Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 10.04.2018


BPatG 10.04.2018 - 3 Ni 29/16 (EP)

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsdatum:
10.04.2018
Aktenzeichen:
3 Ni 29/16 (EP)
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:100418U3Ni29.16EP.0
Dokumenttyp:
Urteil

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 412 307

(DE 502 05 049)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Schramm, den Richter Kätker, die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg, den Richter Dipl.-Chem. Dr. Jäger und die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner

für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 5. September 2002 als PCT-Anmeldung WO 2003/031372 beim Europäischen Patentamt in deutscher Sprache angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Patents 1 412 307 (Streitpatent), das die Priorität der deutschen Patentanmeldung 101 48 550 vom 1. Oktober 2001 in Anspruch nimmt und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 502 05 049 geführt wird. Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit drei Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „Verfahren zum Herstellen von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, insbesondere Metall-Keramik-Substraten“ und umfasst 25 Patentansprüche, deren einziger nebengeordneter Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

2

„Verfahren zum Herstellen von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, insbesondere Metall-Keramik-Substraten, bei dem (Verfahren) als Verbindungskomponenten wenigstens ein vorzugsweises plattenförmiges Keramiksubstrat mit einer oxidierten Metallfolie verbunden wird, und zwar durch Erhitzen unter Schutzgas auf eine Prozeßtemperatur, die unterhalb des Schmelzpunkts des Metalls der Metallfolie liegt, aber wenigstens gleich der Schmelztemperatur des von der Oxidschicht gebildeten Eutektikums ist, dadurch gekennzeichnet, daß das wenigstens eine Keramiksubstrat und die mit diesem zu verbindende wenigstens eine Metallfolie während des Verfahrens in einem von einer Kapsel (1, 1a, 1b, 1c) gebildeten Reaktionsraum (8, 8c) mit einer inneren Schutzgasatmosphäre untergebracht sind, die durch die Kapsel (1, 1a, 1b, 1c) von einer diese Kapsel umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre getrennt ist.“

3

Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 25 wird auf die Patentschrift EP 1 412 307 B1 verwiesen.

4

Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der mangelnden Ausführbarkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen insbesondere auf folgende Dokumente:

5

N2 EP 1 412 307 B1 (Streitpatent)

6

K3 US 5,741,131

7

K4 JP 9-301783 A

8

K4a Deutschsprachige Übersetzung von JP 9-301783 A

9

K5 JP 11-60345 A

10

K5a Deutschsprachige Übersetzung von JP 11-60345 A

11

K6 DE 26 33 869 A1

12

K7 US 4,483,810

13

K8 JP 5-139849 A

14

K8a Deutschsprachige Übersetzung von JP 5-139849 A

15

K9 JP 10-158073 A

16

K9a Deutschsprachige Übersetzung von JP 10-158073 A

17

K10 FR 1 326 152

18

K10a Deutschsprachige Übersetzung von FR 1 326 152

19

K13 US 4,860,939

20

K14 US 3,766,634

21

K15 JP 61-270269

22

K15a Englischsprachige Übersetzung von JP 61-270269 A

23

K16 DE 30 36 128 A1

24

K17 JP 7-80662 A

25

K17a Deutschsprachige Übersetzung von JP 7-80662 A

26

K19 gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Oberlack, 29. November 2016, 8 Seiten, einschl. Anlagen

27

K20 zweite gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Oberlack, 25. Oktober 2017, 10 Seiten, einschl. Anlagen

28

K24 US 4,609,409

29

K24a Deutschsprachige Übersetzung von US 4,609,409

30

Nach Auffassung der Klägerin ist unter dem Begriff „Schutzgasatmosphäre“ i. S. d. Streitpatents auch ein Vakuum zu verstehen bzw. ein Vakuum, das den für den Direct-Bonding-Prozess erforderlichen Gehalt an Sauerstoff enthalte.

31

Das weitere Merkmal des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, wonach „die innere Schutzgasatmosphäre durch die Kapsel von einer diese Kapsel umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre getrennt ist“, sei dahingehend auszulegen, dass eine räumliche Trennung bestehen müsse, die somit keinen oder keinen nennenswerten Gasaustausch zwischen innerer und äußerer Schutzgasatmosphäre zulasse.

32

Bei dieser Auslegung sei die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Das Streitpatent zeige keinen Weg auf, wie die Trennung zwischen innerer und äußerer Schutzgasatmosphäre bei einer teilweise offenen Kapsel zu gewährleisten sei. In handelsüblichen DBC-(=Direct Bonding Copper)-Öfen lägen – auch beim Einströmen von Schutzgas – turbulente Strömungen vor. Bei solchen Strömungen könne eine streitpatentgemäße Trennung nicht erfolgen. Das Streitpatent zeige nicht auf, wie turbulente Strömungen verhindert werden könnten. Die dem Streitpatent entnehmbare Korrelation zwischen zwei Parametern, nämlich dem Verkapselungsgrad und dem Sauerstoffgehalt der äußeren Schutzgasatmosphäre, reiche nicht für eine ausführbare technische Lehre, da der Fachmann in einer nicht überschaubaren Vielzahl von unterschiedlichen Testbedingungen herausfinden müsse, wie die unterschiedlichen Parameter optimal aufeinander abzustimmen seien. Zudem könne der Fachmann den Sauerstoffgehalt der inneren Schutzgasatmosphäre in der Kapsel nicht bestimmen und daher auch nicht feststellen, ob eine Trennung vorliege oder nicht, so dass er taugliche Varianten nicht von den Untauglichen unterscheiden könne.

33

Dabei gehe es nicht darum, im Rahmen von Routineversuchen geeignete Kapselausgestaltungen und Schutzgasatmosphären zu bestimmen bzw. diese optimal aufeinander abzustimmen sondern vielmehr darum, die Trennung der Schutzgasatmosphären zu verwirklichen. Das Streitpatent gebe dem Fachmann keine ausreichenden Informationen an die Hand, wie er einen bestimmten Sauerstoffgehalt einstellen könne. Für Verkapselungsgrade unter 100% sei die Lehre des Streitpatents daher nicht nacharbeitbar.

34

Außerdem gebe das Streitpatent auch kein über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbares Verfahren zur Herstellung qualitativ hochwertiger Metall-Keramik-Verbundmaterialien an. Im Hinblick auf die zahlreichen offenen Parameter wie Art der Metallfolien, Art der Schutzgasatmosphären und deren Sauerstoffgehalt, Kapselungsgrad, Kapselmaterial und weiterer Prozessparameter, wie etwa Temperaturverlauf, Kapselvolumen oder Grad der Oxidierung der Metallfolie, müssten diese anhand von Versuch und Irrtum in einer nicht zumutbaren hohen Anzahl von Versuchen aufeinander abgestimmt werden.

35

Für den Fall, dass die Lehre des Streitpatents dennoch als ausreichend offenbart  angesehen werden sollte und sich eine streitpatentgemäße Trennung der Schutzgasatmosphären bei einer geeigneten Prozesstemperatur zwangsläufig einstelle, müsse sich bei den aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtungen mit nicht definierten Kapseln ebenfalls zwangsläufig eine entsprechende Trennung der Schutzgasatmosphären ergeben. Da die streitpatentgemäße Kapsel nicht näher definiert werde, seien hierbei alle Vorrichtungen, welche die Verbindungsmaterialien (Metallfolie und Keramiksubstrat) bei Prozesstemperatur zumindest teilweise umgäben, als streitpatentgemäße Kapsel anzusehen.

36

Dementsprechend sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch die Druckschriften K4 und K6 neuheitsschädlich vorweggenommen und bei richtiger enger Auslegung des Teilmerkmals „während des Verfahrens ...“ im Patentanspruch 1 auch durch die Druckschrift K5. Diese Druckschriften offenbarten jeweils Vorrichtungen gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, bei denen die Verbindungsmaterialien in einem als Kapsel ausgebildeten Reaktionsraum untergebracht seien.

37

Jedenfalls beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Nachdem das Streitpatent keinen Weg zur Gewährleistung der Trennung der beiden Schutzgasatmosphären aufzeige und insoweit nicht über den Stand der Technik und das fachmännische Wissen hinaus gehe, sei der Gegenstand des Streitpatents, sofern er dennoch als ausführbar angesehen werde, nicht erfinderisch.

38

Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Verkapselung zwischen innerer und äußerer Schutzgasatmosphäre keinen technischen Effekt hervorrufe. Laut Streitpatent solle die Haftfestigkeit des Metalls an der Keramik verbessert und die Nachoxidation des Metalls verhindert werden. Die im Streitpatent offenbarten experimentellen Daten zeigten jedoch auf, dass eine beliebige Verkapselung einer Metallfolie und eines Keramiksubstrats nicht ausreiche, um die streitpatentgemäßen Verbundmaterialien zu erhalten. Zu berücksichtigen sei weiter, dass Patentanspruch 1 nach seinem Wortlaut neben laminaren Strömungen auch turbulente Strömungen umfasse, wie sie in DBC-Öfen aufträten, welche aber, wie die Gutachten K19 und K20 belegten, keine Trennung der Schutzgasatmosphären zuließen. Technische Effekte, die angeblich durch ausschließlich laminare Strömungen und eine beliebige Verkapselung hervorgerufen würden, könnten deshalb zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden. Demzufolge sei das objektive technische Problem darin zu sehen, dass ein alternatives Verfahren zur Herstellung von Metall-Keramik-Substraten bereitgestellt werden solle.

