Entscheidungsdatum: 04.08.2015
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 12. November 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, Diebstahls in zwei Fällen sowie versuchten Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet.
I. Den Verfahrensbeanstandungen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift dargelegten Gründen ein Erfolg versagt.
II. Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dies gilt entgegen den Angriffen der Revision auch, soweit der Angeklagte wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls gemäß §§ 252, 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB verurteilt worden ist.
1. Insoweit hat das Landgericht - rechtsfehlerfrei - folgende Feststellungen getroffen: In den frühen Morgenstunden des 5. Januar 2014 drangen der Angeklagte und zwei Mittäter in eine Filiale der Kreissparkasse in B. ein, während ein weiterer Beteiligter zur Absicherung draußen verblieb. Sie öffneten unter Zuhilfenahme von Werkzeug um 5.35 Uhr den dort befindlichen Geldautomaten und entnahmen diesem 74.850 €, die sie in den Kofferraum eines Fluchtwagens luden. Sodann entfernten sich die vier Täter in zunächst drei Fahrzeugen, von denen nach kurzer Strecke eines zurückgelassen wurde. Der Angeklagte befand sich zuletzt als Beifahrer in dem mit der Tatbeute beladenen PKW. Bereits die Tatbegehung war durchgehend von Kräften des Landeskriminalamtes observiert worden, die auch die Verfolgung der Täter aufnahmen. Etwa 35 km vom Tatort entfernt stoppten sodann um 6.06 Uhr Beamte des Mobilen Einsatzkommandos des Landeskriminalamtes die Tatbeteiligten, indem sie mit zwei Wagen vor und hinter deren Fahrzeugen zum Stehen kamen. Die wegen der Aufdrucke "Polizei" auf der Kleidung sowie auf den getragenen Sturmhauben vom Angeklagten und den übrigen Tätern als solche erkannten Beamten umstellten mit gezogenen Waffen die PKW. Der Angeklagte und der in dessen Wagen als Fahrer agierende Mittäter kamen dennoch überein, einen Fluchtversuch zu unternehmen, um der Festnahme zu entgehen und um sich im Besitz der Beute zu erhalten. Sie vereinbarten durch entsprechende Gesten, auf einen der Beamten zuzufahren. Dieser erlitt durch den Zusammenstoß eine schmerzhafte Knieprellung, was beide Insassen des Wagens in Kauf nahmen. Beiden gelang zunächst die Flucht. Der Angeklagte konnte jedoch gegen 8.30 Uhr festgenommen werden.
2. Der Revisionsführer und die übrigen Beteiligten wurden bei dem von ihnen begangenen Diebstahl des Geldes auf frischer Tat betroffen. Dies ist der Fall, wenn der Täter noch in unmittelbarer Nähe zum Tatort und alsbald nach der Tatausführung wahrgenommen wird, wenn also im Moment der Wahrnehmung noch ein enger, sowohl örtlicher als auch zeitlicher Zusammenhang mit der Vortat besteht (st. Rspr.; vgl. schon BGH, Urteile vom 8. Juni 1956 - 2 StR 206/56, BGHSt 9, 255, 257; vom 13. Dezember 1978 - 3 StR 381/78, BGHSt 28, 224, 229 f.). Danach war die Tat zwar im Moment des Zugriffs durch die Beamten des Mobilen Einsatzkommandos nicht mehr "frisch"; anders verhält es sich indes bei der Wahrnehmung durch die Observationskräfte. Dabei steht dem Betreffen nicht entgegen, dass diese die Tat nicht erst nach ihrer Vollendung entdeckten, sondern sie bereits von Anfang an beobachteten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1958 - 4 StR 208/58, NJW 1958, 1547).
3. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 252 StGB kommt es für die Tatbestandsverwirklichung ferner nicht darauf an, dass sich die in dem Anfahren auf den Polizeibeamten liegende, dem Angeklagten gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnende Gewaltanwendung nicht gegen einen der Polizeibeamten richtete, der die Täter auf frischer Tat angetroffen hatte (vgl. Schnarr, JR 1979, 314, 316 f.). Es genügt, dass die Nötigungshandlung Folge des Betroffenseins ist, mithin zu diesem in Bezug steht. Ein solcher ist auch gegeben, wenn das Nötigungsmittel im Rahmen der sogenannten Nacheile angewendet wird, also während der sich unmittelbar an das Betreffen auf frischer Tat anschließenden Verfolgung (BGH, Urteile vom 17. April 1951 - 1 StR 134/51; vom 26. Juni 1952 - 5 StR 517/52, NJW 1952, 1026; vom 21. November 1961 - 1 StR 444/61, GA 1962, 145). Liegen diese Voraussetzungen vor, kommt es auf einen engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen Vortat und Gewaltanwendung nicht an, solange die Verfolgung - wie vorliegend - ohne Zäsur durchgeführt wird (ebenso NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 252 Rn. 18; S/S-Eser/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 252 Rn. 5/6; aA Küper, BT, 5. Aufl., S. 94).
4. Der Angeklagte handelte auch vorsätzlich. Dazu ist zwar erforderlich, dass sich der Vorsatz des Täters auch auf sein eigenes Betroffensein bezieht (vgl. LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 252 Rn. 24, 60; SK-StGB/Sinn, 137. Lfg., § 252 Rn. 16). Da dieser Vorsatz jedoch gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB erst bei Begehung der Tat, also bei Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung vorliegen muss, reicht es in der vorliegenden Konstellation aus, wenn der Angeklagte in dem Moment des Gewahrwerdens der Polizeikräfte und der Entscheidung, auf einen von ihnen zuzufahren, jedenfalls erkannte und billigend in Kauf nahm, dass er möglicherweise bereits in unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe zum Diebstahl bemerkt worden war und dies zu der Polizeiaktion führte.
Das Landgericht hat sich zwar nicht ausdrücklich zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten verhalten. Dabei handelt es sich indes um keinen durchgreifenden Darstellungsmangel, da sich der entsprechende Eventualvorsatz aufgrund der Situation zwanglos erschließt: Die Polizeibeamten bremsten mit ihren Fahrzeugen die PKW der Täter aus; sie waren mit Sturmhauben bekleidet und traten dem Angeklagten und den übrigen Beteiligten sofort mit gezogenen Waffen entgegen. Vor diesem Hintergrund ist auch angesichts einer zurückgelegten Entfernung von 35 km und einem Zeitablauf von rund 30 Minuten seit Öffnung des Tresors auszuschließen, dass der Angeklagte aus diesen Umständen nicht den (zutreffenden) Schluss zog, die Aktion sei Folge einer Entdeckung bereits während des Diebstahls bzw. in unmittelbarem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit diesem gewesen.
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