Entscheidungsdatum: 18.09.2012
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das ergänzende Schutzzertifikat
DE 12 2004 000 010
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Dipl.-Chem. Dr. Egerer, Dipl.-Chem. Dr. Gerster und Schell sowie der Richterin Dipl.-Chem. Zettler
beschlossen:
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Kommt es für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b Verordnung (EG) Nr. 1610/96 ausschließlich auf eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 4 der Richtlinie 91/414/EWG oder Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 an oder kann ein Zertifikat auch aufgrund einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 erteilt werden.
I.
Die Beklagte ist Inhaberin des mittlerweile durch Zeitablauf erloschenen, europäischen Patents 0 375 907 (Grundpatent), das die Bezeichnung „Nitroverbindungen als Insektizide“ trägt. Das Grundpatent umfasst den Wirkstoff Clothianidin. Mit der Zulassung AP 40-54-01 des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vom 2. Dezember 2003 (1. Genehmigung) wurde das Pflanzenschutzmittel „Poncho Pro“ mit dem Wirkstoff Clothianidin in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen. Die Genehmigung gründete sich auf die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1998 (im Folgenden: PflSchG a. F.), die Genehmigungen bei Gefahr im Verzug für die Bekämpfung bestimmter Schadorganismen betrifft. Die 1. Genehmigung für das Pflanzenschutzmittel „Poncho Pro“ wurde für den Zeitraum von 120 Tagen ab dem 15. Januar 2004 erteilt.
Die Beklagte hat am 13. Mai 2004 beim DPMA einen Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für den Wirkstoff Clothianidin gestellt und dabei als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel in der Europäischen Gemeinschaft die Zulassung GB 11201 vom 19. Februar 2003 angegeben. Aufgrund der Anmeldung hat das DPMA entsprechend der damaligen Amtspraxis am 6. September 2004 das Streitzertifikat mit einer Laufzeit vom 17. November 2009 bis 16. November 2014 erteilt.
Am 8. September 2004 erteilte das BVL für denselben Wirkstoff vorläufige Zulassungen nach § 15c PflSchG a. F. für die Zeit bis zum 7. September 2007. Am 14. Juni 2007 wurde der Beklagten für diesen Wirkstoff dann eine endgültige Genehmigung nach § 15 PflSchG a. F. erteilt. Sowohl nach Erteilung der vorläufigen Genehmigungen als auch nach Erteilung der endgültigen Genehmigung hat die Beklagte innerhalb der Sechsmonatsfrist des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 (im Folgenden: VO 1610/96) jeweils einen weiteren Antrag auf Erteilung eines Schutzzertifikats gestellt. Das DPMA hat den zweiten Antrag der Beklagten – nach Erteilung der vorläufigen Genehmigung gemäß § 15c PflSchG a. F. – mit der Begründung zurückgewiesen, für das Erzeugnis sei bereits ein Zertifikat erteilt worden. Dagegen hat die Beklagte Beschwerde eingelegt, die aktuell noch beim Bundespatentgericht anhängig ist. Über den dritten Antrag der Beklagten – nach der Erteilung der endgültigen Genehmigung gemäß § 15 PflSchG a. F. – hat das DPMA bislang noch nicht entschieden.
Die Kläger machen mit ihrer Klage die Nichtigkeit des Streitzertifikats gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a der VO 1610/96 geltend. Sie begründen dies im Wesentlichen damit, dass die Erteilung des Streitzertifikats aufgrund einer Genehmigung erfolgt sei, die weder einer endgültigen Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 4 der Richtlinie 91/414/EWG (im Folgenden: RL 91/414) noch einer Genehmigung gemäß einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift gleichzusetzen sei. Somit liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 vor.
Die Kläger beantragen,
das ergänzende Schutzzertifikat 12 2004 000 010 für nichtig zu erklären.
Hilfsweise regen sie an, das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise regt sie an, das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Anträge sinngemäß geltend, eine Notgenehmigung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG a. F., durch den Art. 4 RL 91/414 umgesetzt worden sei, stelle eine Genehmigung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 dar, da sie dessen Erteilungsvoraussetzungen erfülle. Auch eine Notgenehmigung setze in der Praxis eine umfangreiche und aussagekräftige technisch-wissenschaftliche Prüfung des betreffenden Pflanzenschutzmittels auf Wirksamkeit und Sicherheit voraus, wie sich dies aus § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG a. F. und den hierzu erlassenen Genehmigungskriterien des Bundesamts ergebe. Durch diese Praxis, die auch in anderen Mitgliedsstaaten ihre Entsprechung finde, sei sichergestellt, dass Notgenehmigungen auf Grundlage einer auf konkreten Daten beruhenden Risikoabwägung und nicht etwa ohne eine substantielle Prüfung erteilt würden. Die Interessenabwägung bei der Entscheidung über die Notgenehmigung sei im vorliegenden Fall auf der Grundlage eines vollständigen Datenpakets zur Wirksamkeit und Sicherheit des fraglichen Erzeugnisses erfolgt und damit auf derselben Datengrundlage getroffen worden, wie eine Entscheidung über eine vorläufige Genehmigung nach § 15c PflSchG bzw. nach Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union gleichwertig mit Genehmigungen nach Art. 4 der RL 91/414 seien. Durch die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats solle nach dem Regelungszweck der VO 1610/96 ein Ausgleich für die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten im Bereich der Pflanzenschutzmittel geschaffen werden. Dieser Zweck dürfe nicht durch die Annahme gefährdet werden, dass Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 zwischen einer vorläufigen und einer endgültigen Zulassung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und Art. 4 RL 91/414 einerseits und einer Notgenehmigung nach Art. 8 Abs. 4 RL 91/414 andererseits unterscheide. Denn eine Notgenehmigung unterliege letztlich derselben sachlichen Prüfung wie eine vorläufige oder eine endgültige Zulassung.