39

Damit ergebe sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 naheliegend jeweils aus einer Kombination der Druckschrift K7 mit einer der Druckschriften K3, K8, K9, K10 oder K24 (auch mit K24 als Ausgangspunkt in Verbindung mit K7), weiter aus einer Kombination der Druckschrift K13 mit einer der Druckschriften K3, K8, K9 oder K10, aus einer Kombination der Druckschrift K5 mit einer der Druckschriften K14 oder K15, außerdem aus einer Kombination der Druckschriften K16 mit K17. Entgegen der Auffassung der Beklagten werde der Fachmann dabei auch solche der o. g. Druckschriften berücksichtigen, die kein Direct-Bonding-Verfahren sondern etwa das Aktivmetall-Hartlöten, das Sintern oder die Herstellung keramischer Werkstoffe beträfen, da diese auf demselben Fachgebiet wie das Direct-Bonding-Verfahren bzw. benachbarten Fachgebieten lägen. Der Fachmann werde daher ihre Eignung auch für den Einsatz im streitpatentgemäßen Direct-Bonding-Verfahren erkennen.

40

Auch die Gegenstände der Unteransprüche seien entweder nicht neu oder jedenfalls nicht erfinderisch. Entsprechendes gelte für die Gegenstände der Hilfsanträge.

41

Die Klägerin beantragt,

42

das europäische Patent 1 412 307 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

43

Die Beklagte beantragt,

44

die Klage abzuweisen,

45

hilfsweise mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 3 gemäß Schriftsatz vom 2. Februar 2018 erhält.

46

Gemäß Hilfsantrag 1 wird im erteilten Patentanspruch 1 das vor dem Begriff „plattenförmiges Keramiksubstrat“ befindliche Wort „vorzugsweise“ gestrichen, so dass es nun heißt:

47

„1. Verfahren zum ... , bei dem (Verfahren) als Verbindungskomponenten wenigstens ein plattenförmiges Keramiksubstrat mit ...“

48

Die weiteren Patentansprüche bleiben unverändert bestehen.

49

Hilfsantrag 2 entspricht Hilfsantrag 1 mit dem Unterschied, dass in Patentanspruch 1 zusätzlich folgendes Merkmal angefügt wird:

50

„... bund ferner gekennzeichnet durch die Verwendung eines Tunnel- oder Durchlaufofens, bei dem die Kapseln (1, 1a, 1b, 1c) auf einem Transporteur angeordnet sind“.

51

Außerdem wird der erteilte Patentanspruch 22 gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der weiteren Patentansprüche werden angepasst.

52

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 mit dem Unterschied, dass folgendes weitere Merkmal angefügt wird:

53

„... wobei mehrere Kapseln (1, 1a, 1b, 1c) gestapelt auf dem Transporteur des Durchlauf- oder Tunnelofens angeordnet werden“.

54

Gegenüber Hilfsantrag 2 wird zusätzlich der erteilte Patentanspruch 23 gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der weiteren Patentansprüche werden entsprechend angepasst.

55

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist u. a. auf folgende Dokumente:

56

NB2 DE 23 19 854 C2

57

NB3 Prof. Dr. Axel Brehm, Universität Oldenburg – Praktikum der Technischen Chemie, „Strömungslehre“, Seiten 1 bis 17, undatiert

58

NB4 R.C. Weast, Ed., “Handbook of Chemistry and Physics”, CRC Press, Cleveland, 57. Auflage, 1976-1977, Seite F-60

59

NB5 gutachterliche Stellungnahme Prof. Dr.-Ing. P…, 30. April 2017, 37 Sei ten

60

Nach Auffassung der Beklagten ist unter „Schutzgas“ ein Gasgemisch zu verstehen, dessen Funktion darin bestehe, die Umgebungsluft zu verdrängen. Ein Vakuum werde hiervon nicht erfasst.

61

Das Merkmal, dass „die innere Schutzgasatmosphäre durch die Kapsel von einer diese Kapsel umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre getrennt ist“, sei nicht dahingehend auszulegen, dass keinerlei Gasaustausch zwischen innerer und äußerer Schutzgasatmosphäre vorliege. Der Wortlaut des Anspruchs verlange nur, dass die innere Schutzgasatmosphäre „durch die Kapsel“ von einer diese Kapsel umgebenden Schutzgasatmosphäre „getrennt“ sei. Das insoweit als sein eigenes Wörterbuch zu betrachtende Streitpatent setze den Begriff „getrennt“ nicht mit einer physischen Trennung der Atmosphären sondern mit dem Vorhandensein einer Kapsel gleich, wobei eine 100%ige Trennung nur ein nicht bevorzugtes Ausführungsbeispiel darstelle.

62

Die geschützte Lehre sei ausführbar offenbart. Die geforderte Trennung der inneren von der äußeren Schutzgasatmosphäre werde nach der Lehre des Streitpatents dadurch gelöst, dass eine Kapsel mit einem Kapselungsgrad von mindestens 60% vorgesehen sei, in der während des Bonding-Prozesses die Verbindungskomponenten (Keramik und oxidierte Metallfolie) bei Prozessbedingungen unter Schutzgas untergebracht seien. Wie die Atmosphärentrennung theoretisch zu erklären sei, sei für die Frage der Ausführbarkeit nicht von Belang. Insbesondere sei es nicht erforderlich, Daten zum Nachweis der Trennung zu offenbaren. Unschädlich sei auch die irrtümliche Aussage im Streitpatent, wonach die Diffusionsgeschwindigkeit von Gasen mit steigender Temperatur abnehme. Entscheidend für die Ausführbarkeit sei die Nacharbeitbarkeit. Hierfür gebe das Streitpatent dem Fachmann Beispiele u. a. zu Materialien, Temperaturen, Sauerstoffgehalt, Kapselaufbau und Kapselungsgrad an die Hand, wie auch die vom Erfinder aufgefundenen bevorzugten Sauerstoffgehalte des Schutzgases in Abhängigkeit vom Kapselungsgrad aufzeigten und mit denen er das beanspruchte Herstellungsverfahren in die Praxis umsetzen könne. Zudem sei durch das Gutachten NB5 belegt, dass die Strömung in einem handelsüblichen DBC-Ofen in jedem Fall laminar sei, so dass sich auch eine weitestgehende Trennung zwischen innerer und äußerer Schutzgasatmosphäre einstelle.

63

Ferner sei die Neuheit des patentgemäßen Verfahrens nach Patentanspruch 1 gegeben. Die Druckschrift K4 offenbare keine Kapsel oder ein damit vergleichbares Element. Insbesondere weise die Mikrowellenheizung weder die patentgemäße Form einer Kapsel auf, noch erfülle sie ihre trennende Funktion. Das Dokument K5 beschreibe kein DBC-Verfahren unter Schutzgasbedingungen sondern ein Verfahren zum Aktivmetall-Hartlöten im Vakuum. Auch stelle der Innenkasten der K5 eine eigene Heizvorrichtung, nicht aber eine Kapsel dar. Die K6 offenbare in Figur 17 eine gestapelte Anordnung eines Halbleiterpakets, die aber keine Kapsel darstelle.

64

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe außerdem auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Lösung der Aufgabe, ein Verfahren bereitzustellen, bei dem die beschriebenen Nachteile des Standes der Technik hinsichtlich der Regelung des Sauerstoffgehalts vermieden würden und durch das eine vereinfachte Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien mit höchster Qualität ermöglicht werde, schlage das Streitpatent die im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmale vor. Damit werde eine technische Wirkung erzielt, weil die Regelung des Sauerstoffgehalts vereinfacht, ein Nachoxidieren der Metallfolie beim Abkühlen weitgehend vermieden und ein Schutz vor Verunreinigungen im Ofen gebildet werde.

65

Ausgehend von der Druckschrift K7, die ein Direct-Bonding-Verfahren ohne trennende Kapsel beschreibe, gelange der Fachmann durch Kombination mit einer der dazu von der Klägerin herangezogenen weiteren Druckschriften K3, K8, K9, K10 oder K24 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents. Denn diese weiteren Druckschriften beträfen allesamt sich vom Direct-Bonding-Verfahren abweichende Verfahren wie Sintern, Aktivmetall-Hartlöten, Herstellung keramischer Wirkstoffe oder Dünnschicht-Metallisierung, die insbesondere von anderen Ausgangsmaterialien und Verfahrensparametern ausgingen. Der Fachmann habe daher keinen Anlass zur Kombination dieser Druckschriften gehabt.

66

Dies gelte insbesondere für die Druckschrift K8, die ein gänzlich anderes Verfahren zur Herstellung mehrschichtiger Leiterplatten beschreibe. Selbst wenn der Fachmann sie berücksichtigen würde, so würde er die Abdeckung gemäß der K8 nicht als Kapsel in ein Verfahren gemäß der K7 übernehmen. Insbesondere löse die Abdeckung gemäß der K8 das Problem der homogenen Wärmeübertragung, bei der zudem CO2- und CO-Gase abgeführt werden müssten. Dies treffe aber nicht auf das Verfahren gemäß der K7 zu, bei der eine bereits gebrannte Keramik zum Einsatz komme und wo die Abdeckung mit einer Keramik-Deckplatte die Wärmeleitfähigkeit verschlechtern würde. Auch die Verbesserung der Klebefestigkeit durch gleichmäßiges Schrumpfen spiele nur bei der K8, nicht aber im Verfahren gemäß der K7 eine Rolle. Gleiches gelte, wenn man statt der K7 von der K13 ausgehe, die ebenfalls ein kapselfreies DBC-Verfahren beschreibe.

