Entscheidungsdatum: 27.01.2011
Der pharmazeutische Unternehmer kann sich auch noch nach Ablauf einer Mängelbeseitigungsfrist auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat (§ 105 Abs. 4c AMG) berufen, solange das Nachzulassungsverfahren nicht bestandskräftig abgeschlossen ist.
Die Klägerin begehrt die Verlängerung der (fiktiven) Zulassung für das Arzneimittel "Systral Creme" für die Anwendungsgebiete "Symptomatische lokale Behandlung von Insektenstichen, Sonnenbrand und Kontakturtikaria". Als arzneilich wirksamen Bestandteil ist in den Antragsunterlagen Chlorphenoxaminhydrochlorodium (15 mg auf 1 g Salbe) angegeben.
Mit Schreiben vom August 2002 rügte die Beklagte verschiedene Mängel des Antrags. Die Verträglichkeit des Präparats sei ungeklärt; die Möglichkeit einer zentralnervösen Wirkung sei nicht ausgeräumt. Die Wirksamkeit sei unzureichend begründet. Die Beklagte gab der Klägerin Gelegenheit zur Mängelbeseitigung binnen zwölf Monaten.
Nach Stellungnahme der Klägerin zu den gerügten Mängeln lehnte die Beklagte die Verlängerung der Zulassung mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 ab, weil die therapeutische Wirksamkeit weiterhin nicht nachgewiesen sei. Die angeführten Studien belegten nicht, dass der Einsatz des Mittels bessere Therapieergebnisse erziele als die Cremegrundlage oder ein Placebo. Zudem sei weiterhin nicht gesichert, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unbedenklich sei.
Die Klägerin hat am 20. Januar 2005 Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Zulassungsantrags erhoben und die Begründung des Versagungsbescheids angegriffen. Außerdem hat sie geltend gemacht, der Zulassungsanspruch ergebe sich auch aus § 105 Abs. 4c AMG. Das Arzneimittel sei in identischer Form und mit identischen Zulassungsunterlagen mit Bescheid vom 19. August 2005 in Malta zugelassen worden. Sie habe deshalb im Oktober 2007 bei der Beklagten einen Antrag nach § 105 Abs. 4c AMG gestellt. Die Bezugnahme auf eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Zulassung sei noch nach Ablauf einer Mängelbeseitigungsfrist im gerichtlichen Verfahren möglich.
Die Klage ist vor dem Verwaltungsgericht und dem Berufungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat im Urteil vom 7. Oktober 2009 zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Nachzulassung stehe der Versagungsgrund nach § 105 Abs. 5 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 AMG entgegen. Die Klägerin habe die therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet und den Mangel nicht fristgemäß beseitigt. Die Bezugnahme auf eine ausländische Zulassung sei nach Ablauf der Mängelbeseitigungsfrist ausgeschlossen. Das ergebe sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes. Daraus könne geschlossen werden, dass § 105 Abs. 4c AMG nur eine Möglichkeit der Mängelbeseitigung eröffne, aber kein selbständiges Anerkennungsverfahren auslöse. Dafür spreche zudem der Vergleich mit der für die Erstzulassung geltenden Vorschrift des § 25b AMG, die ein vom Erstzulassungsverfahren abgekoppeltes Verwaltungsverfahren regele. Die Präklusion diene der Verfahrensbeschleunigung. Die pharmazeutischen Unternehmer seien gehalten, von Anfang an entscheidungsreife Anträge einzureichen. Daher werde einheitlich für Zulassung und Nachzulassung die Möglichkeit ausgeschlossen, durch das Nachreichen von Unterlagen einen Antrag erst im Rechtsmittelverfahren zulassungsreif zu machen. Angesichts dieser Zielsetzung spreche nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit § 105 Abs. 4c AMG die Möglichkeit habe schaffen wollen, das Nachzulassungsverfahren durch eine spätere Bezugnahme auf eine ausländische Zulassung weiter zu verzögern. Dabei sei unerheblich, ob durch die nach Ablauf der Mängelbeseitigungsfrist erfolgte Bezugnahme auf § 105 Abs. 4c AMG tatsächlich eine Verzögerung eintrete. Dieses Verständnis der Präklusionsvorschrift sei verfassungsgemäß und verletze die pharmazeutischen Unternehmer nicht in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4, Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG. Der Zweck der Verfahrensbeschleunigung überwiege die Nachteile für die Unternehmer. Ihnen sei zuzumuten, nötigenfalls einen Antrag auf Erstzulassung nach § 25b AMG zu stellen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, mit der Berufung auf die in Malta erfolgte Zulassung nicht nach § 105 Abs. 5 Satz 2 und 3 AMG ausgeschlossen zu sein. Die Berufung auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht als Beseitigung von zuvor gerügten inhaltlichen Mängeln zu verstehen. Die inhaltliche Prüfung habe in einem solchen Fall bereits in dem anderen Mitgliedstaat stattgefunden. Die Beklagte sei deshalb auf die Prüfung beschränkt, ob das Arzneimittel eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstelle. Dafür bestünden indes keine Anhaltspunkte. Ebenso wie ein pharmazeutischer Unternehmer noch im Klageverfahren darlegen könne, dass die vorgelegten Unterlagen die beanspruchte Wirksamkeit begründeten, könne er sich auf eine identische Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat berufen. Die mit der Präklusionsvorschrift bezweckte Beschleunigung des Nachzulassungsverfahrens und die Absicht des Gesetzgebers, die pharmazeutischen Unternehmer zur Vorlage entscheidungsreifer Anträge anzuhalten, stehe einer Berücksichtigung der anderweitigen Zulassung nicht entgegen. Vielmehr begründe gerade der Verweis auf ein neues (Erst-)Zulassungsverfahren eine unnötige Verfahrensverlängerung. Sollte die Präklusionsvorschrift des § 105 Abs. 5 AMG auch für die Berufung auf eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat gelten, stellte sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Garantie eines effektiven Rechtsschutzes dar.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) mit der Folge einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).
1. Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Klägerin ihr Begehren nicht auf § 105 Abs. 4f AMG stützen kann. Danach ist eine (fiktive) Zulassung auf Antrag um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG vorliegt. Die Beklagte hat einen Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 AMG angenommen, weil die therapeutische Wirksamkeit auch durch die im Mängelbeseitigungsverfahren nachgereichten Unterlagen nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet worden sei. Das Berufungsgericht hat dies unter Auseinandersetzung mit den von der Klägerin eingereichten Unterlagen bestätigt. Eine Verletzung von Bundesrecht ist insoweit nicht zu erkennen und wird von der Klägerin mit der Revision auch nicht geltend gemacht.
2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht ungeprüft gelassen, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zulassung nach § 105 Abs. 4c AMG hat. Nach dieser Vorschrift ist die Verlängerung der Zulassung eines Arzneimittels, das bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassen ist, zu erteilen, wenn sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet, der Antragsteller alle in § 22 Abs. 6 AMG vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach § 104 Abs. 4 und 4a AMG mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht, es sei denn, dass die Verlängerung der Zulassung des Arzneimittels eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen kann.
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin die Berufung auf die Zulassung des Arzneimittels in Malta nach Ablauf der Mängelbeseitigungsfrist und dem Erlass des Versagungsbescheids wegen § 105 Abs. 5 Satz 3 AMG verwehrt sei, ist unzutreffend. Die erstmalige Berufung auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat ist auch noch nach Ablauf einer Mängelbeseitigungsfrist möglich, solange das Nachzulassungsverfahren nicht bestandskräftig abgeschlossen ist.
Nach § 105 Abs. 5 Satz 1 bis 3 AMG hat der Antragsteller bei Beanstandungen innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
a) Nach Wortlaut und Systematik beschränkt diese Präklusionsvorschrift nur die Verteidigung gegen zuvor gerügte Mängel. Die Zulassungsbehörde ist verpflichtet, Zulassungsanträge daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen Anforderungen an den Antrag und die einzureichenden Unterlagen erfüllt sind. Ergeben sich Beanstandungen, setzt die Behörde nach § 105 Abs. 5 Satz 1 AMG eine Frist zu deren Beseitigung oder begnügt sich in geeigneten Fällen damit, die Zulassung des Arzneimittels mit Auflagen zur Mängelbehebung zu verbinden (§ 105 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 6 AMG). Die ordnungsgemäße Fristsetzung zur Mängelbeseitigung schließt nachträgliche Versuche, die Mängel zu beheben, aus. Präkludiert ist auf diese Weise aber nur das Einreichen von Unterlagen "zur Mängelbeseitigung" (vgl. § 105 Abs. 5 Satz 3 AMG), nicht hingegen die Möglichkeit, den Antrag auf Verlängerung der Zulassung zusätzlich oder alternativ auf § 105 Abs. 4c AMG zu stützen.