II.
Der Erfolg der Nichtigkeitsklage hängt von der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 ab. Das Verfahren ist deshalb vor der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe b, Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.
Nach Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a VO 1610/96 ist das Zertifikat nichtig, wenn es entgegen den Vorschriften des Art. 3 erteilt wurde. Die Voraussetzungen des Art. 3 Buchstaben a, c und d der VO 1610/96 sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Es stellt sich auch nicht die Frage, ob das Streitzertifikat gemäß einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 erteilt wurde, da der auf § 11 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG a. F gestützte Antrag auf Zulassung des Pflanzenschutzmittels mit dem Wirkstoff „Clothianidin“ zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, zu dem die RL 91/414 bereits durch das PflSchG a. F. umgesetzt worden war.
Streitentscheidend ist im vorliegenden Fall dagegen die Frage, ob ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß Art. 3 Buchstabe b der VO 1610/96 bereits ab dem Erhalt einer Notgenehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der RL 91/414 beantragt und erteilt werden kann. Diese Frage ist bislang noch nicht durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der VO 1610/96 wird das ergänzende Schutzzertifikat erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Art. 7 der VO 1610/96 eingereicht wird, das betreffende Erzeugnis zum Zeitpunkt dieser Anmeldung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist, für das Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 4 der RL 91/414 oder gemäß einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift erteilt wurde, für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde und die Genehmigung für das Inverkehrbringen die erste Genehmigung dieses Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel ist.
Mit seinem Urteil in der Rechtssache C-229/09 (Hogan Lovells International/Iodosulfuron, vom 11. November 2010 = GRUR 2011, 213) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der VO 1610/96 dahin auszulegen ist, dass es der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikates für Pflanzenschutzmittel nicht entgegenstehe, wenn eine Genehmigung nach Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414 (vorläufige Genehmigung) erteilt wurde. In der Begründung ist ausgeführt, dass bei vorläufigen Genehmigungen dieselben wissenschaftlichen Zuverlässigkeitsanforderungen gelten und sie nach denselben Voraussetzungen überprüft oder für nichtig erklärt werden können, wie bei den nach Art. 4 der RL 91/414 erteilten endgültigen Genehmigungen (Rdn. 43). Zudem entsprächen die Voraussetzungen, unter denen eine vorläufige Genehmigung erteilt werde, denen einer endgültigen Genehmigung (Rdn. 45). Wegen dieses funktionalen Gleichwertigkeitszusammenhangs zwischen den Kriterien des Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414 und denen des Art. 4 der Richtlinie sei es nicht gerechtfertigt, Erzeugnisse von einer Anwendung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der VO 1610/96 auszuschließen, für die eine vorläufige Genehmigung erteilt wurde (Rdn. 46).
Ob diese Gesichtspunkte auch auf Notgenehmigungen gemäß Art. 8 Abs. 4 der RL 91/414 übertragbar sind, erscheint nach Ansicht des Senats fraglich.
Mit der RL 91/414 soll an erster Stelle ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt gewährt werden (vgl. den 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 91/414). Vor diesem Hintergrund soll die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln gemäß der Richtlinie 91/414 im Regelfall auf solche Pflanzenschutzmittel beschränkt werden, die bestimmte, aufgrund ihrer toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften unionsrechtlich festgelegte Wirkstoffe enthalten (vgl. den 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 91/414). Zu diesem Zweck sieht die RL 91/414 die Erstellung einer unionsrechtlichen Liste von zulässigen Wirkstoffen vor, die Pflanzenschutzmittel enthalten dürfen. Diese Liste ist als Anhang I der RL 91/414 angefügt. Nach der Regelung des Art. 8 Abs. 4 RL 91/414 konnte ein Mitgliedstaat, abweichend von Art. 4 RL 91/414 das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln für eine Dauer von höchstens 120 Tagen für eine beschränkte und kontrollierte Verwendung zulassen, wenn dies aufgrund einer unvorhersehbaren Gefahr für die Pflanzenerzeugung erforderlich war, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden konnte. Bei einer derartigen Notzulassung von Pflanzenschutzmitteln steht somit die Abwehr einer unmittelbaren und unvorhersehbaren Gefahr für das Gedeihen der Pflanzen im Vordergrund, was ein sofortiges Handeln notwendig macht. Dementsprechend unterlagen Notgenehmigungen nach Art. 8 Abs. 4 RL 91/414 nicht derselben sachlichen Prüfung wie vorläufige bzw. endgültige Genehmigungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und Art. 4 der Richtlinie.