67

Ferner habe der Fachmann keine Veranlassung gehabt, den bei einem Verfahren zum Aktivmetall-Hartlöten verwendeten und mit einer Carbonheizung ausgestatteten Innenkasten gemäß der Druckschrift K5, in einem Direct-Bonding-Verfahren einzusetzen. Zudem ließen sich den von der Klägerin dazu angeführten Druckschriften K14 und K15 keine Hinweise auf die Verwendung einer Kapsel entnehmen, die die in ihr vorliegende Schutzgasatmosphäre von der umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre trenne, sodass das streitpatentgemäße Verfahren durch eine Kombination dieser Druckschriften nicht nahegelegt sei.

68

Ebenso lege eine Kombination der Dokumente K16 und K17 den Gegenstand des Streitpatents nicht nahe. Zwar gebe die K16 ein DBC-Verfahren an, dieses werde aber in einem Vakuumofen durchgeführt, sodass keine Schutzgasatmosphäre und keine Verkapselung offenbart würden. Die K17 beschreibe ebenfalls einen Vakuumofen zum Verbinden von Materialien, welche in einem Behälter untergebracht seien, wobei auf den Behälter ein geeigneter Press- oder Fügedruck ausgeübt werde.

Entscheidungsgründe

69

Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 b) EPÜ) und der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

I.

70

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, insbesondere Metall-Keramik-Substraten, bei dem als Verbindungskomponenten wenigstens ein vorzugsweises plattenförmiges Keramiksubstrat mit einer oxidierten Metallfolie verbunden wird, und zwar durch Erhitzen unter Schutzgas auf eine Prozesstemperatur, die unterhalb des Schmelzpunkts des Metalls der Metallfolie liegt, aber wenigstens gleich der Schmelztemperatur des von der Oxidschicht gebildeten Eutektikums ist (vgl. N2 S. 2, [0001] i. V. m. Patentanspruch 1).

71

Einleitend führt das Streitpatent aus, dass Direct-Bonding-Verfahren zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien bekannt seien. Dabei würden die beiden zu verbindenden Komponenten – Metall und Keramik – zunächst auf eine Prozesstemperatur gebracht, bei der eine durch ein reaktives Gas (z. B. Sauerstoff) erzeugte oberflächliche Oxidschicht des Metalls schmilzt und die Keramik durch die aufgeschmolzene Oberflächenschicht des Metalls benetzt werde. Beim anschließenden Abkühlen stelle die aufgeschmolzene Schicht eine Verbindung zwischen Metall und Keramik her. Die Oberflächenschicht des Metalls wirke dabei als sogenanntes „Eutektikum“, so dass die Prozesstemperatur unterhalb der Schmelztemperatur des Metalls liege. Direct-Bonding-Verfahren würden sowohl in Schutzgasatmosphäre wie auch im Vakuum durchgeführt, wobei der Sauerstoffgehalt durch Zudosierung von Sauerstoffgas eingestellt werde. In allen vorbekannten Verfahren liege der Sauerstoffgehalt weit über einem Gleichgewichtssauerstoffgehalt oder -anteil des Systems „Kupfer-Sauerstoff“, welcher für dieses System im Bereich zwischen 2 und 6 ppm liege. Dies habe zur Folge, dass eine Nachoxidation des Kupfers stattfinde (vgl. N2 S. 2 und 3, Abs. [0002 bis 0007], [0013 bis 0015]).

72

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen von Metall-Keramik-Verbundmaterialien mit verbesserter Qualität bereitzustellen (vgl. N2 S. 2, Abs. [0007] und [0011 bis 0013], S. 3 [0014 bis 0016]).

73

Das Argument, mit dem Verfahren nach Patentanspruch 1 werde kein spezieller technischer Effekt erzielt, sodass die streitpatentgemäße Aufgabe lediglich in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung von Metall-Keramikmaterialien zu sehen sei, überzeugt nicht. Denn das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, mit dem Verbundmaterialien mit verbesserter Qualität erhalten werden können. So weisen die nach dem patentgemäßen Verfahren hergestellten Metall-Keramik-Verbundmaterialien eine blanke Metalloberfläche und eine Abreißfestigkeit von größer 60 N/cm auf, wenn in Abhängigkeit vom vorliegenden Sauerstoffgehalt eine Kapsel mit einer Kapselung von mindestens 60 % verwendet wird (vgl. N2 S. 4/5 [0028], Tabelle, Einträge 1, 5, 6, 8, 9, 11 bis 13, 15, 16 und 19). Im Vergleich zu bekannten Verfahren bedarf es bei dem streitpatentgemäßen Verfahren zudem keiner abschließenden Behandlung des Verbundmaterials in einer sauerstofffreien Atmosphäre, um blanke Kupferoberflächen zu erhalten. Nachdem die vorliegenden experimentellen Ergebnisse einen auf der Verkapselung beruhenden technischen Effekt ausreichend glaubhaft belegen, ist eine Reduzierung der Aufgabenstellung auf die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens nicht gerechtfertigt.

74

3. Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1 mit folgenden Merkmalen:

75

1. Verfahren zum Herstellen von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, insbesondere Metall-Keramik-Substraten,

76

2. bei dem als Verbindungskomponenten wenigstens ein vorzugsweises plattenförmiges Keramiksubstrat mit einer oxidierten Metallfolie verbunden wird, und zwar

77

2.1 durch Erhitzen unter Schutzgas

78

2.1.1 auf eine Prozesstemperatur, die unterhalb des Schmelzpunkts des Metalls der Metallfolie liegt, aber wenigstens gleich der Schmelztemperatur des von der Oxidschicht gebildeten Eutektikums ist, wobei

79

2.2 das wenigstens eine Keramiksubstrat und die mit diesem zu verbindende wenigstens eine Metallfolie während des Verfahrens in einem von einer Kapsel gebildeten Reaktionsraum mit einer inneren Schutzgasatmosphäre untergebracht sind,

80

2.2.1 die durch die Kapsel von einer diese Kapsel umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre getrennt ist.

81

4. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Ingenieur der Materialwissenschaften mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Leiterplattentechnologie.

II.

82

1. Die patentgemäße Lehre, wie sie im Patentanspruch 1 des Hauptantrags formuliert ist, ist für die Prüfung der Patentfähigkeit auszulegen (vgl. BGH GRUR 2001, 232, Ls. - Brieflocher).

83

1.1 Einer Auslegung bedarf im vorliegenden Fall der im Patentanspruch 1 des Hauptantrags im Merkmal 2.1 verwendete Begriff „Schutzgas“, da strittig ist, ob unter einem Schutzgas auch ein Vakuum zu verstehen ist.

84

Bei der Auslegung ist aus der Sicht des zuvor unter Punkt I.4. definierten Fachmanns der technische Wortsinn dieses Merkmals nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung zu ermitteln.

85

Vorliegend entnimmt der Fachmann dem Patentanspruch 1 und den weiteren nachgeordneten Patentansprüchen gemäß Hauptantrag hinsichtlich des darin genannten „Schutzgases“ keine ergänzenden Informationen zu dessen Beschaffenheit. Damit reicht der Inhalt der Patentansprüche für eine funktionsorientierte Auslegung des patentgemäßen Begriffs vorliegend nicht aus.

86

Zur Auslegung ist entsprechend § 14 PatG daher auch die Beschreibung des Streitpatents heranzuziehen. Aus der Beschreibung des Streitpatents erfährt der Fachmann, dass in das Schutzgas Sauerstoff als reaktives Gas zudosiert werden kann (vgl. N2, S. 5, Z. 44 bis 45) und dass das Schutzgas zum Spülen des Reaktionsraums verwendet wird, um die darin enthaltene Luft zu verdrängen (vgl. N2 S. 5, Z. 33 bis 35, S. 6/7 [0047]). Darüber hinaus wird der Fachmann auch die Darstellung der aus dem Stand der Technik bekannten Direct-Bonding Verfahren in der Beschreibung beachten, welche klar zwischen einem Verfahren unterscheidet, das in einem Vakuumofen mit einem Sauerstoffgehalt von 1 bis 100 ppm und einem Verfahren, das in einer Schutzgasatmosphäre stattfindet, wobei bei letzterem ein Sauerstoffgehalt von 20 bis 50 ppm durch Zudosieren von Sauerstoff in das Schutzgas eingestellt wird (vgl. N2, S. 2 [0005] und [0006]). Unter der Prämisse, dass der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und die ihn erläuternde Beschreibung eine zusammengehörige Einheit bilden, die der Durchschnittsfachmann als sinnvolles Ganzes so zu interpretieren sucht, ohne dass sich Widersprüche ergeben, kann der patentgemäße Begriff „Schutzgas“ daher nur als ein Gas und nicht als Vakuum verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2015, 868, Rdn 26 - Polymerschaum II). Angaben zur chemischen Zusammensetzung des Schutzgases enthält die Streitpatentschrift zwar nicht, jedoch ist dem Fachmann bekannt, dass üblicherweise auf dem vorliegenden technologischen Fachgebiet die inerten Gase Stickstoff, Argon und Helium als Schutzgase verwendet werden (vgl. bspw. K14 Sp. 5, Z. 5 bis 11).

