Entscheidungsdatum: 25.04.2013
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Gebühren für fleischhygienerechtliche Kontrollen.
Sie unterhält einen gewerblichen Schlachtbetrieb im Landkreis G. Mit Bescheiden vom 13. Februar 2007, 12. März 2007, 17. April 2007, 15. Mai 2007, 18. Juni 2007, 30. Juni 2007, 16. August 2007, 13. September 2007 und 11. Oktober 2007 setzte der Beklagte für im Zeitraum Januar bis September 2007 vorgenommene Fleischuntersuchungen Gebühren in Höhe von insgesamt 295 174,92 € fest. Zur Begründung stützte er sich auf die Satzung des Kreises G. vom 20. November 2006 über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene (im Folgenden: Gebührensatzung). Die hiergegen gerichteten Widersprüche wies das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2008 zurück.
Mit der Klage hat die Klägerin die Gebührenbescheide angefochten, soweit die festgesetzten Gebühren über (insgesamt) 191 223,25 € hinausgehen, und Erstattung der entsprechenden Gebührenzahlung (103 951,67 €) nebst Zinsen begehrt. Sie hat geltend gemacht, die Gebührensatzung sei wegen Verstoßes gegen Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 unanwendbar. Die Kostenkalkulation des Beklagten sei fehlerhaft. Er habe zu Unrecht allgemeine Verwaltungskosten berücksichtigt; denn nach Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 seien nur solche Kosten umlagefähig, die unmittelbar durch die amtlichen Kontrollen verursacht würden. Des Weiteren sei entgegen Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 die Methode für die Berechnung der Gebühren weder veröffentlicht noch der Europäischen Kommission bekanntgegeben worden. Mangels Anwendbarkeit der Gebührensatzung könne der Beklagte allein die in Anhang IV Abschnitt B Kap. I VO (EG) Nr. 882/2004 bestimmten Mindestgebühren, also 191 223,25 € verlangen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Januar 2009 abgewiesen. Die angefochtenen Gebührenbescheide seien rechtmäßig. Sie fänden ihre Rechtsgrundlage in § 5 der Gebührensatzung i.d.F. der 1. Änderungssatzung. Die Berücksichtigung allgemeiner Verwaltungskosten bei der Gebührenbemessung sei nicht zu beanstanden. Der Kostenbegriff in Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 sei weit zu verstehen. Die Vorschriften über die Finanzierung amtlicher Kontrollen in Art. 26 ff. VO (EG) Nr. 882/2004 bezweckten, durch die Erhebung kostendeckender Gebühren ausreichende Finanzmittel für die Durchführung der amtlichen Kontrollen bereit zu stellen. Dementsprechend seien für die Gebührenbemessung sämtliche Kosten zu berücksichtigen, die durch die amtlichen Untersuchungen anfielen. Es sei auch nicht fehlerhaft, dass die festgelegten Gebührensätze auf einer Prognose der im Erhebungszeitraum anfallenden Kosten beruhten. Art. 27 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 verbiete nicht, die Gebühren auf der Grundlage einer Vorauskalkulation festzusetzen. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf eine Verletzung der Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 berufen. Der Verordnungsgeber habe die Einhaltung dieser mitgliedstaatlichen Obliegenheiten nicht zur Voraussetzung für die Gebührenerhebung gemacht.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Vorbringen vertieft und ergänzt. Das mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 verfolgte Ziel transparenter und einheitlicher Kriterien für die Gebührenbemessung spreche für eine enge Auslegung des Anhangs VI der Verordnung und für den Ausschluss von mittelbaren Personalkosten und Allgemeinkosten. Darauf lasse auch der Wortlaut der Bestimmung schließen, der anders als noch die Vorgängerregelung in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG den Begriff der Verwaltungskosten nicht mehr verwende. Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 entfalte nicht nur Rechtswirkungen im Verhältnis von Mitgliedstaat und Kommission, sondern schütze auch den einzelnen Gebührenschuldner. Es sei zudem zweifelhaft, ob die Gebührensatzung des Beklagten hinreichend bestimmt sei. Für den Gebührenschuldner sei nicht erkennbar, ob die Gebühren nach Art. 27 Abs. 4 Buchst. a oder Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 erhoben würden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 16. November 2011 zurückgewiesen. Der Beklagte habe die Kosten für die amtlichen Fleischuntersuchungen im Jahr 2007 auf der Basis der im Zeitraum September 2005 bis August 2006 angefallenen Ausgaben prognostisch ermittelt und die Gebühren in pauschalierter Form festgesetzt. Das stehe in Einklang mit Art. 27 