Entscheidungsdatum: 01.06.2010
1. Die Klägerin begehrt die Verlängerung der Zulassung (Nachzulassung) eines Badezusatzes als traditionelles Arzneimittel unter Aufnahme der Stoffkombination in die sog. Traditionsliste nach Maßgabe des § 109a AMG. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin den Traditionsnachweis nicht erbracht habe. Die tradierte Erfahrung müsse für die konkrete Stoffkombination erbracht werden; es genüge nicht, dass nur teilweise übereinstimmende Kombinationspräparate oder die Einzelstoffe seit längerem im Verkehr seien. Das Arzneimittel selbst werde nur dann traditionell verwendet, wenn es sich bereits vor dem 1. August 1961 in Verkehr befunden habe und sich bis zum 1. Januar 1978 ein tradiertes Erfahrungswissen gebildet habe. Das Präparat der Klägerin sei jedoch nach ihren eigenen Angaben frühestens seit 1970 auf dem Markt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
2. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.
Die Klägerin hält die Anforderungen an den Traditionsnachweis nach § 109a Abs. 3 AMG für klärungsbedürftig. Sie wirft die Frage auf, ob für eine Stoffkombination der Nachweis einer Anwendungstradition für diese Kombination erforderlich sei oder Erfahrungen mit zumindest teilweise übereinstimmenden Stoffkombinationen ausreichten; ferner will sie geklärt wissen, auf welche Zeiträume und Zeitpunkte für eine Traditionsbildung nach § 109a Abs. 3 AMG abzustellen sei.
Diese Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung; denn sie beziehen sich auf auslaufendes Recht. Für Zulassungen traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, die nach § 105 in Verbindung mit § 109a AMG verlängert wurden, folgt dies bereits aus § 141 Abs. 14 AMG. Danach erlischt eine solche Zulassung grundsätzlich am 30. April 2011, spätestens jedoch nach der Entscheidung über den rechtzeitig gestellten Antrag auf Zulassung oder Registrierung. Unabhängig davon zählt § 109a AMG als eine Sonderregelung des Nachzulassungsverfahrens für die sog. Altarzneimittel im Sinne des § 105 Abs. 1 AMG zu den Überleitungsvorschriften aus Anlass des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts (§ 99 ff. AMG), die mit der Abwicklung der Nachzulassungsverfahren auslaufen. Fragen auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund soll die Revision eröffnen, um die Auslegung des geltenden Rechts mit Blick auf die Zukunft richtungweisend zu klären. Fragen zur Auslegung ausgelaufenen oder auslaufenden Rechts dienen jedoch nicht der Fortentwicklung des Rechts (vgl. nur Beschluss vom 13. Juli 2007 - BVerwG 3 B 16.07 - Buchholz 451.111 § 6 MOG Nr. 9 m.w.N.).
Von diesen Grundsätzen ist eine Ausnahme zu machen, wenn das ausgelaufene Recht noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung sein könnte; doch ist der Beschwerdeführer für das Vorliegen einer solchen Sachlage darlegungspflichtig. Hierauf beruft sich die Klägerin ohne Erfolg. Sie macht geltend, die aufgeworfenen Rechtsfragen beträfen nicht nur bereits rechtshängige Verfahren, in denen über die Aufnahme eines Stoffes oder einer Stoffkombination in die Traditionsliste gestritten werde (und deren Zahl die Beklagte unwidersprochen mit unter 20 angegeben hat), sondern wegen § 109a Abs. 4a AMG eine unbestimmte Vielzahl noch nicht abgeschlossener Nachzulassungsverfahren, in denen sich die Frage künftig stellen könne. Dieses Argument berücksichtigt den eng umgrenzten Anwendungsbereich des § 109a Abs. 4a AMG nicht hinreichend. Grundsätzlich kommt eine Nachzulassung als traditionelles Arzneimittel zufolge § 109a Abs. 3 AMG nur in den Fällen in Betracht, in denen der Antragsteller die Unterlagen nach § 105 Abs. 4a AMG, die bis zum 1. Februar 2001 vorzulegen waren, nicht eingereicht und statt dessen erklärt hat, eine Nachzulassung nach Maßgabe des § 109a AMG anzustreben. Dieser Anwendungsbereich ist durch den mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes eingefügten § 109a Abs. 4a AMG nachträglich um diejenigen Fälle erweitert worden, in denen die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre, weil ein nach § 25 Abs. 7 Satz 1 AMG in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachtes Ergebnis, also namentlich Monographien der Aufbereitungskommissionen, zum Nachweis der Wirksamkeit nicht mehr anerkannt werden kann. Das betrifft entgegen der Annahme der Klägerin nicht etwa eine Vielzahl oder potentiell alle noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Nachzulassungsverfahren, sondern von vornherein nur solche noch nicht beschiedenen Verfahren, in denen die erforderlichen Nachweise durch Monographien nicht mehr zu führen sind, aus diesem Grund eine Versagung droht ("zu versagen wäre") und der Antragsteller deshalb nachträglich in das Verfahren nach § 109a AMG wechselt. Selbst bei diesen Verfahren käme es auf die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen des Weiteren nur in den Fällen an, in denen sich der Antragsteller nicht auf eine bereits bestehende Listenposition berufen kann, sondern für die Nachzulassung als traditionelles Arzneimittel - wie hier - erst noch die Eintragung einer bestimmten Listenposition in die Aufstellung nach § 109a Abs. 3 AMG erstreiten muss. Abgesehen davon könnten nach den Angaben der Beklagten solche (neuen) Fälle ohnehin nicht mehr auftreten, weil alle Nachzulassungsverfahren auf Behördenebene abgeschlossen seien.
Die von der Klägerin gezogene Parallele zu den Beschlüssen des Senats vom 1. März 2010 (BVerwG 3 B 1.10 und 3 B 3.10) trägt nicht. Die dort behandelte Frage, ob im Nachzulassungsverfahren die Berufung auf eine EU-Zulassung nach § 105 Abs. 4c AMG durch den Ablauf einer Mängelbeseitigungsfrist präkludiert oder auch noch später (ggf. erst im gerichtlichen Verfahren) möglich ist, betrifft unabhängig von den Versagungsgründen und dem Verfahrensstand potentiell alle noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Nachzulassungsverfahren, in denen eine solche EU-Zulassung noch geltend gemacht werden könnte.
Die aufgeworfenen Rechtsfragen bleiben auch nicht deshalb weiter klärungsbedürftig, weil sie sich bei einer Nachfolgevorschrift in gleicher Weise stellten (vgl. dazu Beschluss vom 26. Juli 2005 - BVerwG 6 B 24.05 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 129). Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass das Arzneimittelgesetz für die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel in § 39b Abs. 1 Nr. 4 AMG abweichend von § 109a Abs. 3 AMG die Voraussetzungen für einen Traditionsnachweis in bestimmter Weise konkretisiert.