87

1.2 Darüber hinaus ist der Sinngehalt des Merkmals 2.2 in Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag im Hinblick auf das Teilmerkmal „während des Verfahrens“ zu bestimmen. Das Teilmerkmal bezieht sich auf die Unterbringung des wenigstens einen Keramiksubstrats und der wenigstens einen Metallfolie in einer Kapsel während des Verfahrens zum Herstellen des Metall-Keramik-Verbundmaterials (vgl. Patentanspruch 1, Merkmal 1). Den nachgeordneten Patentansprüchen 22 bis 24 kann der Fachmann entnehmen, dass die Kapseln einen Tunnel- oder Durchlaufofen auf einem Transporteur durchlaufen. In dem Ofen werden die in der Kapsel befindlichen Verbundmaterialien zunächst auf Prozess- bzw. Bondingtemperatur erhitzt und nach dem Bonden abgekühlt (vgl. N2 S. 3 [0019], S. 6/7 [0047 bis 0048]). Damit ist das Teilmerkmal „während des Verfahrens“ so zu verstehen, dass die Verbundmaterialien während des gesamten Bondingprozesses einschließlich der Rüstphasen in der Kapsel verbleiben.

88

1.3 Für ein technisch korrektes Verständnis der patentgemäßen Lehre ist ferner auszulegen, welcher Sinngehalt dem Merkmal 2.2.1, gemäß dem „die (innere Schutzgasatmosphäre) durch die Kapsel von einer die Kapsel umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre getrennt ist“, zukommt.

89

Aus den nachgeordneten Patentansprüchen 2 und 3 entnimmt der Fachmann, dass die Kapsel entweder gegenüber der äußeren umgebenden Schutzgasatmosphäre dicht verschlossen ist oder aber über einen Öffnungsquerschnitt in Verbindung mit der umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre steht. Für letztgenannte Variante muss aber eine Kapselung von mehr als 60% bezogen auf die umschließende Gesamtfläche vorliegen. Aus der Beschreibung erfährt der Fachmann darüber hinaus, dass im Fall einer 100 %igen Verkapselung nach dem Schließen der Kapsel kein Gasaustausch zwischen den beiden Atmosphären stattfindet, sodass eine vollständige Trennung der inneren Schutzgasatmosphäre von der Äußeren vorliegt (vgl. N2 S. 5 [0031]). Dagegen wird bei einer offenen Kapsel ein Gasaustausch zwischen der inneren und der äußeren Atmosphäre nicht ausgeschlossen (vgl. N2, S. 3/4 [0023]). Bei Erreichen der Prozesstemperatur stellt sich begünstigt durch die Strömungsführung der äußeren Schutzgasatmosphäre ein Sauerstoffgleichgewicht in der inneren Schutzgasatmosphäre aufgrund der Dissoziation des Sauerstoffs aus der Metalloxidschicht in die innere Atmosphäre bzw. durch Reaktion der Metalloberfläche mit dem in der inneren Schutzgasatmosphäre vorhandenen Sauerstoff ein. Die räumliche Trennung der äußeren und der inneren Schutzgasatmosphäre durch die Kapsel führt jedoch zu einer Hemmung des Gasaustausches zwischen den beiden Atmosphären, sodass sich die äußere und innere Schutzgasatmosphäre in ihrem Sauerstoffgehalt unterscheiden. Nachdem ein Gasaustausch unabhängig von den vorliegenden Strömungsverhältnissen in der Ofenkammer wegen der verschiedenen Verkapselungsgrade nicht auszuschließen ist, liegt somit eine in Abhängigkeit vom Verkapselungsgrad variabel einstellbare Trennung der Atmosphären vor (vgl. N2, S. 4 [0026]).

90

1.4 Die Berücksichtigung der von der Klägerin vorgebrachten Argumente führt zu keinem von der vorangegangenen Auslegung abweichenden Verständnis der patentgemäßen Lehre.

91

Die Klägerin ist der Auffassung, dass unter einer Schutzgasatmosphäre auch ein Vakuum mit einem geringen Sauerstoffgehalt zu verstehen sei, da das Streitpatent es offen lasse, bei welchen Druck die Schutzgasatmosphäre vorliege. Dem kann nicht gefolgt werden. Es mag zwar im Streitpatent keine Angaben hinsichtlich des Drucks der Schutzgasatmosphäre geben. Dies führt aber nicht dazu, dass vorliegend unter einer Schutzgasatmosphäre eine Atmosphäre ohne Gasdruck zu verstehen ist. Mit einer solchen Atmosphäre könnte das Kapselinnere, nicht wie im Streitpatent vorgesehen, vor dem Bondingprozess gespült werden (vgl. N2 S. 3, Z. 36 bis 37, S. 4 Z. 3 bis 6). Vielmehr müsste der Gasdruck für den Erhalt des Vakuums auf Null reduziert werden, wofür sich im Streitpatent aber keine Hinweise finden.

92

Auch das weitere Argument, dass die Verbundmaterialien nicht während des gesamten Herstellungsverfahrens von einer Kapsel umgeben sein müssten, sondern nur während des eigentlichen Bondings, wenn das Substrat und die Metallfolie bei der eutektischen Temperatur miteinander verbunden würden, kann nicht überzeugen. Denn vorliegend sind die Verbundmaterialien während des gesamten Herstellungsprozesses einschließlich der Rüstphasen in der Kapsel untergebracht (vgl. II.1.2).

93

2. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

94

2.1 Das Streitpatent enthält ausreichende Angaben darüber, wie der Fachmann nach dem Erreichen der Prozesstemperatur eine patentgemäße Trennung zwischen der inneren und der äußeren Schutzgasatmosphäre realisieren kann.

95

Eine Erfindung ist ausführbar, wenn ein Fachmann anhand der Offenbarung im Streitpatent unter gleichzeitigem Einsatz seines Fachwissens in der Lage ist, die offenbarte Lehre in praktisch ausreichendem Maß zu wirklichen, wobei die Erfindung nicht buchstabengetreu realisierbar sein muss. Die Lehre ist bereits dann verwirklicht, wenn der Fachmann das versprochene Ergebnis der Erfindung cum grano salis mit zumutbaren Aufwand erfolgreich herbeiführen kann (vgl. Schulte PatG 10. Aufl. § 34 Rdn. 338, 349 und 350).

96

Das Streitpatent gibt dem Fachmann für die Trennung der inneren und der äußeren Atmosphäre eine Kapsel an die Hand, die zu mindestens 60 % geschlossen ist (vgl. N2 Patentansprüche 1 und 3, S. 3 [0020]). Für die Ausführungsvariante einer zu 100 % geschlossenen Kapsel liegt – unstrittig – eine Trennung der Atmosphären vor (vgl. N2 S. 5 [0031] und [0035]), so dass mit einer solchen Kapsel die vorliegende Erfindung jedenfalls ausführbar ist.

97

Die Lehre des Streitpatents ist aber auch für eine Kapsel mit einer Kapselung im Bereich von mindestens 60% und kleiner 100 % umsetzbar. Denn die patentgemäße Trennung fordert für diese Kapselvariante keine vollständige Trennung der inneren und äußeren Atmosphäre. Für die Realisierung dieser Trennung finden sich im Streitpatent sowohl Vorgaben für die Strömungsführung (vgl. N2 S. 4 Z. 3 bis 6) als auch Richtwerte für den Sauerstoffgehalt in der äußeren Schutzgasatmosphäre, wobei der Sauerstoffgehalt von dem Prozentsatz der Kapselung abhängt, wie die folgende tabellarische Darstellung der streitpatentgemäßen Werte aufzeigt (vgl. N2 S. 4 [0027]):

98

Kapselung

Sauerstoffgehalt in der äußeren Atmosphäre

60 bis 80 %

2 bis 20 ppm

80 bis 95 %

50 bis 200 ppm oder 1 bis 20 ppm

über 95 %

größer 200 ppm oder kleiner 20 ppm

99

Darüber hinaus belegen die im Streitpatent angegebenen Versuchsergebnisse, bei welchen konkreten Sauerstoffgehalten und Verkapselungsgraden das erfindungsgemäße Verfahren beim Verbinden einer plattenförmigen Aluminiumoxid-Keramik mit einer von einer Kupferfolie gebildeten Kupferschicht bei einer Prozesstemperatur von 1068 °C blanke Kupferoberflächen und Abreißfestigkeiten von mehr als 60 N/cm liefert und bei welchen ungenügende Abreißfestigkeiten sowie oxidierte Kupferoberflächen erhalten werden (vgl. N2, S. 4/5 Tabelle). Damit werden dem Fachmann Rahmenbedingungen genannt, von denen ausgehend er anhand von Routineversuchen geeignete Kapselungen in Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt der äußeren Schutzgasatmosphäre ermitteln kann. Dabei ist es unerheblich, dass - wie von beiden Parteien nicht in Abrede gestellt – zum Anmeldetag kein Verfahren bekannt gewesen ist, mit dem die Sauerstoffkonzentration in der inneren Schutzgasatmosphäre messbar ist. Ein solches Verfahren ist nicht erforderlich. Denn wie bereits zuvor erläutert, stellt sich die patentgemäße Trennung der inneren und äußeren Schutzgasatmosphäre durch die Wahl geeigneter Parameter, wie die Strömungsführung und dem Sauerstoffgehalt in der äußeren Schutzgasatmosphäre von selbst ein (vgl. S. 3/4 [0023] und S. 5 [0031]).