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004, wonach die Behörde die Gebühr auf der Grundlage der von ihr während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten als Pauschale erheben dürfe. Eine erst im Nachhinein vorzunehmende Abrechnung verlange Art. 27 VO (EG) Nr. 882/2004 nicht. Nur über eine Vorauskalkulation lasse sich das Ziel der Kostendeckung erreichen. Zudem verfügten die Mitgliedstaaten über einen weiten methodischen Gestaltungsspielraum. Zu Recht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Berücksichtigung allgemeiner Verwaltungspersonal- und -sachkosten von Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 gedeckt sei. Die Verordnung habe zum Ziel, effektive amtliche Kontrollen zu gewährleisten und dazu durch Erhebung kostendeckender Gebühren oder Kostenbeiträge angemessene finanzielle Mittel bereit zu stellen. Das lege nahe, dass der Personalbegriff in Anhang VI nicht nur die unmittelbar mit den Kontrollen befassten Tierärzte und Fachassistenten meine, sondern auch die Bediensteten, die für die verwaltungsmäßige Erfassung und Umsetzung der Kontrollen zuständig seien. Soweit der Verordnungsgeber die frühere Unterscheidung in Untersuchungs- und Verwaltungspersonal sowie Untersuchungs- und Verwaltungskosten zugunsten der Oberbegriffe "Personal" und "Ausgaben" (Löhne, Gehälter und Kosten) aufgegeben habe, habe er damit nicht von den bisherigen Grundsätzen abrücken wollen. Schließlich könne die Klägerin die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung auch nicht auf Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 stützen. Zwar sei zweifelhaft, ob die Bundesrepublik Deutschland ihrer Pflicht zur Veröffentlichung der Berechnungsmethode und zur Mitteilung an die Kommission hinreichend nachgekommen sei. Jedoch handele es sich um rein bipolar gestaltete Rechtsverpflichtungen der Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission, die allein der Vollzugskontrolle und nicht dem Schutz des einzelnen Gebührenschuldners dienten. Das werde bestätigt durch den Vergleich mit der abweichend geregelten Berichtspflicht in Art. 27 Abs. 6 VO (EG) Nr. 882/2004.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Streitfall werfe mehrere Fragen zur Auslegung von Art. 27 VO (EG) Nr. 882/2004 auf, die eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erforderten. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 umfasse auch Verwaltungspersonal- und -sachkosten, gehe am Wortlaut der Norm vorbei und sei daher eine Auslegung "contra legem". Der Verordnungsgeber bezwecke offensichtlich eine enge Kausalität zwischen den umlagefähigen Kosten und den durchzuführenden amtlichen Kontrollen. Der Kostenmaßstab des Anhangs VI solle zu einer unmittelbaren Begrenzung der Gebührenhöhe im Sinne eines Realkostengebots führen. Das Normverständnis des Berufungsgerichts stehe zudem in Widerspruch zu dem risikobezogenen Ansatz im europäischen Lebensmittelrecht. Hiernach solle ein Unternehmer, der Gefahren für die Lebensmittelhygiene durch betriebliche Maßnahmen reduziere und sich also risikominimierend verhalte, durch einen geringeren Kontrollaufwand und eine niedrigere Gebührenlast belohnt werden. Allgemeine Verwaltungskosten fielen jedoch unabhängig vom jeweiligen Betriebsrisiko an. Das Berufungsurteil überzeuge auch nicht, soweit es eine Vorauskalkulation der Gebühren für zulässig erachte. Der Wortlaut des Art. 27 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 spreche für eine Ermittlung der Kosten "ex post". Das werde bestätigt durch das Realkostengebot in Art. 27 Abs. 4 Buchst. a VO (EG) Nr. 882/2004; denn die Einhaltung der dort vorgegebenen Gebührenobergrenze könne nur sinnvoll umgesetzt werden, wenn die tatsächliche Kostenhöhe feststehe. Durch den Europäischen Gerichtshof sei ferner zu beantworten, wie der Begriff des "bestimmten Zeitraums" in Art. 27 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 zu verstehen sei. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 fehlerhaft ausgelegt. Es habe sich nicht damit auseinander gesetzt, dass die Notifizierungspflicht des Mitgliedstaates erkennbar im Zusammenhang mit der Prüfungspflicht der Kommission nach Art. 27 Abs. 12 Satz 2 VO (EG) Nr. 882/2004 stehe, die ihrerseits drittschützend zugunsten der Gebührenschuldner wirke. Außerdem werde gerügt, dass das Berufungsgericht nicht auf Art. 27 Abs. 5 VO (EG) Nr. 882/2004 eingegangen sei, obwohl die Klägerin geltend gemacht habe, dass in Bezug auf ihren Betrieb Art. 27 Abs. 5 Buchst. a und Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 einschlägig sein könnten. Insoweit liege auch ein Begründungsmangel vor.
Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das angefochtene Urteil in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für unionsrechtskonform. Das Ministerium habe mitgeteilt, dass die Kommission im Verlauf der Beratungen zur Verordnung (EG) Nr. 882/2004 im Rat keinen Zweifel daran gelassen habe, die Gebührenregelungen der Richtlinie 85/73/EWG lediglich in einen neuen Rechtsakt überführen zu wollen. Das gelte auch für die Kriterien des Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG i.d.F. der Richtlinie 96/43/EG, die in Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 beibehalten werden sollten.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die angefochtene Gebührenerhebung mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vereinbar ist (1.). Die Verfahrensrüge bleibt ohne Erfolg (2.).
1. Nach der für den Senat bindenden Auslegung des Landesrechts durch die Vorinstanz (§ 137 Abs. 1 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) finden die angegriffenen Gebührenbescheide ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Satz 1 der Gebührensatzung des Beklagten. Hiernach wird für Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Fleischuntersuchung in öffentlichen Schlachthöfen je Rind, Schwein/Wildschwein, Schaf, Ziege, Wildwiederkäuer und Einhufer die Gebühr erhoben, die sich aus den anliegenden Tabellen (Blätter 1 bis 6) ergibt. Das Oberverwaltungsgericht hat das Landesrecht ohne Verstoß gegen Unionsrecht - eine Verletzung von Bundesrecht ist weder geltend gemacht noch sonst erkennbar - ausgelegt und angewendet.
a) Einschlägig ist die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl Nr. L 165 S. 1, ber. ABl Nr. L 191 S. 1) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 vom 20. November 2006 (ABl Nr. L 363 S. 1). Art. 26 ff. der Verordnung regeln die Finanzierung der amtlichen Kontrollen. Zu den Kontrollen im Sinne der Verordnung gehören unter anderem Fleischhygieneuntersuchungen in Schlachtbetrieben (vgl. Art. 2 Satz 2 Nr. 1, Anhang IV Abschnitt A Nr. 1 VO
b) In Übereinstimmung mit Art. 27 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte in die der Gebührensatzung zugrundeliegende Kalkulation allgemeine Verwaltungspersonal- und -sachkosten einstellen durfte.
Art. 27 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 verpflichtet die Mitgliedstaaten, Gebühren zur Deckung der Kosten zu erheben, die durch amtliche fleischhygienerechtliche Kontrollen entstehen. Gemäß Art. 27 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 dürfen die Gebühren nicht höher sein als die von den zuständigen Behörden getragenen Kosten in Bezug auf die Ausgaben gemäß Anhang VI (Buchst. a); sie können auf der Grundlage der von den zuständigen Behörden während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten als Pauschale festgesetzt werden oder gegebenenfalls den in Anhang IV Abschnitt B bzw. Anhang V Abschnitt B festgelegten (Mindest-)Beträgen entsprechen (Buchst. b). Nach Anhang VI sind bei der Berechnung der Gebühren zu berücksichtigen: 1. Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals, 2. Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzte Personal, einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten und 3. Kosten für Probenahme und Laboruntersuchung.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass zu den berücksichtigungsfähigen Kosten im Sinne von Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 auch allgemeine Verwaltungspersonal- und -sachkosten gehören, wenn und soweit sie der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen entstehen (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 3 C 20.11 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 31). Anhang VI knüpft an den Kostenmaßstab des Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG an. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber von den bisherigen Grundsätzen abweichen wollte und nur noch solche Kosten umlagefähig sein sollten, die für das bei den amtlichen Kontrollen eingesetzte Untersuchungspersonal (Tierärzte und Fachassistenten) anfallen. Gegen diese Auslegung spricht namentlich, dass Ausgaben für verwaltungsmäßige Aufgaben ansatzfähig wären, wenn die Verwaltungstätigkeit vom Untersuchungspersonal selbst wahrgenommen würde, während diese Kosten unberücksichtigt bleiben müssten, wenn dafür Verwaltungspersonal eingesetzt würde. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Ergebnis widersinnig ist und das Ziel der Verordnung konterkariert, zur Gewährleistung effektiver Kontrollen eine kostendeckende Finanzierung sicherzustellen. Der Ansatz allgemeiner Verwaltungskosten steht auch weder im Widerspruch zum Wortlaut des Anhangs VI VO (EG) Nr. 882/2004 noch dazu, dass Art und Umfang der amtlichen Kontrollen nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 5 Buchst. a VO (EG) Nr. 882/2004, Art. 4 Abs. 9 und Art. 5 Nr. 5 Buchst. b VO (EG) Nr. 854/2004 von einer behördlichen Risikobewertung des betroffenen Unternehmens abhängen (vgl. im Einzelnen Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 18 ff.).