Die Bezugnahme auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat ist nicht der Versuch einer Beseitigung von zuvor gerügten Mängeln eines auf § 105 Abs. 4f AMG gestützten Zulassungsantrags, sondern die Geltendmachung eines anderen (weiteren) Zulassungsgrundes. § 105 Abs. 4c AMG bildet eine Grundlage für die Nachzulassung eines Arzneimittels, die den Anspruch unter anderen Voraussetzungen gewährt als § 105 Abs. 4f AMG. Zwar trifft es zu, dass Absatz 4c im systematischen Zusammenhang des Nachzulassungsverfahrens steht und sich anschließt an die gesetzlichen Anforderungen in Absatz 4, 4a und 4b der Vorschrift über die in diesem Verfahren geforderten Angaben und Unterlagen. Bei § 105 Abs. 4c AMG belegen aber nicht die (bemängelten) Angaben und Unterlagen nach § 105 Abs. 4 bis 4b AMG den Zulassungsanspruch, sondern der Umstand, dass das Arzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist. Anstelle einer eigenen Prüfung soll die Zulassungsbehörde das bereits vorliegende positive Ergebnis der Prüfung in dem anderen Mitgliedstaat der eigenen Entscheidung zugrunde legen. In der Bezugnahme auf eine solche Zulassung liegt weder begrifflich noch systematisch der Versuch einer Beseitigung von Mängeln, die auf die materiellen Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 AMG Bezug nehmen.
Dem steht nicht entgegen, dass sich die Präklusionsvorschrift des § 105 Abs. 5 AMG nach der gesetzlichen Systematik auch auf § 105 Abs. 4c AMG erstreckt. Soweit die Bezugnahme auf eine ausländische Zulassung des Arzneimittels im Sinne des § 105 Abs. 4c AMG ihrerseits Mängel aufweist, etwa weil nicht alle erforderlichen Unterlagen beigebracht oder die notwendigen Erklärungen nicht abgegeben worden sind, kann die Zulassungsbehörde auch auf einen solchen Mangel mit einer Beanstandung und Fristsetzung nach § 105 Abs. 5 Satz 1 AMG reagieren und nach Fristablauf eingereichte Dokumente unberücksichtigt lassen. Daraus folgt aber nicht, dass ein aus anderen Gründen geführtes Mängelbeseitigungsverfahren den Anspruch aus § 105 Abs. 4c AMG präkludiert.
Der Vergleich mit § 25b AMG, der für die Erstzulassung ein gesondertes Verfahren der gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen vorsieht, führt nicht weiter. Der Gesetzgeber hat für die Nachzulassung darauf verzichtet, verschiedene Verfahren vorzusehen; vielmehr hat er die Berufung auf die Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat nur als eine (weitere) Möglichkeit zur Begründung der nach § 105 Abs. 3 AMG gestellten Verlängerungsanträge ausgestaltet. Das spricht indes nicht für, sondern gegen die Ansicht des Berufungsgerichts. Gerade weil kein "eigenständiges" Verfahren vorgesehen ist, kann ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung mit einer ausländischen Zulassung im Sinne des § 105 Abs. 4c AMG begründet werden, solange die durch § 105 Abs. 1 AMG begründete Zulassungsfiktion als Anknüpfungspunkt für die beantragte Verlängerung besteht, also regelmäßig bis zum bestandskräftigen Abschluss des Nachzulassungsverfahrens.
b) Der Zweck der Vorschriften gebietet kein anderes Verständnis. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 4. Juli 2000 (BGBl I S. 1002), durch das unter anderem Absatz 4c in die Vorschrift des § 105 AMG eingefügt wurde, ausdrücklich eine Beschleunigung der Nachzulassungsverfahren erreichen wollte (vgl. BTDrucks 14/2292 S. 9). Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass mit Ablauf einer (aus anderen Gründen gesetzten) Mängelbeseitigungsfrist auch die Berufung auf eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat ausgeschlossen sein soll. Ein solches Verständnis verbietet sich schon deshalb, weil Präklusionsvorschriften mit Blick auf ihren Ausnahmecharakter und ihre rechtsbeschränkende Wirkung grundsätzlich eng auszulegen sind, um eine eindeutige Vorhersehbarkeit für die Betroffenen zu gewährleisten. Eine über Wortlaut und Systematik hinausgehende Ausdehnung des Anwendungsbereichs unter Berufung auf einen allgemeinen Gesetzeszweck geriete mit diesen rechtsstaatlichen Grundsätzen in Konflikt.