100

Die bevorzugten Ausführungsformen gemäß den Patentansprüchen 6 bis 10 mögen zwar mit steigendem Kapselgrad Extremwerte für den Sauerstoffgehalt in der äußeren Schutzgasatmosphäre zulassen. Solche Werte wird der Fachmann aber aufgrund seines Fachwissens erkennen und ausschließen, da sie keine Verbundmaterialien mit der geforderten Qualität liefern. Ebenso erkennt der Fachmann, dass das patentgemäße Verfahren mit Sauerstoffgehalten zwischen 20 bis 50 ppm und Kapselungen im Bereich von 60 bis 80 % Verbundmaterialien mit hoher Abreißfestigkeit und blanker Oberfläche herstellbar sind (vgl. N2, S. 4/5 Tabelle).

101

Die Lehre ist selbst dann mit einer teilweise offenen Kapsel ausführbar, wenn eine sauerstofffreie äußere Schutzgasatmosphäre verwendet wird. In diesem Fall wird ein für die Erzeugung des einzustellenden Sauerstoffpartialdrucks in der inneren Schutzgasatmosphäre entsprechend hoher Oxidgehalt der Metallfolie bzw. eine ausreichende Menge an Puffersubstanz vorgesehen (vgl. N2 S. 5, [0036] und [0037]).

102

Auch die offensichtlich technologisch falsche Erklärung im Streitpatent, dass die Diffusionsgeschwindigkeit bei Gasen mit steigender Temperatur abnimmt und so eine Trennung der Atmosphären entsteht (vgl. N2, S. 4, [0025]), führt nicht zu einer mangelnden Ausführbarkeit, da ein Irrtum des Erfinders in der Beurteilung der Wirkungsursachen für die Patentfähigkeit der Lehre zum technischen Handeln unschädlich ist (vgl. BGH GRUR 1994, 357, 3. Ls. - Muffeloffen).

103

Das weitere Argument der Klägerin, dass sich aufgrund der in einem DBC-Ofen vorliegenden Strömungsverhältnisse keine Trennung der Schutzgasatmosphären bei einer teilweise offenen Kapsel einstelle, greift nicht durch. Die patentgemäße Lehre fordert entgegen der Ansicht der Klägerin keine vollständige Trennung der Atmosphären bei einer teilweise offenen Kapsel. Der Gasaustausch zwischen der inneren und der äußeren Schutzgasatmosphäre wird während des Bondings, unabhängig davon, ob eine laminare oder eine turbulente Strömung vorliegt, durch eine gezielte Strömungsführung minimiert. Die Strömung ist am Anfang des Verfahrens zum Spülen der Kapsel auf deren Öffnungen und während des Bondens bei Prozesstemperatur auf die geschlossene Fläche der Kapsel gerichtet. Die patentgemäße Trennung der Schutzgasatmosphären stellt sich in Folge dieser Strömungsführung und der Regelung des Sauerstoffgehalts in der äußeren Schutzgasatmosphäre in Abhängigkeit von dem gewählten Kapselgrad somit zwangsläufig ein (vgl. S. 3/4 [0023], [0024] und [0026]).

104

b) Die Erfindung ist auch über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar.

105

Zwar werden im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag keine Angaben zu (i) den Schutzgasatmosphären, (ii) den Kapselmaterialien und (iii) den weiteren Prozessparametern, wie dem Temperaturverlauf während des Verfahrens, der Höchsttemperatur, dem Volumen der Kapsel, dem Grad der Oxidierung der Metallfolie sowie die Anwesenheit und Menge weiterer sauerstoffhaltiger Verbindungen gemacht. Konkrete Zahlenwerte für die genannten Parameter kann der Fachmann in Kenntnis der Streitpatentschrift jedoch ohne erfinderisches Bemühen auffinden und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit über deren Größenordnung bei der Durchführung des patentgemäßen Bonding-Verfahrens verschaffen (vgl. BGH GRUR 2010, 916 – Klammernahtgerät).

106

(i) Schutzgasatmosphäre

107

Für die Zusammensetzung der Schutzgasatmosphäre lehrt das Streitpatent die Verwendung eines Schutzgases, das ggf. einen geringen Sauerstoffgehalt aufweist (vgl. N2, S. 4, [0027], S. 4/5 [0028], S. 5, [0034] bis [0036]). Wie schon im Abschnitt II.1.1 dargelegt, subsumiert der Fachmann unter einem Schutzgas die inerten Gase Stickstoff, Argon und Helium. Bezüglich des Sauerstoffgehalts im jeweiligen Schutzgas lehrt das Streitpatent, dass dieser in der äußeren Schutzgasatmosphäre zu regeln ist, weil sich der Sauerstoffgehalt der inneren Schutzgasatmosphäre in Abhängigkeit von dem Sauerstoffpartialdruck der äußeren Atmosphäre, der Verkapselung und der bei Prozesstemperatur eintretenden Reaktion automatisch auf einen prozessförderlichen Bereich einpendelt (vgl. Abschnitt II.2.1). Entgegen dem Einwand der Klägerin ist eine Begrenzung des Sauerstoffgehalts der inneren Schutzgasatmosphäre auf 2 bis 6 ppm nicht geboten, damit das patentgemäße Verfahren ausführbar ist. Zum einen handelt es sich bei diesem Sauerstoffgehaltsbereich um den spezifischen Gleichgewichtssauerstoffbereich für ein Kupfer-Keramiksystem, welcher nicht auf andere Metall-Keramiksysteme übertragbar ist, und zum anderen erlaubt die Lehre des Streitpatents auch Sauerstoffgehalte für das Kupfer-Keramiksystem, die geringfügig über diesem Wertebereich liegen (vgl. N2, S. 2, [0013], S. 5 Z. 56 bis 58). Grundsätzlich lehrt das Streitpatent, dass ein Sauerstoffpartialdruck in der Schutzgasatmosphäre, der kleiner als der Gleichgewichtssauerstoffdruck des Metall-Keramiksystems ist, zu einer Reduzierung der Haftfestigkeit führt, während ein Sauerstoffpartialdruck, der größer als der Gleichgewichtsdruck ist, eine Nachoxidation bedingt. Damit sind dem Fachmann aber enge Grenzen für den Sauerstoffpartialdruck des jeweiligen Metall-Keramiksystems gesetzt. Ausgehend von diesen Werten kann er anhand von Optimierungsversuchen, die spezifischen Sauerstoffgehalte ermitteln.

108

(ii) Merkmal „Kapselmaterial“

109

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 mag zwar grundsätzlich auch untaugliche Kapselmaterialien umfassen. Jedoch wird der Fachmann den Anspruch nicht so auslegen, dass das patentgemäße Verfahren aufgrund untauglicher Kapselmaterialien nicht ausführbar ist, sondern auf die im Streitpatent genannten hochtemperatur- und oxidationsfesten Materialbeispiele, wie u. a. Al2O3, Si3N4, SiC, zurückgreifen (vgl. NB 2, S. 6 [0044]). Die von der Klägerin genannten Kapselmaterialien Silber, Cobalt und Aluminium, die einen niedrigeren Schmelzpunkt als das Verbundmaterial Kupfer aufweisen, wird der Fachmann folglich von vorneherein für das Verbundsystem „Kupfer-Keramik“ als Kapselmaterial ausschließen.

110

(vi) weitere Prozessparameter

111

Schließlich werden dem Fachmann durch das Streitpatent auch ausreichend Informationen an die Hand gegeben, mit denen er die weiteren Prozessparameter festlegen kann. In den Patentansprüchen 22 bis 24 und im Ausführungsbeispiel in den Absätzen [0047] und [0048] auf den Seiten 6 bis 7 der Patentschrift lehrt das Streitpatent zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien einen Durchlauf- bzw. Tunnelofen zu verwenden. Der Ofen verfügt über mehrere Temperaturzonen zum Erhitzen und Abkühlen der Verbundmaterialien. Unter der Vorgabe der zu erreichenden Prozesstemperatur, die vom jeweils eingesetzten Metall-Keramik-System abhängt (bspw. 1068 °C für das Kupfer-Keramik-System; vgl. N2 S. 4 Z. 39 bis 42), wird der Fachmann die Aufheiz- bzw. Abkühlrate in Abhängigkeit von der Ofendimension festlegen, sodass sich eine entsprechende Verweilzeit ergibt. Hierbei wird er auch auf Erfahrungswerte aus dem Stand der Technik zurückgreifen (vgl. K6, Seiten 39 bis 40, vgl. K7 Sp. 4 Z. 45 ff., vgl. K14 Sp. 3 Tab I und Sp. 5 Tab. II).

112

Das Volumen der Kapsel wird der Fachmann jeweils in Abhängigkeit von der Größe der Verbundmaterialien und der Größe des Ofentunnels wählen.

