgründe kann auch die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.
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