Die Urteilskritik der Klägerin (unter Hinweis auf Zeitzmann/Gräsel, LMuR 2012, 220 und LMuR 2013, 41) gibt keine Veranlassung zu einer Änderung der Senatsrechtsprechung. Sie vermag insbesondere nicht zu entkräften, dass der Zweck der Gebührenerhebung, wie gezeigt, klar für eine Berücksichtigungsfähigkeit allgemeiner Verwaltungspersonal- und -sachkosten streitet. Nicht überzeugend sind auch die Schlussfolgerungen, die die Klägerin aus dem Vergleich des Personalbegriffs in Anhang VI mit Begrifflichkeiten in anderen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ("Personal der zuständigen Behörde"; "Kontrollpersonal"; "Personal für die Durchführung amtlicher Kontrollen") ziehen will. Hätte der Verordnungsgeber bezweckt, das Verwaltungspersonal aus dem Kostenmaßstab in Anhang VI auszuklammern, hätte es nahegelegen, dies durch eine entsprechende Formulierung klar zu stellen. Im Übrigen spricht der Umstand, dass mit dem Begriff der amtlichen Kontrolle nach Art. 2 Satz 2 Nr. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 alle Tätigkeiten gemeint sind, die im Zusammenhang mit den Kontrollaufgaben anfallen (vgl. Art. 6 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Anhang II Kap. I und Kap. II, Art. 9, Art. 10 VO
Der von der Klägerin angeregten Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bedarf es nicht. An der Umlagefähigkeit allgemeiner Verwaltungskosten bestehen - wie gezeigt - keine vernünftigen Zweifel ("acte clair", EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, Cilfit u.a. - Slg. 1982, 3415 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 32).
c) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte dürfe die Gebühren auf der Grundlage einer Vorauskalkulation der zu deckenden Kosten erheben, ist aus Sicht des Unionsrechts ebenfalls nicht zu beanstanden.