113

Der Grad der Oxidierung der Metallfolie bzw. die Menge an weiteren sauerstoffhaltigen Verbindungen wird zum einen durch den Sauerstoffgehalt in der äußeren Schutzgasatmosphäre und zum anderen durch die Größe der zu verbindenden Fläche der Substrate determiniert. Grundsätzlich bestimmt sich aus der Substratfläche der benötige Sauerstoffgehalt. Ob dieser über einen Oxidfilm oder aber über den Sauerstoffpartialdruck in der Schutzgasatmosphäre bzw. eine Puffersubstanz bereitgestellt wird, wird der Fachmann in Abhängigkeit von dem ausgewählten Metall-Keramik-System festlegen, wobei er von bekannten Richtwerten für den benötigten Sauerstoffgehalt ausgehend wird (vgl. K14, Sp. 7 Tab. III). Der Aufwand der hierfür nötigen Versuche bewegt sich auf dem vorliegenden technologischen Gebiet im üblichen Rahmen von Optimierungsversuchen und ist daher dem Fachmann zumutbar.

114

Die Klägerin, die für die fehlende Ausführbarkeit die Beweislast trägt, hat nicht nachgewiesen, dass es dem Fachmann in Kenntnis der Angaben in der Streitpatentschrift unmöglich ist, das beanspruchte Verfahren unter Einsatz seines Fachwissen zu verwirklichen (vgl. BGH GRUR 2010, 901 – Polymerisierbare Zementmischung). Der Senat sieht daher keine Veranlassung an der Ausführbarkeit zu zweifeln.

115

3. Bei der Beurteilung der Neuheit des im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beschriebenen Verfahrens ist unter Berücksichtigung der zuvor angegebenen Auslegung mithin ein Verfahren zugrunde zu legen, das nicht im Vakuum durchgeführt wird und bei dem sich die Verbundbundmaterialien während des gesamten Prozesses in einer Kapsel befinden. Ein solches Verfahren ist gegenüber den Druckschriften K4/K4a, K5/K5a bzw. K6 neu.

116

a) In der K4/K4a wird ein Verfahren beschrieben, bei dem ein Metall direkt mit einem Keramiksubstrat verbunden wird (vgl. K4a, Patentanspruch 1, S. 3, [0014]), wobei das Metall eine Oxidschicht aufweist (vgl. K4a, S. 4, [0030], [0032], [0033], S. 5, [0045]). Das Erhitzen der Verbundmaterialien findet in einer Schutzgasatmosphäre mit einem Sauerstoffgehalt von 5 bis 20 ppm statt (vgl. K4a, S. 3, [0019], S. 4, [0037]). Als Prozesstemperatur ist eine Temperatur gewählt, die geringer als der Schmelzpunkt des Metalls und mindestens auf eine ein eutektisches Gemisch bildende Temperatur eingestellt ist (vgl. K4a, S. 3, [0020], S. 5 [0046]).

Abbildung

117

Abbildung: Figur 1 von Dokument K4/K4a

118

Das Verbinden des Metalls mit dem Keramiksubstrat findet gemäß Figur 1 der K4/K4a in einem Durchlaufofen 8 statt, durch den die Verbundmaterialien 3 mittels eines Förderbands 87 transportiert werden. In dem Ofen 8 werden die Materialien 3 zunächst vorgewärmt, bevor sie in die in der Ofenkammer 81 integrierte Mikrowellenvorrichtung 7 durch die Öffnung 72 eingefahren werden. In der Mikrowellenvorrichtung 7 werden die Verbundmaterialien 3 gleichmäßig vorwärts bewegt und auf eine Temperatur von 1075 °C erhitzt, die höher als die eutektische Reaktionstemperatur von Kupfer und Kupferoxid aber niedriger als der Schmelzpunkt von Kupfer liegt. Die verbundenen Materialien 3 verlassen die Mikrowelleneinrichtung durch die Öffnung 73 und werden dann in der Ofenkammer 81 auf Raumtemperatur abgekühlt (vgl. K4a, S. 4/5, Bsp. 1 i. V. m. Fig. 1). Damit unterscheidet sich das Verfahren der K4/K4a von dem patentgemäßen Verfahren darin, dass die Verbundmaterialien nur während der Mikrowellenbehandlung in einer Kapsel untergebracht sind und nicht während des gesamten Verfahrens.

119

b) Die K5/K5a offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundkörpers aus Keramik- und Metallplatten, wobei die Keramik- und Metallplatten zu einem Schichtkörper mit oder ohne Verbundmaterial in einem Aktivmetall-Hartlöt- oder DBC-Verfahren miteinander verbunden werden (vgl. K5a, Patentanspruch 1, S. 4, [0014]). Die zu verbindenden Keramik- und Metallplatten befinden sich während des Verfahrens in einem Innenkasten eines Ofens, welcher eine zusätzliche Hilfsheizung aufweist (vgl. K5a, S. 3 [0008], Fig. 1). Im Hinblick auf die Verfahrensvariante des Hartlötens, die stellvertretend für alle Verfahrensvarianten genannt wird, führt die K5/K5a aus, dass es im Vakuum stattfindet (vgl. K5a S. 7 [0029]). Folglich unterscheidet sich das Verfahren gemäß K5/K5a von dem patentgemäßen Verfahren nach Patentanspruch 1 bereits darin, dass es nicht in einer Schutzgasatmosphäre stattfindet.

120

Dem Argument der Klägerin, die K5/K5a beschreibe auch ein Verfahren in einer antioxidativen Atmosphäre, welche der streitpatentgemäßen Schutzgas-atmosphäre entspreche, kann nicht gefolgt werden. Die antioxidative Atmosphäre wird in K5/K5a in einem Zug mit dem Vakuum genannt, sodass der Fachmann folglich die antioxidative Atmosphäre als synonyme Umschreibung für Vakuum auffasst. Abweichende Angaben, die den Schluss zulassen, dass hierunter eine Schutzgasatmosphäre im patentgemäßen Sinn zu verstehen ist, können der K5/K5a nicht entnommen werden. Somit erschließt sich dem Fachmann aus K5/K5a kein Direct-Bonding-Verfahren, das in einer Schutzgasatmosphäre durchgeführt wird.

121

c) Das Dokument K6 gibt die Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien mit Hilfe eines direkten Verbindungsprozesses, insbesondere dem „direct copper bonding“ an (vgl. K6, S. 1, 1. Abs., S. 5, 3. Abs., S. 19, 3. Abs.).

Abbildung

122

Abbildung: Figur 17 des Dokuments K6

123

Gemäß der Ausführungsform nach Figur 17 der K6 ist zur Erzielung einer besseren Verbindung des kreisringförmigen Keramikgehäuses mit der Kupfer-Kontaktscheibe 152 und dem Kupfer-Kontaktflansch 153 eine Beschwerung bzw. Einrahmung mit feuerfesten Steinen 154, 155 vorgesehen. Zur Herstellung der Verbindung ist ein eingelegtes Formstück 145 aus Kupfer bestimmt, das oberflächlich oxidiert ist (vgl. K6, S. 30 letzt. Abs. bis S. 32 2. Abs., Fig. 17). Die zu verbindenden Bereiche befinden sich innerhalb der eingekreisten Zonen. Die feuerfesten Steine können zwar als kapselförmige Einrahmung aufgefasst werden, allerdings kann aus Figur 17 keine zu 62 % geschlossene Kapsel abgeleitet werden. Anders als bei der Entscheidung „Teilreflektierende Folie“ enthält die Figur 17 keine Angaben, aus denen auf die Größe des abgebildeten Halbleiterpakets und der feuerfesten Steine sowie deren geometrischen Grundkörper geschlossen werden könnte (vgl. BGH GRUR 2016, 50, Ls., Rdn. 35 – Teilreflektierende Folie). Aufgrund dieser fehlenden Angaben kann der Fachmann in K6 keine valide Berechnung des Kapselgrads anstellen, sodass eine Verkapselung im patentgemäßen Sinn nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Folglich erweist sich das patentgemäße Verfahren gemäß Patentanspruch 1 gegenüber der Lehre der K6 als neu.

124

d) Die weiteren im Verfahren genannten Entgegenhaltungen liegen weiter ab und vermögen die Neuheit gleichfalls nicht in Frage zu stellen. Sie wurden von der Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht genannt.

125

4. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

126

a) Einen Ausgangspunkt zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe bildet für den Fachmann die Druckschrift K7. Aus ihr ist ihm ein Direct-Bonding-Verfahren zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialen bekannt, welches von einer oxidierten Metallfolie ausgeht, die auf einem Keramiksubstrat platziert ist. Diese Verbundmaterialien werden unter einer Schutzgasatmosphäre mit einem Sauerstoffgehalt von 20 bis 50 ppm bis zu einer Temperatur erhitzt wird, die über der eutektischen Temperatur des Metalloxids jedoch unterhalb der Schmelztemperatur des Metalls liegt (vgl. K7, Patentanspruch 1, Sp. 3, Z. 26 bis 35). Beispielhaft gibt die K7 die Verwendung einer Kupferfolie mit einer Kupferoxidschicht an, die mit einem Keramiksubstrat verbunden wird (vgl. K7, Sp. 3, Z. 46 bis 48). Die Verbundmaterialien 1 und 2 werden flach auf einem Träger 3 positioniert und mit diesem auf das Förderband 4 des Tunnelofens gelegt. Das Förderband transportiert die Verbundmaterialien durch den Ofen, der eine Vorheizzone I, die Heizzonen II, III, IV und eine Abkühlzone V aufweist (vgl. K7, Sp. 3 Z. 67 bis Sp. 4, Z. 17, Sp. 4, Z. 45 bis 56, Fig. 1).

