Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.01.2012


BPatG 09.01.2012 - 3 Ni 31/11 (EP)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Zulässigkeit der Nebenintervention auf Beklagtenseite – Leistung von Prozesskostensicherheit -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsdatum:
09.01.2012
Aktenzeichen:
3 Ni 31/11 (EP)
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

 

 

betreffend das europäische Patent …

(DE …)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 9. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Schramm, die Richterin Dr. Proksch-Ledig sowie den Richter Schell

beschlossen:

Die Klägerin hat der Nebenintervenientin bis zum

4. Februar 2012

wegen der Kosten des Verfahrens Sicherheit in Höhe von 75.000,00 Euro zu leisten. Die Sicherheitsleistung ist durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürg-schaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinsti-tuts zu bewirken.

 

Gründe

I.

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit der Klage angegriffenen europäi-schen Patents … mit der Bezeichnung „…

2

“. Mit Schriftsatz

3

vom 28. Oktober 2011 hat die Nebenintervenientin erklärt, sie trete als neue Inha-berin des Streitpatents der Beklagten als Streithelferin bei und widerspreche der Klage. Zudem verlangt die Nebenintervenientin von der Klägerin unter Hinweis auf deren Firmensitz in den USA die Leistung von Prozesskostensicherheit gem. § 81 Abs. 6 PatG.

4

Die Klägerin hält die Nebenintervention bereits für unzulässig, da kein Beleg für die behauptete Übertragung des Streitpatents vorliege. In jedem Fall sei der An-trag auf Sicherheitsleitung aber deshalb zurückzuweisen, weil die Beklagte selbst keinen solchen Antrag gestellt habe und sich die Nebenintervenientin mit ihren Anträgen nicht in Gegensatz zu den Anträgen der Hauptpartei setzen dürfe.

II.

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1. Der Antrag, die Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 81 Abs. 6 Satz 1 PatG zu verpflichten, ist zulässig.

6

Die Streithelferin hat durch Vorlage der maßgeblichen Übertragungsverträge nachgewiesen, dass sie die neue Inhaberin des Streitpatents ist. Als Rechtsnachfolgerin besitzt sie ein rechtliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Patents und hat damit die Möglichkeit, dem Nichtigkeitsverfahren als Nebenintervenientin beizutreten (vgl. Mes, PatG/GebrMG, 3. Aufl. 2011, § 81 Rdn. 25 m. w. N.). Da sich die Gestaltungswirkung des Urteils auf die Streithelferin erstreckt, ist sie insoweit als streitgenössische Nebenintervenientin i. S. v. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m §§ 66, 69, 61 ZPO anzusehen. Ein Fall des § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt hier nicht vor, da der Rechtsübergang an dem Streitpatent ausweislich der von der Nebenintervenientin vorlegten Nachweise bereits vor Rechtshängigkeit der Nichtigkeitsklage erfolgt ist (vgl. BGH Urteil vom 29. September 2011   X ZR 109/08   Sensoranordnung veröffentlicht unter http://www.bundesgerichtshof.de). Die Nebenintervenientin kann somit ihr Recht zur Unterstützung der Hauptpartei als eigenständiges und von der Hauptpartei unabhängiges Recht wahrnehmen (BGH GRUR 2008, 60, Rdn. 44   Sammelhefter II; Kühnen/Schulte, PatG, 8. Aufl., § 81 Rdn. 25). Insoweit ist es ihr zwar verwehrt, den Streitgegenstand des Rechtsstreits zu ändern oder sich in Gegensatz zu den Anträgen der Hauptpartei zu setzen, sie kann aber z. B. der Nichtigkeitsklage widersprechen sowie die Leistung von Prozesskostensicherheit fordern. Dass die Hauptpartei   wie hier   untätig bleibt, stellt insoweit kein Hindernis für eigene Prozesshandlungen der Nebenintervenientin dar, vielmehr darf sie Prozesshandlungen so lange vornehmen, wie sich ein ent-gegenstehender Wille der Hauptpartei nicht feststellen lässt (vgl. hierzu BGH NJW 2006, 773   Nebenintervention; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 70. Aufl., § 110 Rdn. 10; Giebel in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2008 § 110 Rdn. 38; Jaspersen in: Vorwerk/Wolf BeckOK ZPO, [Stand: 1.10.2011] § 110 Rdn. 22, jeweils m. w. N.). Da die Streithelferin ihr Verlangen nach Sicherheitsleistung innerhalb der Klageerwiderungsfrist geltend gemacht hat, ist der Antrag zudem rechtzeitig gestellt worden (vgl. hierzu Foerste in: Musielak ZPO, 8. Auflage 2011, § 110 Rdn. 8; sowie Giebel, a. a. O.).

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2. Der Antrag der Streithelferin auf Sicherheitsleistung ist auch begründet, da die Klägerin als Firma mit Sitz in den USA nicht aufgrund völkerrechtlicher Verträge von der Sicherheitsleistung befreit ist (§ 81 Abs. 6 Satz 1, Halbsatz 2 PatG i. V. m. § 110 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ZPO).

8

Die Höhe der Sicherheitsleistung ergibt sich gemäß § 81 Abs. 6 Satz 2 PatG, § 112 Abs. 2 ZPO aus der Berechnung der zu erwartenden Prozesskosten der Nebenintervenientin in zwei Instanzen. Dabei legt der Senat den von der Klägerin in der Klageschrift angegebenen Streitwert von 500.000 Euro zugrunde und bezieht die Kosten der Berufungseinlegung sowie die Kosten einer Doppelvertretung in die Berechnung mit ein (vgl. Kühnen/Schulte, PatG, 8. Aufl., § 81 Rdn. 203). Die Art der Sicherheitsleistung ergibt sich aus § 108 Abs. 1 ZPO.