In Bezug auf die Gebühr nach Anhang A Kap. I Nr. 4 RL 85/73/EWG i.d.F. der Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996 (ABl Nr. L 162 S. 1) hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass deren Höhe auf der Basis im Vorhinein kalkulierter Kosten ermittelt werden durfte und es nicht etwa einer nachträglichen Kostenabrechnung jedes Einzelfalls bedurfte (Beschlüsse vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 3 B 64.10 - juris Rn. 4 und vom 31. August 2012 - BVerwG 3 B 26.12 - juris Rn. 5; Urteil vom 20. Dezember 2007 - BVerwG 3 C 50.06 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 27 Rn. 28). Das wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der sich keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation entnehmen lassen (vgl. z.B. Urteile vom 19. März 2009 - Rs. C-270/07 und Rs. C-309/07 - Slg. 2009, I-1983 und I-2077 und vom 9. September 1999 - Rs. C-374/97 - Slg. 1999, I-5153, jeweils zur Richtlinie 85/73/EWG; Urteil vom 7. Juli 2011 - Rs. C-523/09 - LMuR 2011, 100 - zu Art. 27 VO
Für die Gebührenerhebung nach Art. 27 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 kann nichts Anderes gelten. Wie die Vorgängerregelung der Richtlinie 85/73/EWG schließt Art. 27 VO (EG) Nr. 882/2004 eine Festsetzung von Gebührensätzen, die auf einer Kalkulation "ex ante" beruht, nicht aus. Das Unionsrecht macht den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Soweit Art. 27 Abs. 4 Buchst. b bestimmt, dass die Gebühren "auf der Grundlage der von den zuständigen Behörden während eines bestimmten Zeitraums getragenen Kosten" festgesetzt werden können, lässt sich daraus kein Verbot der Vorauskalkulation der Gebühren ableiten. Die Formulierung knüpft an den Grundsatz der Kostendeckung an (Art. 27 Abs. 1 und Erwägungsgrund 32 VO
Ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation hiernach nicht zweifelhaft, ist eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich. Dasselbe gilt für die von der Klägerin aufgeworfene Frage zu dem Zeitraum, auf den Art. 27 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 abstellt. Es ist offenkundig, dass die Zeitspanne von zwölf Monaten, die der Beklagte seiner Kalkulation zugrunde gelegt hat, unionsrechtskonform ist. Der Verordnungsgeber lässt den Mitgliedstaaten auch bei der Bestimmung der geeigneten Kalkulationsperiode zur Ermittlung der anfallenden Kosten freie Hand. Die Klägerin zeigt nicht ansatzweise auf, dass der Zeitraum eines Kalenderjahres sachwidrig und deshalb von Art. 27 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 nicht mehr gedeckt sein könnte.
d) Schließlich sind die angefochtenen Gebührenbescheide nicht deshalb rechtswidrig, weil die Bundesrepublik Deutschland gegen die Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 verstoßen hat.
Gemäß Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 veröffentlichen die Mitgliedstaaten die Methode für die Berechnung der Gebühren und geben sie der Kommission bekannt (Satz 1). Die Kommission prüft, ob die Gebühren den Anforderungen der Verordnung entsprechen (Satz 2). Das Oberverwaltungsgericht hat Bedenken, ob die Bundesrepublik Deutschland der Veröffentlichungs- und Notifikationspflicht hinreichend nachgekommen ist. Es meint, die Publikation der Gebührensatzung ohne die zugrunde liegende Gebührenkalkulation genüge nicht, weil sich anhand der Satzung nicht beurteilen lasse, ob die Vorgaben des Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Anhang VI VO (EG) Nr. 882/2004 eingehalten seien. Ebenso wenig ließen sich dem Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 4. April 2008, mit dem der Kommission das Ergebnis einer Länderabfrage zur Methode der Gebührenberechnung übermittelt worden sei, die erforderlichen Informationen entnehmen; die Aussagen zur Gebührenerhebung in Nordrhein-Westfalen seien sehr allgemein. Allerdings verlangt Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 nicht die Bekanntgabe der konkreten Berechnungsgrundlagen, sondern beschränkt sich auf die Mitteilung der Berechnungsmethode. Zudem dürfte es einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten, eine Vielzahl einzelner Gebührenkalkulationen zur Überprüfung zu stellen. Auch wäre zu erwarten gewesen, dass die Kommission das Notifizierungsschreiben vom 4. April 2008 als ungenügend beanstandet, wenn sie die Angaben als nicht ausreichend beurteilt hätte.
Die Frage nach den Anforderungen an die Veröffentlichungs- und Mitteilungspflicht bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn von einem Verstoß gegen Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 auszugehen sein sollte, führt das nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Gebührenbescheide. Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 betrifft ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen Mitgliedstaat und Kommission und begründet keine Rechte des einzelnen Gebührenschuldners. Das zeigt schon der Vergleich mit Art. 27 Abs. 6 VO (EG) Nr. 882/2004. Darin wird für die Zulässigkeit von niedrigeren Gebühren als den nach Anhang IV Abschnitt B und Anhang V Abschnitt B festgesetzten Mindestbeträgen ausdrücklich vorausgesetzt, dass der Mitgliedstaat der Kommission einen Bericht übermittelt, der über die Methode für die Berechnung der reduzierten Gebühr Auskunft gibt. Vergleichbares sieht Art. 27 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 nicht vor.
