Entscheidungsdatum: 14.04.2015
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 7. Juli 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die im Fall II. 3 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe,
b) soweit ein Betrag von 1.700 € für verfallen erklärt worden ist,
c) soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie unter anderem den Verfall von 1.700 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Während sich die Verfahrensrügen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalt dargelegten Gründen als jedenfalls unbegründet erweisen, hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die im Fall II. 3 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe kann keinen Bestand haben. Insoweit sind die Strafzumessungserwägungen, die bereits bei der Strafrahmenwahl Berücksichtigung finden müssen, in einem wesentlichen Punkt lückenhaft. Zwar braucht der Tatrichter im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemessung der Strafe bestimmend gewesen sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - 3 StR 296/11, NStZ-RR 2011, 370; st. Rspr.). Hier hat das Landgericht aber den gewichtigen strafmildernden Umstand, dass das gesamte für den Absatz bestimmte Kokain sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen wurde, so dass es nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen konnte, unberücksichtigt gelassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 1990 - 2 StR 588/89, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10; vom 28. März 2006 - 4 StR 42/06, NStZ-RR 2006, 220
2. Auch die Anordnung des Verfalls eines Betrages von 1.700 € hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es ist nicht festgestellt, dass der Angeklagte das Geld bereits erlangt hatte.
Beim Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Ein Gegenstand ist wirtschaftlich erlangt, sobald dieser unmittelbar aus der Tat in die eigene Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68). Vorliegend wurde der Angeklagte auf dem Weg zu seinem Depot, aus dem er Betäubungsmittel holen wollte, festgenommen. In seiner Wohnung, in der sein Abnehmer wartete, lagen 1.700 € auf dem Tisch. Ob das Geld zu diesem Zeitpunkt bereits in die Verfügungsmacht des Angeklagten gelangt war oder ihm erst Zug um Zug gegen die Übergabe der Betäubungsmittel zufließen sollte, ist nach diesen Feststellungen offen. Danach ist nicht festgestellt, dass der Abnehmer dem Angeklagten den Betrag von 1.700 € bereits übergeben hatte.
3. Schließlich hat das Urteil auch keinen Bestand, soweit das Landgericht von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte 2005 erstmals gelegentlich Haschisch und Kokain. In den Jahren 2009/2010 gab er sich dann einem exzessiven Rauschmittelkonsum hin. Er schnupfte fast täglich zwischen sechs und zehn Linien Kokain. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft unterzog er sich von 2011 bis 2013 einer ambulanten Therapiemaßnahme, während der er abstinent blieb. Ab Januar 2013 steigerte sich aber sein Konsum wieder auf zuletzt drei Gramm Cannabis täglich und zwei bis vier Gramm Kokain im Monat. Beim Angeklagten wurde deshalb auch ein missbräuchlicher Konsum von Cannabis und Kokain diagnostiziert, allerdings kein Abhängigkeitssyndrom. Diesen Feststellungen widerspricht es, dass das Landgericht einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB mit der Begründung verneint hat, dass der Angeklagte nur sporadisch und gelegentlich Betäubungsmittel konsumiere. Dieser offenkundige Widerspruch nötigt zur Aufhebung auch der Entscheidung über den Maßregelvollzug. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch den Tatrichter auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
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