Zudem legt der Gesetzeszweck der Verfahrensbeschleunigung eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 105 Abs. 5 Satz 3 AMG gerade nicht nahe. Der Gesetzgeber hat sich eine Beschleunigung des Nachzulassungsverfahrens insbesondere durch die Setzung von Fristen versprochen. So hat er die pharmazeutischen Unternehmer in dem ebenfalls mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes in § 105 AMG neu eingefügten Absatz 4a verpflichtet, die dort genannten Unterlagen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einzureichen; andernfalls erlosch die Zulassung. Das fügt sich in die Regelungsmethode des Nachzulassungsverfahrens, dem Antragsteller für bestimmte Verfahrensschritte Ausschlussfristen vorzuschreiben, so etwa für die erste Anzeige nach § 105 Abs. 2, den anschließenden Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 und die Vorlage von Unterlagen nach § 105 Abs. 4 Satz 2 AMG. Hätte der Gesetzgeber die Berufung auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat gleichermaßen zeitlich beschränken wollen, hätte es nahe gelegen, eine entsprechende Frist in Absatz 4c aufzunehmen. Das ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr sollte die Möglichkeit, sich im Nachzulassungsverfahren unter besonders vereinfachten Voraussetzungen auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat zu berufen, ihrerseits zu einer weiteren Beschleunigung der Nachzulassung beitragen, weil auf diese Weise zeitraubende inhaltliche Prüfungen erspart bleiben. Dazu heißt es in der amtlichen Begründung (BTDrucks 14/2292 S. 9):
"Zur Beschleunigung der Nachzulassung wird durch die Regelung in Absatz 4c teilweise über die EU-Regelungen über die gegenseitige Anerkennung hinaus vorgesehen, die Nachzulassung auf der Grundlage eines bereits nach EU-Recht in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen gleichen Arzneimittel des Antragstellers oder eines verbundenen Unternehmens oder Lizenznehmers zu erteilen. Damit soll das Prinzip der Zulassungsanerkennung auch für die Nachzulassung genutzt werden. Wegen der Besonderheiten der Nachzulassung, bei der es sich häufig um solche Arzneimittel handelt, die auch in anderen Mitgliedstaaten vor längerer Zeit erstmalig (nach)zugelassen worden sind, wäre es nicht zweckmäßig, das reguläre Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (§ 25 Abs. 5a bis 5c) anzuwenden; dies gilt insbesondere für den Beurteilungsbericht, der nicht für alle einschlägigen Fälle der Nachzulassung von den Behörden der anderen Mitgliedstaaten angefordert werden kann."
Gegenüber dem Gesetzentwurf sind die Voraussetzungen für eine Nachzulassung unter Berufung auf die Zulassung des Arzneimittels in einem anderen Mitgliedstaat im parlamentarischen Verfahren sogar noch weiter reduziert worden (vgl. dazu BTDrucks 14/3320 S. 15). Der Gesetzgeber hatte deshalb keinen Anlass, die neu geschaffene Zulassungsgrundlage sogleich wieder durch Ausschlussfristen zu beschränken. Vielmehr war ihm daran gelegen, solchen Altmedikamenten, die bereits eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat vorweisen können, unter gegenüber dem regulären Anerkennungsverfahren (nach den in der vorstehenden Begründung genannten § 25 Abs. 5a bis 5c AMG in der Fassung des 7. AMG-Änderungsgesetzes vom 25. Februar 1998, BGBl I S. 374; jetzt § 25b AMG) reduzierten Voraussetzungen eine Nachzulassung zu ermöglichen.
Daraus folgt zugleich, dass die Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nach § 25b Abs. 2 AMG i.V.m. Art. 27 ff. der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl Nr. L 311 S. 67), zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/120/EG der Kommission vom 14. September 2009 (ABl Nr. L 242 S. 3), als gleichwertige Alternative verwiesen werden kann. Die insoweit geltenden Voraussetzungen, zu denen unter anderem die Vorlage eines Beurteilungsberichts des Referenzstaates zählt, und der gesamte Mechanismus, insbesondere im Falle von Meinungsverschiedenheiten unter den Zulassungsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten (vgl. dazu Art. 29 ff. der Humanarzneimittel-Richtlinie), ermöglichen die Erlangung einer Zulassung nicht auf eine ähnlich einfache Weise. Die Verlängerung einer fiktiven Zulassung unter Berufung auf die Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat kann deshalb mit dem gemeinschaftsrechtlich geprägten Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nicht gleichgesetzt werden. Die Klägerin darauf zu verweisen, hätte obendrein zur Konsequenz, dass die fiktive Zulassung erlöschen und das Arzneimittel bis zu einer (erneuten) Erstzulassung nicht vertrieben werden dürfte. Diese Folge erscheint in ihrer Tragweite unangemessen im Verhältnis zu dem Aufwand, den die Prüfung der Voraussetzungen des § 105 Abs. 4c AMG verursacht.
3. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 105 Abs. 4c AMG durch die im Klageverfahren eingereichten oder ggf. noch einzureichenden Unterlagen erfüllt, wobei für den Ausschlussgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit kein anderer Maßstab gilt als für die Annahme einer schwerwiegenden Gefahr im Sinne von § 25b Abs. 2 AMG und Art. 29 Abs. 1 der Humanarzneimittel-Richtlinie.