Die Folgenlosigkeit eines Verstoßes gegen Art. 27 Abs. 12 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 für die Rechtmäßigkeit der Gebührenbescheide ergibt sich darüber hinaus aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Verletzung von Notifizierungspflichten. Die Nichteinhaltung einer den Mitgliedstaaten obliegenden Verpflichtung zur Unterrichtung der Kommission führt nur dann zur Rechtswidrigkeit oder Ungültigkeit einer nationalen Maßnahme, wenn der in Rede stehenden unionsrechtlichen Vorschrift diese Rechtsfolge zu entnehmen ist. Das setzt voraus, dass die Wirksamkeit der innerstaatlichen Regelung vom Einverständnis oder dem fehlenden Widerspruch der Kommission abhängig gemacht wird (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-2/10, Azienda Agro-Zootecnica Franchini u.a. - Rn. 53 sowie Schlussanträge des Generalanwalts vom 14. April 2011 Rn. 38; Urteil vom 30. April 1996 - Rs. C-194/94, CIA Security International - Slg. 1996, I-2201 Rn. 49 f.). Hingegen zieht die Verletzung der Notifizierungspflicht nicht die Rechtswidrigkeit der nationalen Maßnahme nach sich, wenn die Mitteilungspflicht allein den Zweck hat, die Kommission zu informieren und ihr die Prüfung zu ermöglichen, ob das Unionsrecht eingehalten wird (EuGH, Urteile vom 13. Juli 1989 - Rs. C-380/87, Enichem Base u.a. - Slg. 1989, I-2491 Rn. 19 ff., vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98, Sydhavnens Sten & Grus - Slg. 2000, I-3743 Rn. 96 ff. und vom 6. Juni 2002 - Rs. C-159/00, Sapod Audic - Slg. 2002, I-5031 Rn. 58 ff.). So liegt der Fall hier. Wie Art. 27 Abs. 12 Satz 2 VO (EG) Nr. 882/2004 deutlich macht, dient die Mitteilungspflicht nach Satz 1 allein dazu, dass die Kommission die nationalen Gebühren auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen der Verordnung überprüfen kann. Die Gebührenerhebung ist nicht an das Einverständnis oder den fehlenden Widerspruch der Kommission geknüpft.
Der von der Klägerin angeregten Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs bedarf es nicht. Die Voraussetzungen, unter denen die Verletzung einer Notifizierungspflicht die Rechtswidrigkeit einer nationalen Maßnahme zur Folge hat, sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs - wie gezeigt - geklärt. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass Art. 27 Abs. 12 VO (EG) Nr. 882/2004 dem einzelnen Gebührenschuldner kein Recht verleiht, auf das er sich vor den nationalen Gerichten berufen könnte, um die Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung geltend zu machen.
2. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Das angegriffene Urteil leidet weder an dem geltend gemachten Begründungsmangel noch liegt ein Gehörsverstoß vor. Bereits das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Einwand der Klägerin auseinander gesetzt, es sei zu prüfen, ob in ihrem Fall betriebsbezogene Sondertatbestände nach Art. 27 Abs. 5 VO (EG) Nr. 882/2004 vorlägen. Es hat dazu ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Gebührensatzung des Beklagten die in Art. 27 Abs. 5 VO (EG) Nr. 882/2004 genannten Aspekte nicht berücksichtige. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Vorbringen nicht konkretisiert. Ebenso wenig ist sie in der mündlichen Verhandlung auf die Einwendung zurückgekommen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 16. November 2011, Bl. 213 ff. der Gerichtsakte). Für das Oberverwaltungsgericht hat daher keine Veranlassung bestanden, auf diesen Gesichtspunkt weiter einzugehen. Eine ausdrückliche Befassung musste sich auch sonst nicht aufdrängen; denn die vom Verwaltungsgericht angenommene Vereinbarkeit der Gebührensatzung mit Art. 27 Abs. 5 VO (EG) Nr. 882/2004 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Der Satzungsgeber hat in den Blick genommen, dass die Gebührensätze unter Berücksichtigung der Kriterien nach Art. 27 Abs. 5 VO (EG) Nr. 882/2004 zu erheben sind (vgl. § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gebührensatzung). Den in Art. 27 Abs. 5 Buchst. a und Buchst. b genannten betriebsbezogenen Aspekten hat er Rechnung getragen, indem bei den Gebührensätzen nach Kleinbetrieben, Großbetrieben und öffentlichen Schlachthöfen sowie nach Schlachtzahlstaffeln differenziert wird.