So stellt Art. 8 Abs. 4 der RL 91/414 klar, dass die betreffenden Pflanzenschutzmittel „den Bestimmungen von Artikel 4 nicht entsprechen“ mussten. Insbesondere war es nicht erforderlich, dass ihre Wirkstoffe in Anhang I der RL 91/414 aufgeführt waren oder den in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b bis f der Richtlinie festgesetzten Anforderungen hinsichtlich der Wirksamkeit und der Sicherheit entsprachen. Der Prüfungsumfang musste somit deutlich weniger umfangreich und eingehend sein als bei vorläufigen und endgültigen Zulassungen. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob bei Notgenehmigungen im Vergleich zu endgültigen Genehmigungen von einem „funktionalen Gleichwertigkeitszusammenhang“ der Prüfungskriterien gesprochen werden kann, wie ihn der Gerichtshof der Europäischen Union im Hinblick auf vorläufige Genehmigungen angenommen hat (vgl. EuGH GRUR 2011, 213 – Hogan Lovells International/Iodosulfuron).
Gegen eine erweiternde Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 könnte zudem sprechen, dass eine Notgenehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 8 Abs. 4 der RL 91/414 bei der Berechnung der Laufzeit des Zertifikats nicht zu berücksichtigen ist, während dies bei einer vorläufigen Genehmigung nach Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414 dann der Fall ist, wenn sich eine endgültige Genehmigung für dasselbe Erzeugnis unmittelbar anschließt (Art. 13 Abs. 3 VO 1610/96). Dies erscheint nach Ansicht des Senats auch deshalb folgerichtig, da eine Notgenehmigung – im Unterschied zu vorläufigen und endgültigen Genehmigungen nach Art. 8 Abs. 1 und Art. 4 der RL 91/414 – lediglich ein Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln für eine beschränkte und kontrollierte Verwendung zulässt und somit nicht dieselben Amortisierungsmöglichkeiten eröffnet wie eine vorläufige oder eine endgültige Genehmigung. Der Regelung des Art. 13 Abs. 3 VO 1610/96 lässt sich folglich – anders als dies im Hinblick auf vorläufige Genehmigungen der Fall ist – kein Hinweis darauf entnehmen, dass auch Notgenehmigungen im Sinne von Art. 8 Abs. 4 RL 91/414 als Grundlage für die Erteilung eines Schutzzertifikats nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96 dienen können.
Für eine erweiternde, dem Interesse der Patentinhaber an der Erteilung eines Schutzzertifikats Rechnung tragende Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b VO 1610/96, nach der ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß Art. 3 der VO 1610/96 bereits ab dem Erhalt einer Notgenehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414 beantragt und erteilt werden kann, könnte dagegen die Erwägung sprechen, dass sich in der Praxis an eine Notgenehmigung nicht selten eine vorläufige sowie eine endgültige Genehmigung anschließt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Antragsteller in der Praxis nicht selten umfangreiche Unterlagen über den Wirkstoff und mindestens eine Zubereitung mit diesem Wirkstoff einreichen, die den Vorgaben der Anhänge I, II und III der RL 91/414 entsprechen und es den Mitgliedstaaten dadurch bereits bei der Entscheidung über die Erteilung einer Notgenehmigung faktisch die – gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b RL 91/414 für vorläufige Genehmigungen erforderliche – Feststellung ermöglichen, dass ein Gesund-heits, -Grundwasser- und Umweltgefährdung durch das betreffende Pflanzenschutzmittel nicht zu erwarten ist. Diese Prognose wird durch die in dem weiteren Verfahren erfolgende detaillierte Bewertung nicht selten bestätigt und führt in diesen Fällen – gegebenenfalls mit beschränkenden Auflagen – zur Erteilung einer vorläufigen Genehmigung nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie bzw. zu der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I und zur Erteilung einer endgültigen Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie. Auch in dem vorliegenden Streitfall lagen vor dem Anmeldetag des Schutzzertifikats bereits Unterlagen vor, die den von der Gemeinschaft gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b RL 91/414 für vorläufige Genehmigungen festgesetzten Anforderungen entsprachen. Allerdings kann die Aufnahme des Wirkstoffs eines Pflanzenschutzmittels in Anhang I der RL 91/414 ungeachtet dieser tatsächlichen Umstände nicht als bloßer Formalakt angesehen werden, der zwingend auf die befristete Zulassung durch eine Notgenehmigung folgt. Dies verdeutlicht etwa Art. 8 Abs. 1 der RL 91/414, wonach eine Zulassung widerrufen werden kann, wenn die Prüfung der von dem Antragsteller gemäß den Anhängen II und III eingereichten Unterlagen ergibt, dass das Pflanzenschutzmittel mit dem betreffenden Wirkstoff die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der RL 91/414 nicht erfüllt.