Abbildung

127

Abbildung: Figur 1 der K7

128

Damit liefert die K7 dem Fachmann aber keinen Hinweis auf die Verwendung einer Kapsel, welche das wenigstens eine Keramiksubstrat und die mit diesem zu verbindende wenigstens eine Metallfolie während des Verfahrens in einem von ihr gebildeten Reaktionsraum mit einer inneren Schutzgasatmosphäre beinhaltet, wobei die Kapsel die innere Schutzgasatmosphäre von der umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre trennt. Ausgehend von K7 benötigt der Fachmann daher weitere Informationen, um auf naheliegende Weise zu einem Verfahren mit den patentgemäßen Merkmalen 2.2. und 2.2.1 zu gelangen, wie es im erteilten Patentanspruch 1 beschrieben ist.

129

Der Fachmann zieht bei seiner Suche nach einer Lösung für die patentgemäße Aufgabenstellung auch die Druckschriften K8/K8a und K24/24a zu Rate.

130

aa) Ziel der in K8/K8a beschriebenen Lehre ist es, eine homogenere Wärmeübertragung auf die keramischen Mehrschicht-Leiterplatten im Sinterofen zu gewährleisten, damit es nicht zu Unterschieden in der Kristallisation der keramischen Mehrschicht-Leiterplatte in Längsrichtung und folglich zu Verformungen kommt (vgl. K8a S. 3 [0007]). Hierfür schlägt die K8/K8a die Verwendung einer Deckplatte 11 mit Bohrungen zum Abdecken der keramischen Mehrschicht-Leiterplatte 12 vor, die auf Blöcken 13 abgestützt ist (vgl. K8a S. 3 [0008], S. 4 [0011] und [0014] i. V. m. S. 7 Fig. 1).

Abbildung

131

Abbildung: Figur 1 der K8/K8a

132

Für die Herstellung der Mehrschicht-Leiterplatten gemäß K8/K8a werden zunächst mehrere Greensheets übereinandergelegt und verpresst, bevor deren Oberfläche mit einer CuO-Tinte bedruckt wird. Die Greensheets bestehen aus einem anorganischen und einem organischen Bestandteil, wobei gemäß dem Ausführungsbeispiel als anorganischer Bestandteil eine Zusammensetzung aus einem Borosilikat-Bleiglas-Pulver und einem Aluminiumoxid-Pulver verwendet wird, welche mit einem organischen Bindemittel vermischt wird. Der Schichtaufbau wird in einem Kastenofen bei 500 °C für 2 h erhitzt, um das organische Bindemittel zu entfernen und danach in einem Reduktionsofen unter 100% Wasserstoff bei 400 °C für 5 h gehalten, um das CuO zu Kupfer zu reduzieren (vgl. K8a, S. 4 [0016] bis [0018]). In einem Förderbandofen werden die so erhaltenen Mehrschichtplatten-Rohlinge mit den Abdeckungen gemäß Figur 1 eingebracht und in einer Stickstoffatmosphäre mit einem Sauerstoffgehalt von 3 ppm bei 900°C  für 1 h gebrannt (vgl. K8/K8a S. 5 [0019]). Die Bohrungen der Abdeckung der K8/K8a sorgen bei dem Brennvorgang für eine günstige Zirkulation des Sauerstoffs in der Umgebung der keramischen Leiterplatten, sodass während des Brennvorgangs einerseits von dem Bindemittel stammende Kohlenstoffreste vollständig zu Kohlenmonoxid verbrannt werden und andererseits die Sauerstoffatmosphäre für die Reaktion des Kupfers mit der Keramik der Mehrschicht-Leiterplatte unversehrt bleibt. Gleichzeitig fördern die Bohrungen in der Deckplatte eine gleichmäßige Wärmeübertragung auf die Leiterplatten und erlauben damit ein schnelles Brennen bei gleichzeitigem Erhalt der Ebenheit der Platten und einer hohen Klebefestigkeit sowie eines verringerten Flächenwiderstand des Kupferleiters (vgl. K8a S. 1 Abs. „Wirkung“, S. 4 [0014], S. 6 [0027]).

133

Aufgrund der bei dem Brennvorgang vorgesehenen Temperatur, die mit 900 °C deutlich niedriger liegt als die eutektische Temperatur von Kupfer mit 1065°C (vgl. K6 S. 39, Tab. 2. Eintrag), erkennt der Fachmann, dass es sich bei dem Verfahren der K8/K8a nicht um ein Direct-Bonding-Verfahren handelt, sondern um ein Aktivlötverfahren. Eine homogene Wärmeübertragung spielt bei einem Direct-Bonding-Verfahren jedoch keine Rolle, da bei solchen Verfahren von einer bereits gebrannten Keramik ausgegangen wird. Des Weiteren erschließt sich dem Fachmann, dass die Bohrung der Abdeckung für die Zuführung von Sauerstoff und die Abführung der bei der Verbrennung entstehenden Gase vorgesehen sind. Eine Trennung der Atmosphäre, wie sie mit der streitpatentgemäßen Kapsel erreicht wird, um so unabhängig von der äußeren Atmosphäre ein für das Bonden günstige Atmosphäre innerhalb der Kapsel zu schaffen, verbindet er daher mit der Abdeckung gemäß K8/K8a nicht. Damit liefert die K8/K8a dem Fachmann weder eine Veranlassung noch eine Erfolgserwartung dafür, dass die darin beschriebene Abdeckung bei einem Verfahren gemäß K7 zur Trennung der inneren Schutzgasatmosphäre von der umgebenden äußeren Schutzgasatmosphäre führt, um so einen optimalen Sauerstoffgehalt für das Direct-Bonding zu gewährleisten.

134

ab) Der K24/K24a entnimmt der Fachmann hingegen ein Verfahren für die Wärmebehandlung von mit Kupferfilmen beschichteten Keramiken zur Verbesserung der elektrischen Eigenschaften und der Hafteigenschaften des Kupfers, bei dem die Verbundmaterialien während der Wärmebehandlung in einem Behälter untergebracht sind (vgl. K24, Sp. 1 Z. 14 bis 16, Sp. 2 Z. 34 bis 37, Sp. 3, Z. 38 bis 42, Sp. 5 Z. 3 bis 26, Fig. 2). Die Kupferfilme werden auf der Keramikoberfläche durch stromloses Plattieren, Vakuumverdampfung, Sputtern oder Ionenplattieren erzeugt (vgl. K24, Sp. 4 Z. 18 bis 21). Die Verbundmaterialien werden somit nicht in einem Direct-Bonding-Verfahren hergestellt. Von daher wird der Fachmann die nachfolgenden Schritte der Wärmebehandlung nicht in Betracht ziehen. Demzufolge wird der Fachmann durch die K24/K24a nicht dazu angeregt, bei dem Verfahren der K7 eine Kapsel vorzusehen, wie sie in K24/K24a beschrieben ist, um so zu einem Bonding-Verfahren mit den patentgemäßen Merkmalen 2.2 und 2.2.1 zu gelangen.

135

ac) Auch die weiteren Dokumente K3, K9/K9a oder K10/K10a rücken eine Kapsel mit den patentgemäßen Merkmalen 2.2 und 2.2.1 nicht in das Blickfeld des Fachmanns. Die K3 lehrt ein Stapelsystem für das Sintern von Keramiksubstraten und liegt somit nicht auf dem Fachgebiet des Direct-Bondings (vgl. K3, Sp. 1, Z. 3 bis 7 und Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2, Z. 27). Das Stapelsystem der K3 ist zudem so ausgestaltet, dass die im Inneren des Systems entstehenden Brenngase durch die vorhandenen Löcher effizient abgeführt werden (vgl. Sp. 2, Z. 16 bis 20 und Sp. 3, Z. 6 bis 10). Eine weitgehende Trennung der inneren von der äußeren Atmosphäre wird mit dieser Konstruktion nicht angestrebt.

136

Nicht überzeugend ist das Argument der Klägerin im Zusammenhang mit der K3, dass die mit der Verwendung des Stapelsystems einhergehende Effizienzerhöhung des Verfahrens (vgl. K3, Sp. 3, Z. 23 bis 25), den Fachmann dazu veranlasst habe, diese Verkapselung in dem Verfahren der K7 einzusetzen. Denn die Effizienzerhöhung der K3 ist darin begründet, dass zum einen die entstehenden Brenngase im Inneren des Stapels effizienter abgeführt werden und zum anderen, dass die Substrate in Position bleiben. Bei dem Verfahren der K7 handelt es sich um ein technologisch anderes Verfahren, bei dem keine Brenngase abgeführt werden müssen. Die Stapelung von Substraten zur Durchsatzerhöhung allein stellt keine Motivation für den Fachmann dar, ein solches Stapelsystem in dem Verfahren gemäß K7 zu implementieren.

137

Die K9/K9a betrifft ein Aktivmetall-Hartlötverfahren zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbundmaterialien, bei dem ein Carbonofen als Vakuumofen eingesetzt wird (vgl. K9a Patentansprüche 1 und 2, S. 4, [0014]). Zur Vermeidung von Haftungsfehlern wird das Verbundmaterial in eine Aufnahmevorrichtung eingelegt bzw. eingespannt. Die Verbundmaterialien werden in der Aufnahmeeinrichtung in dem Vakuumofen ohne Sauerstoff erhitzt, um eine Verbindung der Metallplatten mit den Keramikplatten zu erzielen (vgl. K9a, Patentanspruch 1, S. 3, [0008] und [0009], S. 4 [0015], S. 6, [0029], S. 7/8 [0034]). Der Fachmann erhält in der K9/K9a allerdings keinen Hinweis auf ein Direct-Bonding Verfahren, das in einer Schutzgasatmosphäre stattfindet. Damit bestand für ihn auch kein Anlass, die Aufnahmeeinrichtung der K9/K9a für eine verbesserte Regelung des Sauerstoffgehalts in dem Verfahren der K7 zu integrieren, um so zu einem Verfahren mit den patentgemäßen Vorteilen zu gelangen.

138

Die K10/K10a gibt ein Verfahren zur Herstellung von keramischen Werkstoffen -insbesondere Ferriten - an, bei dem die Werkstoffe in verschiedenen gasförmigen Atmosphären behandelt werden. Zur Vereinfachung der bekannten Verfahren, bei denen für die jeweilige Atmosphäre ein Ofen benötigt wird, schlägt die K10/K10a die Verwendung von Transportelementen vor, in denen die Werkstoffe durch einen Tunnelofen geleitet werden (vgl. K10a, S. 1, li Sp. Z. 1 bis 5 und 2. Abs., S. 2, spaltenübergr. Satz). Durch die Transportelemente wird die natürliche Zirkulation des Gases in Längsrichtung des Ofens unterbunden, sodass bestimmte gasförmige Atmosphären mit unterschiedlichen Sauerstoffgehalten aufrechterhalten werden können und der Tunnel in verschiedene Zonen unterteilt wird (vgl. K10a, S. 1, li/re Sp. spaltenübergr. Abs. und re Sp. 2. Abs., S. 2/3 seitenübergr. Abs., S. 3, spaltenübergr. Abs., Fig. 1 und 5). Der jeweilige Sauerstoffgehalt der einzelnen Zonen beträgt 4 bzw. 14 % (vgl. K10a S. 3, spaltenübergr. Abs.) und liegt damit in einer anderen Größenordnung als die bei Direct-Bonding-Verfahren verwendeten Sauerstoffgehalte (vgl. N2 Patentansprüche 6 bis 10). Folglich motiviert die K10/K10a den Fachmann nicht, die Transportelemente der K10/K10a in einem Direct-Bonding-Verfahren gemäß K7 einzusetzen.

139

b) Die K24/K24a stellt, entgegen dem Einwand der Klägerin, keinen geeigneten Ausgangspunkt zum Auffinden des patentgemäßen Verfahrens dar, weil sie, wie zuvor im Abschnitt II.4.ab) ausgeführt, kein Bonding-Verfahren sondern eine Wärmenachbehandlung von Dünnschicht-metallsierten Keramiken betrifft, bei dem jedenfalls keine innere Schutzgasatmosphäre vorgesehen ist.

140

c) Auch der - in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffene - alternative Ausgangspunkt K13 kann das streitpatentgemäße Verfahren unter Berücksichtigung der weiteren Druckschriften K3, K8/K8a, K9 oder K10 nicht nahelegen.

141

Aus der K13 ist ein Direct-Bonding-Verfahren von Kupfer auf Aluminiumoxid oder Aluminiumnitrid bekannt, das in einer Schutzgasatmosphäre stattfindet, die als reaktives Gas zwischen 50 und 100 ppm Sauerstoff enthält (vgl. K13, Sp. 2, Z. 64 bis Sp. 3 Z. 20, Sp. 4, Z. 21 bis 22 und Z. 36 bis 38). Damit offenbart die K13 wie auch die K7 ein DBC-Verfahren, ohne weitere Angaben oder Anregungen hinsichtlich einer Verkapselung gemäß den patentgemäßen Merkmalen 2.2 und 2.2.1, sodass die in Abschnitt II.4.a) dargelegten Gründe für eine Zusammenschau der K13 mit den Druckschriften K3, K8/K8a, K9/K9a und K10 hier gleichermaßen gelten. Somit gelangt der Fachmann durch die Kombination dieser Druckschriften nicht ohne erfinderisches Zutun zu dem patentgemäßen Verfahren.

142

d) Ebenso führt die Kombination der Druckschrift K5/K5a mit K14 oder K15 nicht in naheliegender Weise zum Streitgegenstand.

143

In der K5/K5a wird für ein Verfahren zum Herstellen eines Verbundkörpers aus Keramik- und Metallplatten die Verwendung eines Ofeninnenkastens mit Hilfsheizung vorgeschlagen, um das Fertigungsvolumen zu erhöhen und Qualitätsschwankungen zu begegnen, welche durch eine ungleichmäßige Temperaturverteilung hervorgerufen werden (vgl. K5a, Patentanspruch 1, S. 3 [0005], [0007] und [0008], S. 6 [0026] bis S. 8, Z. 1). Die Verbundkörper können entweder mittels eines Aktivmetall-Hartlöt-Verfahrens oder eines DBC-Verfahren hergestellt werden (vgl. K5a, S. 4 [0014]). Die K5/K5a führt in Verbindung mit dem Aktivhartlötverfahren aus, dass die Schichtkörper bestehend aus Keramik- und Metallplatten sowie einer Lotzwischenschicht in einem Innenkasten, der eine Carbon-Hilfsheizung aufweist, in den Ofen eingebracht werden, wo sie im Vakuum bei einer Verbindungstemperatur zwischen 830 bis 840 °C jeweils 30 min gehalten werden (vgl. K5a S. 7 [0028], [0029], [0030], S. 8, Tabelle 1). Die Lehre der K5/K5a umfasst zwar ein Direct-Bonding-Verfahren, jedoch finden sich in der Druckschrift keinerlei Angaben zur Verwendung einer Schutzgasatmosphäre, die in Verbindung mit dem Ofeninnenkasten zu einer Verkapselung mit den patentgemäßen Merkmalen 2.2 und 2.2.1 führt.

144

Selbst bei Berücksichtigung der Dokumente K14 und K15/K15a gelangt der Fachmann nur zu der Kenntnis, dass Direct-Bonding-Verfahren in einer Schutzgasatmosphäre durchführbar sind. Die Schutzgasatmosphäre weist einen für das Bonding benötigten Sauerstoffgehalt von 0,01 bis 0,5 Vol.-% bzw. von 20 bis 100 ppm auf (vgl. K14, Patentansprüche 1 und 7; vgl. K15a Patentansprüche 1 und 4). Eine solche Atmosphäre würde aber bei dem Verfahren gemäß K5/K5a zu einer Reaktion mit dem Carbon-Heizungsmaterials führen, die eine Regulierung des Sauerstoffgehalts erschwert und gleichzeitig zu einer Verunreinigung der Verbundmaterialien durch die Reaktionsprodukte führt. Folglich wird der Fachmann eine sauerstoffhaltige Schutzgasatmosphäre bei dem in K5/K5a genannten Verfahren nicht in Betracht ziehen.

145

e) Schließlich beruht das patentgemäße Verfahren auch gegenüber der Zusammenschau der Druckschriften K16 und K17/K17a auf einer erfinderischen Tätigkeit.

146

Aus der K16 ist ein Verfahren zum Direct-Bonding von oberflächlich oxidierten Kupferfolien mit Oxidkeramiken bekannt, mit dem eine blasenfreie Verbindung zwischen dem Kupfer und der Keramik und gleichzeitig eine praktisch oxidfreie Kupferoberfläche erzielt wird (vgl. K16 S. 2 Z. 4 bis 10, S. 5, Z. 17 bis 21). Das Verfahren wird in einem Vakuumofen bei einem Druck von höchstens 1,0 mbar und einem Sauerstoffpartialdruck zwischen 0,001 und 0,1 mbar durchgeführt (vgl. K16, S. 5, Z. 23 bis 27). Hinweise auf ein Verfahren, das unter Schutzgas und unter Verwendung einer Kapsel gemäß den patentgemäßen Merkmalen 2.2. und 2.2.1 durchzuführen ist, finden sich in der K16 nicht. Selbst wenn der Fachmann die K17/K17a zu Rate zieht, gelangt er nicht zu einem Verfahren mit diesen Merkmalen, da auch K17/K17a ein Direct-Bonding Verfahren im Vakuum lehrt (vgl. K17a, Patentanspruch 1, S. 2, [0001] und [0006]).

147

5. Die weiteren dem Senat vorliegenden und in den Schriftsätzen diskutierten Dokumente wurden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Betracht gezogen. Sie liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag weiter entfernt und können den Fachmann ebenfalls nicht zur streitpatentgemäßen Lösung der technischen Aufgabe des Streitpatents anregen.

148

6. Der Patentanspruch 1 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung hat daher Bestand. Mit Patentanspruch 1 haben die auf ihn rückbezogenen, vorteilhafte Ausführungsformen betreffenden Patentansprüche 2 bis 25 ebenfalls Bestand.

III.

149

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

150

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.